Titel: | Apparate und Betriebsführung bei M. Weinrich's Elutionsverfahren. |
Autor: | W–n. |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 361 |
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Apparate und Betriebsführung bei M. Weinrich's
Elutionsverfahren.Im ersten Theile des
Berichtes sind folgende Satzfehler zu berichtigen: S. 57 hat das Notenzeichen 1
bei „Elutionsverfahren“ Z. 15 v. u. zu stehen. S. 59 Z. 22 v. o. ist zu
lesen „Kalksalze in der Melasse“, Z. 8. v.
u. „Verarbeitung“ statt
„Vorbereitung“, S. 60 Z. 13 v. o. „wird“ statt „wurde“, Z. 15 v. u. „worden“ statt „werden“, Z. 3 v. u.
„Rohzucker“ statt
„Rohrzucker“.
(Schluſs der Abhandlung S. 53 dieses
Bandes.)
Mit Abbildungen auf Tafel 37.
Ueber das Elutionsverfahren in der Zuckerfabrikation.
Nach den allgemeinen Andeutungen über das neue Weinrich'sche verfahren und dessen Stellung zur Entwicklung der anderen bis
jetzt bekannt gewordenen Methoden der Elution sollen nachstehend die wichtigsten Apparate desselben
und der Gang der Fabrikation etwas eingehender besprochen werden.
Wie früher hervorgehoben, beruht der Schwerpunkt der verschiedenen Elutionsverfahren
in der entsprechenden Herstellung des rohen Melassekalkes, indem sich der Proceſs
der Auslaugung selbst fast vollständig äuſserer Einfluſsnahme entzieht. Die Bildung
des Melassekalkes geschieht hier durch Vermischung der heiſsen Melasse mit trocken
gelöschtem Kalk, von welchem so viel zugesetzt wird, als die chemische
Zusammensetzung des dreibasischen Zuckerkalkes erfordert. Diese verlangt auf ein Mol. Zucker (171 Th.) drei Mol. reinen wasserfreien Kalk (84 Th.) oder rund 55 Procent des
Zuckergehaltes der Melasse an Kalk, wobei schon für einen gewissen, durch
Unreinigkeiten des Kalkes und Unvollkommenheit der Mischung bedingten Ueberschuſs
vorgesehen ist. Da nun aus den früher aus einander gesetzten Gründen beim Weinrich'schen Verfahren der Kalk nicht als Aetzkalk,
sondern trocken gelöscht als Calciumhydroxyd verwendet wird, in welcher Form er 32
Proc. Wasser aufgenommen hat, so ist der Zusatz dieses trocken gelöschten Kalkes in gleichem Verhältnisse zu erhöhen und es sind
endgültig = 0,55 (100 + 32) = rund 73 Procent des Zuckergehaltes der Melasse in Form
von trocken gelöschtem Kalk zuzusetzen.
Die zur Herstellung dieser Verbindung erforderlichen Vorbereitungen, bestehend
einerseits in dem Erhitzen der Melasse auf etwa 100° in eigenen Rührwerken mit
Dampfheizung, andererseits in der Umwandlung des frisch gebrannten Kalkes in
Calciumhydrat durch Begieſsen desselben mit Wasser, brauchen hier nicht näher
erörtert zu werden. Der trocken gelöschte Kalk zerfällt hierbei in ein feines
Pulver, das von den unvollständig gelöscht gebliebenen oder noch nicht völlig
gebrannt gewesenen Kalkstückchen durch einen gewöhnlichen Siebcylinder getrennt
wird, damit eine durchaus innige Mischung mit der heiſsen Melasse erzielt werde.
Diese findet in einem besonderen Mischgefäſse (g
Fig.
1 bis 3 Taf. 7
sowie Fig. 5 und 6 Taf. 37)
statt, welchem durch zwei seitliche Oeffnungen m und
k die heiſse Melasse und der pulverförmige, trocken
gelöschte Kalk zugeführt wird.
Zur Sicherung des genauen Mischungsverhältnisses werden die nach der Zusammensetzung
der Melasse ermittelten proportionalen Gewichte entweder absatzweise zugewogen, oder
durch stellbare mechanische Zuführungsmechanismen fortlaufend eingelassen; in beiden
Fällen kann vermöge des groſsen Fassungsraumes des Mischers der gebildete
Melassekalk durch die im Boden angebrachte Oeffbung o
ununterbrochen abgezogen werden.
Der Mischer ist im Wesentlichen ein aus Eisenblech hergestellter Cylinder von etwa
800mm Durchmesser mit guſseisernem Aufsatz und
Untersatz. Ersterer enthält die Zuführungsöffnungen m
und k und trägt das Halslager der verticalen Welle für
die Rührarme, in letzterem befindet sich die Abzugsöffnung o und das Fuſslager der verticalen Spindel. Dieselbe ist mit zahlreichen
Rührarmen, am unteren Ende mit einem guſseisernen Schaber versehen, rotirt mit etwa
80 Umdrehungen in der Minute und erzielt im Eingriff mit den aus der Cylinderwand
vorstehenden festen Mischarmen eine rasche und vollständige Verbindung zwischen
Melasse und Kalk. Der mit Dampf geheizte Boden (eventuell noch ein Dampfmantel)
verhütet ein vorzeitiges Erhärten der Mischung, so daſs das Gefäſs continuirlich
arbeitsfähig bleibt und nur etwa alle 8 Stunden mit heiſsem Wasser auszuspülen ist.
Die Bodenöffnung o ist mit einem Schieber
verschlieſsbar und läſst das Mischungsproduct als heiſsen dünnflüssigen Brei in die
darunter geführten Erstarrungskästen abflieſsen. Es können stündlich – bei einem
Kraftaufwand von 1e,5 – 50 bis 70 Kästen mit je
130k Melassekalk abgezogen werden, so daſs für
eine tägliche Verarbeitung von 18t Melasse das
Mischwerk nur 4 bis 5 Stunden in Thätigkeit ist. Gegenüber der schwerfälligen und
oft unterbrochenen Arbeit mit dem zum Anmischen dienenden Kollergang des Scheibler-Seyfferth'schen Verfahrens ist hierdurch eine
wesentliche Vereinfachung erzielt; zudem ist der letztere ums mehrfache theurer wie
Weinrich's Mischer und erfordert mindestens 10c Betriebskraft.
Die mit Melassekalk gefüllten Kästen werden in den nicht besonders zu heizenden
Erstarrungsraum (vgl. Grundriſs Fig. 3 Taf.
7) gebracht, in welchem die Masse nach etwa 12 Stunden erstarrt und nach weiteren 12
Stunden völlig ausgekühlt ist und sich in Gestalt fester Blöcke leicht aus den
Kästen ausschlagen läſst. Diese Blöcke bilden eine harte, spröde und leicht
spaltbare Masse, welche einen gleichförmig gelblichbraunen Bruch zeigt und sich
vermöge ihrer Sprödigkeit leicht zu griesförmigem Pulver zerkleinern läſst. Die
Zerkleinerung geschieht, um Staubbildung thunlichst zu vermeiden, zunächst durch
Handarbeit mittels Beilen, dann in einem besonders construirten doppelten Brechwerk
und endlich in einem Desintegrator, dessen Construction als bekannt vorausgesetzt
werden kann. Als Endresultat erhält man ein wesentlich griesartiges Pulver, bei dem
jedoch ein gewisser Procentsatz von Staub nicht zu vermeiden ist; in Folge dessen
ist die richtige Führung des Zerklemerungsprocesses von besonderer Wichtigkeit, da
eine allzu groſse Beimengung von Staub den Laugproceſs unnöthig verlängern würde.
Ungenügend vermahlene Theile würden denselben Nachtheil hervorrufen; darum wird das
vom Desintegrator kommende Mahlgut zuletzt och über ein Sieb gefördert, welches die
gröſseren Körner zum Desintegrator zurückführt.
Die Anordnung des Brechwerkes i im obersten Stockwerke
des Mischhauses, welchem der erstarrte Melassekalk durch einen Aufzug zugefordert
wird, des Desintegrator k unterhalb des Brechwerkes,
sowie des Siebes m, zu welchem ein Paternosterwerk vom
Auslauf des Desintegrator führt, ist aus den Planskizzen Fig. 1 bis
3 Taf. 7 zu entnehmen; die Construction des doppelten Brechwerkes ist in den Detailfiguren
7 bis 9 Taf. 37
dargestellt. Es besteht aus zwei über einander angeordneten Paaren von Brechwalzen,
welche dadurch gebildet sind, daſs auf starken Wellen abwechselnd gezahnte
Stahlscheiben und etwas breitere Zwischenringe derart aufgekeilt werden, daſs die
Zähne der einen Walze in die Lücken der anderen eingreifen (vgl. Fig. 9). Der
bereits durch Handarbeit zu kleineren Klumpen gespaltene Melassekalk wird durch den
Fülltrichter f eingeworfen und passirt nach einander
die beiden Walzenpaare, von welchen das untere behufs weiterer Zerkleinerung enger
gestellte Scheiben hat und entsprechend schneller rotirt. Der Antrieb erfolgt durch
Zahnradübersetzung von einer Riemenscheibe aus. Zu bemerken sind noch die hinter den
Walzen eingreifenden Abstreifer, welche ein Verlegen wirksam verhüten; die Maschine
ist, wegen der Festigkeit des Melassekalkes, in allen ihren Theilen maſsig zu
construiren. Unterhalb des zweiten Walzenpaares führt das Rohr r zum Desintegrator, welcher die vollständige
Vermahlung des Melassekalkes besorgt.
Der zu Gries und Staub vermahlene Melassekalk könnte nun wohl direct in die
Lauggefäſse eingefüllt, durch aufgegebenen Spiritus allmählich von den ihm
anhaftenden Salzen gereinigt und in Zuckerkalk verwandelt werden; doch würde dieser
Proceſs zunächst bedeutend länger Zeit und damit eine entsprechend gröſsere Anlage
erfordern. Ferner gestaltet sich durch das baldige Zusammensintern des Melassekalkes
in den Lauggefäſsen die Auslaugung äuſserst ungleichmäſsig, so daſs ein gewisser
niedriger Reinheitsquotient nur mit groſsen Zucker Verlusten in den Laugen
überschritten werden kann, und endlich nöthigt eine derartige Führung des
Laugprocesses zur Anordnung des kostspieligen und umständlichen Batterien System es,
d.h. es muſs, um genügend concentrirte Laugen zu erhalten, der Auswaschspiritus nach einander verschiedene Lauggefäſse passiren, ehe er
zur Destillation gelangen kann.
Dieser Uebelstand ist allen bisher eingeführten Elutionsverfahren gemeinsam und durch
die Umgehung desselben bezeichnet das Weinrich'sche
Elutionssystem einen groſsen Fortschritt, welcher sich sowohl in der billigen
Herstellung der ganzen Anlage, als in den günstigen Betriebsresultaten geltend
macht.
Hier gelangt der gemahlene Melassekalk, ehe er einem der Lauggefäſse zugeführt wird,
zuvor in ein besonderes Rührwerk (in den Planskizzen
Fig. 1 und 3 Taf. 7 mit
n bezeichnet und im früheren Artikel bereits in
seiner Wirkungsweise kurz beschrieben), welches in Fig. 10 und
11 Taf. 37 in der Detailconstruction dargestellt ist. Das cylindrische
Gefäſs von etwa 1800mm Durchmesser und ebensolcher
Höhe wird durch das Ventil w mit (etwa 50procentigen)
Spiritus gefüllt, welcher nicht vollkommen rein zu sein braucht, sondern bereits
früher zum Auswaschen gedient haben kann. Ist das Gefäſs zu beiläufig zwei Drittel gefüllt, was durch
ein Standglas beobachtet werden kann, so wird die mit T-förmigen Armen besetzte
Rührwerkswelle durch Riemenantrieb und Zahnradübersetzung in Bewegung gesetzt und
endlich durch die Klappe p der gemahlene Melassekalk
zugelassen. Das Rührwerk macht etwa 12 bis 15 Umdrehungen in der Minute derart, daſs
die einfallenden Melassekalktheilchen nicht direct zu Boden fallen, sondern von dem
das Gefäſs erfüllenden Spiritus schwebend erhalten und allseitig durchtränkt werden;
da ein bereits zum Auslaugen verwendeter Spiritus specifisch schwerer ist, so
erscheint ein solcher für die Füllung des Rührwerkes um so verwendbarer.
Nach etwa 30 Minuten und nachdem so viel gemahlener Melassekalk zugeführt worden ist,
als durch die Einwirkung des Rührwerkes suspendirt erhalten werden kann, wird der
Inhalt des Rührwerkes durch eine gewöhnliche Kolben- oder Plungerpumpe mittels des
Hahnes a abgezogen und in eines der Lauggefäſse
gefördert, um hier im ruhenden Zustande die zweite Phase der Auslaugung
durchzumachen. Da aber die im Rührwerk schon stattfindende Lösung der Nichtzucker
Stoffe eine äuſserst ausgiebige ist, so genügt ein weiterer Zeitraum von 30 bis 40
Stunden, um die hohen Reinheitsquotienten des Zuckerkalkes von 85 bis 89 Proc. zu
erreichen, wie sie beim Weinrich'schen Verfahren
vorkommen.
Zur übrigen Einrichtung des Rührwerkes ist noch folgendes nachzutragen. Das Ventil
v auf der Decke dient zum Nachlassen von frischem
Spiritus, das Ventil d zum Einführen von Dampf, um bei
irgend eintretender Zufälligkeit aus der im Rührwerk befindlichen Masse den Spiritus
direct abdestilliren zu können; dann eröffnet das Ventil V den abgetriebenen Dämpfen den Weg zum Kühler, um die geistigen Dämpfe zu
condensiren und den Alkohol zurückzugewinnen. Zu erwähnen ist schlieſslich noch das
Thermometer t und das Ablaſsventil n, welches für den Fall eines Versagens der Pumpe und
beim Auswaschen des Rührwerkes verwendet wird.
Für den normalen Betrieb schafft, wie bereits oben bemerkt, eine Transmissionspumpe
den Inhalt des Rührwerkes in die zum Auslaugen in ruhendem Zustande bestimmten
Eluteurs. Dabei wird der zu Gries und Staub vermahlene Melassekalk, welcher nun
vollständig vom Spiritus durchdrungen ist, in dem mit den Salzen des Melassekalkes
beladenen Spiritus fortwährend suspendirt erhalten, so daſs die zu den Eluteurs
führende Druckleitung beliebig – bis zu 5m
Steigung – geführt werden kann.
Der zu füllende Eluteur (Fig. 12 bis
14 Taf. 37) wird durch die beiden Flanschenstutzen q mit der Druckleitung der Pumpe in Verbindung gesetzt
und die geförderte Masse durch die unterhalb der Stutzen q angebrachten Schirme entsprechend vertheilt. In der unteren Hälfte des den Eluteur bildenden
liegenden Cylinders von etwa 2m,5 Durchmesser und
6m Länge sind auf passenden Trägern Siebbleche
aufgelegt und mit einer Lage Filterleinwand bedeckt, welche durch übergelegte
Laschen und eingeschlagene Keile sicher befestigt wird. Ist endlich der ganze Raum
oberhalb des Siebbodens mit beladenem Spiritus und darin suspendirtem Melassekalk
erfüllt, so wird die Pumpe abgestellt. In dem nun eingetretenen Ruhezustand sickert
der mit den Unreinigkeiten der Melasse beladene Spiritus alsbald durch den Siebboden
in die untere Abtheilung des Eluteur, wird dort durch das Ventil l abgezogen und gelangt als concentrirte Lauge zur
Destillation. Hierbei sinkt der im Spiritus suspendirt gewesene gemahlene
Melassekalk zu einer Schicht von beiläufig 1m Höhe
zusammen, jedoch ohne vermöge seiner sandartigen Beschaffenheit zu einer teigigen
oder festen Masse zusammenzusintern. Vielmehr kann auch der nun neuerdings durch das
Ventil v aufgegebene reine Spiritus von 45 bis 50°
Tralles ohne Schwierigkeit den im Eluteur enthaltenen „Melassekalk-Sand“
durchdringen und denselben weiterhin von den Salzen der Melasse befreien. Dies wird
so lange fortgesetzt, bis die abflieſsende Lauge nahezu so viel Grade zeigt als der
aufgegebene Spiritus.
Der schlieſslich im Eluteur verbleibende Zuckerkalk ist selbstverständlich noch mit
Spiritus gesättigt, welcher nur durch Destillation rückgewonnen werden kann; zu
diesem Zwecke ist der Eluteur gleichzeitig als Destillationsapparat construirt.
Oberhalb des Siebbodens werden mittels leicht zu lösender Flanschenverbindungen
gelochte Dampfrohre eingelegt und an beiden Enden des Apparates (Fig. 13)
mit den Dampfzuleitungsventilen d verbunden. Durch
dieselben wird, nach Abschluſs der Auslaugung, direct Dampf eingelassen, während die
entstehenden Spiritusdämpfe durch das Ventil V zum
Condensator entweichen. Da beim Abdestilliren eines vollen Eluteur ein theilweises
Ueberkochen zu besorgen wäre, zieht man vorher die Hälfte der Füllung nach einer
besonderen, gleich einem Eluteur eingerichteten und zu behandelnden Kalkmilchblase
ab (in der Planskizze Fig. 1, 3
und 4 Taf. 7 mit q bezeichnet). Am Schlüsse der
Destillation bleibt, in Eluteur und Kalkmilchblase, der Zuckerkalk als eine gelbe
Flüssigkeit zurück, welche durch das Ventil z (Fig.
13 und 14) in
einen Behälter abgezogen und von hier aus zur Saturation der Rübensäfte oder zur
directen Verarbeitung an die Roh Zuckerfabrik abgegeben wird. Nach dem Abziehen des
entgeisteten Zuckerkalkes ist der Eluteur zu öffnen, auszuwaschen und die
Filterleinwand auszuwechseln; diese Arbeit erfordert sammt dem Lösen und
Neubefestigen der Dampfrohre 4 bis 5 Stunden, nach deren Verlauf der Eluteur frisch
gefüllt werden kann.
Was die Laugen betrifft, so sind die von dem Rührwerk herrührenden und bald nach der
Füllung eines Eluteur abgezogenen vermöge ihrer hohen Concentration sofort zur
Destillation geeignet; die später abgezogenen schwächeren Laugen dienen zum
neuerlichen Anmischen von rohem Melassekalk im Rührwerke, so daſs ein Uebersteigen
der Laugen von einem Eluteur zum anderen unnöthig wird und so das Batteriensystem
vollständig entfällt. Bei Anwendung von 50procentigem Spiritus werden die Laugen, so
lange sie 35 Proc. abspindeln, abdestillirt; die späteren Laugen, von 35 bis 48°
Tralles, kommen zum Anmischen von rohem Melassekalk ins Rührwerk. Zum Entgeisten der
ersten Laugen dienen vier im Erdgeschoſs des Lauglocales angeordnete Laugenblasen
(in der Planskizze Fig. 1 Taf.
7 mit r bezeichnet), eventuell ein ununterbrochen
arbeitender Colonnenapparat, durch welchen sich eine wesentliche Ersparniſs an
Brennmaterial erzielen läſst. Besonders wenn die als Düngemittel dienenden
Durchschnittsanalysen.
Textabbildung Bd. 235, S. 367
Zuckerkalk; Lauge; Zucker; Wasser;
Asche; Organ. Substanz; Zuckerquotient; Balling; Zucker; Nichtzucker;
Zuckerquotient; Verfahren; 1878 September; October; November; December; 1879
Januar; Februar; September; October; November; December; Alleinverarbeitung von
Zuckerkalk (ohne Einwurf). Zuckerkalk untersucht in Gröningen; Scheibler-Seyfert; Verarbeitung im Tag 12700k; Moritz
Weinrich; Verarbeitung im Tag 16500k;
Verarbeitung im Tag 20000k.
entgeisteten Laugen auf gröſsere Entfernungen transportirt
werden sollen, empfiehlt es sich zur Destillation nur Heizschlangen und keinen
directen Dampf zu verwenden, um die Laugen möglichst concentrirt zu erhalten.
Nachdem vorstehend die Betriebsführung des neuen
Verfahrens entwickelt wurde, erübrigt uns noch die Darstellung der Betriebsresultate. Diese lassen sich aus der
beigegebenen Tabelle beurtheilen, welche die durchschnittlichen Resultate von 2
Campagnen der Peceker Zuckerfabrik von Moritz Weinrich
enthält und speciell dadurch interessant ist, als während der ersten Monate der
vorjährigen Campagne nach dem Scheibler-Seyfferth'schen
Verfahren gearbeitet wurde. Wir entnehmen dieselben theilweise dem
Commissionsberichte des Centralvereines für Rübenzuckerindustrie in
Oesterreich-Ungarn, theilweise directen Mittheilungen der genannten Fabrik.
Zur Beurtheilung der Betriebskosten dienen folgende Angaben:
Bei 100k verarbeiteter
Melasse entfallen für:
Arbeitslohn:
Kesselhaus und Maschinenwärter
5,1 Pf.
Bereitung des Kalkes
6,0
Mischapparat und Brechwerk
11,0
Rührwerk, Destillation und Herrichtung der
Eluteurs
6,8
28,9 Pf.
–––––
Material:
Oel und verschiedenes Beleuchtungsmaterial
10,2
Filterleinwand
6,8
Riemen, Schmiermaterial und Verschiedenes
11,9
Spiritus (etwa 0l,5
absoluter Spiritus für 100k
Melasse)
25,5
Kohle (80k
Buschtehrader Kleinkohle)
89,7
144,1
–––––
Assecuranz
6,0
Reparaturen
17,0
––––––––––––––––––
Summe
196,0 Pf.
Der bedeutendste Ausgabeposten, die Kohle, läſst sich bei gutem Brennmaterial und bei
Laugendestillation in ununterbrochen arbeitenden Colonnenapparaten sicher um 30 bis
40 Proc. ermäſsigen, so daſs die Verarbeitungskosten von 100k Melasse – entsprechend durchschnittlich 35k wiedergewonnenem Rohzucker – auf 1,60 M.
herabgebracht werden können. Hierzu kommen noch die Kosten der Centralleitung und
die Amortisation; letztere beziffert sich, nachdem für 18t Melasseverarbeitung die Herstellung der Gebäude
etwa 50000 M. und die Einrichtung höchstens 150000 M. erfordern, bei einem Satze von
10 Proc. auf jährlich 20000 M., somit bei 120 Arbeitstagen von je 18t Verarbeitung auf 0,92 M. für 100k Melasse. Wenn wir schlieſslich noch für
Centralleitung und Mehrkosten in der Rübenfabrik 25 Pf. annehmen, stellen sich die
gesammten Verarbeitungskosten von 100k Melasse auf
3,13 M. Dagegen den Verkaufswerth der Melasse mit 8 M. für 100k, die erzielbare Ausbeute an Füllmasse mit 58k und den daraus auszubringenden Rohzucker mit
35k zum Preise von 60 M. für 100k angenommen und endlich 23k neue Melasse in Rechnung gezogen, ergibt sich
ein reiner Nutzen von
nahezu 12 M. auf 100k Melasse, ganz abgesehen von
dem bedeutenden Dungwerthe der entgeisteten Laugen.
Allerdings ist dieser Vortheil nur dann ausgiebig zu verwirklichen, wenn der
gewonnene Zuckerkalk in bedeutenderem Maſse den Rübensäften zugesetzt werden kann;
daſs das Weinrich'sche Verfahren auſser den billigen
Betriebskosten einen Zuckerkalkzusatz bis zu 10 Procent der verarbeiteten Rüben
gestattet und auſserdem die directe Verarbeitung des gewonnenen Zuckerkalkes auf
Rohzucker ermöglicht, kann für den praktischen Betrieb nicht hoch genug angeschlagen
werden.
W–n.