Titel: | Einführung der Salpetersäure in die Bleikammern mittels Dampf; von Dr. A. Burgemeister. |
Autor: | A. Burgemeister |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 277 |
Download: | XML |
Einführung der Salpetersäure in die Bleikammern
mittels Dampf; von Dr. A.
Burgemeister.
Mit Abbildungen auf Tafel 29.
Burgermeister's Salpetersäure-Injector.
Die von Max Liebig gebrachte Mittheilung (* 1879 233 61)
veranlaſst mich, auch meine Erfahrung über diesen Gegenstand zu veröffentlichen. Im
Sommer 1877 construirte ich den in Fig. 17 und
18 Taf. 29 abgebildeten kleinen Glasapparat, um die bessere Ausnutzung
der Salpetersäure zu bewirken, da dieselbe bekanntlich nur bei groſser Anzahl von
Cascaden vollständig zersetzt wird und die Kammersäure bei Anwendung solcher immer
etwas nitros ist. Auſserdem sind die Cascaden unzugänglich und läſst sich eine
zersprungene Schüssel während des Betriebes nicht erneuern, so daſs die
Salpetersäure oft nach Passirung weniger Schüsseln direct in die Bodensäure
flieſst.
Der abgebildete Apparat besteht aus einem in eine Spitze von 6 bis 8mm ausgezogenen Glasrohr von 300 bis 350mm Länge und etwa 15mm lichte Weite, dem seitlich ein Trichterrohr angeschmolzen ist; mittels
langen Gummipfropfens wird ein unten auf 4 bis 5mm
verengtes Rohr von 6 bis 9mm Weite eingeschoben,
das durch Gummischlauch mit Hanfeinlage mit der Dampfleitung in Verbindung steht.
Mit Hilfe eines Gummistopfens wird der Apparat bis zum Trichterrohr in einem kurzen
Stutzen der Kammerdecke senkrecht befestigt. Die Zuführung der Salpetersäure
geschieht aus einer Reihe weithalsiger, mit Heber unter einander in Verbindung
stehender Flaschen durch einen Heber mit Glashahn. Bei richtiger Entfernung der
Glasrohrspitzen von einander wird nach Zuführung des Dampfes von 1 bis 1at,5 sofort die Luft durch das Trichterrohr
eingesaugt und verursacht ein auf 50 bis 100 Schritte hörbares Geräusch, das
sicherste Merkmal für das Arbeiten des Apparates. Durch langsames Verschieben des
inneren Rohres läſst sich leicht die höchste Saugkraft nach dem Geräusch ermitteln.
So vorbereitet läſst man nun die Salpetersäure in den Trichter einflieſsen; der
Dampfstrahl verwandelt dieselbe in feinen Nebel, ohne daſs
einzelne gröſsere Tropfen in die Bodensäure gelangen. Auch verursachte der
senkrechte Strahl niemals eine nachtheilige Wirkung weder auf das Blei, noch auf die
Kammersäure.
In dieser Form haben zwei Apparate hier über 2 Jahre zufriedenstellend gearbeitet,
ein und derselbe ohne Reparatur (bis auf Erneuern des Gummischlauches) sogar nahezu
ein volles Jahr – ein Beweis, daſs selbst für einen Fabrikbetrieb Glasapparate bei
vorsichtiger Behandlung sehr haltbar sein können. Wenn ein Rohr springt, so wird der
Arbeiter durch das Verstummen des Geräusches aufmerksam gemacht und in wenigen
Minuten ist ein neuer Apparat eingesetzt. Bei der groſsen Einfachheit und Billigkeit
kann man immer mehrere Apparate vorräthig haben; ich habe sie oft selbst
hergestellt. Um das Tragen der Salpetersäure auf die Kammern zu ersparen, habe ich
eine Construction für seitliche Einführung gesucht, ohne jedoch etwas
Zweckentsprechendes gefunden zu haben, bis endlich Liebig die Beschreibung seines Apparates veröffentlichte. Seit einigen
Monaten habe ich denselben hier eingerichtet, weil die horizontale Richtung des
Salpetersäurestrahles eher den Zug befördert und der Apparat bequemer zu bedienen
ist. Um ein Verdrehen des Saugrohres zu verhindern, schmelze ich auf dasselbe eine
Spitze, die in einer entsprechenden Vertiefung des Dampfrohres feste Lage
bekommt.
Fr. Hugershoff in Leipzig verkauft
Salpetersäure-Injectoren nach Friedr. Bode, die aber in
Construction den meinigen (Fig. 17 und
18) vollständig gleich sindIch befasse mich seit mehr als 1 Jahr nicht mehr mit den
Salpetersäure-Injectoren und weiſs nicht, welche Aenderungen Hr. Hugershoff mit denselben vorzunehmen für gut
befunden hat. Aber die folgenden Bemerkungen passen nicht zu den Apparaten,
wie ich sie ursprünglich angegeben habe. Friedr.
Bode.; nur ist das Trichterrohr seitlich aufgebogen, um den Apparat in die
Kammerwand einzuschieben – eine Anordnung, welche leicht zu übeln Erfahrungen führen
kann und wohl auch schon geführt hat. Da die Salpetersäure sich in dem weiteren
Rohre bis zu einer bestimmten Höhe ansammelt, ehe sie vom Dampfstrahl fortgeführt
werden kann, ist ein Abtropfen derselben wohl unvermeidlich, und diese abfallenden
Tropfen können das Blei der Kammerwand sehr schnell zerstören. Besagter Uebelstand
veranlaſste wohl auch die etwas unförmliche Länge der Bode'schen Injectoren.
Zum Schlusse füge ich noch die Abbildung eines Injectors für gleiche Zwecke bei,
welcher nur einen zerbrechlichen Theil besitzt – das Salpetersäurezuführungsrohr –
im Uebrigen aber am zweckmäſsigsten aus Hartblei angefertigt wird; er wird seitlich
angebracht, also in der Kammerwand, ober- oder unterhalb des Eintrittsrohres, kann
saugend oder mit freiem Zufluſs arbeiten, ist dauerhaft, billig und sicher in der
Wirkung, ohne durch Abtropfen der Salpetersäure Schaden zu
verursachen.
Fig.
19 und 29 Taf. 29
veranschaulichen denselben so deutlich, daſs eine nähere Beschreibung überflüssig
erscheint. Hier liegt für saugende Wirkung der Schwerpunkt in der richtigen Stellung
des Glasrohres, das einmal regulirt nur schwer, selbst durch grobe Behandlung, aus
seiner Lage kommt. Laſst man jedoch die Salpetersäure aus einem Hahne in das mit
Trichter versehene Glasrohr tropfen, so genügt es, daſs die Spitze des letzteren
einige Millimeter aus dem Dampfrohre hervorragt, und ist in diesem Falle eine
äuſserst geringe Dampfmenge selbst von niedriger Spannung ausreichend, die gröſste
erforderliche Säuremenge in feinen Nebel zu verwandeln. Das Hartbleirohr a ist conisch ausgedreht, die Spitze 4 bis 5mm weit; bei b wird
der Dampf zugeführt. In die centrale, 10 bis 12mm
weite Bohrung des dampfdicht eingepaſsten Stopfens c
aus Messing oder Hartblei wird ein Gummischlauch von der Länge des Stopfens und
entsprechender Wandstärke gesteckt, so daſs sich das etwas gefettete Glasrohr mit
einiger Mühe hindurchschieben läſst; die schlanke Spitze desselben muſs sodann genau
central 4 bis 6mm aus der Dampfdüse hervorragen.
Ein solcher Apparat ist erst seit Kurzem in hiesiger Fabrik in Thätigkeit; trotzdem
halte ich ihn aber für den einfachsten, der für gleiche Zwecke empfohlen ist.
Für die von Sprengel vorgeschlagene Anwendung von
Wasserstaub statt des Dampfes wäre dieser Apparat gleich gut geeignet; doch dürfte
unser Klima im Winter wenig dazu angethan sein, diese Neuerung in deutschen Fabriken
einzuführen, wohingegen im Sommer der Wasserstaub die Herabminderung der Temperatur
in den Bleikammern sehr gut bewirken kann.
Corbetha, Bahnhof, Ende December 1879.