Titel: | Zur Theerfarben-Industrie. |
Fundstelle: | Band 233, Jahrgang 1879, S. 165 |
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Zur Theerfarben-Industrie.
Zur Theerfarbenindustrie.
Die Herstellung von Anthrachinon wird nach dem Patent von E.
Heinzmann in Bad Schwalbach (D. R. P.
Nr. 4570 vom 28. Juni 1878) in folgender Weise ausgeführt. Man oxydirt das Anthracen
mit doppelt-chromsaurem Kali und Salzsäure, ohne von letzterer einen groſsen
Ueberschuſs anzuwenden, preſst das Rohchinon ab, versetzt die Chromchloridlösung für
je 1 Molecül angewendetes Bichromat mit 3 Mol. Manganhyperoxyd und erwärmt. Nach der
Gleichung Cr2Cl6
+ 3MnO2 = 2CrO3 + 3MnCl2 wird die
Chromsäure wieder hergestellt.
Bei Verwendung von künstlichem Braunstein nach dem Weldon'schen Verfahren fällt ein
Theil der Chromsäure an Mangan gebunden nieder. Es wird daher zur Oxydation einer
neuen Menge Anthracen sowohl Lösung, als Niederschlag unter allmäligem Zusatz von
Salzsäure verwendet. Die dieses Mal von dem Anthrachinon abgepreſste Lauge wird, wie
vorhin angegeben, mit Braunstein erwärmt, dann aber mit Kalkmilch neutralisirt, so
daſs chromsaures Mangan niederfällt, welches abgepreſst und zur neuen Oxydation von
Anthracen verwendet wird. Bei sorgfältiger Neutralisation ist das gesammte
Manganchlorur in Lösung geblieben; dasselbe wird nun mit überschüssiger Kalkmilch
gefällt, das niedergeschlagene Manganoxydul durch Einblasen von Luft wieder oxydirt,
um so zur nächsten Oxydation des Chromchlorides wieder verwendet zu werden.
Das Verfahren kann auch dahin abgeändert werden, daſs man bei der ersten Oxydation
des Anthracens unter allmäligem Zusatz von Salzsäure gleichzeitig chromsaures Kali
und Braunstein anwendet, so daſs schon geringe Mengen Kaliumbichromat genügen, den
Sauerstoff des Bräunsteins auf das Anthracen zu übertragen.
O. DobnerBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1879 S. 810. bespricht die in der Methylanilin-Industrie
beobachteten tertiären Diamine. Er erhielt als Nebenproduct der
Malachitgrünfabrikation eine neue Base, die aus Alkohol in groſsen, glänzenden
Blättern krystallisirt, bei 90° schmilzt und deren Zusammensetzung der Formel C17H22N2 entspricht. Dieselbe konnte dargestellt werden
durch Einwirkung von Methylenjodid auf Dimethylanilin nach folgender Gleichung:
CH2J2 + 2C8H11N = C17H22N2 + 2HJ.
Das Auftreten der Base C19H26N2 ist nach Dobner auf den Acetongehalt des angewendeten Methylalkoholes
zurückzuführen; bei Anwendung eines an Aceton freien Methylalkoholes in der
Methylanilinfabrikation wird die Base dem entsprechend nicht beobachtet.
Nach den Versuchen von E. und O. FischerBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1879 S. 796. über die Farbstoffe der Rosanilingruppe gelingt die
Oxydation der aus Bittermandelöl gewonnenen Leukobase leicht, wenn man die
verdünnte, schwach schwefelsaure Lösung derselben mit fein vertheiltem Braunstein
oder Manganoxyd in der Kälte behandelt. Ein gröſserer Ueberschuſs von Säure und
Oxydationsmittel ist dabei zu vermeiden, weil der gebildete Farbstoff alsdann
weitere Veränderungen erleidet. Aus der tiefgrünen, vom Braunstein getrennten Lösung
kann man bei kleineren Operationen den Farbstoff nach Zusatz von Salmiak durch
Ammoniak fällen und mit Aether ausziehen. Zur Reinigung der Base eignet sich das in
kaltem Wasser schwer lösliche, krystallisirende Chlorzinkdoppelsalz. Dasselbe bildet
im reinen Zustande prachtvoll glänzende, grüne Blättchen. Aus demselben wird die
freie Base durch Zersetzen mit Ammoniak in fast farblosen Flocken erhalten, welche
aus Alkohol in farblosen, häufig zu kugeligen Aggregaten vereinigten Prismen
krystallisiren. Die Verbindungen derselben verhalten sich genau wie die des
Malachitgrün. Die Badische Anilin- und Sodafabrik
stellt nach diesem Bittermandelöl-Verfahren einen dem Malachitgrün gleichen
Farbstoff, Victoriagrün, her.
Fügt man ferner zu einem Gemenge von 1 Th. Chlorbenzoyl und 2 Th. Dimethylanilin in
offenen Gefäſsen etwa die halbe Gewichtsmenge Chlorzink, so färbt sich das Gemisch
unter Erwärmung bald schön blaugrün. Nachdem die erste Einwirkung vorbei ist,
erwärmt man die Masse unter häufigem Umrühren bei Luftzutritt auf dem Wasserbade,
bis der Geruch des Benzoylchlorides verschwunden ist. Das Reactionsproduct enthält
verschiedene Körper in wechselnder Menge, von denen der eine farblos ist, während
der gleichzeitig gebildete Farbstoff alle Eigenschaften des Bittermandelölgrüns
zeigt, daher als mit diesem und dem Malachitgrün identisch angesehen werden
muſs.
Die bei diesem Verfahren erzielte Ausbeute ist wesentlich bedingt durch den
oxydirenden Einfluſs des atmosphärischen Sauerstoffes. Bei Ausschluſs des letzteren bildet
sich nämlich statt des Farbstoffes gröſstentheils die demselben entsprechende
Leukobase. Es findet alsdann wahrscheinlich in Folge complicirter Reactionen
zugleich eine Reduction des Benzoylchlorides zu Bittermandelöl statt.
Zur Darstellung des Paranitrobittermandelölgrün versetzt man ein Gemenge von 1
Molecül reinem krystallisirtem Paranitrobenzoylchlorid und 2 Mol. Dimethylanilin mit
der halben Gewichtsmenge Chlorzink und erwärmt unter Umrühren auf dem Wasserbade,
bis die sich bald grünfärbende Masse eine zähflüssige Consistenz angenommen hat. Das
in der Kälte erstarrende Reactionsproduct wird mit ziemlich concentrirter Salzsäure
ausgekocht und nach dem Erkalten die regenerirte Nitrobenzoesäure und andere
nichtbasische Producte abfiltrirt. Das Filtrat wird mit Natronlauge übersättigt und
das abgeschiedene, dunkelgefärbte Oel mit Aether ausgezogen. Letzterer wird
verdampft und der Rückstand durch Destillation mit Wasserdampf von Dimethylanilin
befreit. Es bleibt dann eine dunkelgefärbte, halbfeste Masse, welche beim Auskochen
mit kleinen Mengen Alkohol den Farbstoff als dunkelgelbes, kristallinisches Pulver
zurückläſst. Durch Umkrystalliren aus viel heiſsem Alkohol erhält man die Verbindung
in feinen, goldglänzenden, gelben Prismen, deren Zusammensetzung der Formel C22H21N3O2.C2H6O entspricht.
Durch Oxydation des aus Metanitrobenzoldehyd und Dimethylanilin entstehenden
Nitrotetramethyldiamidotriphenylmethan wird nach der Bittermandelöl-Methode das
Metanitrobittermandelölgrun erhalten.
Ein bei der Darstellung des Rohanilins erhaltener
Destillationsrückstand setzte nach C. Hell und P. SchoopBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1879 S. 723. eine Krystallmasse von Paratoluilendiamin ab. A. W. Hofmann hatte früher in einem derartigen
Rückstande Phenylendiamin und Toluylendiamin nachgewiesen.