Titel: | Elektrische Lampen von Siemens und Halske in Berlin. |
Fundstelle: | Band 233, Jahrgang 1879, S. 458 |
Download: | XML |
Elektrische Lampen von Siemens und Halske in
Berlin.
Mit Abbildungen auf Tafel 41.
Siemens und Halske's elektrische Lampen.
Das bekannte Haus Siemens und Halske hat im vorigen
Jahre einige neue Formen von elektrischen Lampen patentirt, welche einen
vortheilhaften Ersatz der theueren und an manchen Uebelständen leidenden Jablochkoff'schen Kerze (vgl. *1878 227 159. 229 335. 394) bieten
und zugleich eine Theilung des elektrischen Stromes ermöglichen.
Die erste dieser Constructionen (*D. R. P. Nr. 3947 vom 26. Juli 1878) ist in Fig.
8 Taf. 41 dargestellt. Auf einem Gestelle aus isolirendem Material A sind zwei Metallstücke C,
C1, welche zur Aufnahme der Kohlenstäbe D, D1 dienen, derart
drehbar befestigt, daſs die Spitzen der Kohlenstäbe durch ihr eigenes Gewicht und
durch jenes der Stücke C, C1 stets gegen einander gedrückt werden. Ein Stab S aus isolirendem oder schlecht leitendem und schwer schmelzbarem Material
wird in der Klemme G festgehalten; letztere trägt eine
Führungsstange, auf welche bei e der eine Arm des um
einen Zapfen drehbaren zweiarmigen Hebels r wirkt; der
andere Arm dieses Hebels trägt den Anker m des darunter
befindlichen Elektromagnetes E. Die Klemme B1 steht in leitender
Verbindung mit den Umwindungen von E, deren anderes
Ende sowie die Klemme B mit den vom Stromerzeuger
kommenden Leitungsdrähten L, L1 verbunden ist.
Wenn ein Strom den von L über E
B1
C1
D1
D C B L1 gebildeten
Stromkreis durchläuft und dadurch die Kohlenspitzen anfangen zu glühen, so wird der
Anker m angezogen, der Stab S ein wenig in die Höhe geschoben und dadurch die anfangs gegen einander
liegenden und sich berührenden Kohlenstäbe D, D1 um die Dicke des Stabes S von einander entfernt. Hierdurch entsteht, wenn der Strom die genügende
Stärke besitzt, um diese Entfernung überwinden zu können, an der Spitze der
Kohlenstäbe der elektrische Lichtbogen, dessen Gröſse durch die Stärke des Stabes
S bestimmt ist. Der Stab S, welcher anfangs so zu richten ist, daſs er in gehobenem Zustande nicht
über die Spitze der Kohlenstäbe D, D1 vorsteht, wird unter dem Einflüsse der Hitze
gleichzeitig mit den verbrennenden Kohlenstäben verbraucht, so daſs die drei an der
Spitze zusammenstehenden Enden von D, S und D1, so lange der Strom
überhaupt in Wirksamkeit ist, eine bestimmte gegenseitige Stellung zu einander
einnehmen.
Die Lampe ist selbstthätig und gelangt sofort und ohne jede Beihilfe zur Wirkung,
sobald die Leitung, in welcher sie eingeschaltet ist, ein Strom von hinreichender
Stärke durchläuft. Erlischt durch irgend einen Zufall der Lichtbogen, so wird der
elektrische Strom dadurch unterbrochen, der Anker m
fällt ab und der Stab S fällt etwas herunter; die
Kohlen kommen dadurch wieder mit einander in Berührung; der Strom wird von Neuem
hergestellt, wodurch der Anker wieder angezogen, der Stab S in die Höhe geschoben und durch Trennung der Kohlenstäbe der Lichtbogen
neuerdings entzündet wird. Es kann daher durch Oeffnen und Schlieſsen des Stromes
ganz nach Belieben die Lampe ausgelöscht und wieder angezündet werden. Es können
sowohl in einen und denselben Stromkreis hinter einander, als auch in mehrere von
denselben Polklemmen der Lichtmaschine ausgehende parallele Schlieſsungskreise
mehrere solche Lampen neben einander eingeschaltet werden, ohne sich gegenseitig zu
stören. Im Vergleiche zu den Jablochkoff'schen Kerzen bietet dies den Vortheil,
daſs, wenn durch irgend einen Zufall in einer der Lampen das Licht erlöschen sollte,
dasselbe sich sofort von selbst wieder herstellt.
Eine weitere Verbesserung der elektrischen Lampen besteht in der Construction
elektrischer Lampen mit oscillirenden Kohlenspitzen.Vgl. Thomson und Houston's Lampe * 1879 232
235. Alle bisher bekannten Lampenconstructionen leiden an dem
Uebelstande, daſs ein Stromkreis auch nur eine Lampe enthalten darf, weil bei
Einschaltung mehrerer Lampen die mechanische Regulirung der einen Lampe störend auf
die anderen einwirkt. Bei den Jablochkoff'schen Kerzen wieder, welche einer
mechanischen Regulirung nicht bedürfen, unterbricht das Erlöschen einer Lampe den
Stromkreis dauernd und hat daher das Erlöschen aller eingeschalteten Lampen auf
längere Zeit zur Folge. Diese beiden Uebelstande werden nun bei den neuesten Lampen
(*D. R. P. Nr. 3966 vom 26. Juli 1878) dadurch beseitigt, daſs der eine oder beide
Kohlenstäbe in eine ununterbrochene, sehr schnelle schwingende Bewegung versetzt
werden, während gleichzeitig einem oder beiden ein andauerndes Streben zur
Annäherung an einander ertheilt wird. Die Schwingungen können auf rein mechanischem
Wege erzielt werden; doch ist es vorzuziehen, unter Anwendung einer Lichtmaschine
mit Wechselströmen sie durch Einwirkung dieser Ströme selbst auf Elektromagnete zu
erzeugen.
Auf einem festen Klotze A (Fig. 9 Taf.
41) ist eine Metallplatte B angebracht, und an deren
oberem Ende ein Träger C isolirt befestigt, welcher die
Führungsscheiben D, E und F trägt; zwischen letzteren gleitet der eine Kohlenstab G der Lampe durch sein eigenes Gewicht so weit abwärts,
bis er gegen den anderen Kohlenstab H trifft. Derselbe
ist in der Klemme J befestigt, die einerseits mit der
Führungsstange K und andererseits mit dem an den Zapfen
a und a1 beweglich befestigten Stabe z verbunden ist, welcher über dem Kerne des auf dem
Klotze angebrachten Elektromagnetes M einen Anker aus
weichem Eisen trägt.
Wenn ein elektrischer Strom von fortwährend wechselnder Richtung, wie er von den
einfachen magneto-elektrischen Maschinen ohne Commutation erzeugt wird, bei K in die Lampe eintritt und in der Richtung
L M z J H durch den Kohlenstab G über C durch die Leitung L, wieder austritt, bewirkt er im Elektromagnet M ein fortwährendes Entstehen und Wiederverschwinden
des Magnetismus, sowie einen steten Polwechsel, so daſs der Anker z durch den Einfluſs dieser Wechselströme so lange in
rasche Schwingungen versetzt wird, als der Strom wirksam ist. In Folge dessen bewegt
sich der Kohlenstab H sehr rasch auf und ab. Der obere
Kohlenstab G, der sich auf den unteren stützt, kann in
Folge der Trägheit seiner Masse den sehr schnellen Schwingungen von H nicht folgen; er kommt vielmehr, durch sein eigenes
Gewicht getrieben, mit dem unteren Stabe jedesmal nur dann in Berührung, wenn dieser
seine höchste Stellung einnimmt, und rückt langsam abwärts, wenn die beiden Kohlen
durch Abbrennen der Spitzen sich entsprechend verkürzen. Die Kohlenspitzen
verbrennen in der Hitze des Lichtbogens, welcher jedesmal dann auftritt, wenn die
untere Kohle ihre höchste Stellung verlassen hat und auſser Berührung mit der oberen
Kohle gekommen ist. Die Bewegung des unteren Kohlenstabes ist aber so rasch, daſs
das Auge diese Unterbrechungen am Lichtbogen nicht wahrnehmen kann und durchaus den
Eindruck eines stetigen Lichtes erhält.
Fig.
10 Taf. 41 zeigt eine andere Form einer solchen Lampe. Der gegen den Klotz
A isolirte Kohlenstab H steht in senkrechter Stellung fest; der Stab G dagegen wird durch die Feder r gegen H hingezogen. An dem Ende S des Kohlenträgers J sitzt der Magnet K, der in der Drahtspule M
lose hängt und durch die Wechselströme innerhalb der Spule auf- und abwärts
schwingt. In Folge des Abbrennens der Kohlen neigt sich der schwingende Kohlenstab
G, wobei der Magnet oder Eisenstab zwar seine
Höhenlage in der ihn umgebenden Drahtspule beständig ändert, ohne daſs dies jedoch
auf die durch den elektrischen Strom erzeugten Vibrationen selbst irgend einen
Einfluſs ausübt.