Titel: | Neuerungen an Wirkereimaschinen. |
Autor: | G. W. |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 452 |
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Neuerungen an Wirkereimaschinen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 197 Bd.
233).
Neuerungen an Wirkereimaschinen.
Eine selbstthätige Ausrückvorrichtung für
Rundwirkmaschinen von Joh. und Jak. Horrocks in Manchester, England (* D. R. P. Nr.
5038 vom 21. April 1878) besteht in rein mechanischen Vorrichtungen zum Verschieben
des Triebrades oder des Riemens, so daſs der Stuhl stillsteht, wenn ein Arbeitsfaden
reiſst, oder von der Spule zu Ende geht, oder wenn Knoten und sonstige dickere
Stellen in ihm vorkommen. Die Wirkung eines Elektromagnetes, welche sonst bei
ähnlichen Constructionen mit zur Verwendung gelangt ist, findet sich hierbei
gänzlich ausgeschlossen. Jeder Faden wird durch eine Drahtgabel geleitet und hält im
gespannten Zustande diese Gabel in gewisser Höhe; dieselbe führt sich auſserdem mit
einem ihrer freien Enden in der Oeffnung eines Reifens und mit dem anderen in zwei
Reifen, welche durch die Welle des Stuhles eine schwingende Bewegung erhalten. Wenn
nun ein Faden reiſst, so fällt seine Gabel hinab und ihr längeres Ende trifft in
eine Oeffnung einer sonst ruhig liegenden Scheibe, welche nun erst durch die
Drahtgabel mit bewegt wird und durch ein angesetztes Keilstück auf den Ausrückhebel
so wirkt, daſs das Triebrad oder der Riemen verschoben wird. Die Führungsgabeln sind
so eng, daſs sie nur dem Faden der gewöhnlichen Stärke den Durchgang gestatten; wenn
aber Knoten oder sonstige starke Stellen in ihm vorkommen, so reiſst er, weil diese
Stücke an der Gabel hängen bleiben, und dann fällt letztere wieder und der Stuhl
wird auſser Gang gebracht. Die Vorrichtungen sind sowohl an einem Stuhle, welcher
mit mehreren Systemen arbeitet, als auch an kleinen, auf gemeinschaftlichem Gestell
sitzenden Rundköpfen anzubringen, welche entweder von einer einzigen Welle oder von
mehreren einzelnen Wellen getrieben werden.
Die Einrichtung am Rundwirkstuhle zur
Herstellung gemusterter Waaren von Moritz S.
Esche in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 5278 vom 14. September 1878) ist die
Verbindung eines Musterpreſsrades mit einer Streich- oder Schleifpresse zur
Erzielung von Preſsmustern, namentlich an kleinen, nur mit einem Systeme wirkenden
Rundstühlen. Es ist damit wesentlich dasjenige Preſsmuster herzustellen beabsichtigt
worden, welches als eine Nachahmung von Petinetwaare zu betrachten ist und für das
mehrere am Umfange des Stuhles vertheilt stehende Nadeln auf drei oder vier Reihen
nicht gepreſst werden, also vierfache Doppelmaschen ergeben, welche in der fünften
Reihe durch Pressen der Nadel abgeschlagen werden. Man läſst das Musterrad, welches
regelmäſsig nach bestimmter Zähnezahl einen Einschnitt enthält, immer auf die Nadeln
wirken, so daſs diejenigen der letzteren, welche in die Einschnitte des Rades treffen,
bei jeder Umdrehung des Stuhles einen Henkel erhalten und nicht Maschen bilden.
Unterhalb des Rades ist nun die Streichpresse verschiebbar angebracht; sie wird
durch eine Feder von den Nadeln abgezogen und durch einen Hebel und eine
excentrische Scheibe dann an dieselben angedrückt, wenn sie diejenigen Nadeln noch
pressen soll, welche das Musterrad offen gelassen hat, d. i. also in der vierten
oder fünften Reihe. Ein am Umfang des Stuhles befestigter Mitnehmer trifft bei jeder
Umdrehung gegen einen Stift der excentrischen Scheibe und dreht dieselbe mit fort,
so daſs sie nach vorgeschriebener Anzahl Reihen auf ihre Streichpresse wirkt. Die
mit dieser Vorrichtung erzeugten Muster kann man wohl auch mit dem blosen
Preſsmusterrade allein arbeiten, wenn die Nadelzahl des Stuhles dafür geeignet ist;
der Apparat ermöglicht aber ihre Herstellung ohne diese Beschränkung und wenigstens
auf Stühlen mit solchen Nadelzahlen, welche ein ganzes Vielfaches der
Preſsmuster-Abtheilung bilden.
Neuerungen am Handwirkstuhle von C. A. Roscher in Markersdorf bei Burgstädt in Sachsen (* D. R. P. Nr. 6597 vom 14. September 1878) bestehen in einer
Universal-Petinetmaschine, einer Links- und Linksmaschine und einer Musterpresse.
Die Petinet- oder Stechmaschine enthält so viele Decknadeln als der Stuhl
Hakennadeln hat; jede derselben ist an einem besonderen Decker befestigt, einem
zweiarmigen Hebel, welcher vorn mit der Nadel durch eine Feder aufwärts gedrückt
wird, dessen hinteres Ende aber auch durch eine unter ihm liegende Walze empor
gehoben werden kann, wenn eine Erhöhung dieser Walze unter den Decker gelangt. Im
letzteren Fall wird vorn die Nadel gesenkt und in die Arbeitslage gebracht, in
welcher sie Maschen vom Stuhle abhebt und zur Musterbildung thätig ist. Liegt aber
der Decker in einer Vertiefung der Walze, so ist seine Nadel gehoben und unthätig.
Diese Musterwalze kann mit dem Prisma in der Jacquardmaschine verglichen und eine
Jacquardwalze genannt werden; sie trägt in mehreren Reihen verschieden vertheilt
Erhöhungen, welche mit Vertiefungen abwechseln und die Decknadelreihe in
verschiedener Weise theilen in thätige und unthätige Nadeln. Der Erfinder hat die
Vorrichtung noch weiter vervollkommnet und auf mechanische Wirkstühle übertragen;
die Umänderungen sind schon mit bestem Erfolge ausgeführt und auch zur Patentirung
angemeldet worden.
Die Links- und Linksmaschine ist im Allgemeinen eine gewöhnliche Fangmaschine, in
welcher aber die Nadeln drehbar geführt und an ihren unteren abgekröpften Enden
durch Schienenführungen um 90° gedreht werden können. Es geschieht dies zu dem
Zwecke, um den Haken je einer Fangnadel in denjenigen einer Stuhlnadel einhängen zu
können, wenn die Maschenreihe von der einen auf die andere Nadelreihe übertragen werden soll. Damit
wird es aber möglich, die Linksund Linkswaare ganz fest oder dicht zu arbeiten, was
nach dem bisherigen Verfahren nicht möglich war, da nach demselben nur lange lockere
Maschen von der einen auf die andere Nadelsorte übertragen werden konnten.
Die Musterpresse besteht aus der gewöhnlichen Preſsschiene des Hand Stuhles, welche
ein Preſsblech für Herstellung glatter Waare und eine Reihe von beweglichen Stäbchen
zur Verwendung bei Preſsmusterarbeit enthält. Für jede Stuhlnadel ist ein solches
Preſsstäbchen vorhanden, dessen oberes seitlich umgebogenes Ende auf dem Rücken der
Presse ruht, federnd wirkt und ihn so hoch hält, daſs sein unteres Ende nicht über
die Pressenkante hinabreicht. Eine Jacquardwalze mit einer Anzahl Reihen verschieden
vertheilter Erhöhungen liegt drehbar über dieser Stäbchenreihe und drückt mit ihren
Vorsprüngen diejenigen Stäbchen abwärts, welche thätig sein sollen. Hiermit ist es
leicht, eine gröſsere Anzahl der verschiedensten Preſsmusterreihen zu arbeiten.
Die selbstthätig wirkende
Schlagschützenvorrichtung an Wirkstühlen von Gottlob Miltsch in Apolda (* D. R. P. Nr. 6619 vom 4. Februar 1879) ist am
Fangkettenstuhle angebracht worden behufs Einlegung von Schuſsfäden in der
Breitrichtung der Wirkwaare. Die Schütze wird auf einer neben den beiden Nadelreihen
gelegenen Bahn entlang bewegt und legt durch einen Fadenführer den Schuſsfäden von
oben her zwischen beide Nadelreihen auf die letzte Maschenreihe. Sie wird wie in
einem Webstuhle auf jeder Seite durch einen Treiber stark angestoſsen und diesen
Treiber zieht zu geeigneter Zeit eine Feder vorwärts. Während des Laufes der Schütze
befinden sich die Kettenmaschinen auf der der Schützenbahn entgegengesetzten Seite
der Stuhlnadelreihen. Die Treiberarme werden durch geeignete Hebelverbindung von der
Triebwelle auswärts geschoben und in der äuſsersten Lage von Haken fest gehalten.
Eine kleine Jacquardmaschine löst durch Heben ihrer Platinen nach jeder Reihe oder
einer bestimmten Anzahl Reihen einen Haken von seinem Treiberhebel und letzterer
stöſst dann, durch die Feder gezogen, die Schütze über die ganze Länge ihrer Bahn
hinweg. Die Spule, welche den Schuſsfäden enthält, liegt nicht in der Schütze,
sondern steht fest auf dem Gestell und von ihr wird der Faden durch den Führer der
Schütze abgezogen; am Ende der Bahn drückt eine am Stuhlgestell befestigte Feder auf
den Führer und hält den Faden mit gewisser Spannung gerade gestreckt.
Die Vorrichtung am Cottonwirkstuhle zum
Sticken von Mustern auf Waaren während des Wirkens von J. W. Lamb und S. Lowe in
Nottingham, England (* D. R. P. Nr. 6273 vom 19. Juli 1878) ermöglicht auf
mechanischem Wege die schon am Handstuhle durch Handarbeit vorgenommene Nachahmung des
Plattstichstickens oder Bordirens der Wirkwaren. Durch dieses Sticken wird je eine
Masche, welche im Bereiche des Musterbildes liegt, von einer geraden horizontalen
Fadenlage überdeckt; soll nun das Muster nicht nachträglich durch das Bordiren
eingenäht werden, sondern schon während der Arbeit am Stuhle entstehen, so muſs man
die zu überdeckenden Maschen zunächst von ihren Stuhlnadeln abheben, dann durch
Fadenführer die Stickfäden um sie herum legen und sie darauf endlich wieder auf ihre
Nadeln aufhängen. Am Handstuhle hat man diese Arbeit schon seit längerer Zeit
vorgenommen; nun hat auch ein mechanischer Stuhl, der von Cotton, solche Decker- und Fadenführervorrichtungen erhalten, daſs er
selbstthätig nach vorgeschriebenem Muster die Stickfäden um bestimmte Maschengruppen
herum legt. Zu einem Musterbilde wird ein Faden verwendet, welcher um mehr oder
weniger Maschenpaare in einer Reihe sich herum legt.
Neuerungen an der Schmitt'schen
Strickmaschine von Joh. Schmitt in Coblenz
(*D. R. P. Nr. 6673 vom 10. September 1878) sind Vervollkommnungen einer
eigenthümlichen, nicht eben einfach zu nennenden Rundstrickmaschine, auf welche
schon unter Nr. 14 vom 5. August 1877 ab ein deutsches Patent erlangt wurde. Die
Maschine arbeitet mit einer Nähnadel, ähnlich der Hinkley'schen Flachstrickmaschine,
läſst aber die genähten Maschen nicht von einem geraden Kamm, sondern von einer
Drahtspirale aufsammeln, welche in je einem ihrer Schraubengänge eine Masche
enthält. Durch die neuerdings ermöglichte Verwendung mehrerer Nähnadeln, von denen
eine in die Maschen der anderen näht, ehe die Spirale die Schleifen erfaſst, wird
die Production bedeutend erhöht. Durch die Zuführung von anderen Fäden als
demjenigen, welcher die glatte Waare arbeitet, erlangt man eine, wenn auch
beschränkte Zahl von Mustern; dadurch endlich, daſs man die gebogene Spirale aus
mehreren Stücken zusammensetzen und diese über einander schrauben kann, ist es
möglich, den Kreis zu verengen und die runde Waare zu mindern.
Der Apparat zum Anschlagen auf
Strickmaschinen von F. Oscar Teubel in
Neustadt bei Chemnitz (*D. R. P. Nr. 5903 vom 12. November 1878) ist zum Stricken
glatter runder Waare an der Lamb'schen Strickmaschine zu verwenden und bildet einen
Anfangsrand von derselben Form, in welcher man ihn am Handwirkstuhle herzustellen
pflegt. Er besteht für jede Seite der Maschine aus zwei an einander gelegten und
gegen einander verschiebbaren Kämmen, von denen der eine Nadeln mit kurzen Haken und
der andere spitze, in Form eines Bajonetes gebogene Nadeln enthält. Man bringt nun
zwei zusammengehörige Kämme so an eine Reihe der Zungennadeln, daſs bei Herstellung
der ersten Schleifenreihe die Platinenschleifen auf die Haken und die Bajonetnadeln sich legen. Nun
verschiebt man die letzteren mit ihrem Kamme um eine Theilung seitwärts, so daſs sie
die ersten Schleifen zur Hälfte vor die Zungennadeln halten und diese bei der
nächsten Reihenbildung die Maschen durch die ersten Schleifen hindurch ziehen.
Neuerungen an Strickmaschinen von
M. Ulbricht und der Sächsischen Stickmaschinenfabrik in Kappel bei Chemnitz (*D. R. P. Nr.
5928 vom 27. Juni 1878) bilden zum Theile eine vortheilhafte Verwendung der Röscher
sehen Nadelbettstücken (*D. R. P. Nr. 611), welche hier nicht seitlich verschoben,
sondern versenkt und gehoben werden, um bei Herstellung von Strümpfen die Ferse
stricken und während der Zeit das Mittelstück des Längens hängen lassen zu können.
Ferner enthalten diese Neuerungen einen selbstthätig von der Triebwelle der Maschine
bewegten Apparat, welcher die Riegel der einen Seite so verschiebt, daſs man
einseitig offene Waare stricken kann; endlich ist die Schlittenführung unterhalb der
Nadelbetten in die Seitenwände gelegt, mit nachstellbaren Winkeln versehen und der
Querschnitt der Schlittenarme dreieckig gemacht worden, jedenfalls eine einfache und
sichere Ausführungsform der Schlittenführung. – Dieselbe Firma hat ferner ein Patent
erhalten auf eine Strickmaschine zur Herstellung
schlauchartiger, doppelflächiger gemusterter Wirkwaare (* D. R. P. Nr. 6712
vom 13. October 1878), d. i. also eine Umänderung der Lamb'schen Maschine dahin,
daſs mit ihr Rundränder- und Rundfangwaare gearbeitet werden kann. Die zwei
gewöhnlichen Nadelreihen der Maschine haben fast vertical stehende Nadeln und über
ihnen sind zwei Reihen von fast horizontal liegenden Zungennadeln (diese, wie die
vorigen, mit Doppelzungen versehen) angeordnet, und es arbeitet nun je eine
verticale und eine horizontale Reihe zusammen die Rechts- und Rechtswaare. Das
Mindern erfolgt mit der Hand in der für glatte Waare bekannten Weise, das Mustern
aber durch Verschieben der Nadelbetten und durch Anwendung langer und kurzer Nadeln
zur Erzeugung von Preſsmustern.
Die Vorrichtung an Strickmaschinen zur
selbstthätigen Verschiebung der Nadelbetten behufs Herstellung von
Wirkmustern von C. A. Roscher in Markersdorf
(* D. R. P. Nr. 6746 vom 21. Januar 1879) ist eine Verbesserung der zu gleichem
Zwecke dienenden Einrichtung, welche Gegenstand des Patentes Nr. 611 vom 24. August
1877 bildet (vgl. *1878 230 402). An Stelle der früher
angegebenen Schneid- oder Musterräder, welche die Schienen mit den Nadelbettstücken
seitlich verschieben, sind jetzt Musterketten verwendet worden, welche über Räder
laufen und an ihren Gliedern die Stufen zum Verdrängen der Schienen enthalten. Mit
den Ketten ist leichter als mit Rädern ein groſser Musterumfang zu erreichen.
G.
W.