Titel: | Die Entwickelung der Färberei, Druckerei und Bleicherei; von Dr. A. Kielmeyer. |
Autor: | A. Kielmeyer |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 227 |
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Die Entwickelung der Färberei, Druckerei und
Bleicherei; von Dr. A. Kielmeyer.
(Nachdruck vorbehalten.)
(Fortsetzung der Abhandlung S. 144 dieses
Bandes.)
Kielmeyer, ü. Entwicklung der Färberei, Druckerei und
Bleicherei.
Die Erfolge des Baumwolldruckes muſsten den Wunsch erwecken, die für Farbstoffe
ungleich empfänglicheren, dem Coloristen viel dankbareren Woll- und Seidengewebe
ebenfalls in bunter Ausarbeitung mit leichter, ungezwungener Zeichnung, statt nur
als einfarbige, glatte oder als buntgewobene, in der Zeichnung steife und
beschränkte Waare auf den Markt zu bringen. Allein eben die groſse Verwandtschaft
dieser beiden Gewebsfasern zu den Farbstoffen verhinderte die Uebertragung der
bisherigen Verfahren des Baumwolldruckes auf dieselben; dafür erleichterte sie die
Einführung der Dampffarben auf Wolle und Seide, bevor solche für die schwierigere
Baumwolle in Anwendung kommen konnten. Der erste Anfang, Wolle mit Dampffarben zu
bedrucken, soll im
J. 1796 in England gemacht worden sein, wie dies auch die Versuche Bancroft's vom J. 1797, Quercitrongelb und
Sächsischgrün auf Wolle durch Dämpfen zu befestigen, bestätigen. Eine praktische
Verwendung scheinen indessen diese Erstlingsversuche nicht sogleich gefunden zu
haben. Dagegen wurden im J. 1810 in Sachsen scharlachroth gefärbte Wollstoffe mit
schwarzen Mustern und im gleichen Jahre im Hause Dollfus-Mieg eine vielfarbige Imitation der Kaschmirschawls auf Merinos
gedruckt und die Farben mit dem heiſsen Bügeleisen auf dem Stoff befestigt.
Denselben Weg haben auch zwei Jahre später Kurrer in
Augsburg und Dannenberger in Berlin für den Wolldruck
eingeschlagen. Die Befestigung der Farben durch die trockene Hitze des Bügeleisens
erwies sich als eine sehr mangelhafte und wenig solide; doch wurde der Fehler bald
erkannt und die namentlich für den Wolldruck hauptsächliche Bedingung der feuchten
Wärme von Loffet und Dollfus dadurch erfüllt, daſs sie die bedruckten Stoffe in einem Faſs der
Wirkung heiſsen Wasserdampfes aussetzten. Nun war die Erfindung lebensfähig und
wurde sofort für Wolle und Seide im Groſsen und in allen Ländern ausgebeutet,
besonders nachdem Loffet auf der Pariser
Industrieausstellung 1819 für seine Wollkaschmirtücher und Hausmann für seine ersten bedruckten und gedämpften seidenen Halstücher
prämiirt worden waren und nachdem ersterer sein Verfahren nach England verkauft
hatte (vgl. 1820 1 39. 1827 23
71. 1830 35 101. 1834 53 455.
1835 56 170).
Den Dämpfapparaten wurde eine verschiedene Einrichtung gegeben,
je nachdem sie für Groſs- oder Kleinbetrieb bestimmt waren. Für letzteren diente die
hölzerne Trommel mit dem Sternhaspel zur Aufnahme der Waare, ferner die Laterne mit
beweglicher Kupferglocke und die Pfeife mit dem hohlen durchlöcherten
Kupfercylinder, auf welchen die Dampfwaare aufgerollt wurde. Für gröſseren Betrieb
wurde der hölzerne, eiserne oder in neuerer Zeit der steinerne Kasten mit
senkrechter oder horizontaler Einfahrt für die in Sackform aufgehaspelten Stücke
eingeführt, oder in England die eiserne Dampfkammer mit Leisten zum Anhäkeln der
Waare und zum Herausziehen, oder in neuester Zeit der an den „Aging-room“ erinnernde Continüdampfkasten (vgl. * 1839 71 458.
* 1874 214 218. * 1877 224
542. * 1878 228 465. *1879 234
192).
Dem Woll- und Seidendruck folgten die Baumwolldampfartikel auf dem Fuſse nach, und
zwar machte W. H. v. Kurrer den Anfang mit
Baumwollsammet, welchen er mit essigsaurer Thonerde vorbereitete, mit verschiedenen
der bisherigen Tafelfarben bedruckte und zur Befestigung derselben heiſsem
Wasserdampf aussetzte (vgl. 1820 21 152). Zwei Jahre
später (1822) druckte Kurrer und gleichzeitig Thompson mit der einfarbigen Rouleaumaschine
Dampffarben auf mit Zinn präparirten Calico. Gemeingut der Druckereien wurde jedoch
der Baumwolldampfartikel erst Ende der 20er und anfangs der 30er Jahre, wo alsdann diese Fabrikation so
schwunghaft betrieben wurde, daſs ihre einfarbigen, sowie mehrfarbigen, lebhaft
ausgeführten Muster anfingen, einen Theil der bisherigen echten Waare in den
Hintergrund zu drängen – eine Gefahr, welche der in Jouy im J. 1830 begonnene
Albumindruck in kommender Zeit noch zu vermehren schien (vgl. 1856 140 292. 1878 228 261). Als
schlieſslich die Dampffarben für die Gewebe der drei einzelnen Gewebsfasern zur
Genüge erprobt waren, da wurden dieselben im J. 1833 mit bedeutendem Erfolg auch auf
Gewebe ausgedehnt, welche aus Wolle und Seide gemischt waren (vgl. 1838 70 431), und ins gleiche Jahr fallen auch die Anfänge des
in Folge der Ungleichartigkeit der beiderlei Fäden mit so vielen Schwierigkeiten
verknüpften, in neuester Zeit sehr vernachlässigten Halbwolldruckes (vgl. 1850 116 227).
Das Jahr 1826 ist für die theoretische, wie für die praktische
Farbenchemie höchst bemerkenswerth. In demselben stellen Colin und Robiquet (1827 24 538) das reine Alizarin aus dem Krapp dar, erhält Unverdorben das Anilin aus Indigo und wird das
künstliche Ultramarin erfunden. In demselben Jahr wird auch Walter Crum's gelbe Reserve unter Küpenblau bekannt, als echter Ersatz für
den bisherigen mit Wau oder Quercitron halbecht gefärbten, blaugelben Artikel. Er
gab der gewöhnlichen weiſsen Küpenreserve einen Zusatz von Bleisalzen und färbte die
in der Küpe blaugefärbte Baumwolle in Chromkali aus. Vier Jahre später
vervollständigte er dieses Verfahren durch Ueberführung des Reservegelbs in Orange,
indem er statt in lauwarmer saurer Chromkalilösung in einem Bad von heiſsem
chromsaurem Kalk ausfärbte. Damit war zugleich das Verfahren für das Echtgrün und
Orange der Ünifärberei, wie für den gesammten Orangeartikel der Druckereien mit den
getrennten Operationen des Gelbfärbens und des Orangirens gegeben (vgl. 1828 27 51. 1848 107 134. 108 77. 1865 177 239. 1875 216 361).
In demselben Jahr 1826 fand ferner Thompson das
Verfahren, Küpenblau weiſs zu ätzen, um ganz zarte weiſse Figuren in blauem Grund
hervorzubringen, wiederum eine neue Verwendung der Chromsäure in der Färberei. Die
glattblaue Waare wird mit einer Lösung von rothem chromsauren Kali geklotzt, im
Dunkeln getrocknet und mit einer Sauerkleesalz und Schwefelsäure enthaltenden
Aetzfarbe von Hand oder von der Maschine bedruckt, welche sogleich das Weiſs
erscheinen läſst; unmittelbar nach dem Druck wird das Stück in den Fluſs eingehängt
und schlieſslich durch ein schwaches Potasche- oder Sodabad genommen. Wird der
blaugefärbte Stoff vor der Chromkalipräparation mit essigsaurer Thonerde geklotzt,
im Kleienbade behandelt und nach dem Aufdrucken jener sauren Aetzfarbe sowie nach
dem gründlichen Auswaschen im Fluſs und Abziehen im Kuhkothbad mit Quercitron ausgefärbt, so erhält
man einen grünen Grund mit ausgeätzten weiſsen Figuren. – Etwas später schlug Mercer ein anderes Aetzverfahren vor, nämlich die
blaugeküpte Waare mit einer Lösung von rothem blau-saurem Kali zu imprägniren und
dann das weiſse Muster in verdicktem kaustischem Alkali aufzudrucken (vgl. 1847 104 237). Das Verfahren war in dieser Form wegen des
hohen Preises des Ferricyankaliums im Groſsen nicht durchführbar. Doch hat dieser
Vorschlag in neuester Zeit, da überhaupt das Küpenblau wieder in Aufnahme gekommen
ist, wieder Bedeutung erhalten, sofern er den Grundgedanken zu den beiden Methoden
lieferte, auf mittelblau gefärbten Baumwollgeweben durch Aufdrucken von verdicktem
Ferricyankalium und nachheriges Behandeln mit kaustischer Lauge, oder, wie Zürcher angibt, durch Aufdrucken einer Mischung von
Ferricyankalium und doppeltkohlensaurem Natron und darauffolgendes Dämpfen zarte
weiſse Muster zu erzeugen. Die Mischung von Ferricyankalium und doppeltkohlensaurem
Natron wurde sogar von Dépierre (1878 227 96) Albuminfarben einverleibt, um im Dampfkasten auf
dem weggeätzten Blau gleichzeitig eine Körperfarbe zu befestigen. Ferner haben Schlumberger's Versuche, ein billiges chlorsaures
Anilin für Anilinschwarz herzustellen, zur Benutzung der chlorsauren Thonerde für
Aetzweiſs auf Küpenblau geführt (vgl. 1873 207 63),
gleichwie die Untersuchungen mehrerer Chemiker (1877 225
294. 1878 228 260), betreffend die Ueberführung des
Chromoxydes in Chromsäure, dem Aetzdruck das chlorsaure Chromoxyd für Weiſs sowohl
als Gelb in blauem Grund gebracht haben. Endlich ätzt nach O. Scheurer (1878 228 192. 559) auch Mennige,
welche auf Küpenblau gedruckt und durch Salzsäure genommen wird, dasselbe weg; wird
die Mennige zu Albuminfarben gegeben, gedämpft und nachher ebenfalls mit verdünnter
Salzsäure behandelt, so wirkt die Mennige auch in dieser Mischung noch ätzend,
nachdem sich die Körperfarbe im Dampfkasten mit Hilfe des Albumins auf den von der
Mennige zu ätzenden Stellen befestigt hat.
Schlieſslich kam in demselben Jahre 1826 noch das Verfahren,
reducirten Indigo auf Baumwolle zu drucken, oder das Solidblauverfahren, aus England
zu uns herüber. Die Entstehung desselben ist nicht, wie die heutige gewöhnliche
Vorschrift vermuthen lassen könnte, unmittelbar in der kalten Vitriolküpe, sondern
im Pinselblau zu suchen. Diese ursprünglich mit Schwefelarsenik und kaustischer
Lauge bereitete Farbe wurde nach dem Vorschlage Bancroft's wegen ihrer groſsen Giftigkeit durch die verdickte Lösung von
Indigo in frisch gefälltem Zinnoxydulhydrat, Zucker und kaustischer Lauge ersetzt.
Die bedruckte Waare wurde dem Pinselblau entsprechend einfach in Wasser gewaschen.
Später wurde die klare, durch Erhitzen des Indigos mit Zinnoxydul (wohl auch mit
metallischem Zinn) und mit kaustischer Lauge erhaltene Lösung durch Zusatz einer
Zinnsalz- oder auch einer Weinsäurelösung ausgefällt, der entstandene weiſse Niederschlag gesammelt,
mit Gummiwasser verdickt und mit Syrup und salzsaurem Zinnoxydul vermischt als
eigentliches Solidblau auf die Baumwolle gedruckt. Für diese saure, den ungelösten
reducirten Indigo in Gesellschaft mit reducirend wirkenden Stoffen enthaltende Farbe
genügte das blose Waschen in Wasser nicht mehr; sie verlangte, um das Indigoweiſs
vor seiner Oxydation zu Indigoblau auf der Baumwolle in lösliche Form überzuführen,
ein Kalkbad vor dem Einhängen der Waare in den Fluſs, wo der Sauerstoff der Luft die
Oxydation, die Ueberführung in Blau bewirkte. Ein Säure-, ein Seifen- und ein
schwaches Chlorbad dienten zur Reinigung und Belebung der blauen Nuance. Für dunkles
Blau wurde aus der Chemischblaufärberei der Zusatz eines Eisensalzes zur solidblauen
Druckfarbe entlehnt und nach dem Einhängen und Waschen im Wasser das erhaltene Blau
in einem mit Schwefelsäure angesäuerten Blaukalibad ausgefärbt (vgl. 1847 104 258. 1858 150 318. 1861
161 282).
Die spätere Vorschrift für das gewöhnliche Solidblau, in welcher
das richtige Verhältniſs zwischen reducirtem Indigo und Zinnoxydul im
Zinnindigo-Niederschlag vorgesehen ist, schlieſst sich in ihren Einzelheiten der
kalten Vitriolküpe noch unmittelbarer an als das umständliche, seit dem J. 1834
gänzlich verschwindende, mit nicht reducirtem Indigo zusammengesetzte Fayenceblau.
Nach dieser Vorschrift wird der Indigo mit Kalk und Eisenvitriol reducirt, die klare
Lösung mit salzsaurer Zinnsalzlösung gefällt und der Niederschlag nach dem
Abfiltriren der Flüssigkeit, nach dem Abtropfen und Auspressen schlieſslich mit
Gummiwasser, Dextrin oder gebrannter Stärke verdickt und auf die Baumwolle gedruckt.
Für Dunkelblau wird der concentrirten Farbe wiederum salpetersaures Eisenoxydul, für
Lichtblau wird der verschwächten Farbe Zinnsalzlösung zugefügt. Die weitere
Behandlung entspricht vollkommen der oben angegebenen, und verweise ich in Betreff
der näheren Zahlenangaben und Verhältnisse auf die von mir in diesem Journal (1875
215 79) gemachte Mittheilung eines durch viele Jahre
erprobten, nunmehr wieder in Aufnahme gekommenen Solidblaureceptes. Wird der
Druckfarbe salpetersaures oder essigsaures Blei zugefügt und nach der Entwicklung
das Blau in Chromkali ausgefärbt, so erhält man das in früherer Zeit ziemlich
beliebt gewesene Solidgrün.
Im J. 1845 wurde von Leuchs die Reduction des Indigos
mit Zinkstaub und Kalk empfohlen und theilweise auch eingeführt. Doch hat man über
diese Küpe die verschiedensten Urtheile gehört, und sie scheint erst in neuerer Zeit
sich das Zutrauen der Blaufärbereien erringen zu wollen (vgl. 1866 182 29. 1867 183 333. 1874 211 402).
In neuester Zeit erhielten P. Schützenberger und de Lalande (1873 209 446)
eine neue Küpe, welche sowohl für die Druckerei, als für die Färberei zu verwenden
ist. Sie beruht auf der den Indigo reducirenden und lösenden Wirkung des Kalk- und
Natronsalzes der von ihnen dargestellten hydroschwefligen, richtiger gesagt
unterschwefligen Säure, (vgl. 1877 225 382). Wie beim
Pinselblau druckt man nach ihrem Verfahren den reducirten und gelösten Indigo sammt
einem Ueberschuſs des Reductions- und Lösungsmittels auf die Baumwolle, wodurch eine
derartige Behandlung der Waare ermöglicht ist, daſs sie die Combination des
Solidblaus mit Anilinschwarz, Chamois, Cachou und Garancinefarben zuläſst. Doch
leidet die Farbe an dem Uebelstand der raschen Selbstzersetzung und daraus folgender
baldiger Unwirksamkeit der unterschwefligsauren Salze (vgl. 1875 215 80. 568).
Wie in der Technik immer ein Fortschritt den anderen weckt, so
führte Ende der 20er Jahre der gleichzeitige Druck von Cachou neben Solidblau zu der
bisher unbekannten Thatsache, daſs dieser Farbstoff sich durch Kalkmilch auf der
Baumwolle befestigen läſst, worauf wirklich ein in manchen Fällen brauchbares
Verfahren für Cachoufarben sich gründete. Und der gleichzeitige Druck von Cachou
neben Solidgrün führte zu der noch wichtigeren Entdeckung, daſs dieser Farbstoff
durch Behandlung mit einer Chromkalilösung nicht blos auf der Baumwolle befestigt,
sondern daſs zugleich dessen Farbvermögen durch die damit verbundene Oxydation
bedeutend erhöht wird. Nunmehr wuchs die Bedeutung des Catechufarbstoffes zusehends
und seit dem J. 1832 wurde seine Anwendung in der Färberei sowohl, wie in der
Druckerei als Mitfärbecachou, Dampfcachou und Chromcachou eine allgemein
verbreitete. Aber das Verhalten der Chromsäure zu diesem Farbstoff veranlaſste
weiter die Untersuchung der anderen bis jetzt bekannten organischen Farbstoffe auf
ihr Verhalten gegen Chromkali. Die gewonnenen Resultate begründeten eine vollkommen
neue Methode des Schwarzfärbens der Wolle (vgl. 1856 139
398), Baumwolle und Seide und sie dienten dem späterhin, namentlich aber gegen Ende
der 60er Jahre so wichtig gewordenen Dampfchromartikel zur Grundlage (vgl. 1840 76 398. 1841 81 143). Die
erste Vorschrift für ein durch Chromkalilösung für Wolle zu entwickelndes
Blauholzschwarz gab Leykauf im J. 1832, und zu Anfang
der 40er Jahre fand dieselbe in den Druckereien schon Verwendung für einfarbige
schwarze Muster auf Baumwolle.
Im engsten Zusammenhang mit den Bedürfnissen der seit Beginn dieses Jahrhunderts ins
Leben gerufenen Specialitäten, des Fayenceblaus, Solidblaus und des gesammten
Reservagedruckes, stand Perrot's Erfindung der nach ihm
benannten Modeldruckmaschine, der Perrotine, welche er im J. 1834 in Rouen
construirte (vgl. 1835 58 71. 1836 62 157. *1840 75 443). Die einen jener Farben
enthielten für die Rakeln der Walzendruckmaschinen zu viel Säure oder zu viel
Kupfersalz, andere waren wegen ihres nicht gern entbehrten Gehaltes an Pfeifenerde
oder schwefelsaurem Blei für die Gravüre der Kupferwalzen und Kupferplatten nicht zu
gebrauchen, und wieder andere sollten reichlich, aber mit leichtem Druck auf die
Oberfläche des Gewebes aufgetragen werden. Alle diese Bedingungen sind mit der Perrotine zu
erfüllen, bezieh. die Einschränkungen des Receptes zu vermeiden. Hierdurch erklärt
es sich, daſs trotz des fortwährenden Ueberhandnehmens des Walzendruckes die neue
Maschine von den Druckereien der damaligen Zeit beifällig aufgenommen wurde, zumal
da die Muster noch nicht ausschlieſslich für den städtischen Geschmack berechnet
waren. Zwei Jahre später erhielt sie eine Concurrenz durch Leitenberger's mehrfarbige Modeldruckmaschine (1837 66 426). Aber Perrot verbesserte seine
Maschine, so daſs er schon im J. 1844 die erste mehrfarbige Perrotine liefern
konnte, und daſs sie mit ihrem sinnreichen, die Hand- und Gelenksbewegungen des
Arbeiters in eleganter und überraschend ähnlicher Weise nachahmenden Mechanismus
überall die verdiente Anerkennung fand. Jene Artikel sind groſsentheils vom
Schauplatz abgetreten; der Zug der Zeit ist auf die Massenproduction städtischer
Waare gerichtet. So ist auch die Perrotine heute aus den groſsen Fabriken fast
gänzlich verschwunden und man kann sie auſser in Blaudruckereien nur noch in einigen
Fabriken, welche die Ueberbleibsel jener Specialitäten aus alter Gewohnheit noch
fortarbeiten, in Thätigkeit finden.
Wie die uralte Wollbleiche die Anleitung zum Entschälen und
Bleichen der Seide enthielt, so fand auch die Baumwollbleiche als Richtschnur die
ältere, umständlichere Leinenbleiche vor. Die Behandlung der beiden animalischen
Gewebsfasern hat sich wenig von dem überlieferten Verfahren entfernt. Jandin und Duvoil haben
für das Entschälen, Breitwaschen und Färben seidener Gewebe eine zweckmäſsig
eingerichtete Maschine construirt. Die Versuche, beim Entschälen der Seide einen
Theil der Seife durch gefaulten Harn, kohlensaures Ammoniak, Soda, kaustische Lauge
oder Borax zu ersetzen, haben sich in der Praxis nicht bewährt. Das eigentliche,
jedoch nicht in allen Fällen nothwendige Bleichen der entschälten Seide, sowie der
Soupleseide, nachdem sie mit Säuregemischen von verschieden angegebener, in der
Hauptsache sich gleichbleibender Zusammensetzung behandelt worden ist, wird wie
früher in bekannter Weise in der Schwefelkammer ausgeführt.Vgl. 1829 34 143. 1830 36 404. 37 155. 1839 71 322. 1845 96 122.
1855 136 313. 1861 160
464. 1877 224 99. 225
111.
Für das Entfetten der Wolle vor dem Spinnen wurde nach langem Bedenken und Zaudern
das unappetitliche, wohl auch unsichere Arbeiten mit gefaultem Urin aufgegeben und
dafür die bei richtiger Behandlung jedenfalls gleich wirkende Soda eingeführt. Eine
gröſsere Anzahl verschiedentlich eingerichteter Maschinen suchte die Schwierigkeiten
einer gründlichen und sorgfältigen WollwäscheVgl. 1829 31 77. 1834 52 159. 1837 64 396. 1840 77 128. * 1843 88 194.
* 89 206. 1847 103
158. * 1855 136 437. 1856 142 78. 301. * 1863
168 258. 1865 176 483.
1867 183 479. * 1869 191 118. 1871 201 435. 1872 206 78. 1873 210 157.
164. *1874 212 20. *1875 218 484. 1878 230 284. zu
überwinden; doch scheint
erst der i. J. 1863 in Belgien erfundene Leviathan (vgl. *1869 191 118) den gestellten Anforderungen in vollem Maſse gerecht geworden zu
sein. Für das Schwefeln der gesponnenen und gewebten Wolle, nachdem sie zuvor mit
Soda- und Seifenlösungen gereinigt worden, ist meist die Anwendung der gasförmigen
schwefligen Säure in der Kammer beibehalten worden. Gegen Ende der 60er Jahre hat
Houdin mit seinem Schwefel kästen für fortlaufenden
Betrieb des Schwefelns eine bemerkenswerthe und', wie ich in diesem Journal *1877
225 393 berichten konnte, wirklich vortheilhafte
Neuerung gebracht. Ebendaselbst ist eine weitere maschinelle Verbesserung
verzeichnet und beschrieben, welche der Wollbleiche mit der Kreppmaschine (vgl. auch
*1872 204 21) zugekommen ist. Es sind hiermit die
hauptsächlichsten Veränderungen in der Woll- und der mit ihr fast identischen
Halbwollbleiche erledigt. Was die schon i. J. 1801 von d'Oreilly vorgeschlagene Verwendung der wässerigen schwefligen Säure
anstatt der gasförmigen betrifft, so verschaffen die immer wieder auftauchenden
Verbesserungsvorschläge eben nicht den Eindruck, daſs dieses Verfahren sich das
allgemeine Vertrauen zu erwerben gewuſst hat.Vgl. * 1847 102 282. 1860 157 134. 1870 195 360. 1873 210 156. 1876 220 287.
1877 223 551. 1878 229
89.
Dagegen hat die Leinwandbleiche durch die Entdeckung des Chlores
eine tief eingreifende Veränderung und Verbesserung erfahren (vgl. 1820 3 198). Zwar erhält die Leinwand wie bei der irischen
Methode (vgl. 1848 107 138. 171. 1853 129 17. 121) immer noch die
Rasenbleiche, aber jeder Zeit in Verbindung mit der Chlorbleiche, wo letztere nicht
ausschlieſslich in Anwendung kommt. Das Chlorbad, in dieser oder jener Form der
halbgebleichten Waare gegeben, hat in erster Linie dazu beigetragen, das alte
umständliche Verfahren zu beschleunigen. Was die frühere Bielefelder Methode ohne
Chlor in 60 Tagen leistete, bringt die Warendorfer Schnellbleiche in 6 Tagen fertig,
indem nicht blos das lästige Auslegen auf die Wiese in Wegfall gekommen, oder
wenigstens auf eine möglichst kurze Zeitdauer beschränkt worden ist, sondern auch
durch die kräftige Wirkung des Chlores die Anzahl der Beuchen vermindert werden
konnte. Die verschiedenen zur Ausführung gekommenen Methoden kennzeichnen sich alle
dadurch, daſs sie die Leinenfaser möglichst bedächtig anfassen; sie vermeiden, um
dieselbe zu schonen, stark wirkende Mittel und suchen die Weiſse der Leinwand durch
allmälige, öftere Behandlung mit schwachen Mitteln zu erreichen. So wird auch die
Wirkung des Chlores auf mehrere Bäder vertheilt, die mit ihren unmittelbar folgenden
Säurebädern immer zwischen zwei mit Potasche, kaustischer Potasche oder mit Soda
angesetzten Beuchen oder zwischen die letzte Beuche und das Einhobeln der Waare
eingeschaltet werden.
Für Leinwand, welche mit Krapproth und verwandten Farben bedruckt werden soll,
unterbleibt natürlich das Einhobeln mit Seife, und es wird die Bleiche mit dem
letzten Chlor, darauf folgender Säure und einer gründlichen Waschung abgeschlossen.
Ist die Leinwand für küpenblaue Tücher bestimmt, so genügt eine weniger vollständige
Bleiche, indem man unter Auslassung von ein oder zwei Chlorbädern dem letzten
Waschen eine Sodaabkochung vorausgehen läſst.Vgl. 1820 3 198. 1826 20 471. 1828 27 460. 1838 68 154. 1839 71 233.
*1839 74 359. 1856 142
228. 1864 173 362.
Durch das Bleichen verliert die rohe Leinwand ungefähr 30, die
Baumwolle nur 5 Procent ihres Gewichtes. Diese Zahlen weisen schon darauf hin, daſs
für die Baumwolle das Bleichverfahren bedeutend abgekürzt werden konnte. So zeigte
sich bald, daſs die Fermentation oder das Entschlichten, welches der Leinwand nicht
weniger als 10 bis 15 Procent ihres Gewichtes von verunreinigender Substanz
entzieht, gleichwie das Auslegen der Waare auf die Wiese aufgegeben werden und daſs
die Zahl der Abkochungen auf zwei, höchstens drei, die der Chlorbäder und der
Säurebäder auf je eines und damit die Anzahl der nothwendigen Waschungen dem
entsprechend beschränkt werden konnte. Dagegen verlangten die für die Druckerei
bestimmten Baumwollgewebe, daſs die aus denselben hervorstehenden feinen Härchen,
welche einen reinen, glatten Druck unmöglich machen, durch eine neu hinzukommende
Operation entfernt werden. Es wurde dies vor dem eigentlichen Bleichen durch das
Sengen erreicht, indem man die Waare über einen glühenden, eisernen oder kupfernen
Ganz- oder Halbcylinder führte. Man findet diesen ursprünglichen Apparat noch in
vielen, sogar in neu eingerichteten Bleichereien. Aber nachdem i. J. 1798 von dem
Franzosen Lebon die Gasbeleuchtung erfunden, i. J. 1805
von Murdoch die erste gröſsere Gasanstalt in Manchester
errichtet worden und diese Industrie auch in anderen Städten Englands eingeführt
worden war, baute i. J. 1817 Hall in Nottingham die
erste Gassengmaschine zunächst nur für feine Gewebe, mit nur einem Gasrohr, und gab
ihr im J. 1823 eine wesentliche Verbesserung. Trotzdem fand sie nicht die Beachtung,
welche sie verdiente, sei es daſs die Gaspreise zu hoch waren, oder daſs man den
Apparat nicht richtig zu behandeln verstand. Erst in den letzten 20 Jahren, da die
Gassengmaschine mit 2, 3 und 4, von Tulpin in jüngster
Zeit sogar mit 8 Gasrohren versehen worden ist, um ein gründliches, für die Gewebe
ungefährliches Sengen zugleich auf der rechten und linken Seite des Stoffes zu
erreichen, fand sie in den Druckereien allmälig Zutritt und Anerkennung.Vgl. 1852 124 74. *1859 153 21. *1863 168 113. *1866 181 441. *1869 191
355. *1874 213 386.
Die Druckartikel, wie sie nach der vorhergehenden Darstellung einer nach dem anderen
für die Baumwolle eingeführt wurden, verlangten vor Allem eine vollkommen und
gleichmaſsig gereinigte Bleichwaare. Das mehrmalige Uebergieſsen der Baumwollstücke
mit der in einem getrennten Kessel erwärmten Beuchflüssigkeit konnte nicht mehr
genügen, weil letzterer der nöthige Umlauf in der Beuchkufe und durch die Waare
hindurch fehlte. Es wurde also zunächst diese Kufe mit jenem Kessel in directe
Verbindung gesetzt. Wurde derselbe unterhalb der Kufe angebracht, so muſste die in
demselben zum Kochen erhitzte Beuchflüssigkeit durch ein in der Mitte der Kufe
befindliches aufrechtes Rohr, um welches herum die Stücke eingelegt waren, aus dem
Siedekessel in die Höhe steigen und die Waare gleichmaſsig von oben übergieſsen. Die
Flüssigkeit suchte dann ihren Weg durch die Stücke nach unten und gelangte durch den
dieselben tragenden Lattenboden direct wieder in den Siedekessel. Oder letzterer
hatte die Form eines Cylinderkessels und war seitwärts von der hölzernen Kufe
gelagert. Alsdann lieſs ein auf dem oberen Theil des Kessels angesetztes gebogenes
Rohr die durch directe Feuerung zum Kochen gebrachte Flüssigkeit sich von oben über
die eingelegte Waare ergieſsen. Die Flüssigkeit sammelte sich unten zwischen dem
Boden der Kufe und dem Lattenboden und floſs von hier durch ein Verbindungsrohr in
den Siedekessel zurück. Man hat diese beiden Beuchvorrichtungen als
Ueberguſsapparate bezeichnet; mit demselben Recht könnte man jedoch allen folgenden
Apparaten denselben Namen geben. Laurie's sowie Robeson's (* 1854 132 184)
Beuchkessel sind ähnlich construirt wie die vorhergehenden, aber der Umlauf der
Flüssigkeit zwischen der Kufe und dem Siedekessel wird durch eine Pumpe bewirkt und
bei letzterem die Lauge anstatt mit directer Feuerung durch zuströmenden Dampf zum
Kochen gebracht. Auch der Graham'sche Apparat wird mit
Dampf geheizt, ist wie der von Robeson mit einem
luftdicht verschlieſsbaren Deckel und mit Sicherheitsventil versehen, hat jedoch
keine Pumpvorrichtung. Der guſseiserne Apparat von R.
Kay (* 1860 158 232) enthält schon den Gedanken
zu dem späteren Pendelbury'schen System, sofern die Beuchflüssigkeit in einem durch
Dampf erwärmten, von dem Beuchkessel getrennten, durch ein Rohr mit demselben
verbundenen Behälter sich befindet und von diesem aus sich über die Baumwolle
ergieſst, sobald der Hahn des Verbindungsrohres geöffnet wird. Vereinzelte Exemplare
der eigentlichen Hochdruckbleichkessel kamen zwar schon i. J. 1838 aus England nach
der Normandie; aber allgemeiner wurde ihre Verwendung, auch in England, erst mit dem
J. 1858, in welchem Barlow mit seinem Doppelkessel
auftrat. Die beiden unter sich durch Dampfrohre verbundenen eisernen Kessel sind mit
Waare gefüllt, die Lauge wird durch den zuströmenden Dampf abwechslungsweise aus dem
ersten in den zweiten getrieben, ergieſst sich hier über die eingelegten Stücke und
wird, nachdem die Verbindung zwischen beiden durch die entsprechende Stellung der
Hähne unterbrochen
worden, eine Zeit lang im Kochen erhalten, worauf sie wieder in den ersten Kessel
zurückgedrückt und dieses Verfahren wiederholt wird, bis die Abkochung beendigt ist.
Die Zeitdauer einer solchen Abkochung wurde durch die Hochdruckkessel unter
Anwendung eines Druckes von 3 bis 4at von 12 auf 4
Stunden herabgesetzt. Neben dem Barlow'schen Kessel kam das Pendelbury'sche System
mit eigenem Siedekessel, sowie ein aus den beiden Apparaten combinirtes System in
Aufnahme. Im Elsaſs ging man erst i. J. 1868 zur Hochdruckbleiche über, indem man
dort ein eigenes System, das sogenannte Mülhauser System, mit einem einzigen Kessel
und mit Kreiselpumpe für den Umlauf der Flüssigkeit einführte. Eine nähere kritische
Vergleichung dieser vier Hochdruckbleichkessel nebst einer Beschreibung des neuesten
Bracewell'schen Apparates findet sich von mir in
diesem Journal *1879 233 368 (vgl. auch *234 28). Uebrigens gibt es noch eine ziemliche Zahl
angesehener Fabriken, welche sich von ihren Bleichkesseln älterer Construction nicht
zu trennen vermögen. Ich habe selbst in einer solchen Fabrik noch mit einem
Ueberguſsapparat ältester Art gearbeitet und ist derselbe heute noch in Betrieb. In
einer anderen Druckerei ist es sogar dazu gekommen, daſs man vom Hochdruck- wieder
zum Niederdrucksystem zurückgekehrt ist. Dieser factische Rückschritt läſst sich nur
durch eine unrichtige Behandlung des Hochdruckkessels erklären; jener Mangel an
Fortschritt aber entspringt aus dem ungemein conservativen Charakter der
Bleichindustrie, namentlich wo sie mit der Druckerei in Zusammenhang ist. So lange
ein Bleichverfahren einigermaſsen befriedigende Resultate liefert, hütet man sich
irgendwie zu ändern, um nicht an dem Fundament der Druckerei zu rütteln.Vgl. *1820 3 1. 1832 43
315. 1835 57 290. 1837 64 448. 66 116. * 1838 67 129. 1840 76 296. *
1848 107 181. * 1854 131 344. 133 398. 306. * 1855 136 439. * 1861 162
356. * 1868 190 66.
Um das Kochen der Waare zu vermeiden und damit die Festigkeit
des Fadens zu sichern, hat Metz in Heidelberg einen
Beuchapparat aus Kupfer oder Eisen zusammengesetzt, in welchen die Waare eingelegt
und die kalte Beuchflüssigkeit unter sehr starkem Druck hineingepumpt wird, so daſs
die Gewebsfasern die Luft, welche in ihren Poren und Gefäſsen enthalten ist, abgeben
und dafür die Flüssigkeit in sich aufnehmen. Ich glaube kaum, daſs dieser Apparat
eine weitere Verbreitung gefunden hat. Dagegen kommt neuerdings das Gegenstück des
Metz'schen Kessels, der eigentliche Vacuumapparat,
in Aufnahme, aus welchem vielmehr die Luft vollständig ausgepumpt wird, ehe die
Bleichflüssigkeit sich über die zuvor eingelegte Waare ergieſst und in die
luftleeren Poren derselben eindringt. Dr. Römer benutzt
einen derartigen Apparat mit Vortheil zum Bleichen von Leinenwaaren und erhitzt
zugleich die in den Vacuumapparat eingedrungene Lauge mit Wasserdampf. Zumeist dient
jedoch der Vacuumapparat wie der von
Sprengel beschriebene (1863 168 450) und der von Weber-Jacquel
construirte (* 1879 232 476) nur für das Chloriren,
Säuren und Abwässern der Garne und eignet sich derselbe insbesondere für die
Halbbleiche von Baumwolle, welche auf Bobinen mit Papierhülsen aufgewickelt ist,
also eine Abkochung nicht zuläſst.
Zugleich mit der Einrichtung der Beuchkessel änderte sich
theilweise auch deren flüssiger Inhalt.† Vgl. den Hinweis in Note 14. Die erste Abkochung der Baumwolle,
nicht aber der Leinwand, erwies sich wirksamer und vortheilhafter, wenn sie mit
Kalkwasser statt mit Sodalösung ausgeführt wurde. Diese Verbesserung beeinfluſste
gleichzeitig die Wahl der Säure nach der ersten Abkochung. Bis zu Anfang dieses
Jahrhunderts wurden die Säurebäder mit saurer Milch oder mit Kleie angesetzt. Als
die Schwefelsäurefabriken sich vermehrten, wurde die Schwefelsäure und, als die
Sodaindustrie sich zu entwickeln anfing, die Salzsäure, doch mit Vorliebe die
erstere, für die Säurebäder verwendet. Für den Chemiker ist es nun zweifellos, daſs
für die leichte und gründliche Reinigung der Gewebe von anhängendem Kalkhydrat sich
nur verdünnte Salzsäure eignet, weil beide sich zu einer in Wasser leicht löslichen
Verbindung vereinigen. In den deutschen Fabriken hat man auch längst die
Schwefelsäure verlassen, wozu der einst so billige Preis der Salzsäure die Anregung
gegeben haben mag. In der Schweiz jedoch und in Oesterreich, wo die Salzsäure etwas
theurer zu stehen kommt als die Schwefelsäure, verwenden die Bleichen immer noch
viel Schwefelsäure oder ein Gemenge von Schwefelsäure und Salzsäure. Als ferner der
Chlorkalk in der Bleiche an die Stelle des Chlornatrons trat, war nach dem Chlorbad
wiederum das Säuren mit Salzsäure angezeigt, aus dem weiteren Grunde, daſs eine bei
der letzten Waschung im Gewebe etwa zurückbleibende Spur von Salzsäure auf den
heiſsen Trockencylindern sich verflüchtigt, während eine Spur von Schwefelsäure sich
mit dem Verdunsten des Wassers concentrirt, die Faser schwächt und gelb
nüancirt.
Aber nicht blos an der Zusammensetzung der ersten, sondern auch der zweiten
Sodabeuche wurde geändert. Im J. 1827 lieſs sich die Wittwe Bruckbaeck in Regensburg die Anwendung von Harzseife als Zusatz zur
Sodaabkochung der Baumwolle patentiren. Das Patent gelangte zunächst nach
Schottland, kam von hier im J. 1836 wieder auf den Continent zurück und bewährte
sich überall als eine wirkliche Verbesserung der Baumwollbleiche, welche namentlich
dem Weiſs der gefärbten Waare zu Gute kam. Doch brachte sie die früher unbekannten,
in der heutigen Bleiche zeitweise auftretenden, zeitweise wieder verschwindenden
Harzflecken in die weiſse Waare. Wie ich mich durch directe Versuche überzeugt habe,
scheidet sich aus der heiſsen wässerigen Lösung einer Harzseife das Harz durch Zusatz von kaltem Wasser,
nicht aber von heiſsem Wasser, als weiſse klebrige Masse aus. Hängt sich diese an
einzelnen Stellen der Waare an, so ist sie durch das Waschen im Fluſs nicht mehr zu
entfernen und veranlaſst beim Trocknen auf den heiſsen Cylindern das Entstehen von
gelben Flecken. Es ergibt sich hieraus, daſs die mit Soda und Harzseife abgekochten
Stücke im Kessel nicht mit kaltem, sondern mit heiſsem Wasser abzuwassern sind, wenn
man die Harzflecken vermeiden will.Vgl. 1822 8 51. 155. 314. 488. 9 111. 1823 10 191.
1829 33 447. 458. *1840 76 382. 433. 1841 81 70. 82 317. 1842 86 299.
1844 92 157. 1847 104
133. 1851 119 445. 120
66. 1854 131 272. 134
216. 1855 137 376. 1858 150 355. 364. 1868 188 329. 1873 210 480. 1876 222 287.
503. 1878 227 280. 319. 228 80.
Um dem raschen Tempo, in welchem die Kattundruckereien
arbeiteten, folgen zu können, genügte die Beseitigung der Rasenbleiche in den
Bleichanstalten allein noch nicht. Was den Gang der Bleiche ebenso sehr
verschleppte, war das langsame, mühselige Waschen jedes einzelnen Stückes nach jeder
Operation. Für stärkere Waschungen muſste die Waare geklopft oder gepritscht werden,
anfänglich von Hand, d.h. mit hölzernen Pritschen, später auf der Walke oder der
Pritschmaschine (*1844 94 277); dann wurde jedes einzelne
Stück an den Pflock gehängt, ausgewunden und im Sommer auf der Wiese oder in der
Lufthänge, im Winter in der Warmhänge getrocknet – übrigens lauter
Verfahrungsweisen, welchen man ab und zu heute noch in kleineren Fabriken begegnen
kann. Das im J. 1820 von England aus bekannt gewordene Waschrad concurrirte, was
Gründlichkeit des Waschens und Schonung des Stoffes anbelangt, mit der
Pritschmaschine und ist dasselbe immer noch ein für viele Zwecke unentbehrlicher,
allgemein verbreiteter Waschapparat der Färbereien (vgl. *1857 143 88. 90. *146 86. * 1859 152 12); aber dasselbe war nicht im Stande, das Reinigen
der Bleichwaare wesentlich zu beschleunigen. Es handelte sich vielmehr darum, eine
Maschine zu finden, welche die schon für die Abkochungen zusammengenähten Stücke in
fortlaufendem, raschem Gang rein zu waschen vermag. Nachdem verschiedene
Constructionen aufgetaucht und wieder verschwunden warenVgl. *1826 21 223. 1828 29 394. *1850 116 389. *1851 119 407. * 1854 134
355. * 1855 136 38. * 1861 162 255. * 1871 201 25.,
langte man endlich bei der Walzenwaschmaschine an, welche in der Form von Mather's oder von Robinson's Apparat (* 1851 119 407) in den
Bleichereien sowohl, als in den Färbereien allgemein in Aufnahme kam und in der
Folge zu dem jetzt so beliebten, von Brown und Witz erfundenen Spritzclapot (* 1862 165 18) führte. Die Einrichtung dieser älteren
Walzenwaschmaschinen hat weiterhin in England die Idee angeregt, dieselben in
kleinerem Maſsstab zu construiren, den Waschtrog mit Chlorkalklösung oder mit verdünnter Säure statt
mit Wasser zu füllen und die Bleichwaare, anstatt sie in Bottige zum Chloriren oder
Säuren einzulegen, continuirlich im Strang durch eine solche Maschine laufen zu
lassen (vgl. * 1845 95 350). Neuerdings ist diese Methode
des Chlorirens und Säuerns, welche, wie ich aus Erfahrung bestätigen kann, gute und
sichere Resultate liefert, auch in Deutschland bei Neueinrichtungen angenommen
worden. Eine wesentlich verbesserte Form hat Gebauer in
Berlin der Maschine gegeben, um namentlich das Verziehen des Gewebes, den
Uebelstand, an welchem alle Walzenwaschmaschinen mehr oder weniger leiden, und
welcher in der Druckerei verschiedene Vorkehrungen zum Breitmachen, Ausspannen und
StreckenVgl. *1832 44 328. * 1838 67 30. *1839 72 372. *74 49. 175. * 1840 77
327. * 1843 87 344. 1879 231 377. 232 89. der Waare
nöthig gemacht hat, zu vermeiden. Eine nähere Beschreibung von Gebauer's Apparat findet sich in diesem Journal *1879
233 34, wo ich zugleich die gewöhnliche Methode des
Chlorirens und Säuerns mit Beihilfe der Centrifugalpumpen und die neue mit einander
zu vergleichen veranlaſst war.
Für das Auswinden nach dem Waschen ist die mühsame und
unvollkommene Arbeit am Pflock gänzlich aufgegeben worden. Alle Waschmaschinen
erhielten dafür eine Quetschvorrichtung, um die durchnäſste Waare beim Verlassen des
Apparates genügend auszudrücken. Für das Auswinden nach dem letzten Waschen wurde
jedoch eine eigene selbstständige Quetschmaschine aufgestellt, welche die im Strang
durchlaufenden Stücke unter bedeutend stärkerem Druck auspreſst und damit sowohl das
Breitlegen der feuchten Waare, als auch das Trocknen derselben bedeutend erleichtert
(vgl. *1820 3 6. 10. *1879 233
34). Die Centrifugaltrockenmaschine windet zwar noch kräftiger aus als der sogen.
Squeezer und sie findet auch in kleineren Bleichen, namentlich wo die rasch
trocknenden heiſsen Cylinder fehlen, vielfach Verwendung. Doch würde das Aus- und
Einlegen der einzelnen Stücke in die Trommel den raschen Betrieb groſser
Bleichanstalten in fühlbarer Weise stören und aufhalten. Dafür ist sie in der
gesammten Färberei neben dem Clapot eine der unentbehrlichsten und verbreitetsten
Maschinen geworden.Vgl. *1840 76 30. 78
236. *1841 81 60. *1843 88 129. 446. *1844 91 182. *94 422. *1853 127 108.
*128 179. 264. *1861 160 427. * 1862 164 172. *165 417. *1866 180
276. 350. *1868 189 220. *1871 202 319. 1872 203 356.
* 1874 214 94. 284. * 1879 233 91.
Die Lufthängen und Trockenstuben (* 1839 71 456. 74 107. 125) haben in den mit Dampf geheizten
TrockenapparatenVgl. * 1839 74 175. * 1846 101 202. 1848 108 466. * 1853 129 203. * 1858 150
263. 266. * 1861 160 429. * 1869 191 359. * 1871 202
318. 1879 231 551. 232
183. einen ungleich leistungsfähigeren Ersatz gefunden. Sie
bestehen aus einer verschieden groſsen Anzahl hohler kupferner Cylinder oder auch, wie
die Tulpin'schen Maschinen (* 1869 191 359) aus einer einzigen Kupfertrommel von groſsem
Durchmesser. Die feuchten, durch lange Messingnadeln an ihren Enden
zusammengehaltenen Stücke gehen über mehrere Spann- und Streckstäbe, welche das
Entstehen von Falten zu verhüten haben, sowie über einen mechanischen Breithalter
oder über die neueste Spann- und Ausbreitvorrichtung von Birch (1874 211 395. 1878 230 365), kommen in gespanntem Zustand auf die heiſsen Trommeln und rollen
sich bei ihrem Austritt aus dem Trockenapparat entweder auf Holzwälzchen auf, oder
werden noch häufiger durch einen Selbstleger leicht gefacht, je nach ihrer weiteren
Bestimmung. Von dieser hängt es auch ab, ob die Waare im trockenen Zustand
nachträglich durch eine der wirklichen Ausbreitmaschinen (*1879 232 499), wie sie Laing
(1856) und nach ihm Ducommun, oder wie sie Boſshard (*1874 214 204)
nach dem alten Schindler'schen Vorbild construirt und
verbessert hat, auf eine gegebene Breite, z.B. auf die ursprüngliche Breite des
rohen, nicht gebleichten Gewebes gebracht werden soll oder nicht.
Die weiſs gebleichte Waare kann nunmehr für die Appretur oder in
die Druckerei abgeliefert werden. Bei letzterer ist wiederum zu unterscheiden, ob
sie für den Modeldruck oder für den Walzendruck bestimmt ist. Wenn sie in der
Weberei mit Sorgfalt, so daſs der Faden nur eine mäſsige Reibung erfahren hatte,
geschlichtet worden ist, so genügt für den Handdruck das Sengen vor der Bleiche.
Beim Walzendruck aber wird der von der Sengmaschine nicht bis zur Gänze entfernte
Flaum von den Spannstäben der Maschine sowie beim Durchgang zwischen der Kupferwalze
und dem Pressionscylinder stark aufgerieben und zum Theil vom Gewebe abgewetzt. Der
in die Höhe stehende Flaum gibt den bedruckten Stücken nach der Appretur ein rauhes,
unfertiges Ansehen; der abgeriebene Theil desselben vermischt sich mit der im
Farbtrog befindlichen Druckfarbe, legt sich unter die Rakel und verursacht einen
schwierigen, unreinen Druck. Deshalb war man nach Einführung der
Walzendruckmaschinen, wohl auch in Folge der Anwendung der Walzenwaschmaschinen in
der Bleiche genöthigt, zwischen das Bleichen und Bedrucken die Operation des
Scherens einzufügen. Die für diesen Zweck dienende Cylinderschermaschine, welche
übrigens auch für Kammgarngewebe, Halbwoll- und Seidenstoffe Anwendung findet, ist
aus der Tuchfabrikation wohl bekannt. Ihre Hauptbestandtheile sind ein gerades,
horizontales unbewegliches Messer und ein mit scharf geschliffenen Stahlklingen in
lang gestreckten Schraubenlinien umzogener, schnell um seine horizontale Achse
laufender Cylinder. Zwei Rundbürsten stellen den Flaum des an ihnen vorüberlaufenden
Gewebes in die Höhe, bevor es unter das gerade Messer kommt, wo er sodann von
letzterem vorn, von der Schneide des Cylindermessers seitwärts gefaſst und wie von
einer Schere
weggeschnitten wird. Manche Artikel erfordern ein zweimaliges Scheren auf der
rechten Seite, mitunter auch ein solches auf der linken Seite. Um diese doppelte
Arbeit auf einmal auszuführen, werden die neuesten Maschinen anstatt mit einer, mit
zwei solchen in kurzer Entfernung hinter einander stehenden Schervorrichtungen
versehen.Vgl. *1820 2 257. *3
276. *1821 6 64. *1823 11 166. *1824 13 26. 184. *14 407. *15 43. *1825
17 300. 1831 40
98. *1832 43 233. *45
253. *1834 51 89. *53
366. 1837 66 157. 1840 76 465. *1878 229 205.
Die für die Appretur fertigen, weiſs gebleichten, gefärbten oder bedruckten Leinen-,
Baumwoll-, Seiden-, Halbwoll- und Wollstoffe erhalten eine so mannigfaltige, so oft
wechselnde Ausrüstung, daſs es vergebliche Mühe wäre, alle Varietäten, Arten und
Abarten des harten, rauhen, weichen, festen, matten und glänzenden Apprets aufzählen
zu wollen, welche die Mode für die verschiedenen Gewebesorten schon verlangt,
verworfen, wieder hervorgesucht und mit anderer Benennung neu eingeführt hat. Mit
Ausnahme der Woll- und eines groſsen Theils der Halbwollwaaren werden alle anderen
Gewebe mit einer Appreturmasse behandelt, welche in der Hauptsache aus Weizen- und
Kartoffelstärke, wohl auch Gummi, Traganth, Wachs, Stearinsäure, Wallrath und
anderen Zuthaten, wie sie gerade der gewünschte Appret verlangt,
zusammengesetztVgl. 1827 23 483. 1837 65 157. 1871 199 245. 200 339. 45. 1874 211
404. 1875 216 190. 218
522. 1876 220 287. 1877 224 111. 660. und entweder in dem gewöhnlichen
Kochkessel der Farbküchen (* 1869 191 444. *1873 209 410) oder in dem i. J. 1858 von Simon erfundenen, erst seit ungefähr 10 Jahren
allgemeiner gewordenen Hochdruckkessel (*1860 155 100.
1874 211 391) gekocht wird. Das Gewebe wird durch einen
mit der gekochten Appretmasse gefüllten, mit hölzernen Leitwälzchen versehenen Trog,
von diesem aus zwischen zwei mit Baumwolltuch umwickelten, mit Hebeln beschwerten
Metallwalzen hindurchgezogen und hinter der Maschine entweder naſs abgelegt, wie es
früher üblich war, oder besser direct auf einen der Trockenapparate geführt, welche
den in der Bleiche benutzten vollkommen entsprechen. Für einen weniger vollen Appret
geht das Gewebe zwischen einer in der Appretmasse laufenden messingenen Auftragwalze
und einer ebensolchen Preſswalze oder zwischenzwichen einer durch eine hölzerne Auftragwalze mit dem Kleister gespeisten
Tausendpunktwalze und einer glatten umwickelten Metallwalze hindurch auf den
Trockencylinder. Versieht man bei letzterer Anordnung die gravirte Walze, deren
Vertiefungen anstatt in Picots auch in Hachüren bestehen können, mit einer Rakel und
die bombirte Preſswalze mit einer Gegenrakel, wie beim Walzendruck, und läſst man
die gravirte Walze von der Rückseite des Gewebes berührt werden, so wird der Appret
nur auf der linken Seite desselben aufgetragen. Doch arbeitet sich von demselben immerhin ein Theil
auf die vordere Seite durch, so daſs man auf diese Weise keinen vollständigen
Linksappret erzielt, welcher gerade jetzt sehr beliebt ist, weil er den Effect der
Farben so wenig stört. Man hat deshalb in letzter Zeit zwei andere Anordnungen
vorgeschlagen und zum Theil auch mit Vortheil eingeführt, bei welchem die
Appretmasse auf der nicht bedruckten Seite der Stücke ganz leicht ohne jeden Druck
aufgetragen und ebenso leicht mit Rakeln auf dieser Seite gleichmäſsig verstrichen
wird, bis die so gestärkte Waare die erste Trockentrommel erreicht hat.Vgl. Appreturmaschinen: *1820 3 12. 1825 16 531. *1830 35 32.
1838 68 115. 70 316.
1843 87 152. 1847 106 101. *1850 116 188. *1851 121
194. *1869 194 299. Für feine Gewebe,
wie Battiste, Jaconnets, Mousseline u. dgl., welche sich beim Trocknen leicht
verziehen, hat Schlumberger schon i. J. 1836 die Idee
zu den heutigen verschieden eingerichteten SpannrahmenVgl. *1837 64 397. 1841 80 157. *1853 127 333. *1876 222 32. *1879 231 325.
232 89. *233
366. angeregt. Dieselben werden jetzt nach zwei Hauptsystemen
gebaut; bei dem älteren werden die aus der Bleiche oder aus dem Apprettrog kommenden
Gewebe von senkrechten, langsam sich vorwärts bewegenden Nadeln von unten an ihren
beiden Leisten eingehäkelt und über einen von Heizröhren erwärmten Raum geführt,
beim anderen werden die Leisten beiderseits von Kluppen seitlich gefaſst und in die
Breite gespannt, bis der mit Dampfröhren geheizte Trockenraum zurückgelegt ist. Um
das Verziehen der Muster und den schädlichen Einfluſs heiſser Metall flächen auf die
Farben zu vermeiden, hat man die Anwendung der Spannrahmen auch auf gröbere Gewebe,
mitunter sogar auf ordinäre Artikel ausgedehnt, da sie überdies eine schöne Appretur
mit gefälligem Ansehen und mit angenehmem Griff liefert. Immerhin arbeitet diese
etwas langsame Maschine für billige Waare zu theuer und erfordert groſse
Räumlichkeiten. Man kam deshalb auf den Gedanken den bedeutend verkürzten
Spannrahmen mit der groſsen Tulpin'schen Trockentrommel
zu combiniren (vgl. *1869 191 359) und auf diese Weise
einen Mittelweg einzuschlagen, um die Vortheile beider Apparate zu vereinigen. Huber's Apparat (*1873 209
408), ein Trockencylinder von groſsem Umfang, auf welchem die Nadeln selbst
befestigt sind und mit ihm sich bewegen, kann zwar dem Gewebe eine bestimmte und
gleichmäſsige fadengerade Spannung in die Breite ertheilen; aber indem letzteres
direct mit der heiſsen Trommel in Berührung kommt, entfallen bei dieser Spanntrommel
die übrigen Vortheile des Spannrahmens, nämlich die Rundung des Fadens, die
Elasticität des Apprets und die Schonung der Farben.
Die meisten Artikel der appretirten Waare müssen, wenn sie die
heiſsen Trockenapparate oder Spannrahmen verlassen haben, vor ihrer letzten Behandlung mit Wasser
eingesprengt werden. Dies wurde früher in sehr unvollkommener, ungleicher Weise
mittels Bürsten oder Pinsel von Hand ausgeführt. Hernach wurde mit dem Aufdockstuhl,
auf welchem die Stücke fest aufgerollt werden, eine Einsprengvorrichtung verbunden
in der Weise, daſs eine in Wasser rasch sich drehende Rundbürste das über ihr
weglaufende Gewebe mit Wasser von unten bespritzte. Man erreichte mit dieser
Vorrichtung den Zweck nur unvollständig; der Stoff wird mit groſsen und kleinen
Tropfen ungleich und schwach benetzt, weil die Mehrzahl der Wassertropfen
wirkungslos wieder in den Wasserbehälter zurückfallen. Die neueren Constructionen
der Einsprengstühle sind deshalb als bedeutende Verbesserungen anzusehen, da ihre
Rundbürsten das Wasser aus einem oberhalb des Aufdockstuhles befindlichen Behälter
von oben und zwar durch ein feines Sieb hindurch als gleichmäſsigen, zarten
Staubregen auf das unten vorbeilaufende Gewebe herunterschleudern. Bei noch neueren
MaschinenVgl. *1847 103 409. *1867 184 44. 1872 204 418. 442. *1879 232 227. * 233
455. wird das Wasser statt von der Bürste von einer auf ihrem
Umfang mit kleinen Wasserschaufeln parallel zur Drehachse besetzten Metalltrommel
oder auch mittels gepreſster Luft aus dem Behälter durch das Sieb
heruntergeworfen.
Für das Appretiren fertige Wollwaaren sowie der gröſsere Theil der Halbwollwaaren
erhalten zu ihrer Ausrüstung keine Appretflüssigkeit, sondern sie werden nur
eingesprengt, mit der Vorsicht, daſs sie nicht zu naſs werden und dadurch einen
speckigen Glanz bekommen. Sie werden hierauf in der Form, wie sie später in den
Handel gelangen, zwischen Preſsspäne und kalte oder geheizte Metallplatten in die
Presse, am wirksamsten neuerer Zeit in eine hydraulische Presse (*1858 147 253) gelegt, um ihnen den gewünschten Griff' und
einen mehr oder weniger groſsen Glanz zu ertheilen.Vgl. 1831 39 49. 53. 42
194. 1834 51 316. * 52
175. *54 334. *1835 56
418. *57 360. *1836 59
344. *61 382. *1838 67
27. 68 115. *1839 72
21. *74 52. *1873 208
104.
Die gestärkten Leinen-, Baumwoll- und Seidenwaaren erfordern dagegen mit wenigen
Ausnahmen, für welche ein mehrmaliges strammes Aufrollen nach dem Einsprengen
genügt, eine stärkere Behandlung, um das jeder Sorte zukommende richtige Ansehen und
Anfühlen zu erhalten. Früher stand hierfür nur die alte Kastenmangel zur Verfügung
(vgl. *1858 149 26). Sie wird heute noch in den
Appreturanstalten für die Ausfertigung einer Anzahl namentlich leinener Artikel
benöthigt und hat in der hydraulischen Mangel eine theilweise Verbesserung gefunden,
deren Hauptvorzug in der Raumersparniſs besteht, ohne daſs sie jedoch die alte
Mangel in allen Fällen ersetzen könnte. Für Leinwand, welche ihren runden Faden
behalten und einen matten Glanz annehmen soll, ebenso wie für starke Baumwollgewebe, welchen man das
Aussehen der Leinwand geben will, dient der Stampf- oder Stoſskalander (vgl. *1836
62 451. *1848 107 176.
*1856 142 408. * 1879 233 90);
soll dagegen der Leinwand ein wirklicher glänzender Lüster ertheilt werden, so muſs
sie auf dem in den Kattundruckereien ausschlieſslich gebrauchten Kalander geglättet
werden. Der gewöhnliche KalanderVgl. *1830 35 334. *1836 60 183. 1840 75 414. *1841 82 242. 406. *1854 131
17. 1858 147 397. *1859 151 354. *1878 228 472.
besteht aus zwei Papierwellen und einer mittleren hohlen, für Heizung mittels
glühender Bolzen oder mittels Dampf eingerichteten Guſswalze. Anfänglich war die
elastische Walze aus hartem Holz, wie auch heute wiederum leichte Kalander für matte
Appretur mit Kupferwalzen, statt Guſswalzen, und mit Walzen aus Lignum sanctum
zusammengesetzt werden. Die Papierwalzen für Trockenkalander, sowie die
Baumwollwalzen für Naſskalander wurden seit d. J. 1830 von den Engländern zuerst
angewendet und sind erst nach dieser Zeit auf dem Continent bekannt geworden. Für
Waare, welcher ein besonderer Glanz ertheilt werden soll, muſs schon die Appretmasse
die entsprechenden Bestandtheile enthalten; gleichzeitig hat man für sie ein
bedeutend schwereres System von Kalandern mit einer nicht heizbaren, zwei heizbaren
Guſs- und zwei Papierwalzen. Ist hierbei die Umlaufgeschwindigkeit der obersten
sowie der untersten Eisenwelle eine gröſsere als die der mittleren und der zwischen
ihnen vertheilten Papierwellen, so schleifen diese beiden Wellen auf dem Gewebe und
ertheilen ihm hierdurch einen erhöhten Glanz. Derartige Frictionskalander für
weniger hohen Glanz werden auch mit nur einem heizbaren Eisencylinder und zwei
Papiercylindern ausgeführt, wieder in der Weise, daſs ersterem eine gröſsere
Geschwindigkeit gegenüber den beiden letzteren gegeben werden kann, so daſs zwischen
der Guſswalze und der unteren Papierwalze die Reibung stattfindet. Für ganz
besonders glänzende Waare, namentlich für gefärbte leinene Artikel wurde früher
ausschlieſslich die alte langsame Wichs- und Glättmaschine verwendet, bei welcher
ein Kistchen mit Wachs und unmittelbar hinter ihm drein eine kleine Achatrolle in
der Weise der Weberschützen mit groſser Geschwindigkeit über die ganze Breite des
ruckweise in gespanntem Zustande sich vorwärts bewegenden gestärkten Gewebes hin und
her gezogen und so dasselbe zuerst mit Wachs bestrichen und unmittelbar darauf von
dem Achat geglättet wird. Diese Methode, Waare glänzend zu machen, ist übrigens noch
nicht ganz aufgegeben; sie wird mitunter der anderen Glanzappretur sogar vorgezogen,
denn sie unterscheidet sich vor dem Glänzen mittels Frictionskalander nicht
unwesentlich dadurch, daſs die Glänzmaschine dem Faden seine natürliche Rundung
läſst, während der letztere den Faden plattdrückt und damit das Gewebe dichter, aber
dünner erscheinen läſst, wodurch ein ganz anderes Ansehen und ein ganz anderer Griff
der fertigen Waare bedingt wird.
(Fortsetzung folgt.)