Titel: | Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation. |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 127 |
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Ueber Neuerungen in der
Zuckerfabrikation.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 234 S.
378.)
Mit Abbildungen auf Tafel 14.
Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation.
Die in Fig. 1 bis
3 Taf. 14 angedeutete Presse für ausgelaugte
Rübenschnitzel oder ähnliche Stoffe von Röhrig und
König in Sudenburg-Magdeburg (* D. R. P. Nr. 6511 vom 19. Januar 1879)
besteht aus einer Anzahl Trommeln A, B, C und E, über welche eine Stabkette ohne Ende G gezogen, von der ein Theil in Fig. 2
dargestellt ist. Die gröſste der Trommeln (E) ist an
ihrem ganzen Umfange siebartig durchlöchert (vgl. Fig. 3). Die
auszupressenden Stoffe werden nun auf beliebige Weise dem Rumpfe F zugeführt, von der Zuführungswalze H ergriffen und zwischen Stabkette G und Trommel E geführt.
Da nun sämmtliche Trommeln von der obersten (C) aus
durch die Stabkette selbst in Umdrehung gesetzt werden, so bewegt sich diese Masse
zwischen Kette und durchlöcherter Trommel von a bis b, wobei sie die Flüssigkeit abgibt, und wird bei c durch einen Abstreicher von der Trommel E abgekratzt und mittels der Schnecke D nach der Seite hin entfernt, so daſs also das Pressen
ununterbrochen erfolgt.
Glühofen für Knochenkohle von T. Schreiber in Paris (* D. R. P. Nr. 1774 vom 6. November 1877). Umgeben
von der äuſseren Mauer A (Fig. 4 bis
6 Taf. 14) stehen zu beiden Seiten der Feuerung M gewellte Retorten B aus Guſseisen, welche
unten in eine Reihe halbflacher Röhren C endigen, die
zur Abkühlung der geglühten Knochenkohle dienen. Die Retorten sind zur
gleichmäſsigeren Vertheilung der Wärme mit über einander gestellten Platten aus
feuerfestem Thon bekleidet, während die Wölbung E den
Feuerraum nach oben abschlieſst. Auch die Fläche hinter den Retorten ist völlig mit
feuerfesten Platten F ausgekleidet, welche durch kleine
Zapfen c gehalten werden. Der untere Theil der
Schutzplatten H, welcher vom Feuer direct getroffen
wird, ist mit Nuth und Feder versehen, um ein Verbiegen derselben bei wechselnder
Temperatur zu erschweren; auſserdem sind die Mantelplatten durch die Querriegel I versteift.
Die in den Trichter K eingefüllte Kohle fällt zunächst
in den Trockenapparat D, um von dort durch die
doppelten Knieröhren L nach den Retorten B zu gelangen. Nach dem Ausglühen kommt sie zu den
Cylindern C, woselbst sie gekühlt wird und dann fertig
für die Filter ist.
In dem Ofen M befindet sich ein Kokesfeuer, dessen
Flamme sich in dem ganzen Feuerraume N verbreitet, um
sich alsdann in der Richtung der Pfeile nach hinten zu ziehen, woselbst sie sich in
zwei Theile theilt und hinter den Schutzplatten F
herstreicht. Hierauf vereinigen sich beide Ströme an der Vorderseite bei O und gelangen durch das Knie P nach dem
Trockner, um endlich durch den Schornstein Q zu
entweichen.
Nach einer Mittheilung von Vivien in der Zeitschrift des
Vereines für Rübenzuckerindustrie, 1878 S. 666 ist die mittels dieses Ofens
erreichte regelmäſsige Wiederbelebung der Knochenkohle namentlich durch die Art der
Entleerung der geglühten Kohle bedingt. Wird nämlich der Sammelcylinder einer
Kühlröhre C so gedreht, daſs seine Oeffnung der
letzteren zugekehrt ist, so sinkt die ganze Kohlensäule nieder und wird in Folge der
Wellenform der Röhren nach rechts und links geworfen, trifft hierbei auf die
verschiedenen geneigten Flächen der Glüh- und Darrröhren und wird also bei jeder
Entleerung vollkommen gemischt, indem die äuſseren Schichten nach der Mitte, die
mittleren nach auſsen kommen. Während des ganzen Weges von oben nach unten
wiederholt sich dies etwa 40 Mal.
In der Fabrik von Ogez und Comp. in
Bertaucourt-Epoudon beträgt die Temperatur im Fülltrichter 40 bis 52° und verliert
hier die Kohle bereits 15 Procent des vorhandenen Wassers. Im unteren Theile der
Darre vor dem Eintritt in die Glühröhren bei L ist die
Kohle 92 bis 93° warm und enthält nur noch 19 Proc. Feuchtigkeit. In den Glühröhren
war 1m,1 von der oberen Oeffnung eine Temperatur
von 454°, 0m,3 tiefer von 476°, bei der die
organischen Stoffe zwar verkohlen, die Kohle aber nicht sintert. Die geglühte Kohle
hatte folgende Zusammensetzung:
Wiederbelebt
Neue Kohle
Wasser
2,000
5,240
Kohlenstoff
6,818
8,538
Kohlensaurer Kalk
8,460
6,960
Phosphorsaurer Kalk u.s.w.
82,722
79,262
––––––––
––––––––
100,000
100,000
Lösliche organische Stoffe
0,032
0,066
„ unorganische Stoffe
0,090
0,364.
Zum Vergleich ist die Zusammensetzung der in derselben Fabrik
verwendeten neuen Kohle daneben gestellt; 100 Th. derselben nahmen 1,092 Th. Kalk
und 0,889 Th. Salze auf, ferner 3,91 Proc. Farbstoffe mehr als die wiederbelebte,
welche auſserdem 1k,642 Kalk und 0k,8 Salze aufnahm. Da diese Kohle bereits 20 Mal
verwendet war, so hat sie ihre Eigenschaften bei dieser Behandlung somit recht gut
bewahrt.
Zum weiteren Vergleich wurde ein Filter mit neuer, ein anderes mit
dieser wiederbelebten Kohle gefüllt, dann gleichzeitig über beide Dicksaft
geschickt. Die nach 3½ Stunden entnommenen Saftproben hatten folgende
Zusammensetzung vor (I) und nach der Filtration (II):
Gebraucht
Neue Kohle
I
II
I
II
Schwere
20,62° B.
18,35° B.
20,75° B.
19,00° B.
Alkalität in 1l, als Kalk berechnet
0,660
0,500
0,660
0,600
1hl
enthielt
k
k
k
k
Zucker
38,102
33,380
38,102
34,955
Glycose
0,060
0,050
0,060
0,050
Asche
2,088
1,809
2,106
1,881
Organische Stoffe
2,740
2,079
2,992
1,996
Wasser
73,710
77,363
73,540
76,318
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Reinheit
88,62
89,65
88,07
89,90
Salzverhältniſs
18,14
18,45
18,09
18,59.
Knochenkohle-Glühcylinder mit innerem
Heizrohr von Ed. Hänel in Sudenburg-Magdeburg
(* D. R. P. Nr. 6446 vom 8. December 1878). Zum gleichmäſsigen Ausglühen der
Knochenkohle sollen die in gewöhnlicher Weise in einem Ofen aufgestellten
Glühcylinder a, wie
Fig.
7 bis 9 Taf. 14
zeigen, mit einem inneren Heizcylinder b versehen
werden. Die etwa in der Höhe der Mündung desselben e
eintreffenden Heizgase treten theils in diese untere Oeffnung ein, um aus der oberen
d wieder zu entweichen, theils umspülen sie den
Cylinder von auſsen. Die oben eingefüllten Knochenkohlen rutschen in dem
ringförmigen Zwischenräume zwischen a und b herunter in dem Maſse, als die im unteren Theile des
Cylinders a bereits gekühlten Kohlen abgelassen
werden.
Ueber die Wirkung der Knochenkohle.Zeitschrift des Vereines für
Rübenzuckerindustrie, 1878 S. 118 und 711. 1879 S. 658 und 815. Neue Zeitschrift für Rübenzuckerindustrie, 1879
S. 68. Bekanntlich zeigte zuerst Kehls (1793), daſs Knochenkohle aus Flüssigkeiten Farbstoffe anzieht. Mit
der Frage, wie dies geschieht, beschäftigten sich bereits Payen (1822 9 206), Graham (1831 40 443) Dubrunfaut (1849 118 45), Chevallier (1845 99 129) u.a. F. Avril zeigt
nun, daſs die neue ungebrauchte Knochenkohle sowohl, als auch die in einer
Zuckerfabrik gebrauchte, fast gleich groſse Absorptionskraft für Barytsalze
besitzen, daſs aber beide durch ihre ungleiche chemische Zusammensetzung
verschiedenartige Wirkungen auf die Salze ausüben. Bei Einwirkung der kalkreicheren
gebrauchten tritt dieser Kalkgehalt in chemische Reaction, während der Vorgang bei
der Absorption durch die frische kalkärmere Kohle mehr physikalischer Natur ist.
Strontiumverbindungen werden durch frische Knochenkohle noch leichter aufgenommen
als die entsprechenden Bariumsalze. Auf die Verbindungen des Eisens, Kupfers, Chroms
und Aluminiums äuſserte die neue Knochenkohle einen noch gröſseren Einfluſs als auf
die eben erwähnten, hauptsächlich dadurch, daſs sie für diese Salze nicht blos eine
bedeutende absorbirende Kraft besitzt, sondern auch die Fähigkeit hat, dieselben
energisch zu zersetzen, wobei ein Theil der Säure frei in der Lösung zurückbleibt;
zugleich geht hieraus weiter hervor, daſs die Absorptionskraft der Knochenkohle für
die Metalloxyde gröſser ist als für die Säuren und besonders für Salzsäure. Versuche
mit weiſs gebrannter Knochenkohle zeigten, daſs diese Absorption der Salze
namentlich durch den Kohlenstoff bedingt ist, daſs somit diese Zersetzungen zum
gröſsten Theil durch eine physikalische Wirkung, welche die Knochenkohle durch ihre
Porosität und hauptsächlich durch ihren fein vertheilten Kohlenstoff ausübt,
hervorgerufen werden.
F. Barbet meint ebenfalls, daſs die Wirkung der
Knochenkohle wesentlich physikalisch sei. Er kommt dann zu folgenden praktischen
Schlüssen: 1) Es ist vortheilhafter, die Knochenkohle bei Syrupen als bei Säften
anzuwenden. – 2) In dem Maſse, als die Knochenkohle auf ein reineres Product
einwirkt, ist die Reinigung geringer. Jedoch scheint die Knochenkohle fast ohne
Wirkung auf die Salze der Nachproducte zu sein; das Verhältniſs ist nur für die
Zuckersäfte des ersten Productes zutreffend. – 3) In stärkeren Mengen angewendet, bewirkt die
Knochenkohle verhältniſsmäſsig eine geringere Reinigung als bei schwächeren Dosen. –
4) Neue Knochenkohle ist nicht zu verwenden, bevor sie mit warmem, Säure haltigem
Wasser gewaschen ist. – 5) Feine Knochenkohle, durch Säure ihres gesammten Gehaltes
an kohlensaurem Kalk beraubt, ist weit wirksamer als die normale Kohle.
Nach Reinecke verhalten sich die
Geldwerthe gleicher Gewichte zweier Kohlen wie die Entfärbungskraft derselben
Gewichtsmengen und umgekehrt wie die Gewichte gleicher Volumen. Ausnahmen zeigen
sich nur dann, wenn das Knochenschrot zu viel Leim enthielt, welcher beim Glühen die
Poren der Kohlen verstopfte. Nachfolgende Versuchsresultate wurden mit 50g Kohle bei 5mm
Körnung erhalten und wurde die Entfärbungskraft einer Normalkohle gleich 100
gesetzt:
Herkunft der Kohle
Entfärbungs-vermögen
100ccwiegen
Normalkohle in Waghäusel gebrannt
100 Proc.
53g
Heufeld
106
51
Kühling und Klingenberg
104
52
Wohlgemuth
96
55
Ritzmann
94
56
St. Avold
91
57
Davis und Klein
80
65
Schweikart
73
74
Kohle der Raffinerie zu Waghäusel
74
71
Kohle der Actien-Zuckerfabrik Gandersheim
60
90
Alte Kohle von Gemünd
56
92
Kohle der Rohzuckerfabrik zu Waghäusel
51
107
R. Stutzer zeigt, daſs der
Wassergehalt der neuen Knochenkohle nur dann richtig bestimmt wird, wenn eine
möglichst groſse Probe grob gepulvert und gut gemischt und erst von dieser die für
die Analyse bestimmte Menge genommen wird. Der Wassergehalt der einzelnen Stücke
einer und derselben Probe schwankte z.B. zwischen 3 und 14 Proc.