Titel: | Ueber Neuerungen in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 403 |
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Ueber Neuerungen in der
Spiritusfabrikation.
(Fortsetzung des Berichtes S. 419 Bd.
232.)
Ueber Neuerungen in der Spiritusfabrikation.
Ueber die Grenzen der Dickmaischung.
Im Anschluſs an die früheren Arbeiten (vgl. 1879 232 421)
hat M. Märcker (Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1879
S. 97) Versuche ausgeführt, um festzustellen, wie sich die Alkoholausbeute bei noch
stärkerer Dickmaischung gestaltet. Dabei ergab sich, daſs bei einer Concentration
von 20° Saccharometer von 100 Th. eingemaischtem Zucker 4,5 bis 7, im Mittel 6 Proc.
unvergohren blieben. Dagegen fand sich, daſs die Maischen, welche mit einer
gröſseren Concentration angestellt wurden, durchgehends eine schlechtere Vergährung
zeigten, indem in keinem einzigen Falle die Vergährung bis auf 6 Proc. getrieben
werden konnte. Bei einer Anstellung mit 22° Saccharometer blieben z.B. 8 Proc.
unvergohren; bis zu einer Concentration von 24° änderte sich allerdings dieses
Verhältniſs nicht. Als dagegen die Concentration von 25° eingehalten wurde, blieben
von 100 Th. eingemaischtem Zucker 11½ Proc., bei 25,4° 14,9 Proc., bei 26° 15,4
Proc. Zucker unvergohren, so daſs also jedenfalls die rentable Vergährbarkeit von
Maischen bei 25° Saccharometer aufhört.
Frühere Versuche hatten bereits gezeigt, daſs die durchschnittliche
Reinlichkeitsziffer der Gährung 20 procentiger Maischen höher war als die der
Dünnmaischen. Dem entsprechend stellte sich die Reinlichkeit der concentrirteren
Maischen nicht unerheblich besser, nämlich bis zu einer Einmaischung von 24° auf
90,4. Als man über diese Grenzen hinausging, sank jedoch die Reinlichkeitsziffer
offenbar in Folge der an dieser Grenze erlahmenden Gährung sehr bedeutend, so daſs
sie schlieſslich in der 26 procentigen Maische auf 80 herunter ging (vgl. 1879 232 247).
Bei der Normalmaisehung von 20° Saccharometer wurden 56l,6 Alkohol erhalten, bei 22° aber stieg die Ausbeute auf 57,3 und bei
23,5° auf 58,2 Proc., fiel dann aber wieder bei 24,3° auf 53,6 und bei 26° sogar auf
48,4 Literprocent für 1k Stärkemehl. Die
günstigste Verwerthung des Stärkemehles wurde also bei einer Concentration von 22
bis 24° erhalten, da die hierbei eintretende schlechtere Vergährung mehr als
reichlich durch die gröſsere Reinlichkeit der Vergährung aufgewogen wurde, so daſs
nach dem deutschen Maischraumsteuergesetz die günstigste Ausnutzung bei 22 bis 24°
Saccharometer erreicht würde. Wenn auch diese concentrirten Maischen einen etwas
gröſseren Steigraum beanspruchen, so erscheint doch eine concentrirtere Maischung,
als jetzt üblich ist, vortheilhaft zu sein; nur ist dabei mit besonderer Sorgfalt
auf die Beschaffung einer guten Hefe zu sehen.
Ueber die Schaumgährung der
Kartoffelmaischen. Die Schaumgährung tritt in Kornbrennereien bei Maischen
auf, welche eine höchste Concentration von 16° Saccharometer haben, und wird hier
zur Herstellung von Preſshefe benutzt. Da der Schaum sich weit über die Fläche der
Maische hebt, so bedürfen die Maischen entweder eines sehr groſsen Steigeraumes,
oder es müssen, um das Ueberflieſsen des Schaumes zu verhindern, den Bottigen (von
der Steuerbehörde zu genehmigende) Aufsatzkränze von Blech oder Holz gegeben werden.
In diesem Falle ist die Schaumgahrung die normale Gährungsform, ohne welche die
Fabrikation von Preſshefe aus unfiltrirten Maischen unmöglich wäre. Die Hefe geht in
den Schaum und wird mit demselben von den Bottigen zur weiteren Verarbeitung
abgenommen. Das Ausbleiben des Schaumes wird deshalb in den Preſshefefabriken als
ein zuweilen eintretendes höchst unangenehmes Uebel angesehen, und muſs bei dieser
Fabrikation eine Gährung ohne Schaum als krankhafte Erscheinung angesehen werden. Da
aber in Kartoffelbrennereien das Aufsetzen von Kränzen nicht gestattet ist, so ist
hier mit Recht eine solche Gährung als eine krankhafte zu bezeichnen.
M. Delbrück (Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1879 S.
117) hat nun eine Reihe von Versuchen angestellt, aus denen hervorgeht, daſs bei der
Schaumgahrung der Grad der Vergährung, Säuregehalt und Alkoholgehalt sich genau so
stellen wie bei normaler Gährungsform. Auf einen Bottiginhalt von 2301l,5 waren z.B. gemaischt 321k,7 Stärke und blieben von dieser Maischmenge:
Ungelöst
1,7 Proc.
Zu Alkohol verwandelt
81,1
Unvergohren
7,1
Unbestimmbar verloren
10,0
––––
99,9
Die Schaumgahrung ist somit keineswegs eine krankhafte oder
unreine Gährung; sie liefert im Gegentheil so gleichmäſsig hohe Erträge, daſs sie ohne weiteres
denjenigen Brennereien, welche in der Gröſse der Gährgefäſse ungehindert sind, also
nach Fabrikatsteuer arbeiten, empfohlen werden kann.
Weitere Versuche haben ergeben, daſs die Schaumgährung lediglich von der mechanischen
Beschaffenheit der Flüssigkeit bedingt wird, nicht aber durch die Beschaffenheit der
Hefe. Die Schaumgährung der Kartoffelbrennereien und die der Preſshefefabriken sind
in ihrem Wesen gleich. Dies wird dadurch bestätigt, daſs die gewöhnliche
Schaumgährung der Kartoffelmaischen zur Preſshefefabrikation verwendbar ist; die
gewonnene Hefe ist sehr gährungskräftig, dunkelt aber stark nach. Uebrigens gaben
schlecht gedämpfte, halbgare, zerkleinerte Kartoffeln enthaltende Maischen
Schaumgährung. Diese kann nicht durch veränderte Hefe bekämpft werden, wohl aber
durch das Zumaischen von ungeschrotenem, bei Hochdruck gedämpftem Mais, und zwar
wird diese Wirkung, wie es scheint, durch den Fettgehalt des Maises bedingt.
E. Bauer (Zeitschrift für
Spiritusindustrie, 1879 S. 297) hat dagegen auch Schaumgährungen
beobachtet, die anscheinend auf eine eigenthümliche Entartung der Hefe
zurückzuführen sind, verbunden mit erheblichem Spiritusverlust.
Schwergährigkeit der
Rübenzuckermelassen. Nach den vergleichenden Versuchen von M. Märcker und Neale
(Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1879 S. 281) hatte eine sehr schlecht
gährende und eine gut gährende Melasse folgende Zusammensetzung:
Schlecht
Gut
Beaumé-Spindelung
42,25
41,25
Rohrzucker
(polarimetrisch)
44,82
40,68
„
(gewichtsanalytisch)
44,30
39,59
Kalisalpeter
0,84
0,13
Amide (Glutaminsäure)
4,72
3,76
Asche
11,70
10,62
Invertzucker
0,61
1,14.
Die Zusammensetzung der Asche war folgende:
Kohlensäure
26,68
25,37
Chlor
8,33
4,55
Eisenoxyd und Thonerde
0,42
10,62
Kalk
1,55
3,24
Magnesia
Spur
0,53
Schwefelsäure
1,52
2,49
Kali
52,31
43,13
Natron
9,07
9,98
––––––––––––––––
99,88
99,91
Ein Grund der Schwergährigkeit ist hieraus nicht ersichtlich.
Weitere Versuche zeigten, daſs die Störung der invertirenden Kraft der Hefe nicht
die Ursache der Schwergährigkeit sein konnte, auch nicht der höhere Salpetergehalt.
Dagegen stellte es sich heraus, daſs die schlecht gährende Melasse nahezu die
doppelte Menge flüchtiger Fettsäuren enthielt als die gut gährende. Der Beginn der
gährungshemmenden Kraft
und der vollständigen Hemmung der Gährung stellte sich aber bei einem Procentgehalt
der Gährungsflüssigkeiten folgendermaſsen:
BeginnendeHemmung
VölligeHemmung
Essigsäure
0,50
Proc.
1,00
Proc.
Ameisensäure
0,20
0,30
Propionsäure
0,15
0,30
Valeriansäure
0,10
0,15
Buttersäure
0,05
0,10
Capronsäure
–
0,05
Während hier die Schwergährigkeit durch die flüchtigen
Fettsäuren bedingt wurde, so konnte sie bei einer anderen Melasse auf den hohen
Gehalt an salpetriger Säure zurückgeführt werden. Für beide konnte die
Schwergährigkeit dadurch beseitigt werden, daſs bei der Neutralisation jeder
Säureüberschuſs vermieden, oder aber dieser Säureüberschuſs durch zugesetzte
Schlämmkreide neutralisirt wurde, da die obigen Säuren nur im freien Zustande
antiseptisch wirken.
Zusammensetzung des Kartoffelfuselöles.
Rabuteau fand nach den Comptes rendus, 1878
Bd. 87 S. 500 durch fractionirte Destillation von Kartoffelfuselöl, auf 1l Oel berechnet, folgende Producte:
Siedepunkt
Menge
Isopropylalkohol
85°
150cc
Propylalkohol
97
30
Gewöhnlicher Butylalkohol
109
50
Normaler Butylalkohol
106,9
65
Secundärer Amylalkohol oder Methylpropylcarbinol
120
60
Gewöhnlicher Amylalkohol
128 bis 132
275
Ueber 132° siedend
–
170
Wasser
–
125
–––––
925cc.
Der Rest von 75cc bestand
aus Aldehyd, Aethylacetat und Aethylalkohol.
Giftige Wirkungen des Alkohols. Nach
einem auf dem internationalen Congreſs gegen den Alkoholismus vom 13. August 1878 in
Paris
Gruppe der Alkohole
Bezeichnung der Alkoholeund ihrer
Derivate
Mittleres Giftgewicht (in g)auf 1k Thier
ReineSubstanz
VerdünnteSubstanz
Gährungsalkoholeund deren
Derivate
AethylalkoholAcetaldehydEssigätherPropylalkoholButylalkoholAmylalkohol
8–– 3,902 1,70
7,751 bis 1,254 3,75
1,851,50 bis 1,60
Nicht
Gährungs-alkohole
Methylalkohol (rein)Gewöhnlicher
HolzgeistAcetonOenanthalkoholCaprylalkoholCetylalkohol
–––87 bis 7,50–
75,75 bis 65 2,502 bis
2,25–
Isoalkohole
Isopropylalkohol
–
3,70 bis 3,80
Mehrsäurige Alkohole
Glycerin
–
8,50 bis 9
gehaltenen Vortrage von Dujardin
genügen vorstehende Mengen der im gewöhnlichen Branntwein vorkommenden
Bestandtheile, für je 1k Thier berechnet, dasselbe
nach dem Einspritzen innerhalb 24 bis 36 Stunden zu tödten. Danach scheint die
Giftigkeit einatomiger Alkohole von ihrem Ursprung, ihrer Löslichkeit und ihren
Umsetzungen im Körper abzuhängen, die Giftigkeit bei Alkoholen gleichen Ursprunges
aber mit ihrer Atomzahl zu wachsen. Bemerkenswerth ist, daſs auch durch diese
Versuche bestätigt wurde, daſs Alkoholgenuſs eine Erniedrigung, Glycerin dagegen
eine Erhöhung der Körpertemperatur bewirkt.
Die Verunreinigung mit höher siedenden Producten und damit die Schädlichkeit der
käuflichen Branntweine nimmt demnach folgende Reihenfolge ein: 1) Branntwein aus
Wein dargestellt (Cognac). 2) Branntwein aus Birnmost. 3) Branntwein aus Aepfelmost
und Weintrebern. 4) Branntwein aus Zuckerrüben. 5) Getreidebranntwein. 6) Branntwein
aus Zuckerrüben-Melasse. 7) Kartoffelbranntwein. – Der aus Wein bereitete Branntwein
enthält fast nur Aethylalkohol und ist darum am wenigsten schädlich.
Der Congreſs beschloſs dem entsprechend, daſs die Regierungen aufzufordern seien,
nicht nur durch gesetzliche Maſsregeln den Miſsbrauch der geistigen Getränke zu
verhindern und zu unterdrücken, sondern auch dahin zu wirken, daſs der zum Genuſs
bestimmte Branntwein so weit als möglich gereinigt und rectificirt sei.
Die Trennung des Alkohols vom Wasser
durch Destillation. Nach den Comptes rendus,
1879 Bd. 89 S. 912 erhielt J. A. le Bell durch
Destillation von Spiritus in einem Apparate mit 35 Platten einen Alkohol von 95
Proc., der durch eine folgende Rectification nicht verändert wurde. Durch weitere
Zufügung von 10 Platten, stieg der Gehalt um 0,5 Proc. bis schlieſslich auf 96,5
Proc. Ein mit Kalk hergestellter stärkerer Alkohol von 98,5 Proc., im Apparate
dreimal fractionirt, gab als erstes Destillat einen Alkohol von 97,4 und als letztes
von 99,3 Proc., so daſs also hier das Wasser zuerst überging.