Titel: | Neue Farbstoffe der Benzolgruppe. |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 422 |
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Neue Farbstoffe der Benzolgruppe.
Neue Farbstoffe der Benzolgruppe.
Darstellung der Amidoazobenzolsulfosäuren
und deren Homologen. Statt bei der Bereitung dieser Farbstoffsäuren in der
früher (1879 232 192) beschriebenen Weise zu verfahren,
kann man nach F. Gräſsler in Canstatt (D. R. P. Zusatz
Nr. 7094 vom 13. Februar 1879) auch von den Sulfosäureverbindungen derjenigen Körper
ausgehen, von denen das Amidoazobenzol abgeleitet wird. Statt also z.B. das Anilin
zunächst auf Amidoazobenzol zu verarbeiten, wird in bekannter Weise die
Sulfanilsäure (C6H4.NH2.SO3H) dargestellt und aus dieser durch Behandeln mit gleichen Molecülen
Natriumnitrit und Chlorwasserstoff oder durch Einleiten von Salpetrigsäure die
Diazobenzolsulfosäure (C6H4.N2.SO3H). Diese wird
nun in gesättigter Lösung mit Anilin im Ueberschuſs gemischt und unter zeitweiligem
Umrühren sich selbst überlassen, bis die Amidoazobenzolsulfosäure fertig gebildet
ist. Durch Behandeln mit Salzsäure wird sie von dem überschüssig zugesetzten Anilin
befreit und mit Kochsalz ausgefällt.
Darstellung rother und gelber Farbstoffe
mittels der Diazoverbindungen des Nitranilins. Nach Z. Roussin und A. F. Poirrier in Paris (D. R.
P. Nr. 6715 vom 19. November 1878) wird das durch Einwirkung von Alkalien auf
nitrirtes Acetanilid erhaltene Nitranilin (C6H4.NO2.NH2) zunächst in das Diazoderivat übergeführt, indem
man es mit äquivalenten Mengen Natriumnitrit und verdünnter Schwefelsäure
behandelt.
Durch Vermischen einer wässerigen Lösung dieser Diazoverbindung mit gleichen
Aequivalenten Naphthionsäure (Amidonaphtylsulfosäure), welche in überschüssiger
Natronlauge gelöst ist, erhält man das Naphthionroth,
welches durch Fällen mit Kochsalz in das Natriumsalz übergeführt wird.
Läſst man in der Kälte eine Lösung des Diazoderivates des Nitranilins mit
äquivalenten Mengen α- oder β-Naphtol, welche in
Natronlauge gelöst sind, stehen, so bildet sich ein in Wasser unlöslicher,
orangefarbener Farbstoff. Derselbe wird auch erhalten, wenn man die Lösung des
Diazoderivates kalt mit einer Lösung der durch Einwirkung concentrirter
Schwefelsäure bei 170° auf Naphthol erhaltenen Sulfoverbindung mischt.
Gelbe Farbstoffe werden erhalten, wenn man die wässerige Lösung des genannten
Diazoderivates mit äquivalenten Mengen Phenol in alkalischer Lösung mischt; als
Natronsalz krystallisirt der Farbstoff sehr leicht. Ein löslicheres Product
entsteht, wenn man statt Phenol sein Sulfoderivat anwendet. Ersetzt man es durch
Resorcin, so erhält man einen Farbstoff von gröſserem Färbevermögen. Einen gelben
Farbstoff erhält man auch durch Zusammenbringen äquivalenter Mengen des
Diazoderivates mit Diphenylamin und Wasser; derselbe wird ausgewaschen und in das
Natronsalz übergeführt.
Verwendet man statt der Diazoverbindung des Nitranilins die Diazoverbindungen des
Nitronaphtylamins oder Nitrotoluidins und Nitroxylidins, so erhält man in obiger
Weise ganz analoge Farbstoffe.
Neue Farbstoffe. Läſst man nach Ph. Greiff (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1879 S. 1610) 1 Th. Chloranil auf 2 Th. Dimethylanilin
einwirken, so beobachtet man schon in der Kälte eine tiefblaue Färbung der ganzen
Masse; durch Erwärmen auf etwa 50° vollendet sich die Reaction in der Weise, daſs
eine schön bronzeglänzende Schmelze entsteht, die in Wasser unlöslich, an Alkohol
und Essigsäure einen tief blauvioletten Farbstoff von groſser Reinheit abgibt.
Verwendet man statt Dimethylanilin Methyldiphenylamin, so erhält man einen blauen Farbstoff, der an
Schönheit das feinste Blau übertrifft Die Reactionen verlaufen sehr glatt und geben
hohe Ausbeuten. Die Sulfurirung der gereinigten Reactionsproducte geht schwieriger
von statten als dasjenige des Triphenylrosanilins.
Chinon gibt dieselben Reactionen wie gechlorte Chinone, die erhaltenen Producte
zeigen aber nicht die glänzenden färbenden Eigenschaften. Phenanthrenchinon gibt
unter gleichen Bedingungen blauviolette Körper mit starkem Dichroismus.
Ueber Bittermandelölgrün. Nach O. Fischer (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1879 S. 1685) wird die Basis des Grüns (1879 233 166) leicht krystallisirt erhalten, wenn man die
durch Oxydation der Leukobase erhaltenen Salze derselben mit Alkali versetzt und den
sorgfältig getrockneten, feinflockigen Niederschlag aus Ligroïn krystallisirt. Die
Farbbase scheidet sich aus diesem Lösungsmittel entweder in farblosen Nadeln, oder
in rundlichen Aggregaten ab, bestehend aus zusammengefügten Nadeln oder glänzenden
irisirenden Blättchen. Der Schmelzpunkt liegt bei etwa 120°, jedoch tritt schon
gegen 116° Erweichung ein. Die Base besitzt die Zusammensetzung C23H24N2,H2O. Sie muſs als
Tetramethyldiamidotriphenylearbinol aufgefaſst werden. Das Wasser läſst sich durch
Erhitzen daraus nicht austreiben. Uebergieſst man die Base mit verdünnten Säuren, so
tritt nicht gleich Farbstoffbildung ein; erst nach längerem Stehen oder bei
schwachem Erwärmen zeigen sich die dunklen, blaugrünen Wolken des Farbstoffes. Das
Chlorzinkdoppelsalz C23H24N2.ZnCl2.H2O krystallisirt in glänzenden,
dunkelgrünen Blättchen, das Sulfat C23H24N2.H2SO4 in cantharidenglänzenden Nadeln oder 6 bis 8mm dicken Krystallen.