Titel: | Ueber die Verbindungen des Benzotrichlorids mit Phenolen und tertiären aromatischen Basen; von O. Döbner. |
Autor: | O. Döbner |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 151 |
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Ueber die Verbindungen des Benzotrichlorids mit
Phenolen und tertiären aromatischen Basen; von O. Döbner.
Döbner, über die Verbindungen des Benzotrichlorids.
Bei der Darstellung des Malachitgrüns (1879 232 287) wirken zwei Mol. Dimethylanilin
C6H5N.(CH3)2 und 1 Mol.
Benzotrichlorid C6H5.C.Cl3
(vgl. 1879 231 79) auf
einander ein und bilden unter Austritt von 3 Mol. Salzsäure die farblose, mit 1 Mol.
Wasser krystalllsirende Base C23H24N2. In gleicher
Weise erstreckt sich auch die Wirkung von 1 Mol. Benzotrichlorid auf 2 Mol. Phenol
C6H6O unter
Abspaltung von 3 Mol. Salzsäure. Aber während die Verbindungen des Benzotrichlorids
mit tertiären Basen grüne Farben darstellen, zeigen diejenigen mit Phenolen groſse
Aehnlichkeit mit der Rosolsäure und mit den Phtaleïnen.
O. Döbner (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1879 S. 1462) hat zunächst den mit dem
bekanntesten Phenol, mit der Carbolsäure C6H6O, erhältlichen Farbstoff dargestellt und ihm den
Namen „Benzaurin“ gegeben. Derselbe entsteht,
indem 1 Mol. Benzotrichlorid und 2 Mol. wasserfreies Phenol in einer Schale
vermischt und auf dem Wasserbad gelinde erwärmt werden. Nach wenigen Augenblicken
färbt sich die Masse roth und es beginnt eine sehr energische Salzsäure-Entwicklung,
worauf die Reaction ohne weitere Wärmezufuhr sich fortsetzt, so daſs erst am Ende
derselben wieder im Wasserbad erwärmt wird, bis die Salzsäure-Entwicklung aufhört.
Die Masse nimmt dabei eine immer dunklere Färbung und dickere Consistenz an und
verwandelt sich schlieſslich in ein tief dunkelrothes Harz mit dem
charakteristischen Metallglanz der Canthariden, welches beim Erkalten zu einer
festen Masse von dem harzartigen Aussehen der Rosolsäure erstarrt.
Zur Reinigung des erhaltenen Farbstoffes wurde zunächst das unveränderte Phenol durch
Behandlung mit Wasserdampf entfernt, das Product wiederholt mit saurem
schwefligsaurem Alkali in der Wärme behandelt und nach dem Abfiltriren von einem
hierbei zurückbleibenden, blaſs gefärbten Harze der gereinigte Farbstoff durch
Erhitzen der klaren Lösung mit Salzsäure in Form harter, metallglänzender, rother
Krusten abgeschieden.
Der neue Farbstoff ist in Wasser wenig löslich, unter welchem er in der Hitze
schmilzt; er löst sich leicht in Alkohol und in Aether mit gelber Farbe, ebenso in
Eisessig, weniger leicht in Benzol. In Alkalien löst er sich mit violettrother
Farbe, die beim Stehen an der Luft allmählich verschwindet. Säuren fällen ihn in
hellrothen Flocken wieder aus. Die violettrothe Farbe der alkalischen Lösung haftet
nicht auf der Faser, die Lösung des freien Farbstoffes färbt goldgelb. Das Benzaurin
schmilzt bei einer wenig über 100° liegenden Temperatur und zersetzt sich bei
höherer Temperatur.
Weil das Benzaurin nicht in krystallisirtem Zustand erhalten werden konnte, so muſste
sein Leukoproduct dargestellt werden, um dessen Zusammensetzung und damit die des
Farbstoffes kennen zu lernen. Die goldgelbe alkoholische Lösung des Farbstoffes wird
bei längerem Erwärmen mit Zink und Salzsäure allmählich vollständig entfärbt, und es
hinterbleibt nach dem Abdampfen des Alkohols ein in Wasser unlöslicher
krystallinischer Körper, welcher vom Chlorzink durch Wasser getrennt wird. Nach mehrmaligem
Umkrystallisiren aus verdünntem Weingeist wird derselbe schlieſslich in Form von
prachtvoll glänzenden, schwach gelb gefärbten Nadeln erhalten, welche in kaltem
Wasser gar nicht, in heiſsem Wasser schwer, dagegen in Alkohol, Aether und in
Eisessig leicht löslich sind. Dieser Leukokörper zeigt die Eigenschaften des
Phenols, indem er sich in Alkalien farblos löst und durch Säuren wieder unverändert
aus dieser Lösung abgeschieden wird. Er schmilzt bei 161° und seine Analyse führte
zu der empirischen Formel C19H16O2, wonach dem
Benzaurin selbst die Zusammensetzung C19H14O2 zu geben wäre.
– Erhitzt man die Leukoverbindung über ihren Schmelzpunkt an der Luft, so färbt sie
sich allmählich röthlich und löst sich dann mit der dem neuen Farbstoff
eigenthümlichen fuchsinrothen Farbe in Alkalien auf. Kaliumbichromat in essigsaurer
Lösung bewirkt ebenfalls, jedoch unvollständig, die Wiederherstellung des
Farbstoffes aus dem Leukokörper, während die Oxydation desselben durch alkalische
Ferricyankaliumlösung eine andere bis jetzt noch nicht genügend bekannte Richtung
einschlägt.
Die soeben aufgestellte Formel des Benzaurins wird durch die Zusammensetzung seiner
Acetverbindung direct bestätigt. Erwärmt man den Farbstoff gelinde mit der
genügenden Menge Essigsäureanhydrid, so verschwindet bald die rothe Färbung und nach
der Zersetzung des überschüssigen Essigsäureanhydrids durch Erhitzen mit Wasser
scheidet sich ein farbloser krystallinischer Körper ab, welcher bei 119° schmelzbar,
in Wasser unlöslich, in Alkohol, Aether, Eisessig und Benzol leicht löslich, nach
wiederholtem Umkrystallisiren bei der Analyse zu der Formel der Acetverbindung des
Benzaurins C19H14O2 + (C2H3O)2O
führte. – Diese Verbindung zeichnet sich durch eine groſse Beständigkeit aus;
Alkalien sind in der Kälte ohne alle Einwirkung auf dieselbe; erst bei längerem
Erhitzen mit Alkalien, rascher mit alkoholischem Kali, wird sie in Essigsäure und
den ursprünglichen Farbstoff gespalten. Concentrirte Schwefelsäure führt diese
Zerlegung sogleich herbei.
Einen weiteren Einblick in die eigentliche Constitution des Farbstoffes geben die
Producte, welche er beim Schmelzen mit Kali liefert. Es bilden sich hierbei
brennbare Dämpfe, die sich durch den Geruch als Benzol zu erkennen geben. Aus der
wässerigen Lösung der Schmelze scheidet sich auf Zusatz von Säure ein aus feinen
Nadeln bestehender farbloser Körper ab, dessen Schmelzpunkt bei 210° liegt und
dessen sonstige Eigenschaften ihn als identisch mit dem neuerdings auch als
Spaltungsproduct des Aurins und Phenolphtaleïns beobachteten Dioxybenzophenon
CO.(C6H4OH)2 ausweisen. Aus der Mutterlauge läſst sich ferner
mit Aether eine Säure isoliren, welche aus wenig Wasser in groſsen farblosen Prismen
krystallisirt, den Schmelzpunkt von 209° wie die Paraoxybenzoësäure C7H6O3 zeigt, und deren Analyse auch wirklich mit der Zusammensetzung
der genannten Säure übereinstimmende Zahlen ergibt. Gleichzeitig läſst sich
nachweisen, daſs die Einwirkung des Alkalis auch das Auftreten von Phenol
veranlaſst.
Indem Döbner jenen Leukokörper als Dioxytriphenylmethan,
das Benzaurin somit als ein Derivat des Triphenylmethans C19H16 = CH.(C6H5)3
auffaſst, erinnert er daran, daſs dieser Kohlenwasserstoff zugleich als die
Muttersubstanz der Rosanilingruppe und der Rosolsäure nachgewiesen worden ist (vgl.
1878 228 177). Wenn in letzteren Farbstoffen alle drei Phenylgruppen des
Triphenylmethans substituirt sind, so ist dagegen in den aus Benzotrichlorid
dargestellten Farbstoffen, wie schon für die Zusammensetzung des Malachitgrüns
angenommen worden ist, die eine Phenylgruppe des Triphenylmethans noch als intact
anzusehen.