Titel: | Neuerungen an Wirkereimaschinen. |
Autor: | G. W. |
Fundstelle: | Band 233, Jahrgang 1879, S. 197 |
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Neuerungen an Wirkereimaschinen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 510 Bd.
232.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen an Wirkereimaschinen.
Zur Herstellung reiner Waaren ohne Oel-
oder Rostflecke an Strickmaschinen hat Friedrich
Eule in Bautzen (* D. R. P. Nr. 4903 vom 14. Mai 1878) eine
Nadelbett-Einrichtung angegeben, welche verhindert, daſs die beweglichen
Zungennadeln das Schmieröl aus ihren Führungsnuthen mit hinaufziehen bis an die
Waare. Zu dem Zwecke ist oben dicht unter dem Abschlagkamm eine ganz kurze Nuth zur
Führung je einer Nadel angebracht, in welcher die letztere immer trocken läuft;
unter derselben hat das Bett eine breite Rinne, so tief, daſs die Nadeln nicht auf
ihrem Boden schleifen, und etwas breiter, als der gröſste Nadelausschub lang ist;
dann erst folgt weiter nach unten die gewöhnliche Führung der Nadeln in den Nuthen
des Bettes, über welchem das Schloſs liegt. Nur dieser untere Theil der Maschine
wird geölt, aber die Nadeln können das Oel nicht bis in die obere kurze Führung,
also auch nicht bis zur Waare hinaufziehen, weil ihr Ausschub nicht so groſs ist,
daſs ihre oberste geölte Stelle bis in die oberen Nuthen reicht. – Das Anbringen
einer Rinne im Nadelbett unter dem Abschlagkamm ist an und für sich nichts Neues; es
ist schon vielfach zu gleichem Zwecke, wie der oben genannte, versucht worden (vgl.
Sächsisches Patent vom J. 1874 von Eberhardt in
Naumburg). Aber man machte bisher diese Rinne nur schmal und glaubte, daſs die
Nadeln ihr Oel an deren Kanten abstreichen und in die Rinne flieſsen lassen würden,
oder man stopfte letztere mit Fäden oder Lappen aus, an denen die Nadeln sich
abwischen sollten, fand jedoch, daſs dies nicht wirksam genug war. Dagegen erscheint
die neue Einrichtung mit der breiten Rinne allerdings als vollkommen geeignet zur
Erreichung des genannten Zweckes.
Neuerungen an Strickmaschinen zur
Herstellung flacher und durchbrochener Waaren von G. F. Groſser in Markersdorf bei Burgstädt in Sachsen (*D. R. P. Nr. 5074
vom 11. August 1878) bezwecken in der Hauptsache die Nachahmung der Petinetmuster in
glatter Waare ohne daſs man während der Arbeit die Maschen wirklich forthängt, wie
dies mit Oemler's Petinet-Vorrichtung (1879 232 513) geschieht. Die Annäherung an die Petinetwaare
wird dadurch erzielt, daſs man einzelne Platinenmaschen der glatten Waare erheblich
gröſser als andere herstellt, welche dann von ihrer Fadenlänge den benachbarten
Nadelmaschen etwas abgeben, diese vergröſsern und durch die so entstehenden lockeren
Stellen das Aussehen von durchbrochener Waare hervorbringen. Zu dem Zwecke wird von
der gewöhnlichen Lamb'schen Strickmaschine nur eine Seite, nur die hintere
Nadelreihe, für das Wirken der Waare, die vordere aber für das Herstellen des
Musters benutzt; die Waare kann deshalb nicht mehr rund geschlossen, sondern nur
flach entstehen. Das vordere Nadelbett enthält nur einzelne Zungennadeln so
vertheilt, wie man etwaige Musterstreifen in der Waare hervorbringen will, und sein
Schloſs hat links neben den gewöhnlichen drei Dreiecken noch ein besonderes unteres
Dreieck in gleicher Höhe mit dem des gewöhnlichen Schlosses, mit dessem linken
Seitendreieck es eine
besondere Führung bildet. Wird nun der Schlitten der Maschine nach links geschoben
und ist dabei die vordere Schloſsführung geöffnet, so werden die Musternadeln,
welche vorläufig noch leer sind, zunächst durch das neu angesetzte Dreieck gehoben
und gesenkt, darauf aber durch das gewöhnliche Schloſs wiederum so gehoben und
gesenkt, daſs sie den Faden vom Fadenführer mit erfassen und Schleifen erhalten.
Beim Ausschube nach rechts hin ist nun das gewöhnliche Schloſs nicht geöffnet; es
läſst also die Musternadeln unten stehen und nur das besonders angesetzte Dreieck
hebt dieselben, so daſs ihre Schleifen unter ihre Zungen gelangen. Dabei können aber
diese Musternadeln nicht neuen Faden erfassen, denn an der Stelle des besonderen
Dreieckes befindet sich kein Fadenführer; sie werden vielmehr beim folgenden
Ausschube nach links hin leer herabgezogen und verlieren ihre Henkel wieder, welche
nun als breite Platinenmaschen die glatte Waare in der oben genannten Weise
verändern. Für die Musternadeln ist ein besonderer Nadelöffner und für die hintere
Nadelreihe, welche flache Waare arbeitet, ein besonderes Stelleisen zum Abschieben
der Waare an der vorderen Schloſsplatte angebracht.
Gleichzeitig mit der obigen Einrichtung hat G. F. Groſser einen Abzugskamm
zur bequemen Herstellung des Doppelrandes in flachen Waaren construirt,
welcher die erste Schleifenreihe der Zungennadeln mit erfaſst und zugleich als
Decker verwendet wird, wenn man später diese Schleifen auf die Nadeln wieder
aufhängen will, um den Doppelrand zu bilden. Die Stäbchen oder Nadeln dieses Kammes
haben zwei Oehre über einander; das eine liegt in der Längsrichtung des Kammes und
das andere rechtwinklig dagegen. Durch das erstere wird zu Anfang der Arbeit, wenn
die Kammnadeln in die ersten Schleifen geschoben worden sind, ein Draht geführt, so
daſs nun der Kamm an der Waare hängt, und die oberen Oeffnungen dienen in der bei
Zungennadeln gebräuchlichen Weise zum späteren Aufdecken der ersten
Schleifenreihe.
Der Ringelapparat für die Lamb'sche
Strickmaschine von J. A. St. Biernatzki in
Hamburg (*D. R. P. N. 5413 vom 15. Mai 1878) ist dazu bestimmt, mit zwei verschieden
farbigen Fäden Ringelmuster in glatter, rund geschlossener Waare (Strumpflängen) so
herzustellen, daſs der nicht arbeitende Faden auf der Innenseite des Waarenstückes
von dem arbeitenden bei jeder Reihe einmal umschlungen und dadurch an die Waare
angeheftet wird, also nicht frei liegend von einem Farbringe zum nächsten empor
reicht. Deshalb hängen die beiden Spulen von einem an der Seite der Maschine
befindlichen Gestell abwärts und werden mit den Fadenführern bei jeder ganzen
Umdrehung der Kurbelwelle durch den ankommenden Schlitten ein Mal um einander herum
gedreht. Der Fadenwechsel ist mit der Hand einzuleiten durch Zurückdrehen der Spulen um eine halbe
Drehung, so daſs nun der früher voran liegende Faden zurück gelegt wird. Beim
Stricken flacher Waarenstücke ist die Umschlingung der Fäden nicht erforderlich;
dafür hat dann die Maschine eine Vorrichtung zu selbstthätigem Fadenwechsel.
Neuerungen an mechanischen Strumpfwirkstühlen von Bruno Rudolph in
Berlin (*D. R. P. Nr. 4905 vom 20. Juli 1878) betreffen die Anordnung und Bewegung
von einzeln vertical beweglichen Platinen und ebenfalls einzeln horizontal
beweglichen Nadeln in einem flachen Stuhle. Hiermit wird von der Art einer
Reihenbildung, wie sie sonst fast ausschlieſslich an flachen Hand- und mechanischen
Stühlen gebräuchlich ist, abgewichen und zurückgegangen auf die Herstellung
einzelner Maschen neben einander, welche, wenn die letzte vollendet ist, die fertige
Reihe bilden. Mit Spitzennadeln und Kulirplatinen hat den Versuch dieser
Maschenbildung nur Berthelot in Troyes 1862 mit einigem
Erfolge unternommen. Der Berthelot'sche Stuhl ist in mehreren Exemplaren ausgeführt
worden, welche auch in der Fabrikation Verwendung fanden; dieselben lieferten gute
reguläre Waaren, konnten aber mit ihrer Liefermenge neben den neueren mechanischen
Stühlen (von Paget u.a.) nicht bestehen, sind deshalb
auch nicht weiter benutzt worden. Ob die vorliegende Construction von Rudolph, welcher übrigens die Mindervorrichtung noch
ganz fehlt, zu besseren Resultaten führen wird, können nur praktische Versuche in
der wirklichen Fabrikation erweisen.
Für den Cottonstuhl ist das
Sächsische Patent vom J. 1868 der ursprünglichen Erfinder und Erbauer, Cotton und Attenborough,
unter Nr. 4618 vom 8. August 1878 auf das deutsche Reich übertragen worden, so daſs
hiernach der Bau dieser Stühle noch nicht Jedermann gestattet ist, wie vielfach
irrthümlich angenommen wurde. Auſserdem sind aber zwei Verbesserungen dieses Stuhles
patentirt worden, und zwar zunächst eine Fadenführer-Einrichtung von Lamb und Löwe in Nottingham (* D. R. P. Nr. 5007 vom 3. Januar
1878), welche Verwendung findet bei der Herstellung von Ringelwaare mit
selbstthätigem Fadenwechsel, bei gleichzeitiger Arbeit der beiden Fersentheile eines
Strumpfes mit dem dazwischen liegenden Theile der Fuſsdecke, bei der Verstärkung
einzelner Partien in der Waare, für welche man auſser dem gewöhnlichen Faden noch
einen besonderen Faden durch einen anderen Führer auf die Nadeln legen läſst (die
sogen. Spitzfaden-Vorrichtung für Fuſsspitze und hohe Ferse) und endlich bei der
Herstellung plattirter Waare, welche in jeder Masche des ganzen Stückes oder eines
Theiles desselben zwei Fäden von verschiedener Farbe oder von verschiedenem
Materiale hinter einander liegen hat, so daſs auf der Waaren-Vorderseite immer nur
der eine zu sehen ist.
Die weiteren Neuerungen am
Cotton-Stuhle von Herrn. Stärker in Chemnitz
(*D. R. P. Nr. 5423 vom 25. August 1878) machen diese Maschine geeignet zum Wirken
sogen, französischer Füſse mit spitz zulaufender Minderkante (Spitzkeil), sowie zum
Wirken von englischen Füſsen, d. i. der einzelnen Sohlen- und Deckenstücke. Sie
betreffen namentlich die Construction der schmalen Decker, welche zur französischen
Minderung verwendet werden, ihre Bewegungseinrichtung und die Anordnung und Bewegung
der Zähl- und Regulirungsapparate für das Mindern und das Maschenbilden.
Fig. 1., Bd. 233, S. 201Fig. 2., Bd. 233, S. 201Die neuen Zungennadeln für Wirkmaschinen von
Chr. Zimmermann und Sohn in Apolda (*D. R. P. Nr.
5518 vom 31. October 1878) haben die nachstehend gezeichnete Einrichtung: Bei der
ersten Construction Fig. 1 enthält der Nadelschaft
a den gewöhnlichen kurzen Haken f und hinter demselben eine längere Rinne, ist aber
nicht ganz durchschlitzt wie in den bisher bekannten Ausführungen. Die Zunge besteht
aus einem Winkelhebel bc, welcher bei seiner Rücklage
mit dem Arme b ganz in die Nuth von a fällt und bei der Vorwärtslage mit b auf den Haken f trifft,
während sein kürzerer Arm c dann in der Nuth von a liegt. Hängt nun die Waare d hinter der Zunge auf dem Nadelschafte a, so
wird der neue Faden e nicht in den Haken f, wie bisher gebräuchlich war, sondern in den Winkel
cb eingelegt. Mag nun weiterhin die Nadel oder die
Waare sich bewegen, so nimmt in jedem Falle der neue Faden e, welcher der Waare voran geht, die zurückliegende Zunge mit nach vorn
auf den Haken und gelangt selbst in den letzteren, worauf die Waare d in gewöhnlicher Weise über b und den Haken f abgeschlagen wird. Hätte
nun eine Nadel nicht Faden erhalten, so würde auch ihre Zunge bc nicht vor der Waare umgelegt werden, sondern die
alte Masche d würde selbst erst zwischen bc einfahren, den Winkel umlegen und in den Haken f gelangen, also nicht von der Nadel abfallen. – Nach
der zweiten Construction, welche Fig. 2 zeigt, ist
der Haken f nicht am Nadelschafte a, sondern an dem Winkelhebel bc angebracht und der Arm b ist so lang, daſs
er ein wenig über die Hakenspitze hinwegreicht. Wird der neue Faden e wiederum hinter die zurückgeklappte Zunge bfc auf die Nadel gelegt, so gelangt er dann zwischen
bc, dreht die Zunge nach vorn um in die punktirt
angegebene Lage b1
f1, und die Waare d kann dann über b1 und f1 von der ganzen Nadel abgeschoben werden. Wenn
hierbei eine Nadel keinen Faden erhält, so kommt ihre alte Masche d in den Winkel bc, weil dieser vorher nicht
umgelegt wird, und diese Masche dreht erst bfc nach
vorn und bleibt nun in dem Haken f hängen; sie kann
also nicht von der Nadel abfallen. Beide Einrichtungen sind daher sehr wohl
geeignet, das Abfallen der Waare von den Zungennadeln zu verhindern, wenn einmal der
Faden während der Arbeit reiſst; sie sind für runde oder flache Wirk- und
Strickmaschinen gleich gut zu verwenden.
G. W.