Titel: | Ueber die chemische Beständigkeit von Explosivstoffen; von Filipp Hess. |
Autor: | Fillip Hess |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 44 |
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Ueber die chemische Beständigkeit von
Explosivstoffen; von Filipp
Heſs.
Mit einer Abbildung auf Tafel 3.
Heſs, über die chemische Beständigkeit von
Explosivstoffen.
Für die Beurtheilung der praktischen Brauchbarkeit eines Sprengstoffes ist auch die
Kenntniſs seiner chemischen Beständigkeit wichtig, namentlich wenn es sich darum
handelt, gröſsere Mengen desselben aufzubewahren. Die bisher übliche Methode, die
gröſsere oder geringere Neigung zur Zersetzung festzustellen, geht von der durch die
Erfahrung bestätigten Annahme aus, daſs die chemische Zersetzung, als ein
Bewegungszustand, um so eher eintreten und um so energischer sich fortsetzen werde,
je höher die Temperatur ist, welcher man den Explosivstoff eine gewisse Zeit
hindurch aussetzt. Für praktische Zwecke der Civilindustrie erscheint es
hinreichend, wenn eine in einem gasdicht verschlossenen Gefäſse befindliche kleine
Menge des Explosivstoffes während der Dauer von 8 Tagen die unausgesetzte Einwirkung
einer Temperatur von 70° aushält, ohne zu explodiren und ohne gröſsere Mengen von
Zersetzungsproducten (rothe Dämpfe von Untersalpetersäure) direct, d. i. durch Farbe
und Geruch, wahrnehmen zu lassen.
Handelt es sich aber darum, Sprengstoffe jahrelang aufzubewahren, so muſs eine
schärfere Untersuchungsmethode angewendet werden. Zu diesem Zweck bringt F. Heſs (Mittheilungen über Gegenstände des
Artilleriewesens, 1879 S. 345) 0g,5 des Sprengstoffes mit einem Porzellanschiffchen in das Glasrohr R (Fig. 15
Taf. 3), welches sich in einem mittels Gasbrenner B und
dem Bunsen'schen Thermoregulator T auf gleiche
Temperatur erhaltenen Luftbade mit Thermometer t
befindet. Der Schlauch d führt zu einem Aspirator, mit
welchem durch den Apparat atmosphärische Luft angesaugt wird, die im Kölbchen a mit Jodkaliumstärke und in den Röhren b und c mit Kali und
Chlorcalcium von Ozon, Kohlensäure bezieh. Wasser befreit wurde und die im Rohre R aus dem Sprengstoffe entwickelten Gase in die
Flaschen h und l mit
Jodzinkstärke führt. Als erstes Zeichen einer Zersetzung bildet sich in der Flasche
h unter der Mündung des Rohres R ein blauer Ring; dann färbt sich die ganze
Flüssigkeit. Nach den Versuchen von Heſs wird man einen
Nitrosprengstoff für langjährige Aufbewahrung noch geeignet halten dürfen, wenn bei
70° die erste Spur einer Zersetzung nicht vor 10 Minuten, die spurenweise Färbung
der Flüssigkeit in der Flasche h aber nicht vor 20
Minuten eintritt.