Titel: | Pneumatische Grubenförderung von Zulmo Blanchet. |
Autor: | Fr. |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 99 |
Download: | XML |
Pneumatische Grubenförderung von Zulmo Blanchet.
Blanchet's pneumatische Grubenförderung.
Schon auf der Pariser Ausstellung 1867 war ein kleines Modell ausgestellt, das den
Betrieb einer Grubenförderung mittels pneumatischer Maschinen veranschaulichte. Ein
einfaches Rohr, welches den Förderschacht seiner ganzen Länge nach durchzog, unten
mit einer Luftcompressionspumpe oder oben mit einer Evacuationspumpe in Verbindung
stand und worin sich zwischen Dichtungskolben die Förderwagen bewegten, bildete den
ganzen Mechanismus dieser Förderung, von welcher, auſser dem Erfinder Cave, wohl wenige hoffen mochten, jemals eine
thatsächliche Ausführung zu sehen. Denn wenn auch Niemand an der principiellen
Möglichkeit und Richtigkeit dieses Systemes zweifeln konnte, so war doch
andererseits der Gedanke eines Hunderte von Meter langen Luftpumpencylinders ein zu
ungeheuerlicher, um dessen praktische Verwirklichung zu erwarten.
Aber in unaufhaltsamem Fortschritt eroberte sich die Idee ihr Feld der Anwendung;
zunächst waren es nur die Gichten der Hohöfen, zu welchen die
Beschickungsmaterialien durch pneumatische Förderung auf 20 und 25m gehoben wurden; dann faſste Blanchet neuerdings die Idee der pneumatischen
Grubenförderung und errichtete 1874 zu Lyon eine 29m hohe Versuchsstelle, bis es ihm endlich gelang, als Director der Société des Houillières d'Epinac in Epinac (Departement
Laône und Loire) das nun von ihm ausgebildete und lebensfähig gemachte System für
die enorme Tiefe von 603m in dem Hottinger
Schachte seiner Gesellschaft anzuwenden.
Dort ist dasselbe seit Juli 1876 in regelmäſsigem Betrieb, bei welchem mit einem
Vacuum von etwa 0m,5 eine gesammte Förderlast von
9t,5 (4t,5
Nutzlast in Kohle) in 5 Minuten zu Tage geschafft wird. Die dazu dienende gekuppelte
Dampfmaschine hat Dampfcylinder von 1m,2
Durchmesser, Luftpumpencylinder von 2m,884
Durchmesser bei gemeinschaftlichem Hub von 1m,2
und 23 Touren in der Minute. Das Förderrohr hat 1m,6 Durchmesser und
wiegt gesammt 342t. Der Zug besteht aus einem
neunstöckigen Etagenkorbe, der oben an zwei Kolben aufgehängt ist, welche mit
Lederscheiben, die durch Spiralfedern mäſsig angepreſst werden, gegen die
Rahmwandungen abgedichtet sind. Unterhalb des Förderkorbes befindet sich noch ein
dritter Kolben, sogen. Führungskolben, welcher jedoch, sobald Personen gefördert
werden, durch ein nach Bedarf zu öffnendes Ventil Luft zum Förderkorbe gelangen
läſst.
Beim Aufwärtsfahren füllt sich der Raum unterhalb des Kolbens mit frei aus der Grube
zuströmender Luft; beim Niedergange wird diese Luft durch ein Rohr zu Tage gefördert
und so gleichzeitig die Grube wirksam gelüftet. Der Niedergang geschieht
ausschlieſslich durch die Wirkung der Schwere; die Geschwindigkeit wird regulirt,
indem man von oben mehr oder weniger Luft nachströmen läſst. Um dabei dem
Maschinisten einen Maſsstab der Zuggeschwindigkeit zu geben, dienen sowohl
Glockensignale, welche in bestimmten Abständen von dem bewegten Förderkorbe
bethätigt werden, als auch Barometer, welche in Zwischenräumen von je 100m durch Bohrungen mit dem Förderrohr in Verbindung
stehen und, sobald sie ein Vacuum angeben, das Passiren des Zuges kennzeichnen.
Zur Construction des Förderrohres ist noch zu bemerken, daſs dasselbe aus 485
einzelnen Trommeln, welche mit Flanschen und zwischengelegten Gummiringen
zusammengeschraubt sind, besteht. Die Mehrzahl derselben sind aus 7mm starkem Blech stumpf zusammengerollt, mit
äuſserer Lasche und innen versenkt genietet und an beiden Enden mit schmiedeisernen
Flanschen versehen; die Trommeln, welche die Ventile und die Schubthüren zum
Ausfahren der Hunde aus dem Förderkorbe enthalten, sind aus Guſseisen
hergestellt.
Wenn demnach auch die Anlagekosten der pneumatischen Förderung diejenigen der
Seilförderung erheblich übertreffen dürften, so ist andererseits die Sicherheit und
Leichtigkeit der Manipulation beim pneumatischen System entschieden gröſser, während
der zur Förderung verwendete Kohlenverbrauch, unter Annahme eines 1000m tiefen Schachtes, beim pneumatischen System nur
3 Procent der geförderten Kohle, bei Seilförderung dagegen 12 Proc. beträgt. Dies
erklärt sich einfach aus der auſserordentlichen Zunahme des Seilgewichtes bei
gröſseren Tiefen, welche bei 100m fast das
dreifache beträgt wie bei 500m, bei 1500m aber das 5- oder 6fache, so daſs für die
Erreichung gröſserer Tiefen, zu welchem es im Laufe der weiteren Ausbeutung unserer
Kohlenflötze naturgemäſs kommen muſs, das pneumatische System schlieſslich die
einzige Möglichkeit eines rationellen Betriebes bieten wird.
Fr.