Titel: | Neuerungen in der Eisenerzeugung. |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 309 |
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Neuerungen in der Eisenerzeugung.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 233 S.
47.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Eisenerzeugung.
Herstellung feuerfester basischer Ziegel
S. G. Thomas in Battersea (D. R. P. Nr. 5869 vom 5. October 1878) stellt
feuerfeste basische Ziegel aus Magnesia haltigem Kalkstein her, welcher schon
gewisse Mengen Kieselsäure und Thonerde enthält, oder dem sie besonders zugesetzt
sind. Er zieht aber einen stark Thonerde und Magnesia haltigen Kalkstein vor, der
von Natur aus schon 3 bis 4,5 Proc. Thonerde, 5 bis 9 Proc. Kieselsäure und
höchstens 2 Proc. Eisenoxyd enthält. Der gebrannte Ziegel soll zwischen 70 und 80
Proc. Kalk und Magnesia enthalten; je mehr Magnesia um so besser, die Kieselsäure
darf aber 20 Proc. nicht übersteigen.
Zur Herstellung der Steine wird die natürliche oder künstliche Mischung mit etwas
Wasser fein gemahlen, unter starkem Druck zu Ziegeln geformt, bei gelinder Wärme
getrocknet, dann bei stärkster Weiſsglühhitze gebrannt. Ein Versuchsziegel muſs diese
Glühhitze mindestens 18 Stunden lang aushalten; ist er nachher spröde und zerfällt
in Stücke, so enthält er zu wenig Bindemittel; schmilzt er zusammen, so enthält er
zu viel Thonerde und Eisenoxyd.
L. Erdmenger hebt in der Töpfer- und Zieglerzeitung, 1879 S. 183 hervor, daſs
die Anwendung dieser Steine zur Herstellung von Ofenfutter für die Entphosphorung
des Eisens (1879 232 451) zwar neu sei, nicht aber die
Masse selbst, da diese gepulvert nichts weiter ist als der von ihm (1873 209 287) bereits beschriebene
Kalkmagnesia-Portlandcement.
In dem zweiten Patent von S. G. Thomas (D. R. P. Nr.
6080 vom 26. März 1878) wird bereits hervorgehoben, daſs es möglich sei, fast den
ganzen in dem zu bearbeitenden Roheisen enthaltenen Phosphor zu entfernen und auf
diese Weise guten Stahl aus stark Phosphor haltigem Roheisen herzustellen, wenn man
mit einer basischen Schlacke arbeite, die höchstens 12 bis 16 Proc. Kieselsäure
enthalte.
Zur Ausfütterung des Bessemerofens soll gewöhnlicher gemahlener Kalk, welcher
möglichst wenig Phosphor enthält, mit 5 bis 15 Proc. einer Wasserglaslösung oder mit
ebenso viel Thon, mit 10 bis 20 Proc. gemahlener Hohofenschlacke oder Schlacke aus
Kupferwerken innig gemischt werden. Auch kann Portlandcement, hydraulischer Kalk
oder irgend ein natürliches Magnesiasilicat als Bindemittel benutzt werden. So ist
z.B. eine Mischung aus 3 Th. Kalk und 2 Th. Portlandcement sehr zweckentsprechend.
Kalksteine, welche von Natur aus genügende Mengen Kieselsäure und Thonerde
enthalten, um als Bindemittel zu wirken, können auch für sich oder, wenn sie zu
reich daran sind, mit reinerem Kalk gemischt angewendet werden; doch ist auch hier
der Zusatz von etwas Wasserglas wünschenswerth. Ferner ist Kalk mit 2 bis 3 Proc.
Rotheisenstein oder Kiesrückständen und 5 bis 6 Proc. Wasserglas gemischt
verwendbar. Gewöhnlicher Kalk oder Magnesia für sich geben dagegen keine günstigen
Resultate. Immer ist bei allen diesen Gemischen darauf zu sehen, daſs sie nach dem
Trocknen, also vor dem Brennen, höchstens 12 Proc. Kieselsäure enthalten. Die
Gemische werden entweder feucht in die Bessemerbirne eingestampft, oder zunächst zu
Ziegeln geformt. Ziegel aus Kalk und Wasserglas werden nicht gebrannt, sondern nur
getrocknet; die übrigen Gemische werden bei mäſsiger Wärme getrocknet, dann sehr
stark gebrannt.
Die in der Birne verwendeten Düsen werden aus einem Gemisch von 85 Th. gemahlenen
Kalk, 10 Th. Thon und 5 Th. Wasserglas oder aus 94 Th. Kalk, 2 bis 6 Th.
Rotheisenstein oder Kiesabbränden hergestellt und kräftig gebrannt. Die Gieſspfanne,
in welche das Metall abgelassen werden soll, wird mit einem Gemisch von Kalk mit 10
bis 15 Proc.
Wasserglas ausgestampft. Es ist im Allgemeinen vortheilhaft, die basische, den
Phosphor enthaltene Schlacke von dem Zusatz von Spiegeleisen abzustechen.
Bei Ausführung des Siemens-Martin- oder eines anderen offenen Flammofen-Processes zur
Erzeugung von Stahl und hämmerbarem Guſseisen arbeitet man gleichfalls mit einer
basischen Schlacke und füttert den Ofen oder jene Theile desselben, welche mit dem
geschmolzenen Metalle oder der Schlacke in Berührung kommen, mit einer der oben
beschriebenen basischen Mischungen aus, was entweder in Form von Ziegeln oder durch
Einstampfen in feuchtem Zustande geschehen kann. Auch kann der Herd des Ofens so
erzeugt werden, daſs man das basische Material in einer Reihe von dünnen Schichten
aufträgt, von denen jede, ehe eine andere Schicht aufgetragen wird, stark erhitzt
wird, wie dies gegenwärtig bei den allgemein in Gebrauch stehenden Sandböden
geschieht.
Will man für die Ofendecke die gewöhnlichen Quarzsteine verwenden, so sollen sie von
dem basischen Theile des Ofens durch eine Schicht von mit Thon gemischtem Kokestaub
oder guter Graphitziegel getrennt werden (vgl. 1879 233
47).
Zur Entphosphorung des Eisens. Den
diesjährigen Frühjahrs-Verhandlungen des Iron and Steel
Institute entnehmen wir nach dem Iron, 1879
Bd. 13 S. 582 und Engineering, 1879 Bd. 27 S. 425
folgende Mittheilungen. Zunächst berichtet Thomas über
seine Versuche zur Entfernung des Phosphors aus dem Eisen in der Bessemerbirne,
welche in Blänavon ausgeführt wurden (vgl. 1879 233 46).
Die ersten Versuche wurden in einem kleinen, mit Kalk und Wasserglas gefütterten,
2k,7 haltenden Bessemerofen ausgeführt, dann
eine 200k fassende Birne verwendet, in welcher die
Ausscheidung des Phosphors durch das basische Futter und schwaches Ueberblasen
bewirkt wurde. Bei den in folgender Tabelle zusammengestellten 6 ersten Versuchen
wurde Middlesborougher, beim 7. Versuch weiſses Roheisen verwendet:
Nr.
Futter
VerwendetesRoheisen
ZugesetztesSpiegeleisen
Erhaltener Stahl
Si
S
P
k
Si
S
P
C
1
Kalk und Natron Wasserglas
2,07
0,16
1,08
4,5
0,03
0,03
unter 0,04
0,27
2
Desgleichen
1,93
0,15
1,46
2,3
0,05
0,05
0,04
0,1
3
Desgleichen
1,93
0,15
1,46
3,2
0,02
0,03
0,04
0,1
4
Desgleichen
1,93
0,15
1,46
2,3
0,07
0,05
0,04
0,1
5
Kalk und 10 Proc. Thon
1,93
0,15
1,46
2,3
0,02
0,04
0,04
0,16
6
Kalk u. 10 Proc. Wasserglas
–
–
–
–
0,02
0,12
0,04
0,10
7
Kalk und 10 Proc. Thon
1,09
0,85
0,88
–
0,07
0,54
0,04
0,49
Die erhaltene Schlacke hatte folgende Zusammensetzung:
Nr.
FeO
Fe2O3
MnO
Al2O3
CaO
P2O5
SiO2
S
P
Fe
2, 3 u. 4
Ausgeworfene SchlackeSchlacke vom Guſsblock
47,1734,87
4,9422,59
2,331,40
1,12–
14,0227,48
6,87 5,79
24,00 8,60
0,150,12
2,972,53
40,1042,94
5
Desgleichen
32,42
7,21
0,65
2,20
32,54
6,45
16,85
–
2,81
30,28
6
Desgleichen
34,04
5,83
2,14
3,04
27,93
10,79
15,27
0,73
4,71
30,51
Um den Phosphorgehalt genügend tief herabzubringen, muſste im Allgemeinen noch etwa
40 Secunden nach dem Verschwinden der Flamme geblasen werden. Noch besser waren die
Resultate, wenn dem Roheisen ein geschmolzenes Gemisch von Kalk und Eisenoxyd
zugesetzt wurde; derartige basische Niederschläge erscheinen geradezu nothwendig, um
die zu starke Abnutzung des Futters für das sich namentlich die stark gebrannten
Magnesiakalkziegel bewährt haben, zu verhüten und die Ausscheidung des Phosphors zu
begünstigen. Für je ll Cleveland-Roheisen sind
mehr als 100k basischer Zuschläge
erforderlich.
G. J. Snelus hebt hervor, daſs er
zuerst auf Grund seiner Versuche ausgesprochen habe, die Ausscheidung des Phosphors
beim Bessemerproceſs sei wesentlich von der basischen Natur der Schlacke abhängig
(vgl. 1873 208 463). Derselbe versuchte bereits i. J.
1872 die Bessemerbirne mit einem basischen Futter, namentlich mit gebranntem Kalk
oder Dolomit, auszukleiden. Beim ersten Versuche wurden 100k Roheisen mit 1,5 Proc. Phosphor in gewöhnlicher
Weise behandelt; nur war die Birne mit gemahlenem Kalk ausgestampft. Der erblasene
Stahl enthielt 0,8 Proc. Koblenstoff, Spuren von Silicium und Schwefel und 0,018
Proc. Phosphor, die Schlacke 3,2 Proc. Phosphorsäure. Bei einem Versuche mit 1t Roheisen, welches viel Mangan und 0,3 Proc.
Phosphor enthielt, zeigte das erblasene Metall 0,4 Proc. Kohlenstoff und 0,006 Proc.
Phosphor, die Schlacke 36,7 Proc. Eisen, 12,65 Proc. Kieselsäure, 28,2 Proc. Kalk
und 0,519 Proc. Phosphor. Die Möglichkeit der Entphosphorung des Eisens in einer
Bessemerbirne mit basischem Futter war durch diese Versuche bewiesen.
E. Riley (Engineering, 1879 Bd. 27
S. 427) führt aus, daſs die Verwendung von Kalkstein zur Herstellung von Ziegeln
oder zum Ausstampfen namentlich dadurch erschwert werde, daſs derselbe beim Brennen
um 25 bis 35 Proc. schwinde. Die Verwendung des gebrannten Kalkes ist wegen seiner
pulverigen Beschaffenheit nicht wohl ausführbar; dagegen wurden brauchbare Steine
durch Zusammenpressen von gebranntem Kalk mit 5 bis 10 Proc. rohem Erdöl und
nachfolgendem Glühen erhalten. 5 bis 7,5 Proc. gebrannter Thon oder 3 bis 5 Proc.
Eisenoxyd machten den Kalkziegel härter, vergröſserten aber das Schwinden desselben beim
Glühen. Besonders empfehlenswerth ist Dolomit mit rohem Erdöl gemischt und in
hydraulischen Pressen zu Steinen gepreſst; nach dem Brennen konnten sie ohne Schaden
in Wasser eingetaucht werden. Die gebrannten Steine hatten folgende
Zusammensetzung:
Kieselsäure
8,85
Kalk
51,80
Magnesia
35,35
Thonerde
2,60
Eisenoxyd
1,40
Calciumsulfid
0,55
––––––
100,55.
H. Parmet (Iron, 1879 Bd. 13 S. 617)
hebt die Erschwerung des Bessemerprocesses durch die groſsen Schlackenmassen hervor,
welche erforderlich sind, um die durch Verbrennen des Siliciums aus dem Eisen
gebildete Kieselsäure aufzunehmen, ohne ihre stark basischen Eigenschaften zu
verlieren. Er macht nun den Vorschlag, das Eisen zunächst in eine Bessemerbirne mit
Kieselsäure haltigem Futter zu bringen, hier das Silicium zu verbrennen und dadurch
das Metall auf die höchste Hitze zu bringen, dann dasselbe sofort unter Zurückhalten
der Schlacke in eine zweite Birne mit basischem Futter zu bringen, um hier Phosphor
und Kohlenstoff zu entfernen. Der dadurch erlittene Wärmeverlust soll kaum halb so
groſs sein als der, welcher durch die groſse Menge der basischen Zuschläge bewirkt
wird, die erforderlich sind, wenn die gebildete Kieselsäure vorher nicht entfernt
wurde. Da die nach vorheriger Trennung der sauren Schlacke für die zweite Birne noch
zuzusetzenden basischen Stoffe nur die gebildete Phosphorsäure zu neutralisiren
haben, der Phosphorgehalt einer Roheisensorte aber nur wenig schwankt, so kann die
geringe Menge dieser Zuschläge ein für allemal bestimmt werden; dadurch wird die
Aufsicht über diesen getheilten Bessemerproceſs wesentlich erleichtert.
C. W. Siemens hat mit Chatelier bereits i. J. 1863 Versuche mit basischem
Futter für seinen Ofen gemacht. Das Futter von reinem gestampften Bauxit bewährte
sich nicht, wenn flüssiges Eisen eingelassen wurde; Bauxitziegel hielten zwar besser
aus, gaben aber doch weniger gute Resultate als Thomas
und Gilchrist bekommen haben. Noch weniger bewährte
sich Kalk mit Thon gemischt, während sich scharf gebrannte Magnesiaziegel zwar sehr
gut hielten, ihres hohen Preises wegen aber von ihrer Verwendung Abstand genommen
wurde. Zu berücksichtigen ist noch, daſs ein basisches Futter viel rascher schadhaft
wird und viel schwieriger auszubessern ist als die bis jetzt verwendeten Ofenfutter.
Da ferner 1t Roheisen meist mehr als 100k Zusätze erfordert, so ist auch der Preis
derselben sehr wohl zu berücksichtigen; auch der gröſsere Abbrand in Folge des
Ueberblasens kommt in Frage.
Nach W. Richards würden die
basischen Dolomitsteine wohl nicht theurer kommen als die Gannisterziegel. Der
Verlust beim Verblasen soll sich auf etwa 17 Proc. belaufen, während Hämatiteisen 15
Proc. verliert. Der für 1t Eisen zugesetzte Kalk
kostet etwa 6 Schilling.
Williamson, J. L. Bell u.a. heben
ebenfalls die rasche Vergänglichkeit des Ofenfutters hervor, falls dieses selbst die
Säuren neutralisiren solle. Es erscheint wichtig, ein neutrales Futter herzustellen,
welches möglichst wenig angegriffen wird, die gebildete Phosphorsäure und
Kieselsäure aber durch passende Zuschläge zu binden. Gilchrist bemerkt dazu, daſs die Ziegel mit 10 Proc. Kieselsäure, 4 bis 6
Proc. Thonerde und Eisenoxyd und etwa 30 Proc. Magnesia bei gleichzeitiger Anwendung
reichlicher basischer Zuschläge nicht nennenswerth angegriffen würden, so lange eben
nur die Schlacke genügend basisch sei. Portlandcement schmelze als Ofenfutter zu
leicht, sei daher nicht brauchbar. Enthält die Schlacke weniger als 20 Proc.
Kieselsäure, so soll beim Blasen nicht eher Eisen oxydirt werden, als der Phosphor
ausgeschieden ist.
Nach dem Berichte eines deutschen Hüttendirectors, welcher den
seit 13. Mai 1879 im groſsen Maſsstabe nach dem Thomas'schen Verfahren auf den Werken von Bolckow und
Vaughan ausgeführten Bessemerbetrieb längere Zeit beobachtet hat, halten
sich die basischen Ziegel in der Birne sehr gut; der bis jetzt noch gestampfte Boden
hält dagegen nur 12 bis 16 Schmelzungen aus. Es hat sich gezeigt, daſs man 8 mal so
viel gebrannten Kalk, als die in Eisen enthaltene Menge von Silicium und Phosphor
beträgt, dem Eisen zusetzen muſs. Nach der Ansicht, welche dieser Hüttenmann in
einem Briefe an P. Tunner (Zeitschrift des berg- und
hüttenmännischen Vereines für Steiermark und Kärnten, 1879 S. 239 und 289)
ausspricht, wird der Proceſs in der Art durchgeführt werden können, daſs nach dem
Verschwinden der Kohlenstofflinien eine durch die Erfahrung bestimmte Zeit weiter
geblasen wird; dieses Ueberblasen dauert in der Regel 3 bis 4 Minuten.
Die Mehrkosten des neuen Processes, gegenüber dem Bessemern mit an Phosphor armem
Roheisen, setzen sich zusammen aus den Kosten für den zugesetzten Kalk; 1t erfordert 200k
gebrannten Kalk, welche etwa 1,25 M. kosten. Die Vertheuerung des Processes durch
den 3 bis 3,5 Proc. gröſseren Abbrand soll 2 M. für 1t Stahl, die Mehrkosten für die rasche Abnutzung des Bodens 50 Pf.
betragen, so daſs die Gesammtkosten des neuen Processes auf 3,75 M. für 1t Stahl belaufen. Dagegen beträgt der
Preisunterschied für 1t Bessemer-Roheisen und
Phosphor haltigem grauem Roheisen 12 bis 14 M., oder bei 12 Proc. Abbrand auf 13,6
bis 15,9 M. für 1t Stahl, so daſs sich die durch
den neuen Proceſs zu erzielende Ersparniſs für 1t
Stahl auf etwa 10 M. berechnen läſst.
Nachstehende Analysen der verschiedenen während des Processes entnommenen
Metallproben erläutern den Gang desselben. Das verwendete Cleveland-Roheisen
enthielt 1,39 Proc. Phosphor und 0,16 Proc. Schwefel:
Probe
II
III
IV
Stahl
C
Spur
Spur
Spur
Spur
Si
Spur
Spur
0,010
0,018
S
0,112
0,144
0,123
0,106
P
0,508
0,147
0,053
0,089
Mn
Spur
0,18
Spur
0,28.
Das Spiegeleisen, welches am Schlüsse des Processes flüssig in
die Birne gebracht wird, führt, wie aus dieser Analyse zu ersehen ist, die Reduction
eines Theiles der in der Schlacke enthaltenen Phosphorsäure herbei, und ist es daher
zweckmäſsig, das Spiegeleisen so zuzuführen, daſs es mit der Schlacke nicht in
Berührung kommt.
Ein ungebrannter, englischer Dolomitziegel hatte folgende Zusammensetzung:
SiO2
4,76
Fe2O3
2,23
(1,56 Fe)
Al2O3
1,83
Mn2O3
Spur
CaCO2
52,67
(29,49 CaO)
MgCO2
37,52
(17,87 MgO)
H2O und Organisches
1,08
––––––
100,09.
Tunner bemerkt hierzu, daſs durch den neuen Proceſs der
Entphosphorung der Werth der reinen Eisenerze für die Erzeugung des eigentlichen
Qualitätseisens nicht verwischt werde. Der wesentlichste Werth des neuen Verfahrens
liege darin, daſs durch denselben das Bessemern so zu sagen für das Roheisen von
allen Erzen verwendbar und geeignet wäre, künftig den allgemeinen Proceſs für die
Darstellung des schmiedbaren Eisens zu bilden.
Auf dem Versuchsofen zu Kladno bei Prag sind neuerlichst wieder Versuche mit dieser
Entphosphorung durchgeführt worden. Die Abscheidung des Phosphors ist bei mehreren
dieser Proben zwar gelungen; allein immer hatte man mit einem zu kalten Gange zu
thun und die viele eisenreiche Schlacke verhinderte selbst bei einem
Spiegeleisen-Zusatz von 10 Proc. die Aufnahme eines Kohlengehaltes. Die Versuche in
Horde sollen dagegen sehr günstig ausfallen.
A. Pourcel (Engineer, *1879 Bd. 48
S. 101) beschreibt einen am 13. Mai auf den Eisenwerken von Bolckow und Vaughan in Es ton ausgeführten Versuch, bei welchem er zugegen
war. Die verwendete Bessemerbirne würde 8100k
Hämatiteisen haben aufnehmen können, während von Cleveland-Roheisen nur 5600 bis
6100k verwendet werden konnten. Das verwendete
graue, im Cupolofen geschmolzene Roheisen enthielt:
Silicium
3,03
Kohlenstoff
3,20
Phosphor
1,80
Schwefel
0,03
Mangan
0,45.
Diesem wurden etwa 1220k
eines schwammigen Gemisches von Kalk und Kiesabbränden (blue
billy) zugesetzt, welches vorher zusammengefrittet und vorgewärmt war.
Dasselbe bestand aus:
Kieselsäure
1,00
Kalk
60,00
Eisenoxyd
31,89
Kohlensäure
6,40
––––––
99,29.
Nach dem Aufrichten der Bessemerbirne zeigte sich eine kurze,
schwach funkende Flamme, welche das ganze Bessemerspectrum zeigte. Nach 1,5 Minuten
kam ein dichter Funkenregen, sämmtliche Linien des Spectrums verschwanden, die
Windpressung betrug 120cm Quecksilber. Nach
weiteren 5,5 Minuten trat die Natronlinie auf und 30 Secunden später war das
Spectrum vollständig, so daſs die erste Periode 7,5 Minuten dauerte. Dieselbe Zeit
wurde von der zweiten Periode in Anspruch genommen, welche weder besonders heftiges
Kochen, noch starke Auswürfe zeigte. Das Spectrum war nun bis auf die gelbe Linie
verschwunden. Die 1,5 Minuten später genommene Probe war noch spröde und grob
krystallinisch; sie enthielt 0,73 Proc. Phosphor. Nachdem wieder etwa 30 Secunden
geblasen wurde, war die nächste Probe krystallinisch, brüchig und enthielt noch
0,458 Proc. Phosphor, nach weiteren 15 Secunden 0,334 und nach ferneren 15 Secunden
0,21 Proc. Phosphor. Die nach weiteren 10 Secunden genommene Probe war weiſs,
feinkörnig und enthielt nur noch 0,14 Proc. Phosphor. Die durch diese Probenahmen
verursachten Unterbrechungen nahmen 18 Minuten in Anspruch.
Nun wurden 10 Procent im Cupolofen geschmolzenes Spiegeleisen hinzugefügt, welches 17
Proc. Mangan und 0,163 Proc. Phosphor enthielt. Nach dem Einlassen von kaum ein
viertel dieses Zusatzes brach eine lange Flamme mit heftigen Schlackenauswürfen
hervor, so daſs der ganze Zusatz nur in 3 bis 4 Portionen erfolgen konnte, wobei die
meiste Schlacke ausgeworfen wurde. Nach dem Ausgieſsen des Metalles in die
Gieſspfanne kochte es noch 2 bis 3 Minuten und schäumte und stieg heftig in den
Formen. Es enthielt nun:
Phosphor
0,223
Kohlenstoff
0,171
Mangan
0,160
Schwefel
0,037
Silicium
Spur.
Obgleich hier das Ueberblasen noch nicht hinreichend lange
ausgeführt war, da die letzte Probe noch 0,14 Proc. Phosphor enthielt, so war der
Zusatz von 1,7 Proc. Mangan somit kaum hinreichend, daher beim laufenden Betrieb 2
bis 3 Proc. Manganzusatz erforderlich sein wird, um ein rothbrüchiges Product
möglichst zu vermeiden. Die Zunahme des Phosphorgehaltes nach dem Zusatz von
Spiegeleisen zeigt, daſs, wohl in Folge der massenhaften Kohlenoxydentwicklung,
wieder Phosphor aus der Schlacke ins Eisen zurückgegangen ist.
Pourcel gibt folgende von Richards entworfene graphische Darstellung, welche die Ausscheidung des
Kohlenstoffes C, Silicium Si und Phosphors P bei dem neuen Verfahren versinnlichen
soll, und zwar bezeichnen die Ordinaten den Procentgehalt, die Abscissen die Zeit in
Minuten; das Ende der gewöhnlichen Operation ist nach 17, das der neuen nach 21
Minuten erreicht, so daſs 4 Minuten auf das Ueberblasen kommen. Hiernach verbrennt
zuerst das Silicium, so daſs die seine allmälige Ausscheidung veranschaulichende
Curve die Abscissenachse noch vor dem Ende des gewöhnlichen Processes erreicht,
während der Kohlenstoff erst dann anfängt zu verbrennen, wenn der Siliciumgehalt
unter 1 Proc. heruntergegangen ist.
Textabbildung Bd. 234, S. 316
Der Punkt a bezeichnet den Anfang
der zweiten Periode des Processes, d.h. derjenigen mit völlig entwickelter Flamme;
der Kohlenstoff verbrennt aber nicht vollständig, es bleiben immer 0,08 bis 0,1
Proc. desselben in dem gefeinten Metall zurück. Die Ausscheidung des Phosphors
beginnt erst bei etwa 0,2 Proc. Silicium und 0,6 Proc. Kohlenstoff, wird aber in der
Praxis wohl nie völlig zu erreichen sein.
Der Phosphor geht als phosphorsaures Eisen in die Schlacke über, so daſs der Kalk in
der ersten Periode des Blasens die gebildete Kieselsäure zu neutralisiren hat,
während des Ueberblasens aber nicht weiter am Proceſs betheiligt ist. Hierfür
spricht die Anreicherung der Schlacke an Eisen während der Phosphorausscheidung, wie
folgende Analysen zeigen:
Zeit des Ueberblasens
1 M 45 Sec.
2 M 30 Sec.
2 M 50 Sec.
Gehalt der Schlacke an
FeOFe2O3
7,6333,210
10,94 4,46
12,77 Proc. 5,677
Phosphorgehalt des Metalles
0,597
–
0,142
Ein groſser Theil des gebildeten phosphorsauren Eisens wird
mit dem stark rothen Rauch während des Ueberblasens entweichen. Die Bildung
desselben wird nur durch eine energische Oxydation bei nur geringem
Kohlenstoffgehalt erfolgen können, also schwerlich im Siemens-Martin-Ofen und
Pernot-Martin-Ofen, auch bei basischer Ausfütterung und basischem Herde.
Wird ein an Silicium und Phosphor reiches Roheisen gepuddelt, so wird von der
Schlacke so lange Phosphoreisen aufgenommen, als das Silicium brennt, nicht aber der
Kohlenstoff. Ist nun im Verhältniſs zum Phosphor viel Silicium und ein Ueberschuſs
von Oxyden vorhanden, welche die gebildete Kieselsäure binden, so kann das
Phosphoreisen gröſstentheils verschlackt werden. Dem entsprechend unterbricht man
auch den Proceſs in Oefen mit Eisenoxydfutter, sobald die ersten Kohlenoxydflämmchen
den Anfang der Kohlenstoffverbrennung anzeigen (vgl. 1879 233 44). Wollte man jetzt noch den Feinungsproceſs fortsetzen, so würde
durch das Kohlenoxyd das bereits verschlackte Eisenphosphat wieder reducirt und der
Phosphor in das Eisen zurückgeführt, wie die Wahrscheinlichkeitscurve des Phosphors
P' andeutet.
Im Engineering, 1879 Bd. 27 S. 448 wird eine von dieser
abweichende graphische Darstellung dieses Processes ebenfalls von Richards gegeben. Hiernach beginnt die Verbrennung des
Kohlenstoffes viel früher, als dies Pourcel oben
annimmt, so daſs wohl noch weitere Versuche zur Aufklärung dieser wichtigen Frage
nöthig sind.
Textabbildung Bd. 234, S. 317