Titel: | Ueber den Glycerinkitt; von Theodor Morawski, |
Autor: | Theodor Morawski |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 213 |
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Ueber den Glycerinkitt; von Theodor Morawski,
Professor an der k. k. Gewerbeschule in
Brünn.
Morawski, über den Glycerinkitt.
Durch Verreiben von Bleiglätte mit Glycerin erhielt Hirzel (1869 191 88) eine bald erhärtende Masse, welche er als Kitt für
Gefäſse mit Benzol, ätherischen Oelen u. dgl. geeignet fand. Pollack (1869 192 171) empfahl dieselbe Masse als haltbaren Kitt für
Stein- und Eisenverbindungen. Er gibt an, der Kitt erhärte schnell und sei deshalb
rasch zu verbrauchen. Nach seinen Mittheilungen eignet sich der Kitt auch zum
Dichten von Eisen auf Eisen, zum Verkitten von Steinarbeiten und zum Verkitten von
Eisen in Stein. Der Kitt sei ferner ausgezeichnet dadurch, daſs er nur von starken
Säuren angegriffen werde. Die Haltbarkeit des Kittes sei endlich um so gröſser, je
mehr Wasser die Bleiglätte aufsaugt; bei mehr trockener Bleiglätte bindet er nicht
so gut. Weitere Angaben liegen noch vor von C. Rost
(1870 196 92), welcher hervorhebt, daſs der Kitt haltbar sei gegen concentrirte und
auch verdünnte Säuren, gegen alkalische Laugen, Aether, Alkohol, Benzol,
Schwefelkohlenstoff, und schlieſslich erwähnt, daſs die aus Bleioxyd und Glycerin
erzeugte erhärtende Masse auch zum Unterguſs beim Fundamentiren von Dampf- und
anderen Maschinen verwendbar sei.
Berücksichtigt man nun die Bestandtheile, aus welchen der Glycerinkitt
zusammengesetzt ist, so muſs zunächst das Verhalten gegen Säuren auffallen, wie es
in den erwähnten Mittheilungen angegeben wird; diesbezüglich besteht auch keine
Uebereinstimmung zwischen den Beobachtungen Pollack's
und jenen von Rost. Einestheils um dieses
bemerkenswerthe Verhalten des aus Bleioxyd und Glycerin gebildeten
Erhärtungsproductes aufzuklären, dann aber anderntheils die eigentliche Ursache der
Erhärtung aufzusuchen, unternahm ich es, den Glycerinkitt einer näheren Untersuchung
zu unterziehen. Es war aber noch ein dritter Grund, der mich veranlaſste, die eben
angedeutete Aufgabe zu verfolgen; denn, da es von vorn herein wahrscheinlich war,
daſs bei der Erhärtung dieses Kittes die Bildung einer Bleiverbindung des Glycerins
eintrete, stand zu erwarten, daſs im Verlaufe dieser Untersuchung unsere Kenntnisse
über die Metall Verbindungen des Glycerins erweitert werden möchten. Die Vermuthung,
daſs der Erhärtungsproceſs zu erklären sei durch die Bildung einer salzartigen
Verbindung des Glycerins mit dem Blei hat sich vollkommen bestätigt.
Unter verschiedenen Umständen wurde ein in feinen Nadeln krystallisirendes Glycerid
des Bleies von der Formel C3H6PbO3 erhalten,
welches einfach als „Bleiglycerid“ fortan bezeichnet werden soll und auch
unmittelbar durch die Wechselwirkung von Bleioxyd und Glycerin entsteht – unter
denselben Verhältnissen, wie sie beim Erhärten des Glycerinkittes stattfinden. Auf
die Bildung dieser krystallisirten Verbindung also ist die Erhärtung des Glycerinkittes
zurückzuführen und der chemische Vorgang durch folgende Gleichung dargestellt:
C3H8O3 + PbO = C3H6PbO3
+ H2O.
Wenn man die Bruchfläche der erhärteten Masse mit der Loupe aufmerksam betrachtet, so
zeigen sich sehr deutlich Theile von unveränderter Bleiglätte, welche unter einander
durch eine weiſse harte Masse verkittet sind. Nicht bei allen Mischungsverhältnissen
aber ist dies gleich auffallend; bei geringem Glycerinzusatz zum Anmachen der Masse,
läſst sich diese Erscheinung am leichtesten beobachten. Um nun Reste unveränderter
Bleiglätte zu vermeiden und das erwähnte Glycerid rein darzustellen, wurde äuſserst
fein gepulverte Glätte mit einem groſsen Ueberschuſs von Glycerin von 1,24 sp. G.
zusammengebracht. Bei längerem Stehen war die Oberfläche der Bleiglätte weiſs
geworden und die Glätte, die sich natürlich absetzte, zu einer festen Masse
zusammengebacken.
Läſst man eine solche Masse lange Zeit stehen, so wird dieselbe durch allmähliche
Einwirkung des Glycerins mit der Zeit durchscheinend. Zertheilt man etwas davon
vorsichtig auf einem Gläschen mit Wasser, so kann man bei starker Vergröſserung
deutlich erkennen, daſs die weiſse Masse aus äuſserst feinen Nädelchen
zusammengesetzt ist, aber immer noch unverändertes Bleioxyd einschlieſst. Rascher
als bei gewöhnlicher Temperatur findet die Einwirkung unter Erwärmen statt, und
durch lange fortgesetztes Erhitzen auf dem Wasserbade wurde aus Bleiglätte unter
Zusatz von gröſseren Mengen Glycerin endlich eine Substanz erhalten, welche unter
dem Mikroskope keine unveränderte Bleiglätte mehr zeigte und ausschlieſslich aus
weiſsen Nädelchen bestand. Dabei wurde die Umsetzung noch in der Weise gefördert,
daſs das Erhitzen in einer Reibschale vorgenommen und von Zeit zu Zeit die Masse mit
einem Pistill zerrieben wurde, um neue Oberflächen des Bleioxydes blos zu legen.
Derart erhaltene Substanz wurde möglichst rasch mit kaltem Wasser ausgewaschen, an
der Luft und dann bei 100° getrocknet.
0g,3892 gaben 0g,067 H2O und 0g,1662 CO2. 1g,8011 gaben 0g,2091 PbO und 1g,0594 Pb. Dies führt zur
Formel C3H6PbO3:
Berechnet
Gefunden
C3
36
12,12
11,64 Proc.
H6
6
2,02
1,91
Pb
207
69,69
69,59
O3
48
––––
297
Da es nun auf dem eben beschriebenen Wege ziemlich umständlich ist, diese neue
Verbindung rein darzustellen, so wurde versucht, dies in bequemerer Weise zu
erzielen. Durch Verdünnen des Glycerins mit dem gleichen Volumen Wasser und Kochen
mit Bleiglätte entsteht wohl die Verbindung ziemlich rasch, besser noch mit
Bleioxyd, welches aus
Bleiweiſs durch Erhitzen erzeugt wurde; allein die völlige Beseitigung unveränderten
Bleioxydes hat auch hier Schwierigkeiten. Es konnte nun sein, daſs im überschüssigen
Glycerin die Verbindung in gröſserer Menge löslich sei. Um dies zu prüfen, wurde die
Flüssigkeit, welche reichlich die weiſsen Nadeln enthält, abfiltrirt und erkalten
gelassen. Das Filtrat schied keine Kryställchen aus und enthielt überhaupt keine
sehr bedeutenden Mengen von Bleioxyd gelöst. Somit war auch dieser Weg nicht
verwendbar, um zu gröſseren Mengen der reinen Verbindung zu gelangen.
Die günstigste Methode, durch welche man leicht und schnell gröſsere Mengen der
Verbindung ganz rein erhalten kann, beruht auf der Anwendung einer Lösung von
Bleioxydkali. Unter der Voraussetzung, daſs die Lösung von Bleioxyd in Kalilauge gelöstes Bleioxyd an Glycerin übertragen könne, wurde
eine Kalilauge von 1,1 Dichte zuerst mit Bleioxyd gesättigt und die geklärte Lösung
mit dem halben Volumen Glycerin versetzt. Erhitzt man nun zum Kochen, so werden
bedeutende Mengen von Bleioxyd, die man in kleinen Partien einträgt, rasch gelöst.
Beobachtet man, daſs sich das Bleioxyd schon schwer löst, so muſs man schnell vom
ungelösten Bleioxyd abfiltriren. In manchen Fällen scheidet sich beim Filtriren
schon eine weiſse breiige, aus Krystallnädelchen bestehende Masse auf dem Filter
aus; in anderen Fällen beginnt die Krystallisation nach kurzer Zeit im Filtrate. Es
kommt aber auch vor, daſs das Auskrystallisiren der Verbindung aus dem Filtrate
selbst nach 1 bis 2 Tagen nicht eintritt; wirft man dann kleine Mengen der
Verbindung von früherer Bereitung in die Flüssigkeit, so erfolgt bald die
Ausscheidung von Krystallen. Die ausgeschiedenen Krystallmassen bilden oft harte,
feste Krusten; zumeist aber findet die Ausscheidung in Form eines lockeren
Haufwerkes von Nadeln statt. Vermehrt sich die Ausscheidung nicht mehr, so filtrirt
man möglichst rasch ab. Wäscht man dann mit Wasser aus, so kann man mit einem
Curcumapapier den Augenblick ermitteln, wo die alkalische Reaction des Waschwassers
aufhört und das Product ausgewaschen ist. Unmittelbar nach der Feststellung, daſs
Curcumapapier nicht mehr gebräunt wird, beobachtet man im Trichterrohr weiſse
Schlieren, die Oberfläche wird eigenthümlich seidenglänzend, es tritt der Beginn
einer Zersetzung ein. Vortheilhafter ist es deshalb, anstatt mit Wasser mit einem
Gemische gleicher Theile Wasser und Alkohol auszuwaschen.
So bereitete Substanz wurde zuerst an der Luft getrocknet. Ueber
Schwefelsäure trat dann kein Gewichtsverlust ein. Beim Trocknen bei 100° trat eine
kleine Gewichtsabnahme ein, die aber nur mechanisch anhaftenden Wasserresten
zuzuschreiben ist, da der Gewichtsverlust höchstens 0,1 bis 0,2 Proc. betrug. Nach
dem Trocknen stellt die Substanz meist eine lockere, weiſse Masse dar, die sich
schwer pulvern läſst, da sie aus einem Filzwerk feiner weicher Nadeln besteht. Die
bei 100° getrocknete Substanz erwies sich der Zusammensetzung nach gleich mit der
unmittelbar aus Bleioxyd und Glycerin erhaltenen.
I) 0g,3145 gaben 0,0576 H2O und 0g,1409
CO2. 1g,3467
gaben 0g,3938 PbO und 0g,5696 Pb.
II) 0g,3324 gaben 0g,0601 H2O und
0g,1480 CO2.
1g,4302 gaben 0g,2868 PbO und 0g,7264 Pb.
III) 0g,3012 gaben 0g,0546 H2O und
0g,1341 CO2.
1g,5621 gaben 0g,3717 PbO und 0g,7432 Pb.
In 100 Theilen:
Berechnet
Gefunden
I
II
III
C
12,12
12,22
12,13
12,14
H
2,02
2,03
2,00
2,01
Pb
69,69
69,43
69,40
69,66.
Die unter III angegebenen analytischen Angaben beziehen sich auf
eine Substanz, welche nach einer dritten Methode dargestellt wurde. Die Verbindung
entsteht nämlich auch, wenn man Bleiessig mit Glycerin versetzt und unter Zusatz von
Glätte kocht. Nach längerem Kochen wird abfiltrirt und zur erkalteten Flüssigkeit
werden einige Kryställchen der Verbindung von früherer Bereitung gegeben. Allmählich
scheidet sich eine Krystallisation des Glycerides aus, welche sehr stark an den
Wänden haftet. Die Menge ist keine sehr bedeutende, die Methode also auch nicht so
vortheilhaft wie jene mit Bleioxydkali. Mittels der Bleioxydkali-Lösung wurden nun
gröſsere Mengen des Bleiglycerides hergestellt, um die Eigenschaften desselben
ermitteln zu können. Erwärmt man die Substanz über 100° hinaus, so beobachtet man
ohne merkliche Gewichtsabnahme gegen 130° eine braungelbe Verfärbung der Masse. Auch
bei 180° ist die Veränderung durch Wärme noch höchst unbedeutend. Bei 200 bis 210°
findet aber eine tiefer greifende Zersetzung statt, indem die Masse bei längerem
Verweilen bei dieser Temperatur verkohlt. Auch compacte Stücke der erhärteten
Kittmasse wurden bei dieser Temperatur, durch die Masse, bis in den Kern verkohlt.
An einer Stelle, bis zur Entzündung erhitzt, verglimmt das reine Bleiglycerid
ziemlich vollständig.
In den meisten Beziehungen erwies sich die Verbindung als sehr
zerleglicher Natur. Schon durch Kochen mit Wasser läſst sie sich vollständig
zersetzen, indem das Glycerin sich löst und das Bleioxyd ungelöst zurückbleibt. Zur
vollständigen Zerlegung ist aber vielstündiges Kochen mit Wasser erforderlich. Einer
feuchten Kohlensäure-Atmosphäre ausgesetzt, findet rasche Aufnahme von Kohlensäure
statt. Eine fein gepulverte Substanz, welche 2 Tage unter einer Glocke mit feuchter
Kohlensäure in Berührung war, hatte schon an 4 Proc. Kohlensäure aufgenommen. In
verdünnter Essigsäure löst sich die Verbindung leicht, indem sich Bleiacetat bildet.
In Kalilauge ist sie gleichfalls löslich, insbesondere beim Erwärmen. Wenn aber dann
die Lösung auskühlt, so scheidet die Verbindung sich nicht wieder aus, sie wurde
durch die Kalilauge verändert.
Um nun auch die Wirkung verschiedener Reagentien auf die Kittmasse kennen zu lernen,
wurden aus Glycerinkitt kleine Parallelepipede von ziemlich übereinstimmender
Gröſse, etwa 3mm dick, hergestellt und in
Proberöhren mit verschiedenen Reagentien zusammengebracht. Nach etwa 3 stündiger
Einwirkungsdauer wurden die einzelnen Proben untersucht und folgende Ergebnisse
beobachtet: In Essigsäure löst sich der Kitt leicht, sowohl in concentrirter, als
auch in verdünnter. In concentrirter Salpetersäure hält sich der Kitt fast
unverändert, während er von verdünnter Säure (1:4) leicht zersetzt wird. Im ersteren
Fall ist es gewiſs die Unlöslichkeit des oberflächlich gebildeten Bleinitrates in
concentrirter Salpetersäure, durch welche die Einwirkung der Salpetersäure gehindert
wird. In concentrirter Schwefelsäure findet ein Loslösen von Theilchen von der
Oberfläche aus statt; jedoch ist die Einwirkung eine langsame. Bei verdünnter Schwefelsäure
(1:4) verlief dieselbe etwas rascher. Ein Kitt, der unter Zusatz von Wasser zum
Glycerin (3 Th. Wasser, 5 Th. Glycerin) erzeugt wurde, zeigte in concentrirter
Schwefelsäure eine raschere Veränderung als ein solcher, welcher ohne Wasserzusatz
bereitet wurde. Concentrirte sowie verdünnte Salzsäure zeigen eine geringe Wirkung
auf den Kitt; derselbe zeigt sich, auf einer Bruchfläche betrachtet, nur ganz
oberflächlich verändert und hat von seiner Festigkeit fast gar nichts eingebüſst.
Kalilauge greift den Kitt merklich an und war eine beträchtliche Menge von Bleioxyd
in der angegebenen Zeit von der Kittmasse losgelöst. Wässeriges Ammoniak hatte eine
kaum merkliche oberflächliche Einwirkung. Um endlich die Verhältnisse kennen zu
lernen, unter welchen das Erhärten des Glycerinkittes am vortheilhaftesten
stattfindet, wurden
Nr.
Verdünnung desGlycerinsnach
VolumenGlycerin : Wasser
Zu 50g
Blei-oxyd
Verhalten beim Erhärten
DasAbbrechen der Probe-körperchen
erfolgte beieiner Belastung von
1
10 : 60
cc6
Gibt schon keine gut erhärtende Massemehr,
kaum cohärent.
–
2
10 : 40
6
Etwas härter, aber leicht zwischen denFingern zu
zerdrücken.
–
3
10 : 30
6
Deutlich härter als 2, aber noch
nichtbefriedigend.
–
4
10 : 20
6
Läſst sich auch noch leicht schneidennach
mehrtägigem Stehen.
550g nach 4
Tagen.
5
10 : 10
7
Fester als 4, aber weniger als 6.
–
6
10 : 10
5
Deutlich fester als 5, in Blättchenform
schwachklingend, bald anziehend, schwer zu mischen.
–
7
10 : 6
6
Ziemlich hart, zeigt schon einen schar-fen
Schnitt.
800g nach 4
Tagen.
8
10 : 4
5
In 10 Minuten erhärtet. Nach 2 Stdn.sehr fest.
Schwer anzumachen.
1700g nach 4
Tagen.
9
10 : 4
6
Nach 2 Stunden fester als jede andereMasse;
erhärtet ebenso rasch.
2020g nach 4
Tagen.
10
10 : 4
7
In 10 Min. zähe, binded und nach2 Stunden sehr
fest.
1550g nach 4
Tagen.
11121314
ConcentrirtesGlycerin
7,5765
Nach 3 Stdn. noch nicht gut erhärtet;wird aber in
einigen Tagen zieml. hart.Verhält sich fast wie 11.Erhärtet in
kürzerer Zeit als 12 undwird fester.Erscheint schon nach 2 Min.
eigenthüml.zähe und wird in 20 bis 30 Min. fest.
1110g nach 4
Tagen.1020g nach 3
Tagen.1750g nach 6
Tagen.1540g nach 3
Tagen.2070g nach 3
Tagen.3080g nach 6 Tagen.
Da beim Erhärten der Masse nach dem früher angedeuteten chemischen Processe Wasser
ausgeschieden wird, so wurde versucht, ob ein Zusatz von Gyps im gebrannten Zustande
günstig einwirke. 50g Glätte wurden mit 5g Gyps verrieben und mit 7cc,5 Glycerin angemacht. Die Masse erhärtete etwas
schneller als die Probe 11, zeigte aber nahezu dieselbe Festigkeit wie diese
(1050g nach 4 Tagen). Deshalb wurden weitere
Proben unter Zusatz von Gyps nicht vorgenommen. Versuche ausgeführt, bei welchen
einestheils die zum Erhärten erforderliche Zeit ins Auge gefaſst, anderntheils
angestrebt wurde, den Grad der Festigkeit der erhärteten Massen festzustellen. Zu
letzterem Zwecke wurden verschiedene Massen bereitet unter Anwendung wechselnder
Mengen von Glycerin, welches entweder in der ursprünglichen Concentration oder mit
bestimmten Mengen von Wasser verdünnt zur Anwendung kam. Den erhärteten Massen wurde
gleiche Form und Gröſse ertheilt (Parallelepipede von 25mm Länge, 11mm Breite und 3mm Dicke) und mit diesen kleinen Probekörperchen
Versuche auf relative Festigkeit vorgenommen, indem sie, flach auf beiden Enden frei
aufliegend, in der Mitte bis zum Abbrechen belastet wurden. Dürfen diese Versuche
nun auch keinen Anspruch auf Genauigkeit machen, so wurde doch durch dieselben
festgestellt, bei welchen Mengenverhältnissen der zum Kitte benutzten Substanzen die
festeste Masse entsteht. Die nahe Uebereinstimmung, welche bei Wiederholung der
Versuche unter gleichen Umständen erhalten wurde, sowie die Regelmäſsigkeit der
Resultate sind die Gründe, weshalb diese Versuche hier beschrieben werden. Mit
gleichzeitiger Rücksichtnahme auf die Zeit des Erhärtens ergibt sich aus den
angestellten Versuchen die beigegebene tabellarische Uebersicht.
Faſst man nun die wichtigsten Resultate aus dieser Tabelle zusammen, so ergibt sich
folgendes: Die gröſste Festigkeit wird erzielt, wenn man zu
50g
Bleiglätte 5cc
Glycerin zusetzt. Nimmt man mehr Glycerin, so erhärtet
die Masse viel langsamer und erlangt auch nicht den Grad der Festigkeit, welcher bei
dem angeführten Verhältnisse erzielt wird. Sollen aber gröſsere Mengen des Kittes
erzeugt werden, so wird wohl etwas mehr Glycerin zugesetzt werden müssen, um ein
bequemes Vermengen zu ermöglichen. Was den Zusatz von Wasser betrifft, so wurde als
das günstigste Verhältniſs ermittelt, auf 5 Vol. Glycerin nur 2 Vol. Wasser zu
nehmen. Von dieser Flüssigkeit gibt man dann vortheilhaft zu 50g Bleiglätte 6cc. Diese Masse ist deshalb interessant, weil sie binnen kürzester Zeit eine
groſse Festigkeit erlangt. Nach 10 Minuten hat sie schon eine bedeutende Härte und
nach 2 Stunden ist sie fester als Glycerinkitt, welcher nach irgend anderen
Verhältnissen hergestellt wurde. Im Verlaufe von einigen Tagen überholt aber die
nach dem ersten Verhältnisse ohne Wasserzusatz bereitete Masse die (nach Versuch 9)
mit Wasser angemachte in Bezug auf Festigkeit noch bedeutend. Wenn es sich aber
darum handelt, eine Masse herzustellen, die rasch erhärten und dabei doch bedeutende
Festigkeit erlangen soll, so empfiehlt es sich, nach obigem Verhältnisse dem
Glycerin Wasser zuzusetzen.
Zum Schlüsse sei mir gestattet, nochmals auf die Verbindung zurückzukommen, durch
deren Bildung die Erhärtung des Glycerinkittes erklärt wurde. So wie es gelang,
dieses Glycerid durch Einwirkung von Bleioxydkali auf Bleioxyd und Glycerin darzustellen,
so dürfte es auch gelingen, mittels anderer alkalischer Lösungen von Metalloxyden
auf neue Glyceride der Metalle zu kommen, und ich möchte jetzt schon mittheilen,
daſs ich derartige Versuche bereits in Angriff nahm.