Titel: | Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von Victor Griessmayer. |
Autor: | Victor Grieſsmayer |
Fundstelle: | Band 234, Jahrgang 1879, S. 473 |
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Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von
Victor Grieſsmayer.
(Fortsetzung des Berichtes S. 129 dieses
Bandes.)
Grieſmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei.
Eine moderne Brauerei in London.
Die groſse Bierbrauerei von Woodheat und Watson in
Salfort wird soeben unter Leitung der Ingenieure Gregory und Haynes fertig gestellt. Die
Anlage ist nach dem Principe der natürlichen Schwere, dem sogen. Cascadensystem,
eingerichtet. Die Gefäſse sind auf ein Gebräu von 100 Tonnen berechnet. Ein Pumpen
von Würzen kommt hier gar nicht vor, da die Flüssigkeit von ihrer Ankunft als Wasser
bis zur Abfahrt als Bier von selber flieſst. Kohle wird nur zum Heizen der
Dampfkessel verwendet, welche auch den Dampf für die gesammte übrige Heizung und
Kochung liefern.
Beginnen wir den Rundgang vom Giebel der Brauerei, so finden wir hier einen
Kaltwasserbehälter aus Guſseisen mit seinen Hähnen und Rohrleitungen, welcher in
Verbindung steht mit einem ebenfalls guſseisernen Warmwasserbehälter, der durch eine
kupferne Schlange mittels Dampf erwärmt wird. Temperatur und Volum werden durch ein auſsen
befindliches Thermometer wie bei den Dampfmaschinen und durch eine Standröhre
angezeigt. Das warme Wasser steigt von hier in einen Vormaischapparat (System Gregory) herab, in welchen zu gleicher Zeit und nach
bestimmten Verhältnissen das gebrochene Malz eintritt, nachdem es durch die Mühle
und einen Rumpf mit Metallsieb gegangen ist, das unmittelbar über dem
Vormaischapparat ausgespannt ist. Von hier fällt die Mischung in Form einer dicken
Maische in den Maischbottig. Der übrige Guſs wird mittels schottischen Drehkreuzes
(System Gregory) in Gestalt eines feinen und
gleichmäſsigen Regens über die Schüttung verbreitet. Die Würze filtrirt durch einen
Läuterboden und flieſst dann von selbst in die guſseiserne Würzepfanne. Die Hähne
dieser letzten drei Gefäſse sind so angeordnet, daſs dieselben von dem nämlichen
Boden aus bedient werden können. Die Würze wird in der Pfanne ebenfalls mittels
einer kupfernen Schlange gekocht und der niedergeschlagene Dampf läuft durch eigene
Röhren zum Kessel zurück, wodurch wieder Brennmaterial gespart wird. Indem wir
weiter herabsteigen, treffen wir den guſseisernen Hopfenseiher und daneben eine
Hopfenpresse (System Gregory). Vom Seiher gelangt die
Würze auf das guſseiserne Kühlschiff und von hier durch einen vertical stehenden
Kühlapparat aus Kupfer in die Gährbottige. Dieselben enthalten eine Vorrichtung,
mittels deren die Hefe in die Höhe geht und sich selbstthätig absetzt, indem sie die
mitgehende Flüssigkeit zurücklaufen läſst. Zugleich bringt man einen Kühler in den
Bottig (Temperator), welcher aus einer kupfernen Schlange besteht, durch die man
kaltes Wasser strömen läſst, um die Temperatur zu reguliren. Zwei Hebewerke bedienen
die Brauerei, das eine, um das Malz auf die Böden, das andere, um das Faſszeug auf
die Speicher zu schaffen. In einem eigenen Gebäude befinden sich eine horizontale
Dampfmaschine und ein sehr geräumiger, in den Boden gemauerter Dampfkessel. Die
Schwankhalle besitzt einen metallenen Warmwasserbehälter und ein System von Röhren
und Hähnen zur Faſsreinigung mittels Dampf. Mälzerei gibt es keine. (Nach dem Moniteur de la Brasserie, Nr. 1061 vom 7. September
1879.)
Mittel gegen Schleimgährung.
Zur Heilung schleimiger, fadenziehender Biere wird im Moniteur de la Brasserie, Nr. 1063 vom 21. September 1879 Hyssop
empfohlen. Der Hyssop (ὕσσωπος) ist ein
Halbstrauch aus der Familie der Labiaten, dessen getrocknete Blüthen und Blätter
verwendet werden. Es enthält ein flüchtiges Oel, ein zweifelhaftes Alkaloid und
Gerbsäure. Nach einer Vorschrift des Livre de poche du
Brasseur macht man einen Aufguſs von 2l
siedenden Wassers auf 125g Hyssop und filtrirt
diesen nach dem Erkalten durch einen Leinwandbeutel in die Tonne.
Die Bestimmung der Phosphorsäure im Biere.
Ueber diesen Gegenstand habe ich im Bierbrauer, 1879 Bd.
10 Nr. 13 und 18 eine Abhandlung veröffentlicht, die ich im Auszuge hier wiedergebe.
Die Bestimmung der Phosphorsäure ist schwierig wegen der gleichzeitigen Anwesenheit
von Eisenoxyd, Kieselsäure und organischer Substanz.
Die Titrirung mit Uransalz liefert bei Gegenwart von Eisenoxyd – und dies ist in
jedem Bier – zu niedere Resultate. Die gewichtsanalytische Methode mit
molybdänsaurem Ammoniak ist bedenklich wegen der Kieselsäure, welche ebenfalls damit
herausfällt. Nun läſst sich zwar nach Fresenius diese
Säure nachträglich von der Phosphorsäure trennen dadurch, daſs man den gemischten
Niederschlag in Ammon löst, Salmiak hinzufügt und längere Zeit stehen läſst. Die
Kieselsäure scheidet sich dann aus und man kann im Filtrate sofort mit
Magnesiamischung die Phosphorsäure fällen. Wenn nun auch die Sicherheit dieser
Methode auſser Zweifel wäre, oder das Eisenoxyd nicht im Titriren mit Uran hinderte,
so würden beide Methoden doch nur zum Ziele führen, wenn die Phosphorsäure nur in
der Form von Mineralsalzen anwesend wäre. Sollte dies aber nicht der Fall sein und
ein Theil derselben als Lecithin vorhanden sein, oder mit den Peptonen in Verbindung
stehen – in der That ist es ja bei der Reindarstellung von Peptonen die groſse
Schwierigkeit, dieselben von ihrem Gehalte an Salzen und speciell an Phosphaten zu
befreien – so würde eben dieser Theil sich der Bestimmung entziehen. Hierdurch
ergibt sich die Nothwendigkeit, das Bier vorher zu veraschen, um so die
Phosphorsäure in einen bestimmbaren Zustand überzuführen. Damit aber ergeben sich
neue Schwierigkeiten. Bei der Einäscherung von Bierextract oder Pflanzensamen
wiederholt sich im Allgemeinen, wenn auch im Kleinen, derselbe Proceſs wie bei der
Fabrikation des Phosphors aus Knochen oder Urin. Im letzteren Falle entsteht
zunächst durch Glühen des sauren phosphorsauren Kalkes metaphosphorsaurer Kalk und
durch die reducirende Wirkung der Kohle auf diesen sodann pyrophosphorsaurer Kalk,
Kohlenoxyd und freier Phosphor. Wird aber Bier oder Gerste eingeäschert, so entsteht
zwar aus dem Dikaliumphosphate derselben hauptsächlich Pyrophosphat; ein Theil
desselben aber wird durch Einwirkung der Kohle reducirt, etwas Phosphor geht fort,
es entsteht leicht Metaphosphat und auch das Pyrophosphat geht leicht in eine
Modification über, die in Mineralsäuren nicht mehr löslich ist. Man kann daher weder
bei Bier- noch bei Gerstenanalysen durch einfache Einäscherung – wenn auch bei
niedrigster Temperatur – alle Phosphorsäure bestimmen, und was hier von der
Phosphorsäure gesagt wird, gilt auch in gleicher Weise für die Schwefelsäure und das
Chlor.
Nun empfiehlt Knop zur Verhütung dieser Uebelstände die
organische Substanz
zuerst durch wiederholtes Eindunsten mit concentrirter Salpetersäure so weit als
möglich zu zerstören, den Rückstand noch feucht mit kohlensaurem Natron und etwas
Salpeter zu mischen, zu trocknen und dann mit solcher Vorsicht weiſs zu brennen,
daſs in der Masse keinerlei Entzündungen eintreten. Erst in solcher Schmelze sei
dann Phosphorsäure und Schwefelsäure zu bestimmen. Dieses Verfahren wurde in seinen
Grundzügen zuerst von Weidenbusch vorgeschlagen, später
von Mayer durchprobirt, aber wieder aufgegeben, weil
zwar die Gefahr der Verpuffung durch den Zusatz von vielem Alkali hierbei vermieden,
aber die Operation eine auſserordentlich langwierige wird. Einfacher ist das
Verfahren von Strecker, das sich in seiner Anwendung
auf Bier in folgender Weise gestaltet: 0l,5 wird
auf die Hälfte eingedampft, dann mit 2 bis 3g
Barythydrat gut gemischt, in geräumiger Platinschale zur Trockne verdampft und nun
bei schwacher Rothglut – womöglich in der Muffel – langsam eingeäschert. Die Asche
wird ins Becherglas gebracht, mit rauchender Salpetersäure oder Königswasser
übergössen und damit zur Trockne eingedampft. Dann nimmt man mit verdünnter Säure
auf, erwärmt längere Zeit und filtrirt. Kieselsäure, Kohle und schwefelsaurer Baryt
bleiben hierbei auf dem Filter. Nach Keller werden
500cc Bier in einer Porzellanschale unter
Zusatz von 10cc concentrirter Kalilauge verascht,
mit Salpetersäure aufgenommen und filtrirt. Bei dieser Methode ist es rathsam, den
Schmelzrückstand mehrmals mit Säure zu befeuchten und wieder zur Trockne
einzudampfen, um ja alle Kieselsäure unlöslich zu machen.
Nachdem nunmehr nach einer dieser Methoden alle Phosphorsäure in Lösung gebracht und
alle Kieselsäure ausgeschieden ist, kann die eigentliche Phosphorsäurebestimmung
angehen. Es empfiehlt sich hierzu:
1) Die Molybdänmethode.
2) Methode Keller: Das durch Salpetersäure saure Filtrat
wird mit Ammon bis zum Eintritt eines Niederschlages versetzt, dieser durch etwas
Essigsäure gelöst und sofort die Flüssigkeit mit essigsaurem Bleioxyd gefällt. Man
wäscht den Niederschlag aus, zersetzt ihn mit Schwefelammon, kocht das Filtrat,
filtrirt vom ausgeschiedenen Schwefel ab, versetzt die Flüssigkeit nun mit
Magnesiamixtur und bestimmt schlieſslich die Phosphorsäure als pyrophosphorsaure
Ammonmagnesia.
3) Methode Otto: Die salpetersaure Lösung wird mit
Wasser verdünnt, mit viel Weinsäure und einem Ueberschuſs von Ammon, ferner mit
schwefelsaurer Magnesia versetzt, 24 Stunden ohne Erwärmen absetzen gelassen,
filtrirt, mit verdünntem Ammon ausgewaschen, in Salzsäure gelöst, mit wenig
Weinsäure versetzt und nun wieder mit Ammon gefällt; der ausgewaschene Niederschlag
wird dann geglüht wie bei Keller.
Adamkiewicz sagt in seinem Buche Die Natur und der Nährwerth des Peptons: Zur Bestimmung der Phosphorsäure
im Pepton wurde dasselbe
mit Salpeter und Natronkalicarbon at geschmolzen, die Schmelze in Wasser gelöst, mit
Salpetersäure gekocht, filtrirt, mit molybdänsaurem Ammon in gelinder Wärme gefällt,
dann stehen gelassen, abfiltrirt, mit Salpetersäure haltigem Wasser ausgewaschen und
in Ammon gelöst; die ammoniakalische Lösung wurde mit Magnesiumsulfat gefällt, der
Niederschlag abfiltrirt, mit Ammoniak haltigem Wasser ausgewaschen, getrocknet,
geglüht und als pyrophosphorsaure Magnesia gewogen. 6g Pepton geben 0g,135 pyrophosphorsaure
Magnesia, entsprechend 0g,086 Phosphorsäure oder
1,28 Proc. Nun fand derselbe Chemiker den Aschengehalt desselben von ihm selbst
dargestellten Peptons zu 1,167 Proc., d.h. der Phosphorsäuregehalt der Asche ist
gröſser als die ganze Asche. Dieser scheinbare Widerspruch findet seine vollständige
Erklärung dadurch, daſs bei der Veraschung von Peptonen ohne Zusatz oxydirender
Alkalisalze ein Theil des Phosphors sich verflüchtigt, sowie auch Schwefelsäure und
Chlor entweichen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch darauf hinweisen, wie
auffallend gering der Phosphorsäuregehalt der englischen Biere ist – bei derselben
Methode der Untersuchung – obwohl dieselben aus concentrirteren Würzen kommen.
In Reischauer: Chemie des Bieres, S. 250 finden sich
Analysen von Dikson, wonach Porter 7,9 bis 20,6 Proc.,
Ale 6 bis 25,7 Proc. Phosphorsäure in der Asche enthielt. Wenn nun auch die
angeführten Mindestgehalte weniger beweiskräftig sind, da sie vielleicht durch
Zuckerzusatz zu erklären sind, so ist dies nicht der Fall bei einer Reihe von
englischen Bieren, deren Analyse in neuerer Zeit J.
Steiner, Brauereichemiker in St. Helens (Lancashire) in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1879 S. 245
mitgetheilt hat; derselbe rühmt hierbei den hohen Phosphorsäuregehalt seiner Biere.
Nun enthalten diese Biere aber im Durchschnitt 20,7, höchstens 22,8 Proc. und dieses
Maximum entspricht noch dazu einer Stammwürze von 18,4 Proc. Balling. Die deutschen
Biere aber enthalten – nach derselben Methode bestimmt – im Durchschnitt 32 und im
Maximum 34,5 Proc. Phosphorsäure im Extract. Da nun die Engländer weder geringere
Gerste, noch schlechteres Malz als wir besitzen, auch nicht mit Eisenwasser brauen,
so liegt der Grund der Differenz vielleicht im Bräuverfahren. Bei der Infusion wird
keine Maische gekocht; es wird daher das Parenchym des Malzes nicht so aufgelockert
wie beim Dickmaischverfahren; die Verbindung der Eiweiſsstoffe mit den Phosphaten
wird nicht zerstört und es geht daher ein Theil der Phosphorsäure sammt den
Eiweiſsstoffen in die Treber statt in die Würze und verringert dadurch den Nährwerth
des Bieres um ⅓. In der That wurde neulich von Markl
behauptet, die Treber der Infusionswürzen seien reicher an Eiweiſsstoffen als die
Decoctionstrebern. Ein weiterer Erklärungsgrund liegt vielleicht in der englischen
Darrmethode. Das Malz
wird hier auf Steinplatten mit directer Feuerluft 5 Tage bei 62 bis 65° gedarrt. Es
ist möglich, daſs hierbei Phosphate unlöslich werden. Schlieſslich muſs auch noch
des Kochsalzes gedacht werden, welches dort häufig zum Klären der Würze zugegeben
wird. Hierbei werden Proteine und damit Phosphorsäure ausgeschieden.