Titel: | Apparate zur technischen Gasanalyse; von Max Liebig. |
Autor: | Max Liebig |
Fundstelle: | Band 233, Jahrgang 1879, S. 396 |
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Apparate zur technischen Gasanalyse; von
Max Liebig.
Mit Abbildungen.
M. Liebig's Apparate zur technischen Gasanalyse.
Bereits früher (*1873 207 37) habe ich zwei Apparate zur
Gasanalyse beschrieben, von welchen der eine, welcher besonders zum Zwecke der
Bestimmung des Sauerstoffes in den Austrittsgasen der Bleikammern der englischen
Schwefelsäure-Fabrikation construirt war, mehrfache Anwendung gefunden hat. Der
zweite Apparat, welcher es ermöglichen sollte, mit ein und derselben Gasmenge eine
vollständige Analyse anstellen zu können, ist bis heute nicht ausgeführt worden.
Fig. 1., Bd. 233, S. 396
Zunächst mögen einige Aenderungen des ersten Apparates erwähnt werden. Der damit in
Verbindung stehende billigere Herstellungspreis wird denselben vielleicht wieder von
Neuem zur Verwendung kommen lassen. Der Apparat ist in veränderter Form in Fig. 1 abgebildet. Das eigenthümlich geformte T-Stück
e des früheren Apparates (Bd. 207 S. 40), der
Glashahn und das Gefäſs d nebst Gummiballon k fallen fort. Ein einfaches T-Stück e (Fig. 1) ist jetzt
statt des frühem Tubulus direct an das Gefäſs b
angeblasen. Der Punkt, wo die beiden Glasrohre des T-Stückes sich vereinigen, liegt
mit der Ausströmungsspitze in b in gleicher Höhe. Diese
Anordnung erfüllt ihren Zweck eben so gut als das frühere Zwischenstück. An Stelle
des früheren Spritzflaschen artigen Gefäſses tritt eine kleine, nahe am Boden
tubulirte Flasche d. Diese und das T-Stück sind, wie
aus der Zeichnung hervorgeht, mit einem langen Kautschukschlauch mit Quetschhahn
verbunden. Durch Heben und Senken der Flasche d können
die Rohre g und c gefüllt
und entleert werden. An der Rückseite des Statives ist ein Tischchen angebracht, auf
welches die Flasche d beim Füllen der Rohre gestellt werden kann. An Stelle
des Kautschukbeutels an dem Gefäſse a kann ebenfalls
eine Flasche wie d mit langem Kautschukschlauch gesetzt
werden. Diese ist vorzuziehen, da die Kautschukbeutel mit der Zeit hart und
unbrauchbar werden. Ferner ist noch behufs Ermäſsigung des Preises der oberste der
Dreiweghähne durch ein einfaches T-Stück von Glas und einer Doppelklemme von Messing
ersetzt. Die letztere ist entweder an den Spitzen mit einem Stückchen Gummirohr oder
an der entgegengesetzten Seite mit einer kleinen Feder versehen. Der Zweck dieser
Anordnung ist leicht verständlich; der theure Dreiweghahn ist dadurch vollständig
entbehrlich geworden. Endlich wird noch das feine Verbindungsröhrchen β, abgesehen von der in b
eingeschliffenen feinen Spitze, durch ein möglichst enges Gummiröhrchen ersetzt.
Fig. 2., Bd. 233, S. 397
Ich gehe nun zu einem neuen, in Fig. 2 dargestellten
Apparat über. Die hier zur Verwendung kommende Bürette ist oben und unten mit
Dreiweghähnen mit Längsbohrung versehen. Der Hahnschlüssel geht in eine rohrartige
Verlängerung über, um an demselben ein Kautschukröhrchen befestigen zu können. In
der Verlängerung des Bürettenkörpers befindet sich über dem obern Hahn ein
Trichteraufsatz, unter dem unteren ein Rohransatz. Die Bürette faſst etwa 105 bis
106cc (oder auch 56cc, welche in doppelt so viele Raumtheile bei 1/10 Untertheilung
zerlegt sind). Die Marke 0 oder 100 – je nachdem die Bürette mit auf- und
absteigenden Zahlen versehen ist – liegt unmittelbar am oberen Hahnschlüssel. Zwei
oder mehr derartige Gasbüretten sind an einem Stativ, wie es die Abbildung
veranschaulicht, derart befestigt, daſs eine Drehung der Büretten um die Stativsäule
möglich ist, damit man jede einzelne zur bequemsten Handhabung bringen und bei der
Ablesung dicht neben die Reagentienflasche F stellen
kann. Letztere vertritt die Stelle der mit der Bürette communicirenden Röhre.
Auſserdem ermöglicht der Bürettenhalter, die Büretten zum Zwecke der Beschleunigung
der Absorption abwechselnd horizontal und vertical stellen zu können. Von den Reagentienflaschen
F, welche je nach Bedarf auch andere Form haben
können, hat man so viele vorräthig, als Absorptionsflüssigkeiten zur Verwendung
kommen; auſserdem eine mit Wasser gefüllte und vielleicht auch eine kleinere mit
Quecksilber, falls man dieses zur Absperrung der Gase verwenden will.
Die mit den Reagentien gefüllten Flaschen haben passend einen Fassungsraum von 400
bis 500cc. Die aus der Zeichnung ersichtliche Form
ist gewählt, um das an der Bürette befestigte Schlauchende an den nicht in Gebrauch
befindlichen Flaschen über den Hals derselben ziehen und dadurch dieselben
verschlieſsen zu können. Das Füllen der Flaschen erfolgt durch einen an den Schlauch
befestigten Trichter.
Die Flasche D dient, zur Aufnahme der ausgenutzten
Absorptionsflüssigkeiten. Dieselbe ist mit einem zweifach durchbohrten
Kautschukstopfen geschlossen, welche zwei rechtwinklig gebogene Glasröhrchen trägt.
Während das bis auf den Boden der Flasche reichende Röhrchen durch einen
Kautschukschlauch (versehen mit Quetschhahn) mit dem Rohransatz der Bürette
verbunden ist, ist am Rohr d ein Schlauchstück
befestigt, welches mit einer kleinen gläsernen Wasserstrahlpumpe in Verbindung
gebracht wird. Die Arbeit mit dem Apparate ist nun folgende.
Der Halm Schlüssel des Hahnes a wird
mittels eines Kautschukschlauches mit dem Räume verbunden, aus welchem das zu
analysirende Gas entnommen werden soll, und die Verbindung mit dem Innern der
Bürette A hergestellt; ferner das Innere der Bürette,
welche unten durch geeignete Hahnstellung abgeschlossen war, mit der Flasche D unter gleichzeitiger Lüftung des Quetschhahnes
verbunden und dadurch mittels der Wasserstrahlpumpe so lange Gas durch den Apparat
gesaugt, bis man alle Luft durch dasselbe verdrängt glaubt, worauf man die Bürette
nach Schluſs des Quetschhahnes oben durch Drehung des Hahnes a um 180° abschlieſst. Man dreht nun auch den untern Hahn a um 90°, so daſs die Flasche F, welche sich in der aus der Zeichnung ersichtlichen Höhe befindet, mit
der Flasche D in Verbindung steht, sobald der
Quetschhahn geöffnet wird. Jetzt wird der Quetschhahn so lange gelüftet, bis etwas
Flüssigkeit aus F in D
erscheint, wodurch alle Luft und alles Gas aus den Schläuchen verdrängt wird. Nach
erfolgtem Schluſs des Quetschhahnes wird der Hahn a um
180° gedreht; es tritt nun Sperrflüssigkeit in die Bürette und verdichtet dort das
Gas. Stellt man jetzt den Flüssigkeitsspiegel von FDer Teller T wird an der Stativsäule durch eine
in der Hülse befindliche Feder festgehalten, wodurch leichte und ruhige
Bewegung der Flasche F erzielt wird. Die
Klemmschraube dient nur als Sicherheit bei längerer Einstellung der Flasche
auf einen Punkt. in gleiche Höhe mit der Marke 100° und verbindet
das Innere der Bürette auf kurze Zeit durch Drehung des oberen Hahnes a mit der atmosphärischen Luft, so bleiben in der
Bürette genau 100 Raumtheile des Gases unter dem gerade herrschenden Drucke der
Atmosphäre zurück.
Kann man sich nicht einer Wasserstrahlpumpe zum Aufsaugen des
Gases bedienen, so kann das Füllen der Bürette auch dadurch erfolgen, daſs man
dieselbe mit der Wasserflasche F durch die Längsbohrung
von a in Verbindung bringt und nun durch Heben und
Senken von F und entsprechende Umstellung des Hahnes
a so lange den Gasinhalt aus der Bürette verdrängt
und wieder durch frisches Gas ersetzt, bis man sicher ist, daſs dasselbe nicht mehr
mit Luft vermischt ist.
Sind nun die 100 Raumtheile des zu untersuchenden Gases
abgemessen, so gilt es, in der Bürette Raum für das erste Absorptionsmittel zu
schaffen. Zu dem Zwecke bringt man die Bürette A mit
dem nach D führenden Schlauch durch Drehung von a um 90° in Verbindung. Durch Lüften des Quetschhahnes
laſst man die Sperrflüssigkeit mittels der Wirkung der an d saugenden LuftpumpeIn Ermanglung dieser saugt man mit dem Munde an einem an d befestigten Kautschukschlauch die Flüssigkeit
ab. fast vollständig nach D
übertreten, worauf man A durch a abschlieſst. Man tauscht jetzt die Wasserflasche F gegen die erste Reagentienflasche aus, füllt Schlauch und Hahnkanal
durch Lüften des Quetschhahnes vollständig mit der Absorptionsflüssigkeit an und
stellt dann die Verbindung von F mit A her. Die Flüssigkeit dringt jetzt heftig in die mit
verdünntem Gas gefüllte Bürette ein. Durch mehrere Mal wiederholtes Schlieſsen von
a, Schwenken der Bürette und Oeffnen des Hahnes
wird die Absorption in bekannter Weise beschleunigt, nach Vollendung derselben
endlich der Flüssigkeitsspiegel von F in gleiche Hohe
mit dem der Bürette gebracht und die Ablesung vorgenommen.
Verträgt es der Charakter der Absorptionsflüssigkeiten (wie z.B.
bei Kalilauge und alkalischer Pyrogallussäure), so kann man nach möglichst erfolgtem
Absaugen der verbrauchten Flüssigkeit die zweite Absorption in derselben Bürette und
in gleicher Weise, wie man sie bei der ersten beobachtete, ausführen. Hat man aber
mit einem Absorptionsmittel zu arbeiten, welches auf das vorhergehende schädlich
einwirkt, so treibt man das übrig gebliebene Gas mittels der ersten
Absorptionsflüssigkeit aus der ersten Bürette in eine zweite über, in welcher es
direct mit dem nächsten Absorptionsmittel in Berührung tritt.
Dies erreicht man ohne jeden Verlust in folgender Weise: Es wird
der untere Hahn Schlüssel von der Bürette B mit dem
Schlauch der zweiten Reagentienflasche F', ferner die
Hahnschlüssel von a und b
mittels des Kautschukschlauches v verbunden. Es steht
nun diese Flasche F' durch B,
b und a mit dem Trichteraufsatz von A in Verbindung. Durch Heben von F' füllt man jetzt die Bürette B, den Schlauch v und den Hahnkanal von a an, so daſs die Flüssigkeit eben in dem Trichter von
A erscheint. Hierauf wird der Hahn a durch Drehung um etwa 450 nach allen Seiten hin
abgeschlossen und F' zu Boden gesetzt. Verbindet man
jetzt durch geeignete Hahnstellung A mit B,Bei der hier nöthig werdenden Drehung von a wird
momentan A mit der Atmosphäre in Verbindung
gebracht, wobei jedoch kein Gas aus A
entweichen kann, da dasselbe unter gleichem Drucke als die Luft
stand. so weicht die zweite Flüssigkeit in v zurück, das Gas in A wird verdünnt und
durch Heben von F nach B
übergeführt. Damit aber zum Schlüsse nicht noch die erste Flüssigkeit mit der
zweiten in Berührung komme, hält man mit dem Heben von F ein, sobald die Flüssigkeit in den Hahnkanal von a einzutreten beginnt. Um auch den in v jetzt
noch eingeschlossenen Gasrest nach B überzuführen,
füllt man die Trichterglocke auf A mit etwas Wasser
(oder auch Absorptionsflüssigkeit von F') an und
verbindet diese vorsichtig mit v, bis das Wasser den
Gasinhalt verdrängend in B erscheint, worauf man B schnell verschlieſst. Sollte die Absorption noch
nicht vollkommen erfolgt sein, so hilft man durch Schwenken (nach Ablösen des
Schlauches v von b)
nach.
Hat man noch mehr Bestandtheile zu bestimmen, so verfährt man mit
dem Gasreste weiter, wie eben beschrieben.
Eine der zur Verwendung kommenden Büretten könnte auch mit eingeschmolzenen
Platinspitzen oder einer Palladiumspirale versehen sein, wodurch der Apparat auch
für Gasverbrennungsanalysen geeignet sein würde.Fr. Müller (Dr. H.
Geiſsler's Nachfolger in Bonn) liefert die Apparate in sorgfältiger
Ausführung.