Titel: | Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von Victor Griessmayer. |
Autor: | Victor Griessmayer |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 311 |
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Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von
Victor
Grieſsmayer.
(Fortsetzung des Berichtes S. 136 dieses
Bandes.)
Grieſsmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei.
Theorie und Praktik der englischen Saccharometrie; von J.
Steiner.
Das erste englische Saccharometer wurde von Richardson
(1784) in Windsor construirt. Eine verbesserte Auflage dieses Instrumentes erschien
von Allan (1805) in Schottland. Sodann construirte Bate ein neues Saccharometer und gab i. J. 1820 hierzu
Tabellen heraus; 3 Jahre später wurde dieses Instrument officiell. Im J. 1835
erschien ein neues Saccharometer von Dring und Fage und i. J. 1836 das „verbesserte“ Instrument
von Long. Es liegen demselben zwei Annahmen zu Grunde:
1) daſs das Raumverhältniſs des trockenen Extractes 0,6154 = 8/13 betrage, 2)
daſs bei der Lösung des Extractes in Wasser keine Contraction stattfinde. Nach
diesen Annahmen lassen sich die Beziehungen zwischen „Gravity per barrel“ (n), „Extract per barrel“ (E), „Specific gravity“ (s) und
„Extract-Procentgehalt“ (e) der Würze durch
Gleichungen ausdrücken.
Beträgt das Gewicht des Wassers in 1 Barrel Würze von n
Pfund „Gravity“ (Uebergewicht über 360 Pfund) x,
das Gewicht des Extractes E, so ist
x+E=360+n oder E=2,6\,n, d.h. man erhält
die Menge des in 1 Barrel Würze von n Pfund
(uebergewicht) enthaltenen Extractes, wenn man die Anzeige für „Gravity“ mit
2,6 multiplicirt. Eine Würze, welche z.B. 20 anzeigt, enthält im Barrel
E=2,6\times 20=52 Pfund Extract. Beträgt umgekehrt die Menge des
im Barrel gelösten Extractes 39 Pfund, so zeigt sie n=(39\times
5):13=15
„Gravity“. Das specifische Gewicht einer Würze von n
„Gravity“, bezogen auf Wasser von derselben Temperatur = 1000, wird
ausgedrückt durch:
s=\frac{360+n}{360}\,1000=1000\,\left(1+\frac{n}{360}\right)=1000+2,77778\,n.
Umgekehrt ist n=0,36\,(s-1000). Beträgt
z.B. die „Gravity“
n=20, so ist s=1000+2,77778\times 20=1055,556.
– Ist umgekehrt s=1050, so ist
n=0,36\,(1050-1000)=0,36\times 50=18. Da 1 Barrel Würze von
n
„Gravity“ 2,6 n Pfund Extract enthält, so wird
der Procentgehalt (e) gefunden durch die Proportion
(360+n):2,6\,n=100:e, woraus
e=0,7222\,n-0,002\,n^2.
Wichtig ist wegen der Rückvergütung der Steuern die Berechnung der ursprünglichen
Concentration der Würze der sogen. „Original gravity“. Man muſs hierzu in Betracht ziehen: 1) das
specifische Gewicht des entgeisteten Bieres, 2) des durch Destillation erhaltenen
Alkohols, 3) den Säuregehalt des Bieres (in Procenten Essigsäure ausgedrückt).
Ausführung der Methode. Ein bestimmtes Volumen Bier
(z.B. 300cc) wird nach dem Zusatz von etwas Wasser
(z.B. 100cc) bis auf ⅓ abdestillirt, sodann
Destillat wie Rückstand mit Wasser auf das ursprüngliche Volumen bei 60° F. (15,5°
C.) aufgefüllt und das specifische Gewicht in beiden Flüssigkeiten bestimmt. Die
Zahl, welche zu 1000 hinzuaddirt, das specifische Gewicht des entgeisteten Bieres
gibt, entspricht den „Degrees gravity“ (Graden),
während die Differenz zwischen 1000 und dem specifischen Gewicht des Alkohols mit
„Spirit indication“ bezeichnet wird. Da
nun aber in jedem Biere auch etwas Säure auf Kosten des Alkohols gebildet wird, so
zieht man von der Gesammtsäuremenge des Bieres 0,1 Proc. ab, welches zur
Berichtigung der Alkoholbestimmung geschieht. Folgende Tabelle I enthält die
zugehörigen Correctionswerthe, ausgedrückt in „Degrees of
spirit indication“.
Tabelle I.
Essigsäure-Ueberschuſsim
BiereProc.
„Degrees of spirit indication“
0,00
0,01
0,02
0,03
0,04
0,05
0,06
0,07
0,08
0,09
0,0
–
0,02
0,04
0,06
0,07
0,08
0,09
0,11
0,12
0,13
1
14
15
17
18
19
21
22
23
24
26
2
27
28
29
31
32
33
34
35
37
38
3
39
40
42
43
44
46
47
48
49
51
4
52
53
55
56
57
59
60
61
62
64
5
65
66
67
69
70
71
72
73
75
76
6
77
78
80
81
82
84
85
86
87
89
7
90
91
93
94
95
97
98
99
1,00
1,02
8
1,03
1,04
1,05
1,07
1,08
1,09
1,10
1,11
1,13
1,14
9
1,15
1,16
1,18
1,19
1,21
1,22
1,23
1,25
1,26
1,28
1,0
1,29
1,31
1,33
1,35
1,36
1,37
1,38
1,40
1,41
1,42
Nach Vornahme dieser Correction und Vermehrung der eigentlichen „Spirit
indication“ um diesen Werth geht man mit dieser Zahl in die nächste Tabelle
II ein und erfährt dadurch die Anzahl der „Deegrees of
gravity“, welche bei der Gährung verschwunden sind und die zum
specifischen Gewicht des entgeisteten Bieres addirt die „Original gravity“ anzeigen.
Es sei z.B. das spec. Gew. des entgeisteten Bieres
= 1014,18
„ „ „ des Destillates
= 992,10
–––––––––
dann ist die „Spirit
indication“Beträgt nun der Gesammtsäuregehalt 0,46 Proc., so
ist der Säureüberschuſs 0,36 Proc. und die demselben
ent- sprechende Correction
= 7,90= 0,47
–––––––––
also die gesammte „Spirit indication“
= 8,37
und die bei der Attenuation verschwundenen „Degrees of gravity“ demzufolge (s. Tab. II)
= 35,61
Der ursprüngliche Concentrationsgrad beträgt demnach
= 1049,79.
Tabelle II.
„Degreesof spiritindication“
„Degrees of gravity“
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
0
–
0,3
0,6
0,9
1,2
1,5
1,8
2,1
2,4
2,7
1
3,0
3,3
3,7
4,1
4,4
4,8
5,1
5,5
5,9
6,2
2
6,6
7,0
7,4
7,8
8,2
8,6
9,0
9,4
9,8
10,2
3
10,7
11,1
11,5
12,0
12,4
12,9
13,3
13,8
14,2
14,7
4
15,1
15,5
16,0
16,4
16,8
17,3
17,7
18,2
18,6
19,1
5
19,5
19,9
20,4
20,9
21,3
21,8
22,2
22,7
23,1
23,6
6
24,1
24,6
25,0
25,5
26,0
26,4
26,9
27,4
27,8
28,3
7
28,8
29,2
29,7
30,2
30,7
31,2
31,7
32,2
32,7
33,2
8
33,7
34,3
34,8
35,4
35,9
36,5
37,0
37,5
38,0
38,6
9
39,1
39,7
40,2
40,7
41,2
41,7
42,2
42,7
43,2
43,7
10
44,2
44,7
45,1
45,6
46,0
46,5
47,0
47,5
48,0
48,5
11
49,0
49,6
50,1
50,6
51,2
51,7
52,2
52,7
53,3
53,8
12
54,3
54,9
55,4
55,9
56,4
56,9
57,4
57,9
58,4
58,9
13
59,4
60,0
60,5
61,1
61,6
62,2
62,7
63,3
63,8
64,3
14
64,8
65,4
65,9
66,5
67,1
67,6
68,2
68,7
69,3
69,9
15
70,5
71,1
71,7
72,3
72,9
73,5
74,1
74,7
75,3
75,9
Der Brauer überträgt dieses Resultat gewöhnlich in den Ausdruck „Gravity per barrel“, und zwar berechnet sich derselbe hier zu 19,9,
d.h. 1 Barrel dieser Würze wiegt 19,9 Pfund mehr als 1 Barrel Wasser. Bezüglich der
Säureermittlung wurde von dem Verfasser empfohlen, 1000 Grains Bier mit verdünntem
Ammoniak zu neutralisiren, und wenn eine Ammonflüssigkeit von 998,6 sp. G. (= 0,31
Proc. NH3) hierfür verwendet wird, so entsprechen
für diese Menge Bier je 100 Grains Ammoniak 0,1 Proc. Essigsäure.
In allen jenen Fällen, wo es mehr auf Zeitersparniſs als auf besondere Genauigkeit
ankommt, kann anstatt der Destillationsprobe die sogen. Evaporationsmethode
vorgenommen werden. Man ermittelt das specifische Gewicht des Bieres, vertreibt nun
den Alkohol, verdünnt alsdann zum ursprünglichen Volumen und ermittelt abermals die
Dichte. Die Differenz zwischen den beiden specifischen Gewichtszahlen ergibt die „Spirit indication“; z.B. sei 1006,4 das
specifische Gewicht des Bieres vor dem Entgeisten und 1014,18 das specifische
Gewicht nach dem Verdampfen, so ist die „Spirit
indication“ 7,78 (anstatt 7,90 nach dem früheren Vorgange). Durch
zahlreiche Beobachtungen wurde gefunden, daſs die zweite Methode stets niedrigere
Ziffern liefert als die erstere, und die Ursache hierfür liegt in den verschiedenen
Contractionsverhältnissen, welche Alkohol gegen Wasser und gegen Zuckerlösungen und
Bierwürze zeigt, und weshalb die Umwandlung dieser Angaben in „Degrees of gravity“, welche bei der Attenuation
verschwunden sind, nicht mehr nach Tab. II, sondern nach der Tabelle III zu
geschehen hat.
Tabelle III.
„Degreesof spiritindication“
„Degrees of gravity“
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
0
–
0,3
0,7
1,0
1,4
1,7
2,1
2,4
2,8
3,1
1
3,5
3,8
4,2
4,6
5,0
5,4
5,8
6,2
6,6
7,0
2
7,4
7,8
8,2
8,7
9,1
9,5
9,9
10,3
10,7
11,1
3
11,5
11,9
12,4
12,8
13,2
13,6
14,0
14,4
14,8
15,3
4
15,8
16,2
16,6
17,0
17,4
17,9
18,4
18,8
19,3
19,8
5
20,3
20,7
21,2
21,6
22,1
22,5
23,0
23,4
23,9
24,3
6
24,8
25,2
25,6
26,1
26,6
27,0
27,5
28,0
28,5
29,0
7
29,5
30,0
30,4
30,9
31,3
31,8
32,3
32,8
33,3
33,8
8
34,3
34,9
35,5
36,0
36,6
37,1
37,7
38,3
38,8
39,4
9
40,0
40,5
41,0
41,5
42,0
42,5
43,0
43,5
44,0
44,4
10
44,9
45,4
46,0
46,5
47,1
47,6
48,2
48,7
49,3
49,8
11
50,3
50,9
51,4
51,9
52,5
53,0
53,5
54,0
54,5
55,0
12
55,6
56,2
56,7
57,3
57,8
58,3
58,9
59,4
59,9
60,5
13
61,0
61,6
62,1
62,7
63,2
63,8
64,3
64,9
65,4
66,0
14
66,5
67,0
67,6
68,1
68,7
69,2
69,8
70,4
70,9
71,4
15
72,0
„Proof spirit“. Die englische Behörde taxirt Spirituosen (Wein,
Brandy, Whisky u. dgl.) nach der Menge „Proof
spirit“, welche das Getränk enthält, und ist dies ein Weingeist von
solcher Concentration, daſs 13 Volumen desselben genau dasselbe Gewicht wie 12 Vol.
Wasser bei 51° F. (10,6° C.) zeigen. Das specifische Gewicht eines solchen
verdünnten Alkohols beträgt 920 bei 60° F. (15,5° C.), und enthält derselbe 49,23
Gew.-Proc. an absolutem Alkohol. Man vergleicht nun den Alkoholgehalt der
Spirituosen damit und spricht von „Over proof“ und „Under proof“
je nachdem das normale Verhältniſs überschritten oder nicht erreicht ist; z.B. 20 O.
P. bedeutet, daſs 100 Volumen des betreffenden geistigen Getränkes durch
Wasserzusatz auf 120 Vol. gebracht werden müssen, um eine dem „Proof spirit“ entsprechende Concentration zu besitzen. (Nach der
Zeitschrift für das gesammte Brauwesen * 1879 S.
455.)
Ueber die Abhängigkeit der Extract- und der Maltose-Ausbeute
aus Malz beim Maischen; von W. Schultze.
Auf die Ausbeute an Extract und Maltose sind von Einfluſs: 1) Die Verzuckerungstemperatur. W. Schultze (vgl. 1878 230
428. 1879 231 53) hat
schon früher gezeigt, daſs 60° die beste Temperatur für beide Zwecke ist. – 2) Die
Maischwassermenge. Ob man auf 1 Th. Malz 4 oder 8
Th. Wasser nimmt, ist gleichgültig. – 3) Die Dauer des
Hinaufmaischens. Langsames Hinaufmaischen von der Anfangs- auf die
Verzuckerungstemperatur liefert mehr Extract und Maltose als schnelles
Hinaufmaischen. Dies gilt nicht nur für das die Maische sichtbar verändernde
Temperaturintervall 60 bis 70°, sondern auch für das die Maische scheinbar nicht
verändernde Intervall 20 bis 60°. – 4) Das Maischverfahren (Infusion oder Decoction).
Bei der Infusion sind zwei entgegengesetzte Methoden zu unterscheiden: a) Die abwärts maischende Infusion; sie besteht darin,
daſs man in das gesammte 85 bis 75° heiſse Maischwasser das kalte Malzschrot
ausschüttet und nun durch längeres Maischen eine Temperaturerniedrigung hervorruft
und schlieſslich die Maische bei 75 bis 62° der Verzuckerung überläſst. b) Die aufwärts maischende Infusion; hier wird in einem
entweder kalt oder lauwarm genommenen Theil des Maischwassers oder in das gesammte
Maischwasser das Malzschrot ausgeschüttet, gemaischt und unter stetem Maischen die
Temperatur des Ganzen entweder durch Zusatz heiſsen Wassers, oder durch einen
Dampfstrom, oder durch indirecte Dampfheizung auf irgend einen Temperaturgrad
zwischen 65 und 75° gebracht und darauf die Maische der Verzuckerung überlassen.
Die Versuche, welche W. Schultze nach all diesen
Methoden anstellte, führten zu folgenden in der Zeitschrift
für das gesammte Brauwesen, 1879 S. 586 veröffentlichten Ergebnissen.
1) Bezüglich der Extractausbeute: a) Die aufwärts maischende Infusion gibt im
günstigsten Falle etwas mehr, im ungünstigsten Falle
etwas weniger Extract als die Decoction. – b) Die
abwärts maischende Infusion gibt nie mehr Extract als
die Decoction; sie gibt unter den günstigsten Verhältnissen beinahe ebenso viel Extract wie die Decoction; unter allen anderen
Verhältnissen aber bleiben ihre Extractausbeuten hinter denen der Decoction etwas zurück.
2) Bezüglich der Maltoseausbeuten: a) Die aufwärts maischende Infusion gibt im
günstigsten Falle ganz bedeutend mehr und im
ungünstigsten Falle etwas weniger Maltose als die
Decoction. – b) Die abwärts maischende Infusion gibt im günstigsten Falle nur ebenso viel Maltose wie die Decoction; unter den
ungünstigsten Verhältnissen aber bleiben ihre Maltoseausbeuten ganz bedeutend hinter denen der Decoction zurück.
3) Bezüglich des procentischen Maltosegehaltes der Extracte: a) Die aufwärts
maischende Infusion gibt im günstigsten Falle an Maltose viel reichere Extracte als die Decoction; im ungünstigsten
Falle bleibt der Maltosegehalt ihres Extractes nur um ein
paar Procent hinter dem des Extractes der Decoction zurück. – b) Die
abwärts maischende Infusion gibt im günstigsten Falle an Maltose ebenso reiches Extract wie die Decoction. Im
ungünstigsten Falle aber bleibt der Maltosegehalt ihres Extractes ganz bedeutend hinter dem des Extractes der Decoction
zurück.
4) Bezüglich der vollständigen Verzuckerung der Malzstärke: Die Decoction, die
aufwärts maischende Infusion und diejenige abwärts maischende Infusion, welche mit
Wasser von 75° beginnt, gestatten alle der Diastase, sämmtliche im Malze enthaltene
Stärke zu verzuckern. Die beiden übrigen Arten der abwärts maischenden Infusion aber
gestatten dies der Diastase nicht in allen Fällen.
5) Bezüglich des Aussehens der filtrirten Würzen: Aus dem vorzüglichen, 5 Monate
alten Malze dieser Versuche lieferten: a) die Decoction und die aufwärts maischende
Infusion stets, b) die mit Wasser von 75° beginnende,
abwärts maischende Infusion nicht immer, c) die beiden
übrigen Arten der abwärts maischenden Infusion aber nie
blank filtrirende Würzen.