Titel: | Zur Darstellung rother und brauner Naphtalinfarbstoffe. |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 323 |
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Zur Darstellung rother und brauner
Naphtalinfarbstoffe.
Zur Darstellung rother und brauner Naphtalinfarbstoffe.
Durch die Untersuchungen von Grieſs, A. W. Hofmann,
Baeyer u.a. ist es bekannt, daſs sich die Diazoverbindungen, Atom für Atom,
mit den primären und tertiären Monaminen, den Metadiaminen und Phenolen unter
geeigneten Bedingungen zu beständigen Azoverbindungen umlagern. In entsprechender
Weise verwerthet nun die Badische Anilin- und
Sodafabrik in Mannheim (D. R. P. Nr. 5411 vom 12. März 1878) diese Reaction
zur Herstellung von Sulfosäuren der Oxynaphtaline, welche als rothe und braune
Farbstoffe dienen.
Nach der ersten Methode wird Naphtylamin in bekannter Weise durch salpetrige Säure in
seine Diazoverbindung übergeführt, dann läſst man gleiche Molecüle desselben und
eines der beiden isomeren Naphtole auf einander einwirken. Dies kann zweckmäſsig in
der Weise geschehen, daſs man die aus salzsaurem Naphtylamin und Natriumnitrit
bereitete Auflösung des Diazonaphtalinchlorids in eine kalte und verdünnte
alkalische Auflösung des Naphtols nach und nach einträgt, bis die sofort eintretende
Fällung nicht mehr zunimmt. Bis zum Schluſs der Operation erhält man die Flüssigkeit
alkalisch, dann säuert man dieselbe schwach an und filtrirt den Niederschlag des
Oxyazonaphtalins.
Die Reaction läſst sich durch folgende Gleichung ausdrücken:
C10H7N.NCl + C10H7OK = C10H7N.NC10H6.OH + KCl.
Diazonaphtalinchlorid + (αβ)
Naphtolkalium = (αβ) Oxynaphtalin + Chlorkalium.
Nach dem Waschen und Trocknen wird der Niederschlag durch Erwärmen mit 2 Th.
rauchender Schwefelsäure von 80 Proc. Anhydridgehalt auf dem Wasserbade in seine
Sulfosäure übergeführt; nach beendigter Einwirkung löst sich die Mischung klar im
Wasser. Man wandelt die Sulfosäure in ihr Natriumsalz um, welches man durch
Abdampfen in fester Form erhalten kann. Aus den beiden isomeren Naphtolen erhält man
so die entsprechenden α- und
β-Oxyazonaphtalinsulfosäuren.
Nach der zweiten Methode werden gleiche Molecüle der Diazoverbindung des Naphtylamins
und einer der beiden isomeren Naphtolsulfosäuren der gegenseitigen Einwirkung
unterworfen. Die Auflösung des Diazonaphtalinchlorids wird in eine kalte und stark
alkalische Auflösung der Naphtolsulfosäuren eingetragen, bis keine fernere
Farbstoffbildung erkennbar ist. Nun wird angesäuert, der Niederschlag abfiltrirt und
in das Natronsalz übergeführt.
Als „Naphtolsulfosäuren“ wird das sich aus der Einwirkung von Schwefelsäure
auf die Naphtole bei mehrstündigem Erwärmen auf ungefähr 100° bildende Gemisch von
Mono- und Disulfosäuren der Naphtole bezeichnet:
C10H7N.NCl + C10H6(SO3Na)ONa = C10H7N.NC10H5(SO3Na)OH + NaCl.
Diazonaphtalinchlorid +
αβ-Naphtolmonosulfosaures Natrium = αβ-Oxyazonaphtalinmonosulfosaures Natrium +
Chlornatrium.
C10H7N.NCl + C10H5(SO3Na)2.ONa = C10H7N.NC10H4(SO3Na)2OH + NaCl.
Diazonaphtalinchlorid + αβ-Naphtoldisulfosaures Natrium = αβ-Oxyazonaphtalindisulfosaures Natrium +
Chlornatrium.
Nach der dritten Methode werden gleiche Molecüle der Diazoverbindungen der
Sulfosäuren des Naphtylamins und α- oder β-Naphtol
zusammengebracht:
C10H6.NSO3.N +
C10H6(SO3Na)ONa = C10H6(SO3Na)N.NC10H5(SO3Na)OH.
Diazosulfoxylnaphtalin +
αβ-Naphtolmonosulfosaures Natrium =
Oxyazonaphtalinbisulfosaures Natrium.
Die besten Farbstoffe werden mit dem β-Naphtol und der
Naphtionsäure oder den schwer löslichen Naphtylaminsulfosäuren erhalten.Vgl. Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1877 S. 1367 und 1722.
Es wird z.B. 1 Th. Nitronaphtalin in ein Gemisch von 2 Th. concentrirter
Schwefelsäure und 1 Th. rauchender Schwefelsäure von 80 Proc. Anhydridgehalt
eingetragen und die entstandene Lösung bis zur völligen Umwandlung des
Nitronaphtalins auf dem Wasserbade erwärmt. Die mit 10 Th. Wasser verdünnte Lösung
der Nitronaphtalinsulfosäuren wird in bekannter Weise durch Eisen reducirt und die
Mischung der entstandenen Naphtylaminsulfosäuren durch Uebersättigen mit Kalkmilch
und Filtriren in deren Kalksalze übergeführt. Aus den zweckmäſsig durch Eindampfen
concentrirten Lösungen wird die schwer lösliche Modifikation der
Naphtylaminsulfosäuren durch Salzsäurezusatz abgeschieden und von den leicht
löslichen Sulfosäuren durch Filtration getrennt. Die schwer lösliche Sulfosäure wird
durch Natriumnitrit in die gleichfalls schwer lösliche Diazoverbindung übergeführt
und letztere in kleinen Antheilen in eine kalte und bis zum Schluſs der Operation
alkalisch zu erhaltende β-Naphtollösung eingetragen,
bis sich keine fernere Zunahme des Farbstoffniederschlages zeigt.
Das sich krystallinisch abscheidende dunkelrothe Natronsalz der β-Oxyazonaphtalinsulfosäure wird filtrirt, gewaschen
und getrocknet. In derselben Weise verfährt man bei der Verwendung der schwer
löslichen Naphtylaminsulfosäure, welche man durch mehrstündiges Erwärmen von 1 Th.
Naphtylamin mit 3 Th. rauchender Schwefelsäure von 80 Proc. Anhydridgehalt bei 70
bis 80° darstellt und durch Eintragen in 20 Th. Wasser und Filtriren von der
gleichzeitig entstehenden leicht löslichen Sulfosäure getrennt erhalten kann. Bei
der Verarbeitung der leicht löslichen Naphtylaminsulfosäuren entstehen die leicht
löslichen Alkalisalze der entsprechenden Farbstoffsäuren. Zur Abscheidung des
Farbstoffes in fester Form fällt man die Lösungen durch Kochsalz oder übersättigt
dieselben mit Salzsäure und führt die sich abscheidende Sulfosäure in ihr Natronsalz
über.
Nach der vierten Methode werden die Naphtylaminsulfosäuren diazotirt und mit gleichen
Molecülen der α- oder β-Naphtolsulfosäure in
alkalischer Lösung zusammengebracht:
C10H6.NSO3.N + C10H6(SO3Na)ONa = C10H6(SO3Na)N.NC10H5(SO3Na)OH.
Diazosulfoxylnaphtalin +
αβ-Naphtolmonosulfosaures Natrium = αβ-Oxyazonaphtalinbisulfosaures Natrium.
Wird endlich hierbei das Naphtol durch Dioxynaphtalin ersetzt, so entstehen die
entsprechenden Sulfosäuren des Dioxyazonaphtalins: C10H7N.NC10H5(OH)2,
welche den wesentlichen Farbstoffcharakter der entsprechenden Naphtolfarbstoffe
haben.