Titel: | Ueber Neuerungen an Blitzableitern. |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 267 |
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Ueber Neuerungen an Blitzableitern.
Mit Abbildungen auf Tafel 29.
Ueber Neuerungen an Blitzableitern.
K. E. Köhler in Leuben bei Dresden (* D. R. P. Nr. 652
vom 15. Juli 1877) schraubt die Fangspitze a (Fig.
4 und 5 Taf. 29)
nicht direct auf die
Stange x, sondern setzt sie mit ihrem unteren Ende in
einen mittels der Schraube f befestigten Porzellan-
oder Glasring b und bringt sie durch die
Schraubenmutter c mit dem Leitungsdrahte d in Verbindung.
J. O. Zwarg in Freiberg i. S. (* D. R. P. Nr. 7840 vom
4. Juni 1879) schraubt auf das obere Ende der schmiedeisernen Fangstange die Hülse
a (Fig. 6 Taf.
29), in deren Seitenhülse c der Leitungsdraht
eingelöthet ist, während über die vergoldete Spitze e
die ebenfalls vergoldete gröſsere Spitze b
aufgeschraubt wird. Die kleine Spitze e hat den Zweck,
bei etwaiger Ausbesserung der Spitze b als
Sicherheitsspitze zu dienen.
Diese Sicherheitsspitze ist überflüssig. So führte schon H. Buff im Gewerbeblatt für das
Groſsherzogthum Hessen, 1878 S. 82 und 255 aus, daſs man selbst auf dem
beschränkten Wege des Experimentes mittels einer Elektrisirmaschine doch mit
Leichtigkeit erkennen könne, daſs die aufsaugende Kraft der feinsten Metallspitze
sich nur auf sehr geringe Entfernung hin erstreckt, daſs man folglich kein Recht
habe, der in allen Fällen sehr groben Zuspitzung einer Auffangstange die Kraft
zuzuschreiben, den Ausgleich einer mit elektrischer Materie erfüllten Wolke mit
ihrem Gegensatze in der Erde in irgend in Betracht kommender Weise vermitteln zu
können – so lange wenigstens nicht, als vollgültige Beweise für die Richtigkeit
einer solchen Ansicht fehlen. Im Gegentheil gibt es Erfahrungen in Menge, die
vermuthen lassen, daſs die üblich gewordene Vorstellung von der geheimniſsvollen
Wirksamkeit der glänzend vergoldeten Spitze eines Blitzableiters gröſstentheils auf
Vorurtheil beruht, und daſs die Wirkung einer noch so wohl ersonnenen Zuspitzung der
Auffangstange nur eine sehr beschränkte sein kann. Schon der erste Berichterstatter
der Pariser Akademie, Gay-Lussac, sagte i. J. 1823:
„Die Beschaffenheit der Zuspitzung ist gleichgültig, sie wird doch nichts
Erhebliches zur Wirksamkeit eines Blitzableiters beitragen. Die Spitze könnte
sogar ganz wegbleiben und die Stange unbedenklich oben abgerundet sein; denn die
dickste Eisenstange im Vergleiche zu der Gröſse und elektrischen Spannung einer
Gewitterwolke erscheint als eine weit feinere Spitze, als die feinste Nadel im
Vergleich zu dem Umfange einer Elektrisirmaschine.“ – Dem entsprechend
empfiehlt auch C. Korte in Prag in einer Flugschrift,
an dem Ende der Auffangstange einen eiförmigen Auffangkörper (Fig. 7 Taf.
29) aus im Feuer vergoldetem Kupfer anzuwenden, welcher die Funkenbildung weit
besser verhüten soll als eine Spitze.
H. Buff hat ferner den
Leitungswiderstand einer Blitzableiteranlage bestimmt, indem ein durch Gummiüberzug
wohl isolirter Draht von der Auffangspitze bis zur Erdleitung herabgeführt und in
demselben ein Kohlenzinkpaar und die Tangentenbussole eingeschaltet wurde. Die Länge
des Drahtes war derart gewählt, daſs der Ausschlag der Nadel genau 30° betrug, wenn
diese Verbindung von
Leitern unmittelbar von der Erdleitung geschlossen wurde. Der gesammte
Leitungswiderstand war gleich dem eines Neusilberdrahtes von 7m,5 Länge und 1mm,5 Dicke, und zwar kamen 0m,85 auf
Rechnung der Ableitungsstangen. Die Ablenkung von 30° der Magnetnadel verminderte
sich rasch bis zu 0,94°, wenn in den leitenden Kreis eine feuchte Schicht von 1m Dicke, gebildet durch die Erdplatte und eine
gegenüber gestellte Blei platte, eingeschaltet wurde. Der Leitungswiderstand der
feuchten Schicht war demnach gleich einem Neusilberdraht von 256m oder 300 mal so groſs als der der Ableitung. Als
nun statt der beweglichen Bleiplatte die Gasleitung eingeschaltet wurde, sank der
Widerstand auf 166m und dann auf 105m, als die Fläche der Erdleitung verdoppelt wurde.
Bei Vergröſserung der Erdplatte vermindert sich der Leitungswiderstand demnach sehr
rasch.
Die Verbindung der Blitzableiter mit den Gasröhren ist bisher nur
selten in Anwendung gekommen. Gleichwohl ist dieselbe nach Buff ebenso unerläſslich wie diejenige mit anderen groſsen Metallmassen.
Die Gasleitung eines Gebäudes, zumal wenn dieselbe bis zu den obersten Stockwerken
geführt ist, läſst sich einem Blitzableiter vergleichen, dem nur eine richtige
Auffangstange fehlt, um das Haus bis über die Höhe des Daches zu beherrschen.
Schlägt der Blitz in ein solches Gebäude, so ist mit gröſster Wahrscheinlichkeit zu
erwarten, daſs die angehäufte Elektricität ganz oder doch theilweise ihren Weg zur
Erde durch die Gasrohren wählen wird. Es kommt vor, daſs diese an den
Verkittungsstellen nicht leitend sind, und dann sind theilweise Zerstörungen fast
unausbleiblich. Durch einen richtig ausgeführten Blitzableiter werden derartige
Gefahren vermieden, und zwar um so sicherer, je kräftiger dessen Ableitungsvermögen
ist, am sichersten also, wenn derselbe mit den unterirdischen Gasröhren in directer
Metallverbindung steht.
Es sollte daher nie versäumt und von den technischen Behörden
besonders empfohlen werden, die Hauptleitung eines Blitzableiters, gleich wie mit
den Dachrinnen, metallischen Schornsteinröhren, Wasserröhren und anderen groſsen
Metallmassen, ebenso mit den Zuleitungsstellen des Gases in das Gebäude in gut
leitende Verbindung zu setzen. Die Sicherheit vor dem schädlichen Einflüsse
elektrischer Entladungen wird dadurch ungemein erhöht, ohne daſs für die Besitzer
der Gasleitung auch nur der geringste Schaden daraus hervorgehen kann.
Die Prüfung der Blitzableiter bespricht sehr eingehend W. Holtz (Theorie, Anlage und
Prüfung der Blitzableiter. Greifswald 1878. L.
Bamberg), die Construction derselben L. Klasen (Die
Blitzableiter. Leipzig 1879. Baumgärtner's
Verlag).