Titel: | Julius v. Binzer und E. Bentzen's Schiffschraube und Schraubenmotor. |
Autor: | H–s. |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 265 |
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Julius v. Binzer und E.
Bentzen's Schiffschraube und Schraubenmotor.
Mit Abbildungen auf Tafel 20.
J. v. Binzer und Bentzen's Schiffschraube und
Schraubenmotor.
Die Beobachtung, daſs die bisherigen Schraubenpropeller einen Theil des Wassers
seitlich entweichen lassen, hat zur Construction einer neuen Form derselben geführt,
welche den Erfindern J. v. Binzer und E. Bentzen in Salzburg (D. R. P.
Nr. 6582 vom 9. November 1878) in den meisten Staaten patentirt wurde.
Diese Form läſst sich als mathematische auf folgende Weise entwickeln: Wenn eine
Spirale von der Polargleichung r = nv oder r = nv + m (v2 –
v), worin r einen Leitstrahl, v den von ihm mit der Achse eingeschlossenen Winkel,
m und n aber Constante
bedeuten, nach ihrer concaven Seite gedieht wird, während sie sich nach einer durch
den Pol senkrecht zu ihrer Ebene gelegten Achse verschiebt, so beschreibt jeder
ihrer Punkte eine Schraubenlinie, die Spirale selbst aber eine eigentümliche
Schraubenfläche, welche gegen die Achse hin aufsteigt. Nach auſsen kann diese Fläche
verschieden begrenzt sein. Denn faſst man den Endpunkt einer Spirale von beliebig
bestimmter Länge als erzeugenden Punkt ins Auge, so beschreibt dieser statt einer
cylindrischen Schraubenlinie eine Kegelschraubenlinie, wenn er während der Drehung
und achsialen Verschiebung der Spirale gleichmäſsig gegen deren Pol hin vorrückt.
Die Höhe des Schraubenkegels fällt hierbei um so geringer aus, je gröſser die
Verschiebung des beschreibenden Punktes nach dem Pol hin gegen die achsiale
Verschiebung der ganzen Spirale ist. Bleibt dieses Verhältniſs während einer
gleichförmigen Drehung nicht constant, sondern ändert es sich nach und nach, so geht
der Kegelmantel, auf welchem die von dem Endpunkt der sich allmälig verkürzenden
Spirale beschriebene Schraubenlinie liegt, in irgend eine Rotationsfläche, unter
Umständen in ein Halbellipsoid oder in eine Halbkugel über. Die genannte
Schraubenlinie, welche den Rand der erzeugten Schraubenfläche bildet, hängt
bezüglich ihrer Steigung von dem Verhältnisse ab, in welchem die Vorrückung des
Spiralendpunktes nach dem Pol hin zur jeweiligen Winkelgeschwindigkeit der Drehung
steht. Dieses Verhältniſs läſst sich so bestimmen, daſs die den Rand der Schraubenfläche bildende
Curve eine Erzeugende der Rotationsfläche ist, welche die Schraubenfläche umhüllt.
Welcher Art auch die Begrenzung sein mag, die charakteristischen Eigenschaften
dieser Schraubenfläche, welche die Grundform des neuen Propellers bildet, bleiben
dieselben.
Für die praktische Herstellung desselben wird von den Erfindern folgendes Verfahren
angegeben. Ein maſsiver Cylinder, welcher an einem Ende in einen Kegel mit
abgestumpfter Spitze oder in eine Halbkugel übergeht, und der mit einer achsialen
Bohrung für eine Welle versehen ist, wird durch eine Anzahl normal zur Achse
geführter Schnitte in mehrere gleich dicke Scheiben getheilt, aus deren Mittelpunkt
man auf der einen Fläche einen Kreis k (Fig. 1 Taf.
20) beschreibt, welcher dem Querschnitt der Nabe des zu erzeugenden Schraubenkörpers
entspricht. Dann trägt man die Spirale in der doppelten Zahl der Propellerflügel auf
jede Scheibe auf. Würde – um dies weiter auszuführen – beispielsweise der Erzeugung
einer zweiflügeligen Schraube die Spirale r = nv von solcher Länge zu Grunde gelegt werden,
daſs für ihren äuſsersten Leitstrahl v = 180° wird, so
hätte man Scheibendurchmesser und Scheibenumfang in dieselbe Anzahl gleicher
Abschnitte zu theilen und durch die Theilpunkte concentrische Kreise,
beziehungsweise Radien zu ziehen, deren correspondirende Schnittpunkte bei ihrer
Verbindung zwei um 180° gegen einander versetzte Spiralen aob ergeben. Entsprechend der beabsichtigten
Schraubenwandstärke trägt man diese beiden Spiralen nun nochmals in cod auf und schneidet hierauf aus der Scheibe die
in Fig. 1 schraffirte Form aus. Die aus allen Scheiben gewonnenen
Ausschnitte werden dann über die gemeinschaftliche Achse geschoben und gegen
einander gleichmäſsig versetzt. Der so entstehende Körper wird einer doppelten
Wendeltreppe ähnlich sehen, deren Stufen spiralförmig verlaufen und innerhalb der
Verjüngung sich stetig verkürzen. Alles, was an der inneren concaven und an der
äuſseren convexen Wandung in Form spiralförmiger Kanten hervorragt, wird so weit
weggenommen, bis die Flügel beiderseits eine stetig verlaufende krumme Fläche und
ihre äuſseren Enden einen thunlichst messerscharfen Rand zeigen. Doch kann man auch
die einzelnen Scheiben von vornherein nicht normal, sondern schräg gegen ihre
Flächen beschneiden so zwar, daſs der Schnitt so viel als möglich in der Richtung
der beabsichtigten Steigung geführt wird. Die einzelnen Scheibenausschnitte werden
unter einander und mit der Achse fest verbunden, so daſs sie mit dieser schlieſslich
ein Ganzes bilden, wie es in den Fig. 2 und
3 Taf. 20 dargestellt ist.
Dreht sich der so erhaltene Körper im Wasser in der Richtung seiner concaven Wand, so
wird die ganze Wassermasse, welche sich jedesmal innerhalb derselben befindet,
gezwungen, sich einerseits nach der Achse hin, andererseits nach dem hinteren
offenen Ende des Apparates hin zu bewegen, da sie weder in der Drehungsrichtung, noch
nach vorn entweichen kann. Dann soll der Apparat ruhiger arbeiten und für gleichen
Effect weniger Umdrehungen in der Minute erfordern als die bisher üblichen
Schrauben. Bei etwaiger Beschädigung durch Stoſs wird er, wenn er aus Scheiben
hergestellt ist, nicht leicht im Ganzen werthlos. Anders natürlich, wenn seine
Herstellung durch Guſs erfolgt, in welchem Falle man sich der beschriebenen
Ausführungsart für das Modell bedienen kann. Die Auswechselung des Apparates gegen
vorhandene Schrauben ist ohne weiteres möglich, da er keine gröſsere Achsenlänge
erfordert als diese.
Versuche im Kleinen haben ergeben, daſs er gegenüber den jetzt gebräuchlichen
Propellern eine Steigerung der Schiffsgeschwindigkeit bis zu 20 Proc. ermöglicht.
Bestätigt sich diese Thatsache bei Versuchen im Groſsen, so dürfte die neue
Schiffschraube bald allgemeinere Anwendung finden.
Die Erfinder glauben, daſs sich der Apparat auſser als Schiffspropeller auch als
Wasser- und Windmotor an Stelle von Turbinen, Rädern und Schnecken werde verwenden
lassen. Einige angegebene Variationen seiner Form lassen das Princip seiner Wirkung
unberührt und mögen deshalb an dieser Stelle übergangen werden.
H–s.