Titel: | Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von Victor Griessmayer. |
Autor: | Victor Griessmayer |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 379 |
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Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von
Victor
Grieſsmayer.
(Fortsetzung des Berichtes S. 311 dieses
Bandes.)
Grieſsmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei.
Mittheilungen aus dem Carlsberger Laboratorium.
Unter diesem Titel ist der zweite Band von Abhandlungen
erschienen, welche aus dem von Jacobsen gegründeten
Laboratorium in der Brauerei Carlsberg bei Kopenhagen (vgl. 1878 229 278) ausgegeben
werden.
1) Ueber die Diastase; von J.
Kjeldahl.
In der Einleitung zu dieser Abhandlung erklärt Kjeldahl die Terminologie, welche er gewählt hat, um
seinen Analysen einen präcisen Ausdruck zu geben. So bezeichnet er mit
Reductionskraft (R) die Procent Glycose, welche die in Lösung befindliche
Trockensubstanz enthält. Bei anderen Analysen wieder erwähnt er das Totalgewicht des
in einer Lösung enthaltenen Zuckers (Glycose) in Volumprocent. Der Grund, warum er
meistens nur von Glycose und nicht von Maltose spricht, obwohl er immer nur mit
Maltose zu thun hat, liegt darin, daſs er die für seine Versuche gleichgültige Frage
umgehen will, ob ein Theil der Fehling'schen Lösung auch durch die mit anwesenden
Dextrine reducirt wird. Sicherlich war diese Ausdrucksweise keine nothwendige; aber
es würde zu weit führen, alle seine Glycosewerthe in Maltose umzurechnen.
Ein Beispiel wird seine Ausdrucksweise klarmachen. Liegt eine Lösung von 250cc vor, welche 3 Proc. Trockensubstanz und 1 Proc.
Zucker enthält, so ist R = 33 und das Totalgewicht des Zuckers 2g,5.
Die Trockensubstanz in einer Lösung wurde bestimmt aus dem specifischen Gewichte
demselben unter Zuhilfenahme des von O'Sullivan
aufgestellten Divisors 385 (der für Maltose und Dextrin gleich ist, indem le beider
Substanzen gelöst zu 100cc eine Flüssigkeit von
1,00385 sp. G. erzeugt). Demgemäſs enthält z.B. eine Lösung von 1,02650 sp. G. =
(2650 : 385 =) 6,88 Proc. Trockensubstanz.
Zu jedem Versuche nahm Verfasser 10g lufttrockne
Stärke mit 8g,1 Trockensubstanz, die er mit der
4fachen Menge Wasser von 40° überschüttete und dann siedendes Wasser zugoſs. Er rührte
das Ganze mit dem Thermometer um, bis Alles verkleistert war. Nachdem die Masse auf
die Temperatur heruntergegangen war, bei welcher der Versuch stattfinden sollte,
brachte man sie in einem Becherglase ins Wasserbad, dessen Temperatur einige Grade
höher gehalten wurde. Bei Versuchen, die bei 70 bis 80° stattfinden sollen, beträgt
die Temperaturdifferenz 3 bis 4°; bei Versuchen, die bei 30 bis 40° durchgeführt
werden sollen, ist sie fast Null.
Seinen Normalmalzauszug stellte Verfasser in folgender Weise dar: Frisches Darrmalz
wurde mit 4 Th. Wasser übergössen, ½ bis 1 Stunde unter lebhaftem Umrühren digerirt
und dann durch ein Sackfilter geschüttet. So lange die Flüssigkeit trübe ablief,
wurde sie immer wieder zurückgegossen, bis sie nach einigen Stunden ganz klar
filtrirte. Dann bestimmte er den Trocken- und Glycosegehalt derselben. Im Mittel
enthielt dieselbe 4,4 Proc. Trockensubstanz und 1,7 Proc. Glycose, was einem R = 38
entspricht. In der Regel wurde solcher Malzauszug nur einen Tag lang verwendet. War
es aber der Versuche halber nothwendig, ihn 2 bis 3 Tage aufzuheben, so stellte man
ihn in Eis, wo er sich ganz gut hielt. Mit Alkohol oder einem ähnlichen Mittel wurde
er absichtlich nicht gefällt, weil er hierdurch sehr leicht verändert wird. Der
Zucker wurde auf verschiedene Weise bestimmt, aber immer als Glycose: 1) als
Kupferoxydul unter Zuhilfenahme der Soxleth'schen Asbestfilter, 2) als im
Wasserstoffstrom reducirtes Kupfer, 3) nach der gewöhnlichen Titrirmethode und 4)
nach Reischauer's letzter Methode.
Einfluſs der angewendeten Menge von Diastase auf die
Production des Zuckers. Um das Verhältniſs zwischen der angewendeten
Diastasemenge und der gebildeten Zuckermenge festzustellen, wurden mehrere Portionen
Stärke – jede zu 10g – mit verschiedenen Mengen
Malzauszug behandelt unter sonst gleichen Bedingungen. In der ersten Versuchsreihe
arbeitete man bei 57°, in der zweiten bei 55°. Die Versuche dauerten immer nur 10
Minuten.
Malzextract
Zucker nach Correctionfür den Malzauszug
Trocken-substanz
Reductions-kraft
1)
2cc
0,313cc
3,26cc
9,6
2)
4
0,596
3,26
18,3
3)
6
0,864
3,29
26,2
4)
8
1,070
3,32
32,0
5)
10
1,190
3,33
36
6)
12
1,300
3,35
39.
Zur besseren Veranschaulichung gibt Verfasser seine Versuche immer auch noch in
Curven, deren Ordinaten stets die Reductionskräfte sind, während die Abscissen je
nach den Versuchen verschiedene Werthe repräsentiren, also in obigem Falle die
verwendeten Cubikcentimeter Malzauszug. Man sieht aus diesen Versuchen, daſs die
Zuckerproduction Anfangs mit der Diastasemenge in gleichem Verhältnisse
vorschreitet, während sie später hinter dieser zurückbleibt.
Malzauszug
Reduction
1)
2cc
10,7
2)
4
12,5
3)
6
27,5
4)
9
38,2
5)
12
43,6
6)
18
44
7)
20
44,8
8)
30
45,7.
Auch diese Versuche zeigen, daſs die Zuckerproduction Anfangs der verwendeten Menge
Malzauszug proportional ist. Sobald aber die Reductionskraft über 30 (= etwa 45
Proc. Maltose) geht, steigt der Zuckergehalt in schwächerer Proportion; erreicht er
aber 44 (= 66 Proc. Maltose ungefähr), so steht er fast gänzlich still. Eine
Vermehrung des Malzauszuges von 12 auf 30cc
bewirkt nur noch eine Vermehrung der Reductionskraft von 43,6 auf 45,7 (oder von 66
auf 69 Proc. Maltose).
Es ergibt sich daher aus diesen Versuchen folgendes Gesetz
der Proportionalität: „Das Verhältniſs zweier Malzauszüge bezüglich ihres
Gehaltes an Diastase (Fermentkraft) läſst sich ausdrücken durch die
Reductionskraft, die sie äuſsern, wenn beide auf dieselbe Stärkemenge, bei
derselben Temperatur und während derselben Zeit einwirken und die Reduction
25 bis 30 nicht überschreitet.“ Auf diesem Gesetze beruht die
Messung der Fermentkraft. Aber es ist absolut nothwendig, daſs man mit den geringen
Reductionen arbeitet. Bei den höheren ist das Verhältniſs nicht mehr zu
unterscheiden.
Im Verlaufe seiner Untersuchungen überzeugte sich Verfasser, daſs das rasche
Erkaltenlassen seiner Flüssigkeiten zur Beendigung der Versuchszeit fehlerhafter ist
als das rasche Zumsiedenbringen, da hierbei die Diastase viel mehr noch einzuwirken
Gelegenheit hat, weshalb er später immer letztere Methode anwendete. O'Sullivan hat das Erkaltenlassen angewendet, um
festzustellen, daſs die Flüssigkeit nach dem Sieden und Filtriren keine Jodreaction
mehr gab, sobald sich die nach seinen Gleichungen nöthige Zuckermenge gebildet
hatte. Brachte er aber umgekehrt die Flüssigkeit zum Sieden, so lange sie noch den
kleinen Rest Stärke enthielt, der immer ungelöst bleibt, so wurde sie nach dem
Filtriren durch Jod blau oder braun gefärbt. Da diese Reaction hier nicht dazu
diente, um die fortschreitende Umwandlung der Stärke zu beurtheilen, so lag wenig
daran, ob die Flüssigkeit durch das Sieden die Eigenschaft, mit Jod gefärbt zu
werden, erhielt oder nicht. Doch kann nach Kjeldahl die
Reaction, welche die Flüssigkeit mit Jod gibt, selbst bis zu dem Augenblick, wo man
die höchste Reduction erreicht (44), nicht dem Einflüsse der Siedhitze zugeschrieben
werden, sondern dem Umstände, daſs die Flüssigkeit bis zu dieser Grenze Dextrine
enthält, die durch Jod gefärbt werden (= Erythrodextrine). Ist die Reduction gleich
15, so wird die Flüssigkeit nach dem Sieden und Filtriren vollständig klar und mit
Jod blau gefärbt. Fügt
man nun zu dieser filtrirten Lösung dasselbe Volumen Malzauszug wie oben und läſst
die Mischung bei derselben Temperatur und während derselben Zeit digeriren, so wird
die Reduction bis gegen 30 wachsen. Durch Sieden sollte man nun keine Substanzen in
Lösung bringen, die durch Jod gefärbt werden, da die Flüssigkeit vollkommen klar
war, und dennoch wird sie hierdurch braun gefärbt. Nimmt man an, daſs die blaue
Färbung im vorigen Falle nur von Stärkespuren herkam, die durch das Sieden in Lösung
gingen, so hätte sie durch die zweite Behandlung mit Diastase verschwinden müssen.
Kurz, Verfasser fand, daſs einer bestimmten Reductionskraft stets auch eine
bestimmte Jodreaction entspricht, daſs die Färbung mit Reductionen unter 20 blau
oder violett, mit Reductionen zwischen 20 und 30 rothbraun und braun wurde, dann
durch mehrere gelbe und gelblich braune Nuancen hindurchging und, als die Reduction
ihr Maximum 44 erreichte, sich auf die Farbe der Jodlösung (mit geringer
Verstärkung) beschränkte. Dies stimmt gut mit der ersten Behauptung von Musculus, daſs die Abschwächung der Jodreaction einen
Maſsstab bildet für den Fortschritt der Zuckerbildung, und daſs letztere für beendet
angesehen werden kann, wenn Jod keine Färbung mehr gibt. Ebenso ist diese Auffassung
aber auch in Uebereinstimmung mit der neueren Theorie von Musculus und Gruber, wonach sich bei der
Verzuckerung eine Reihe von Spaltungen abspielt, bei welcher Dextrine von immer
geringerem Moleculargewicht erzeugt werden, „hohe“ und „niedere“
Dextrine, die sich in „hohe“ Dextrine und Maltose verwandeln.
Einfluſs der Temperatur auf die Zucker ausbeute. Schon
Schwarzer und O'Sullivan haben gefunden, daſs auf eine bestimmte Temperatur erhitzter
Malzauszug keine gröſsere Zuckermenge erzeugen kann als diejenige, welche dieser
Temperatur entspricht, selbst dann nicht, wenn man sie nun bei niederer Temperatur
auf Stärke einwirken läſst. Die folgenden Versuche zeigen ebenfalls, daſs beim
Erhitzen von Malzauszug über eine bestimmte Grenze hinaus eine Schwächung seiner
Fermentkraft eintritt, die nicht nur von der Temperatur abhängt, auf welche derselbe
gebracht worden, sondern auch von der Zeit der Exposition, so daſs z.B. eine längere
Versuchsdauer bei 66° denselben Erfolg haben kann als eine kürzere bei 70°. Für
jeden der nächsten sechs Versuche wurden 10g
Stärke und 8cc Malzauszug genommen. Die
Zuckerproduction dauerte 15 Minuten bei 55°. Der Malzauszug wurde erst erhitzt und
zwar:
im Versuch Nr. 1 auf 73° während 6 Minuten R =
11,6
„ „ „ 2 „ 73 „ 15 „ „ =
8,9
„ „ „ 3 „ 65 „ 6 „ „ =
24,9
„ „ „ 4 „ 65 „ 18 „ „ =
15,2
„ „ „ 5 „ 55 „ 5 „ „ =
42,0
„ „ „ 6 „ 55 „ 15 „ „ =
42,0.
Die Diastase wird daher bei Temperaturen über 63° mehr und
mehr geschwächt, während
sie bei Temperaturen unter 63° nichts von ihrer Fermentkraft einzubüſsen scheint, ob
nun die Dauer ihrer Einwirkung lang oder kurz war.
Will man daher einen richtigen Vergleich der Fermentkräfte über und unter 63°
anstellen, so empfiehlt es sich nicht, den Malzauszug vorher zu erhitzen, sondern
vielmehr den Kleister unter raschem Einrühren in dem Malzauszuge zu lösen und die
hierbei erreichte Temperatur bis ans Ende des Versuches festzuhalten. Erhitzt man
nach Beendigung des Versuches die Flüssigkeit auf 90°, um das Ferment zu tödten, so
hat die Diastase offenbar Gelegenheit, ein wenig bei allen Temperaturen, die
inzwischen liegen, zu wirken. Wollte man z.B. den Versuch bei 40° beendigen, so
bedürfte man noch 1½ Minuten, um die Flüssigkeit von 40 bis auf 80° zu erhitzen (bei
welcher Temperatur die Diastase zerstört wird), so daſs die Diastase einige
Augenblicke auch bei 50°, 60° u.s.w. wirken würde.
Der kleine Irrthum, den man hierbei begeht, ist offenbar um so gröſser, bei je
niederer Temperatur man arbeitet, während er unbedeutend wird bei den gegen 80 zu
liegenden Graden. Da dieser Irrthum aber – wie schon oben bemerkt – noch gröſser
wird, wenn man die Flüssigkeit rasch erkältet, wenn auch mit Kochsalz und Eis, so
ist auch dieses Verfahren zu verwerfen. Am besten ist es, wenn man die Einwirkung
der Diastase auf die Stärke recht lange andauern läſst, weil sich hierdurch die
Diastase bei der Versuchstemperatur selbst erschöpft und dann bei den höheren
Temperaturen unwirksam wird, durch welche sie passiren muſs. Deshalb wurden obige
Versuche nicht mehr 10, sondern 15 Minuten lang durchgeführt.
Bei jedem Versuche wurden 8cc Malzauszug auf 200cc Kleister einwirken gelassen, die von 10g Stärke herrührten. Die Resultate derselben sind
durch eine Curve versinnlicht. Man sieht daraus, daſs die schon bei gewöhnlicher
Temperatur (17°) nicht unbedeutende Fermentkraft bis zu 50° rasch steigt, bei 54°
noch etwas höher geht, zwischen 54 und 63° fast stationär bleibt, um sodann wieder
rasch zu sinken. Während die Reduction bei 63° noch 42 beträgt, sinkt sie bei 64°
schon auf 40, bei 66,5° auf 34, bei 70° auf 18. Bei 78° beträgt sie nur noch 8.
Hierbei ergibt sich auch zugleich die bemerkenswerthe Thatsache, daſs die Temperatur
63° das Optimum darstellt. Doch kann man das ganze Intervall von 54° bis 63° als
Optimum bezeichnen. Hingegen beträgt 6 bis 7° darunter die Reduction nur noch die
Hälfte. Die entgegenstehenden Ansichten O'Sullivan's
werden als irrthümlich zurückgewiesen.
Man sieht aus der Curve auch, daſs die Zuckerausbeute in 15 Minuten langer Einwirkung
ungefähr dieselbe ist bei 20° und bei 70°, so daſs man glauben könnte, daſs die
Diastase bei beiden Temperaturen gleichzeitig einwirke. Doch findet man, daſs bei
20° die Lösung nur langsam vorschreitet, die Flüssigkeit lange dick und grünlich bleibt und auch nach
15 Minuten noch trübe ist. Bei 70° hingegen geht die Lösung so zu sagen momentan vor
sich und die Flüssigkeit wird rasch fast vollkommen klar. Selbst bei Temperaturen
über 75 und 80°, die zur Zuckerproduction so ungeeignet sind, geht die Verflüssigung
noch rasch von statten und die Flüssigkeit klärt sich gut.
Einfluſs der Versuchsdauer auf die Zuckerausbeute.
Indem man dasselbe Volumen Malzauszug (8cc) auf
dasselbe Gewicht Stärke (10g) bei derselben
Temperatur, aber bei ungleichen Zeiten einwirken lieſs, muſste die Beziehung
zwischen Ausbeute und Versuchsdauer gefunden werden. Da aber die Temperaturen selbst
auch verschiedenen Einfluſs üben, so wurde auch bei den verschiedenen Temperaturen:
18, 50, 61 und 66,5° operirt. Die Resultate sind sehr verschieden, je nachdem man
bei dem Temperaturoptimum und höher oder unter demselben arbeitet. Im ersteren Falle
erreicht die Zuckerausbeute rasch ihr Maximum; aber die Grenze, die sie erreicht,
ist sehr verschieden, je nachdem die Umwandlung bei 50 bis 61°, bei 66,5° oder bei
70,5° stattfindet. Doch sind die diesen Temperaturen entsprechenden Curven in so
fern homogen, als der gröſsere Theil der Reaction bei allen nach etwa 20 Minuten
beendet ist. Bei den niederen Temperaturen verläuft die Umwandlung anders; so steigt
z.B. die 18° entsprechende Curve während der ersten Stunde gleichförmig, und doch
bewirkt nach so langer Digestion eine weitere Stunde noch eine merkliche Vermehrung
der Zuckerbildung. So gibt eine Digestion von 10 Minuten bei 18° viel weniger Zucker
als eine solche bei 70,5°; dauert sie aber eine ½ Stunde, so ist die Ausbeute bei
beiden Temperaturen dieselbe. Verlängert man dieselbe aber auf 1 Stunde und darüber,
so ist die Ausbeute bei 18° gröſser als bei 70,5°. Es scheint daher, daſs man bei
allen Temperaturen unter 63° bei sehr lange fortgesetzter Digestion dieselbe
Ausbeute erhalten kann wie bei 63°, und daſs die Wirkung der Diastase bei allen
diesen Temperaturen in so fern dieselbe ist, als die Zuckerausbeute bei jeder
derselben die gleichen Verhältnisse erreichen kann. Bezüglich der Schnelligkeit der
Umwandlung ist es gleichgültig, ob man bei 50 oder bei 61° arbeitet.
Um zu sehen, wie sich verschiedene Diastasemengen unter sonst identischen Umständen
verhalten, lieſs man 1, 2, 3, 6 und 10cc
Malzauszug auf 10g Stärke bei 56° und
verschiedener Zeitdauer einwirken:
1cc Malzauszug gab hierbei
nach
5
Minuten
3,3
Reduction
„
10
„
4,7
„
„
20
„
9,4
„
„
60
„
11,8
„
2cc Malzauszug gaben
nach
5
Minuten
6,8
Reduction
„
10
„
9
„
„
20
„
18,5
„
„
60
„
23
„
3cc Malzauszug gaben
nach
5
Minuten
9,5
Reduction
„
10
„
14,5
„
„
20
„
27
„
„
60
„
33
„
6cc Malzauszug gaben
nach
5
Minuten
18
Reduction
„
10
„
28
„
„
20
„
42,4
„
„
60
„
45
„
10cc Malzauszug gaben
nach
5
Minuten
30
Reduction
„
10
„
41
„
„
20
„
45
„
„
60
„
46,8
„
Hieraus sieht man, daſs die Wirkung dieser verschiedenen Diastasemengen ungefähr nach
20 Minuten beendet ist und daſs zwischen 20 und 60 Minuten der Zucker zwar constant
zunimmt, aber nur äuſserst langsam. Uebrigens ist selbstverständlich eine rasche
Zuckerproduction während 20 Minuten nur mit geringen Diastasemengen zu verfolgen,
die zu schwach sind, um die Reduction bis gegen 44 zu bringen. Wendet man ein
gröſseres Volumen Malzauszug an, so ist die Maximalreduction in weniger als 20
Minuten erreicht, worauf die Zuckerbildung nur noch langsam vorschreitet. Unter den
zu den Versuchen gewählten Malzmengen genügten 6cc
gerade, um eine Reduction von ungefähr 44 hervorzubringen, und zugleich fand die
Zuckerproduction sehr energisch während 20 Minuten statt. Mit 10cc Malzauszug hat man daher schon Diastase im
Ueberschuſs; derselbe kann zwar keine besondere Zuckervermehrung hervorbringen, aber
sein Einfluſs äuſsert sich in dem rascheren Tempo der Einwirkung, die schon nach
ungefähr 15 Minuten beendet ist.
Das Messen der Fermentkraft. Da es sehr umständlich
ist, jedesmal neuen Kleister zu bereiten, zu erkälten und auf eine bestimmte
Temperatur zu bringen, so verfiel Kjeldahl auf den
Ausweg, gleich eine gröſsere Menge Kleister mit Hilfe einer ganz kleinen Menge
Malzauszug zu bereiten. Man erhält so eine leichtflüssige Masse mit nur geringem
Zuckergehalt. Man bringt sie zum Sieden und verdünnt sie nach dem Erkalten mit
Wasser bis zu einer Concentration von 3 bis 4 Proc. Dann bestimmt man genau ihren
Zuckergehalt. Mit solcher Flüssigkeit wurde bei den späteren Versuchen operirt. Man
nimmt davon 200cc, bringt sie z.B. rasch auf 60°,
indem man das Reagensrohr einige Augenblicke in siedendes Wasser steckt, bringt es
dann in ebenfalls auf 60° erwärmtes Wasserbad, erzeugt nun durch Zugabe von
Malzauszug eine neue Zuckerbildung und beendet den Versuch nach 20 Minuten durch
rasches Sieden der Flüssigkeit. Nun kann man die Wirkung des Malzauszuges taxiren
nach der gefundenen Zuckermenge abzüglich der im Kleister schon vorher vorhandenen
Menge, also nach der Zuckerzunahme.
Bei den folgenden Versuchen wurde immer eine Temperatur von 57 bis 59° eingehalten während
20 Minuten. Die Action des Fermentes ist in diesem Kapitel immer ausgedrückt als
Function der von dem angewendeten Malzauszugsvolumen producirten Totalglycose. Die
Reductionskraft wurde im Allgemeinen nicht berechnet, aber man trug Sorge, daſs sie
niemals 25 bis 30 überschritt (Gesetz der Proportionalität). Bei der ersten
Versuchsreihe arbeitete man jedesmal mit 200cc;
dieses Volumen wurde dann auf 250cc gebracht zur
Analogie mit den Versuchen der ersten Abtheilung. Später wurden nur 100cc genommen, die man auf 130cc brachte, um das Proberöhrchen ausspülen zu
können.
Wird die Wirkung des Fermentes durch das Gesammtgewicht des Zuckers ausgedrückt, so
schadet diese Differenz nichts bei Vergleichung der Analysen; z.B. in einem Versuche
lieſs man 0cc,5 Malzauszug auf 200cc Versuchsflüssigkeit einwirken und, nachdem man
das Volumen auf 250cc gebracht hatte, fand man 0,4
Proc. Zucker, entsprechend einem Gesammtgewicht von 1g. Da also die 200cc Versuchsflüssigkeit
im Ganzen 0g,64 Zucker enthalten, so beträgt die
Zunahme 0g,36. Bei einem anderen Versuche wirkte
dasselbe Volumen Malzauszug (0cc,5) nur auf 700cc Versuchsflüssigkeit ein. Nachdem man es mit
Wasser bis auf 730cc verdünnt hatte, fand man
0,523 Proc. Zucker, entsprechend einem Gesammtgewicht von 0g,68, wovon 0g,32 von der Versuchsflüssigkeit herrühren; der Zuwachs an Zucker, den 0cc,5 Malzauszug in diesem Falle erzeugten, ist
also 0g,36 wie im ersten Versuche.
Was die Versuchsflüssigkeit betrifft, so kann man dieselbe nach zwei Methoden
bereiten. Entweder löst man den Kleister mit so wenig Malzauszug wie möglich, indem
man den letzteren beim Temperaturoptimum einwirken läſst, oder man wendet eine
gröſsere Menge Malzauszug an, indem man Sorge trägt, bei einer Temperatur zu
arbeiten, welche den Grenzen der Diastasewirksamkeit nahe liegt, um zu verhindern,
daſs die Zuckerproduction eine gewisse Grenze überschreitet. Die erstere Methode
wurde zunächst angewendet.
250g Stärke wurden verkleistert und bei ungefähr
55° mit 25cc Malzauszug von gewöhnlicher Stärke (1
: 4) behandelt, wodurch in einigen Minuten Lösung entstand. Nach einer Digestion von
20 Minuten brachte man die Flüssigkeit zum Sieden, lieſs sie dann erkalten und
verdünnte sie mit Wasser auf 5l. Ihr Gehalt an
Trockensubstanz betrug dann 4,1 Proc., wovon 0,03 vom Malzauszuge herrührten und
4,07 Proc. von der Stärke. Der Zuckergehalt betrug 0,443 Proc., wovon 0,43 der
Stärke angehörten, was einer Reductionskraft von (43 : 4,07 =) 10,6 entsprach. Die
Anfangs klare Lösung bedeckte sich während des Erkaltens mit einem Häutchen und sah
dann aus wie Milch. Die suspendirte Substanz bestand, unter dem Mikroskop
betrachtet, aus ganz kleinen runden Körnern, viel kleiner noch als Nägeli's
Amylodextrinkrystalle; auch befanden sich fadenförmige Gebilde darunter. Die Lösung
war noch flüssig; aber
nachdem man sie einige Zeit sich selbst überlassen hatte, wurde sie zusehends dicker
und die Zuckerproduction dann etwas unregelmäſsig, so daſs man die Methode
verlieſs.
Bessere Resultate erhält man mit der zweiten Methode, indem man mit gröſseren Mengen
Malzauszug, aber bei höherer Temperatur arbeitet. 250g Stärke wurden in einer Pfanne verkleistert und diese ins Wasserbad
gebracht. Als der Kleister 80° erlangt hatte, vermischte man ihn mit 200cc Malzauszug, der vorher auf 60 bis 65° erhitzt
war. Die Lösung trat sofort ein. Man hielt die Flüssigkeit 20 Minuten auf 78 bis 80°
und brachte sie dann zum Sieden. Beim Abkühlen wird dieselbe trübe, doch
verschwindet dieser Fehler beim Filtriren. Das klare Filtrat wird dann mit Wasser so
verdünnt, daſs es 3,30 Proc. Extract hat, wovon 3,16 von der Stärke herrühren, und
0,318 Proc. Zucker, wovon 0,265 auf die Stärke kommen. Die Reductionskraft ist hier
nur (26,5 : 3,16 =) 8,4.
Indem Kjeldahl so verschiedene Mengen Malzauszug auf
200cc Versuchsflüssigkeit bei 57° 20 Minuten
einwirken lieſs, erhielt er folgenden Zuwachs an Zucker:
0,5cc Malzauszug lieferte 0,35g
1,0 „ „ 0,69
Differenz 0,34g
1,5 „ „ 1,03
„ 0,34
2,0 „ „ 1,36
„ 0,33
2,5 „ „ 1,66
„ 0,30
3,0 „ „ 1,91
„ 0,25
3,5 „ „ 2,07
„ 0,16
4,0 „ „ 2,15
„ 0,08
Diese Zahlen zeigen deutlich, daſs das Gesetz der Proportionalität hier befolgt wurde
und die Versuchsflüssigkeit sich daher zum Messen eignet. Ein Abweichen vom Gesetze
wird erst fühlbar, wenn man mehr als 2cc
Malzauszug anwendet, was ungefähr einer Reductionskraft von 28 entspricht. Als
Grenze des Gesetzes wurde R = 25 bis 30 aufgestellt.
(Fortsetzung folgt.)