Titel: | Kritische Bemerkungen über die für Wasserheiz-Anlagen angewendeten Berechnungsmethoden; von Dr. Weiss, |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 234 |
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Kritische Bemerkungen über die für
Wasserheiz-Anlagen angewendeten Berechnungsmethoden; von Dr. Weiſs,
o. ö. Professor an der technischen
Hochschule in Brünn.
Mit einer Abbildung.
Weiſs, über die Berechnung von Wasserheizanlagen.
Zur Berechnung der Heizfläche F einer
Wasserheizungsanlage wird die einfache empirische Formel:
F=\varepsilon J\mbox{ Quadratmeter} . . . . .
. . . (1)
verwendet, unter:
J den Rauminhalt des zu beheizenden Locales in Cubikmeter,
ε einen Coëfficienten, welcher je nach Umständen schätzungsweise zu 0,012
bis 0,04 angenommen wird,
verstanden, oder es wird zu dem gleichen Zwecke die etwas
genauere Formel:
F=\varphi W\mbox{ Quadratmeter} . . . . . . .
(2)
benutzt, in welcher:
W die von der Heizröhre stündlich abzugebende Wärmemenge in Calorien
und
φ einen Coëfficienten, d. i. die für jede stündlich zu transmittirende
Wärmeeinheit erforderliche Heizflächengröſse in Quadratmeter bedeutet. Letzterer
Coëfficient wird je nach dem System der mit ihm zu berechnenden Heizanlage und
je nach Umständen zu 0,0003 bis 0,002 angenommen.
Zur noch genaueren, die einschlagenden Verhältnisse eingehender berücksichtigenden
Berechnung ist in Redtenbacher's „Maschinenbau“
und in Redtenbacher-Grashof's „Resultaten für den
Maschinenbau“ die Formel:
F=\frac{W}{k}\,\frac{log_n\,\frac{t_1-t}{t_0-t}}{t_1-t_0} .
. . . . . . . (3)
empfohlen, während Ferrini,
Ferrini-Schröter und Valérius in ihren Werken
„Tecnologia del calore“, „Technologie der Wärme“ und „Les applications de la chaleur“ 1879, zu dem
gleichen Zwecke die Formel:
F=\frac{W}{k}\,\frac{1}{\frac{t_1+t_0}{2}-t} .
. . . . . . . (4)
geben, worin bedeutet:
k Transmissionscoëfficient,
t1 Temperatur, mit
welcher das Heizwasser der Röhre zuflieſst,
t0 Temperatur, mit
welcher das Heizwasser aus der Röhre abflieſst,
t mittlere Temperatur des von der Heizröhre erwärmten
Locales.
Diese beiden Formeln, von denen nur (4) eine angenähert richtige ist, beziehen sich
lediglich auf den Sonderfall einer Anbringung der Heizröhre frei im Locale derartig,
daſs die Wärmetransmission vermöge der mittleren Temperaturdifferenz
\frac{t_1+t_0}{2}-t von statten gehen kann. Dieser Sonderfall
kommt bei den neuerdings ausgeführten Heizsystemen selten vor. Bei weitem häufiger
wird die Heizröhre in schraubenartigen Windungen gebogen, von einer Ummantelung
umschlossen, oder in einer auſserhalb des zu beheizenden Locales befindlichen und
mittels Kanälen mit dem letzteren in Verbindung stehenden Heizkammer angebracht, und
diesfalls sind obige Formeln grundsätzlich unrichtig.
Auch ist die Specialisirung von (3), welche mit den Werthen t_1=80,\
t_0=40 und k=23,\ F=\frac{W}{990} und mit den
Werthen t_1=150,\ t_0=50 und k=23,\
F=\frac{W}{1730} liefert, oft irrig aufgefaſst worden, und eine
kritiklose Anwendung dieser Formeln, sowie der empirischen Berechnungsmethode (1)
und (2) hat sogar zu
sehr schwerwiegenden und kostspieligen Irrthümern verleitet, weshalb ich das
Nachfolgende der Veröffentlichung werth erachte.
Offenbar muſs im Falle eines Eingeschlossenseins der schraubenartig gewundenen Röhre,
des Heizofens, in einer Heizkammer oder Ummantelung derartig, daſs an der Stelle, wo
die Temperatur t0 im
Wasser herrscht, die zu erwärmende Luft mit der Temperatur
\frakfamily{T}_0 zuflieſst, und an der Stelle, wo die
Temperatur t1 im Wasser
herrscht, die erwärmte Luft mit der Temperatur \frakfamily{T}_1
wieder abströmt, gemäſs dem bekannten Principe der Gegenströmung anstatt der Formel
(3) die Formel:
F=\frac{W}{k}\,\frac{log_n\,\frac{t_1-\frakfamily{T}_1}{t_0-\frakfamily{T}_0}}{(t_1-\frakfamily{T}_1)-(t_0-\frakfamily{T}_0)}
. . . . . . . . . (5)
und anstatt der Formel (4) die Formel:
F=\frac{W}{k}\,\frac{1}{1/2
(t_1+t_0)-1/2(\frakfamily{T}_1+\frakfamily{T}_0)}=\frac{W}{k}\,\frac{2}{t_1+t_0-\frakfamily{T}_1-\frakfamily{T}_0}
. . . . . . (6)
angewendet werden. Bedeutet nun aber:
Wα die durch äuſsere Abkühlung aus dem Locale stündlich verschwindende,
bezieh. die während des Anheizens in die Umschlieſsungswände zu leitende
Wärmemenge,
\frakfamily{V} das an der Heizschlange behufs seiner
Erwärmung stündlich vorüberzuführende Luftvolumen in Cubikmeter,
σ γ = 0,3 die specifische Wärme und das Gewicht der Volumeneinheit der
Luft,
c die secundliche Geschwindigkeit des die Heizröhre durchflieſsenden
Wassers in Meter,
q den lichten Querschnitt der Heizröhre in Quadratmeter,
γ1 das Gewicht von 1cbm Wasser in Kilogramm,
so ist für den Fall einer Verbindung der Beheizung mit der
Ventilation derart, daſs die Ventilationsluft als Heizluft dient:
W=0,3\,\frakfamily{V}
(\frakfamily{T}1-\frakfamily{T}0)=W_{\alpha}+0,3\,\frakfamily{V}
(t-\frakfamily{T}_0) . . . . (7)
W=3600\,q\,c\,\gamma_1\,(t_1-t_0) . . . . . .
. . . . . . . . . . . (8)
Mit den Abkürzungen:
M=3600\,q\,c\,\gamma_1
T=2\,t_1-t-\frakfamily{T}_0
\Theta=0,3\,(t-\frakfamily{T}_0)
\tau=t_1-t
\tau_0=t_1-\frakfamily{T}_0
\frakfamily{v}=\frac{\frakfamily{V}}{W_{\alpha}} . . . . . . . . .
. . . (9)
ergibt sich aus Gleichung (7) und (8):
T_1=\frac{W_{\alpha}}{0,3\,\frakfamily{V}}+t=\frac{1}{0,3\,\frakfamily{v}}+t
. . . . . . . . . . . (10)
t_0=t_1-\frac{W_{\alpha}}{m}-\frac{\Theta
\frakfamily{V}}{m}=t_1-\frac{W_{\alpha}}{m}\,(1+\Theta \frakfamily{v})
. . . . . . . . . . . (11)
aus Gleichung (2), (7) und (9), sowie mit:
\varphi=\frac{\varphi_1}{k} . . . . . . . . .
. . (12)
\frac{kF}{W_{\alpha}}=\varphi_1\,(1+\Theta
\frakfamily{v}) . . . . . . . . . . . (13)
aus Gleichung (4), (7), (8) und (9), sowie mit:
B_1=2\,(t_1-t) . . . . . . . . . . . (14)
\frac{kF}{W_{\alpha}}=2\,\frac{(1+\Theta
\frakfamily{v})}{B_1-(1+\Theta \frakfamily{v})\,\frac{W_{\alpha}}{m}}
. . . . . . . . . . . (15)
aus Gleichung (5), (7), (8) und (9):
\frac{kF}{W_{\alpha}}=\frac{1}{\frac{W_{\alpha}}{m}-\frac{1}{0,3\,\frakfamily{v}}}\,log_n\,\frac{\tau-\frac{1}{0,3\,\frakfamily{v}}}{\tau_0-(1+\Theta
\frakfamily{v})\,\frac{W_{\alpha}}{m}}
=\frac{1+\Theta \frakfamily{v}}{(1+\Theta
\frakfamily{v})\,\frac{W_{\alpha}}{m}-\frac{\Theta}{0,3}\,\left(1+\frac{1}{\Theta
\frakfamily{v}}\right)}\,log_n\,\frac{\tau-\frac{1}{0,3
\frakfamily{v}}}{\tau_0-(1+\Theta
\frakfamily{v})\,\frac{W_{\alpha}}{m}} . . . . . . . . . . . (16)
und aus Gleichung (6), (7), (8) und (9):
\frac{kF}{W_{\alpha}}=2\,\frac{1+\Theta
\frakfamily{v}}{T-(1+\Theta
\frakfamily{v})\,\frac{W_{\alpha}}{m}-\frac{1}{0,3\,\frakfamily{v}}} .
. . . . . . . . . . (17)
Fig. 1., Bd. 235, S. 236
Die Formeln (13), (15), (16) und (17) sind in Fig. 1
graphisch dargestellt. Als Abscissen wurden die Gröſsen
\frakfamily{v}=\frac{\frakfamily{V}}{W_{\alpha}} derart
aufgetragen, daſs jedes Millimeter dem Betrage
\frakfamily{v}=0,002 und jede der 20 angegebenen Einheiten
dem Betrage \frakfamily{v}=0,01 entspricht, so daſs also
beispielsweise die 13. Einheit den Werth \frakfamily{v}=0,13 und
mithin gemäſs (9) \frakfamily{V}=0,13\,W_{\alpha} bedeutet. Als
Ordinaten sind die Werthe:
\frac{kF}{W_{\alpha}}=C . . . . . . . . . . .
(18)
in der Weise aufgetragen, daſs jedes Millimeter dem Betrage
0,001 entspricht, so daſs daher beispielsweise eine mit 24mm abgemessene Ordinate den Betrag C = 0,024 bedeutet. Die derart bestimmten Ordinaten
lassen also gemäſs (18) die Heizfläche berechnen mittels des Ausdruckes:
F=\frac{C}{k}\,W_{\alpha} . . . . . . . . . .
. (19)
Es gelten die Curven:
ab, a0b0, a1b1, a2b2 und a3
b3 für die
Formel
(17)
ef und e1
f1 für die
Formel
(15)
cd, c1d1 und c2
d2
„ „ „
(16)
kl „ „ „
(13)
und zwar sind diese Curven mit den Annahmen berechnet:
a0b0 für Wα
= 0
ab, cd, ef füra1
b1, c1
d1, e1
f1 „a2
b2, c2
d2
"
W
α
=
W
α
=
W
α
=
30001500030000
für t1 =
150
a3b3 „
W
α
=
3000
„ t1 =
50,
sowie mit den für sämmtliche Curven geltenden Annahmen:
t=20,\ \frakfamily{T}_0=-20,\ \Theta=12\ \mbox{ und
}m=300,
was betreffs des letzteren Werthes einer Anlage aus sogen.
Preſsröhren von 35mm äuſserem und 22mm innerem Durchmesser, also dem Betrage
q=0,00038, sowie c=0,23 entspricht.
Die Curven beziehen sich also auf den Fall, in welchem ein und derselbe vom Wasser
mit der mittleren Geschwindigkeit c = 0m,23 durchflossene Röhrenstrang unter
verschiedenen Umständen zur Herstellung von schraubenartig gewundenen und in
Ummantelungen oder Heizkammern eingeschlossenen Oefen benutzt werden soll.
Aus den Curven können nun nachstehende Schluſsfolgerungen gezogen werden:
1) Für mittlere Verhältnisse liefern die drei Formeln (15), (16) und (17) last völlig
gleiche Resultate. Denn innerhalb der Abscissen 7 und 20, entsprechend
\frakfamily{v}=0,07\mbox{ bis }0,2, fallen die Curven ab und cd fast vollkommen
zusammen und auch ef weicht nur unerheblich ab; ebenso
gehen innerhalb \frakfamily{v}=0,07 und
\frakfamily{v}=0,18 die Curven a1
b1, c1
d1 und e1
f1 nicht viel aus
einander. Dagegen weicht für sehr kleine Beträge von
\frakfamily{v} die der grundsätzlich unrichtigen Formel (15)
entsprechende Curve ef und e1
f1 sehr erheblich von
der der genauen Formel (16) entsprechenden Curve cd und
c1
d1 ab, und für gröſsere
Beträge von \frakfamily{v} entfernt sich auch von der letzteren
Curve die der angenähert richtigen Formel (17) zugehörige Curve a1
b1. Endlich zeigt sich
eine erhebliche Abweichung zwischen a2
b2 und c2
d2, sowie zwischen a3
b3 und c3
d3, indem die letztere
so groſse Ordinaten hat, daſs sie innerhalb des hier gebotenen Raumes gar nicht zu
verzeichnen war.
2) Der durch die Ordinaten der Curven dargestellte Coëfficient C der Formel (18) ist keineswegs constant, sondern
sowohl mit t1 und
\frakfamily{v}, als auch mit Wα veränderlich. Diejenigen empirischen
Formeln, welche diesen Coëfficienten C, wenn auch mit
t1 und
\frakfamily{v} als veränderlich, so doch für Wα als constant
voraussetzen, sind daher für extreme Fälle sehr irrig. Eine solche empirische Formel
ist die aus (2) hervorgegangene Formel (13) und die wegen unbestimmt gelassener
genauerer Angaben nicht gesetzmäſsig verlaufende Curve kl stellt dieselbe dar.
Es zeigt sich, daſs die Mittelwerthe der angenähert und genau richtigen Formeln allerdings mit den
Ergebnissen dieser empirischen Formeln zusammenfallen, sofern
t_1=150 ist und Wα zwischen 3000 und 15000 liegt. Aber für
beträchtlich kleinere Werthe von t1 und gröſsere Werthe von Wα sind die Abweichungen bedeutend. Wäre
C von Wα abhängig, könnte also für diesen Coëfficienten
W_{\alpha}=0 gesetzt werden, so würde mit
t=150 die Curve a0
b0 entstehen. Letztere
bildet also die untere Grenze aller Curven, welche gröſseren Werthen von Wα und kleineren
Werthen von t1
angehören.
3) Nach Maſsgabe einer empirischen Regel wird der Coëfficient
\frac{C}{k} der Formel (19) constant angenommen für alle
Werthe von \frakfamily{v} und Wα und nur betreffs t1 veränderlich gesetzt. Diese Annahme wird mit der
Behauptung begründet, daſs k in dem gleichen Grade wie
C mit \frakfamily{v} anwachse,
daſs also die stündlich für 1qm und für 1°
Temperaturunterschied übertragene Wärme nicht constant sei, sondern mit zunehmender
Ventilationssmenge gröſser werde. Diesfalls würden die mit dem veränderlichen Werthe
von k dividirten Ordinaten der Curven ab, cd und ef als Curve
eine mit der Abscissenachse parallel laufende Gerade liefern. In wie weit diese
Annahme richtig ist, läſst sich zur Zeit nicht mit Bestimmtheit entscheiden. In den
hier angeführten theoretischen Formeln wird k als
durchaus constant vorausgesetzt. Trotzdem weiſs man sehr wohl, daſs k mit mancherlei Gröſsen veränderlich ist.
Dieser Coëfficient wird von Péclet für
Temperaturunterschiede unter 30° zu 4 angegeben für den Fall, daſs die
Röhrenoberfläche polirt ist, oder daſs das Wasser auſserhalb der Röhre und die Luft
innerhalb derselben befindlich, und er wird von demselben auf k=8
geschätzt für den Fall, daſs die Röhre eine metallische oder geschwärzte Oberfläche
hat, vom Wasser durchflössen und von der Luft äuſserlich berührt wird; auch ist es
dabei gleichgültig gelassen, ob die Röhre frei im Zimmer liegt, oder von einer
Heizkammer umschlossen wird, wenn nur die inneren Wandungen der letzteren die von
der Röhre ausgestrahlte Wärme auffangen können und namentlich wenn durch angebrachte
Schirme einer zu weit gehenden gegenseitigen Bestrahlung der einzelnen Röhrentheile
vorgebeugt wird.
Ch. Hood führt in seinem Buche: „A practical treatise on warming buildings by hot
water“ auf S. 102 Versuche an, welche für frei im Zimmer
angebrachte Röhren bei 70° Wassertemperatur die Werthe liefern:
k=9 bei geschwärzter, k=8,7 bei
metallischer und k=7,5 bei weiſser Oberfläche.
Valérius (Les applications de la
chaleur, 1879 S. 218) berechnet aus den Péclet'schen Fundamentalwerthen den Betrag: k=8\mbox{ bis
}13,5.
Im Ferrini-Schröter'schen Werke ist für das
Niederdrucksystem k=11 angenommen, jedoch dieser Coëfficient für
die innere Fläche der Röhre in Rechnung gezogen, so daſs thatsächlich je nach der
ausgeführten Wanddicke k=6 bis 10 ausfallen würde.
Redtenbacher gibt für das letztgenannte System
k=23 und für das Hochdrucksystem k=11,5
an, indem er letzterenfalls allerdings den Coëfficienten auch gleich 23 setzt, ihn
aber auf die innere, halb so groſs als die äuſsere Oberfläche angenommene Fläche der
Röhre bezieht.
Es ist zu beklagen, daſs völlig verläſsliche Werthe für diesen Coëfficienten noch
nicht ermittelt wurden, um so mehr, als eine solche Ermittlung mit nicht zu groſser
Mühe und mit relativ sehr geringen Kosten ausführbar sein würde. Daſs man für frei
im Zimmer oder auch in einer Heizkammer angebrachte Röhren bei Temperaturen von 50
bis 100° k=9 und bei Temperaturen von 100 bis 150°
k=12 annehmen und für den Fall, daſs vermöge lebhafterer
Strömung der Luft durch die Heizkammern einer andernfalls stattfindenden Stagnirung
der Luft in der Nähe der Röhrenoberflächen vorgebeugt wird, k=15
setzen könne, ist nur eine meinerseitige, auf allgemeine Beobachtungen und
Erfahrungen gestützte Meinung. Bei dem dermaligen Stande der Sache zur Berechnung
von k einen hypothetischen, diesen Coëfficienten von
t1 oder
(t_1-\frakfamily{T}_1) und \frakfamily{v}
als abhängig darstellenden Ausdruck aufstellen und mittels desselben eine Formel als
Ersatz für (3), (4), (5) und (6) ableiten zu wollen, würde ein verfrühtes
Unternehmen sein.
4) Bei sehr kleinen Ventilationsmengen, entsprechend
\frakfamily{v}=0 bis \frakfamily{v}=0,03,
müssen die Heizflächen auſserordentlich groſs, beziehentlich unendlich groſs, selbst
unter übrigens günstigen Umständen gemacht werden.
Diese Thatsache wird durch die Redtenbacher'sche, Valérius'sche und Ferrini'sche Formel, welche durch die Curven ef
und e1
f1 dargestellt ist,
keineswegs zum Ausdrucke gebracht und ist daher um so mehr meistens unbeachtet
geblieben, als sie bei erster Ueberlegung paradox erscheinen mag. Es ist nämlich
jedenfalls richtig, daſs die Wärmeabgabe einer Röhre am kleinsten für
\frakfamily{v}=0, also für den Fall gar keiner Ventilation
wird. Ist jedoch gemäſs den hier vorausgesetzten Annahmen die Röhre in einer
Ummantelung oder in einer Heizkammer befindlich, so wächst die Lufttemperatur in
dieser Umhüllung während des Beharrungszustandes bei
\frakfamily{v}=0 bis auf die Temperatur des Wassers an, und
alsdann ist eine Wärmeabgabe nicht möglich, selbst wenn die Heizfläche unendlich
groſs gemacht würde. Und falls unter diesen Umständen
\frakfamily{v} nicht sehr groſs ist, so fällt die Temperatur
\frakfamily{T}_1 so hoch aus, daſs aus diesem Grunde die
Heizfläche eine bedeutende Ausdehnung erhalten muſs, um eine verhältniſsmäſsig
geringe Wärme abgeben zu können.
Nicht selten ist es mir vorgekommen, daſs Fabrikanten, welche für gut zu ventilirende
Räume einen zwei- bis dreimaligen stündlichen Luftwechsel zusicherten, für andere
nur mäſsig zu lüftende Räume einen nur einmaligen Luftwechsel in der Absicht
vertragsmäſsig feststellten, um für diese Räume mit geringeren Heiztlächengröſsen
ausreichen zu können. Dieser Irrthum muſste jedoch später theuer gebüſst werden, da
gemäſs den soeben dargelegten Beziehungen für den Fall, daſs die Ventilation
nachträglich nicht verstärkt werden konnte, selbst eine beträchtliche Vergröſserung
der ursprünglich angebrachten Heizfläche das betreffende Local nicht heizbar
machte.
5) Die hier besprochenen Formeln und die graphischen Darstellungen derselben legen
vor Augen, daſs zur Erzielung kleinster Heizflächengröſsen eine ganz bestimmte, mit
t1 und Wα veränderliche
Ventilationsmenge angenommen werden muſs, und daſs eine Abweichung von diesen Mengen
sowohl abwärts, als aufwärts unter Umständen zu sehr bedeutend gröſseren Heizflächen
nöthigt. (Aus der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und
Architectenvereines, 1879 S. 150.)