Titel: | Untersuchungen über das Platin-Normallicht; von L. Schwendler in Calcutta. |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 271 |
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Untersuchungen über das Platin-Normallicht; von
L. Schwendler in
Calcutta.
Mit Abbildungen auf Tafel 29.
Schwendler's Untersuchungen über das
Platin-Normallicht.
Der Gedanke, das Glühlicht, welches ein elektrischer Strom von bestimmter Stärke in
einem Platindraht oder Platinstreifen von gegebener Gröſse erzeugt, als
photometrische Lichteinheit zu benutzen, ist an sich nicht neu. Schon im J. 1859
erwähnte Zöllner in der Vorrede zu seiner
Inauguraldissertation, daſs ein galvanisch glühender Platindraht von den seither
bekannten Lichtquellen zur Aufstellung einer photometrischen Einheit, trotz mancher praktischer
Schwierigkeiten, vielleicht dennoch das geeignetste Mittel sei. Demungeachtet hat
die alte Methode, das Normallicht auf dem Verbrennungswege durch die Normalkerze
oder den Carcellbrenner herzustellen, mit allen ihren unläugbaren Mängeln bis auf
den heutigen Tag das Feld behauptet. Inzwischen hat in jüngster Zeit Verfasser jene
von Zöllner u.a. angeregte Idee zum Gegenstand einer
eingehenden Untersuchung gemacht. Veranlassung hierzu gab die an ihn herantretende
Frage über die Ausführbarkeit und den praktischen Werth der Beleuchtung der
indischen Eisenbahnstationen mit elektrischem Lichte, in Vergleich mit den seither
gebräuchlichen Beleuchtungsmitteln.
Zu diesem Zwecke wurde eine Reihe von Versuchen mit verschiedenen Platin-Normallampen
angestellt. So lange der durch das Platin gehende Strom constant erhalten wurde, war
auch das erzeugte Licht für eine und dieselbe Normallampe stets von gleicher
Intensität, unter was immer für anderen Umständen die Versuche angestellt wurden.
Das Platin ist offenbar das beste Metall, welches man wählen kann, denn es ändert
sich nicht in Berührung mit Sauerstoff; man kann es sich sehr rein verschaffen und
sein Schmelzpunkt liegt hoch genug, um ein intensives Licht zu gestatten. Wenn es
auch im Bereich der Wahrscheinlichkeit liegt, daſs das Platin bei einer hohen
Temperatur noch diesseits seines Schmelzpunktes flüchtig wird, so kann doch dieser
Proceſs nur auſserordentlich langsam vor sich gehen und daher eine Aenderung des
Normallichtes in dieser Zeit nicht wahrnehmbar sein.
Zur Erzielung eines constanten Glühlichtes hält es Verfasser für das beste, das
Platinstück aus einem Platinblech zu schneiden. Fig. 8 Taf.
29 stellt dasselbe in ⅔ n. Gr. dar. Die in der Abbildung unschraffirt gelassenen
Lappen bilden alsdann die Elektroden zwischen den Leitungsdrähten und dem U-förmigen
Platinstück, welches als Lichtquelle dienen soll. Da die Verbindung des letzteren
mit den Lappen eine groſse Berührungsfläche darbietet, so findet ein geringer
Berührungswiderstand statt. Diese specielle Form läſst sich, wenn einmal die Maſse
sowie das Gewicht des Platinbleches festgesetzt sind, überall leicht herstellen. Zur
Abhaltung des Luftzuges von dem heiſsen Platin eignet sich am besten eine Glocke aus
dünnem weiſsen Glas, deren eine Hälfte inwendig geschwärzt ist, damit von der
hinteren Seite des glühenden Platins kein Reflexlicht in das Photometer gelange.
Dieser Bruchtheil des Lichtes ist unbekannt und könnte bei Messung des von der einen
Seite einer anderen Lichtquelle ausgesendeten Lichtes nicht mit in Rechnung gezogen
werden.
Um überhaupt richtige Schlüsse aus photometrischen Messungen ziehen zu können, muſs
der Versuch so eingerichtet werden, daſs jedes der beiden mit einander zu
vergleichenden Lichter denselben Bruchtheil des Totallichtes in das Photometer
sende; oder wenn dies nicht ausführbar ist, so muſs man dieses Verhältniſs genau
bestimmen. Das durch einen Strom von 6,15 Weber'schen Einheiten in dem genannten
Platinstreifen erzeugte Normallicht, welches wir mit A
bezeichnen wollen, ist gleich 0,69 Sugg's Kerzen, oder 1 Sugg's Kerze = 1,44 A. Wollte man daher dieses specielle Licht als Einheit
annehmen, so könnte man dasselbe etwa folgendermaſsen feststellen: Die Einheit der
Lichtintensität wird durch einen Strom von 6,15 Weber'schen Einheiten erzeugt, den
man durch einen 2mm breiten, 36mm,28 langen, 0mm,017 dicken und 26mg,4 wiegenden
Platinstreifen leitet, dessen berechneter Widerstand 0,109 und dessen bei 19°
gemessener Widerstand 0,143 Siemens'schen Einheiten gleich ist.
Hat man nun ein constantes Licht, so ist es möglich, die bei Normalkerzen und anderen
Verbrennungs-Normallichtern unvermeidlichen Schwankungen der Lichtstärke zu messen.
So wurde z.B. eine Sugg's Kerze mit dem Platin-Normallicht photometrisch verglichen.
Die unveränderliche Entfernung des letzteren von der Beleuchtungsstelle betrug
100mm, während mit Sugg's Kerze behufs der
Herstellung der gleichen Beleuchtung innerhalb 5 Minuten 14 Stellungsveränderungen
vorgenommen wurden. Folgende Tabelle gibt einen Begriff von den Schwankungen in der
Lichtstärke der Kerze gegenüber dem Platin-Normallicht:
Abstand in Millimeter
Abstand in Millimeter
A
Sugg's Kerze
A
Sugg's Kerze
120
117
120
120
„
120
„
126
„
112
„
128
„
110
„
117
„
120
„
120
„
120
„
123
„
120
„
127.
Daſs die beobachteten Schwankungen wirklich von der Kerze und
nicht von dem Platinlicht herrührten, konnte das Auge leicht unterscheiden. Aus
vorstehender Tabelle wurde der oben erwähnte Mittelwerth 1 Sugg's Kerze = 1,44 A berechnet.
Zwei neue Platin-Normallampen, die wir mit II und III bezeichnen wollen, von gleicher
Form und Gröſse wie die oben beschriebene, wurden in den Stromkreis von acht hinter
einander angeordneten Grove'schen Zellen eingeschaltet, desgleichen ein
Quecksilber-Rheostat, um die Nadel der Tangentenboussole in constanter Ablenkung zu
erhalten. Sodann wurden beide Lampen einer gemeinschaftlichen Probe unterworfen, um
ihre Lichtstärke zu vergleichen, die Genauigkeit der photometrischen Controle und
den Einfluſs des Reflexlichtes der Glasglocken zu prüfen. Zu dem Versuche diente ein
Ritchie'sches Photometer (vgl. 1831 40 51), dessen beide Planspiegel, wie die
schematische Skizze Fig. 9 Taf.
29 zeigt, durch die vollständig reflectirenden Hypotenusen zweier gleichschenkelig
rechtwinkeliger Glasprismen ersetzt waren. Letztere warfen die Lichtstrahlen auf ein
rothes Glas und die Gleichheit der Beleuchtung wurde durch Verschiebung der Prismen innerhalb des
constanten Abstandes d + d' = 259mm beider Lichtquellen erzielt. Die Resultate sind
für die constanten Ablenkungen der Tangentenboussole von 18,8° und 21°, welche eine
Stromstärke von 7,82 und 8,81 Weber'schen Einheiten darstellen, in folgenden zwei
Tabellen enthalten, worin die Intensitäten der Lichtquellen II und III durch i' bezieh. i bezeichnet
sind. Aus diesen Resultaten lassen sich folgende Schlüsse ziehen.
Die dünnen Glasglocken absorbiren, wie aus der Vergleichung der Versuche Nr. 1 bis 3
und der Versuche Nr. 6 bis 9 hervorgeht, eine meſsbare Lichtmenge. Die Bekleidung
der Glasglocken auf der inneren
1. Tabelle. Ablenkung 18,8°.
Versuchs-nummer
Abstand vomPrisma
\frac{i'}{i}
Bemerkungen
II
III
1
100100100100100 99100
150150150150150151150
Beide Lichter haben ganz
durchsichtigeGlasglocken.
Mittel
99,86
150,14
0,44
2
103102102103102
147148148147148
Durchsichtige Glasglocke über III,
keineGlocke über II.
Mittel
102,4
147,6
0,48
3
98979898989998
152153152152152151152
Durchsichtige Glasglocke über II,
keineGlocke über III.
Mittel
98
152
0,42
4
98989910010098
152152151150150152
Glasglocke über III, die hintere Seite
inwendigmit schwarzem Papier überzogen, durch-sichtige Glocke über
II.
Mittel
98,83
151,17
0,43
5
101101102101101
149149148149149
Beide Lichter haben Glasglocken, deren
hin-tere Seiten inwendig mit schwarzem Papierüberzogen
sind.
Mittel
101,2
148,8
0,46
2. Tabelle. Ablenkung 21°.
Versuchs-nummer
Abstand vom Prisma
\frac{i'}{i}
Bemerkungen
II
III
6
103101101101101101
147149149149149149
Zunahme der Stromstärke in Folge der
Wider-standsabnahme im Rheostaten. Die Ablenkungwurde jedoch
constant auf 21° erhalten.Durchsichtige Glocken über beiden
Lichtern.
Mittel
101,3
148,7
0,46
7
104103102102102
146147148148148
Durchsichtige Glasglocke über III,
keineGlocke über II.
Mittel
102,6
147,4
0,48
8
10110010099100100100
149150150151150150150
Durchsichtige Glasglocke über II,
keineGlocke über III.
Mittel
100
150
0,44
9
101101101
149149149
Durchsicht. Glasglocken über beiden
Lichtern.
Mittel
101
149
0,46
Seite mit schwarzem Papier, zur Vermeidung der Rückstrahlung,
schwächt das Licht, wie zu erwarten war. Man vergleiche die Versuchsresultate Nr. 1,
4 und 5. Das Verhältniſs i' : i beider Lichtintensitäten ist von der Stromstärke unabhängig.
Obgleich diese Ergebnisse nichts darbieten, was sich nicht auch ohne Versuche hätte
vorhersagen lassen, so sind sie doch in so fern von Werth, als sie den Beweis
liefern, daſs dünne Glasglocken sehr wenig Licht absorbiren, und daſs auch das
Reflexlicht sehr gering ist. So klein aber auch diese Einflüsse sind, so liegt doch
schon in dem Umstände, daſs sie durch das Photometer gemessen wurden, ein Beweis,
wie groſs die Genauigkeit des Instrumentes und die Zuverlässigkeit des Auges ist.
Daſs die Intensität i der Lichtquelle III weit stärker
war als die der Lichtquelle II, ist dem dickeren Platinblech der letzteren
zuzuschreiben.
Fig.
10 und 11 Taf. 29
stellen die Platin-Normallampe in ⅓ n. Gr. dar; Fig. 12
gibt eine schematische Skizze der ganzen Stromleitung mit den eingeschalteten
Apparaten. Die Lampe L ist mit einem Galvanoskop G, dessen ablenkender Ring aus wenigen Windungen dicken Kupferdrahtes
besteht, verbunden. Die kleine Magnetnadel trägt einen langen Zeiger aus Aluminium.
Die Batterie E besteht aus wenigen hinter einander
angeordneten Elementen von starker elektromotorischer Kraft und geringem inneren
Widerstände. Zum Oeffnen und Schlieſsen der Kette dient ein an passender Stelle
angebrachter Stöpsel. Das Rheostat M hat eine mit
Quecksilber gefüllte Rinne von ungefähr 1qmm
Querschnitt und 1m Länge, welche daher 1
Siemens'sche Widerstandseinheit entspricht und in ein auf 3 Nivellirschrauben
ruhendes Brett aus hartem Holz geschnitten ist. Ein vollkommener Contact zwischen
dem Quecksilber und den beiden eisernen Endstücken f
wird dadurch hergestellt, daſs man die letzteren einfach in die an den Enden des
Quecksilberfadens befindlichen kleinen Behälter legt. Durch Verschiebung der Brücke
b längs der beiden parallelen Quecksilberrinnen
läſst sich der Widerstand dieses Rheostaten leicht ändern. Wird die Brücke
herausgenommen, so ist der ganze Widerstand in Anspruch genommen; sind aber die
beiden Enden f durch die Brücke verbunden, so ist der
Widerstand gleich Null. Innerhalb dieser Grenzen ist man mit Hilfe des in Rede
stehenden Rheostaten und einer Batterie von 6 bis 10 Elementen im Stande, einen
hinreichend starken Strom auf lange Zeit constant zu erhalten, besonders wenn man
auſserhalb der Gebrauchszeit die Kette öffnet. Die Brücke besteht aus einem
mindestens 2cm breiten und 1mm dicken Kupferstreifen, dessen in das
Quecksilber tauchende, messerartig geschärfte Kanten amalgamirt sind. Das
Galvanoskop G ist nach einer Normal-Tangentenboussole
getheilt und zeigt durch seine Nadelablenkungen die Ströme in absolutem Maſse
richtig an. Soll eine photometrische Messung angestellt werden, so regulirt man den
Strom auf seine festgesetzte Stärke, indem man durch Verschiebung der Brücke b die entsprechende Ablenkung der Magnetnadel
veranlaſst. Ist das Instrument G gut construirt, so
läſst sich diese Justirung der Stromstärke so genau wie eine Wägung mit der
chemischen Wage ausführen.
Aus vorstehender Darstellung geht hervor, daſs das Platin-Normallicht alle
Bedingungen einer rationellen Lichteinheit erfüllt. Dasselbe ist, so lange die
Stromstärke sich nicht ändert, vollkommen constant und daher zur Ausführung sehr
genauer photometrischer Messungen geeignet; es kann überall genau hergestellt
werden, wenn für reines Platin gesorgt ist; durch einfache Aenderung im Gewichte,
der Form und Gröſse des Platins oder der Stromstärke läſst sich die Stärke dieser
Lichteinheit beliebig ändern und jedem bereits bestehenden System anpassen. (Nach
einem vom Verfasser gef. eingeschickten Sonderabdruck aus dem Journal of
the Asiatic Society of Bengale 1879 Bd. 48 II S.
83.)
A. P.