Titel: | Zur Bestimmung der atmosphärischen Feuchtigkeit. |
Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 66 |
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Zur Bestimmung der atmosphärischen
Feuchtigkeit.
Mit Abbildungen auf Tafel 7.
Zur Bestimmung der atmosphärischen Feuchtigkeit.
Die Bestimmung der atmosphärischen Feuchtigkeit mittels Wasser anziehender Stoffe
(vgl. * 1879 234 49) scheint weiteren Beifall zu linden.
A. v. Hasselt (Zeitschrift
für analytische Chemie, 1880 S. 67) verwendet zu diesem Zweck eine Flasche
a (Fig. 13
Taf. 7) von etwa 250cc Inhalt, welche mit einem
dreifach durchbohrten Kautschukstopfen verschlossen ist. Durch die mittlere Oeffnung
dieses Stopfens geht ein Thermometer t, während sich in
den beiden andern Bohrungen rechtwinklig gebogene Glasröhren a und b befinden, welche durch Glashähne
geschlossen werden können und wovon die Röhre a bis auf
den Boden der Flasche reicht und dazu dient, die Luft einzuführen. Das zweite Rohr
b reicht nur eben in die Flasche und ist durch
einen Gummischlauch d und einem darüber gezogenen
weiteren Schlauch c, deren Zwischenraum mit Oel gefüllt
ist, um die Diffusion zu verhüten, mit dem Manometer verbunden. Letzteres besteht
aus zwei mit Baumöl gefüllten und durch einen Gummischlauch verbundenen Glasröhren
g und h (vgl. * 1879
234 50).
Bei der Ausführung einer Bestimmung wird nun eine dünnwandige Glaskugel i von etwa 1cm
Durchmesser, in welcher etwa 0g,2 wasserfreie
Phosphorsäure eingeschmolzen ist, in die Flasche a
gebracht; dann saugt man längere Zeit Luft durch den Apparat, indem man mit dem
doppelten Gummischlauch eine Luftpumpe statt des fortgenommenen Manometers
verbindet. Nun schlieſst man die Hähne, liest Thermometer und Barometer ab, setzt
das Manometer wieder an und stellt durch Oeffnen des Hahnes von b die Verbindung zwischen Manometer und dem Innern der
Flasche her, bringt die Oelsäulen in beiden Glasröhren h und g in gleiche Höhe und bezeichnet den
Stand des Oeles auf der Röhre g. Hierauf schlieſst man
wieder den Hahn bei b und zertrümmert durch Schütteln
der Flasche das Kügelchen i. Wenn die Temperatur,
welche durch die schnelle Wasserabsorption etwas steigt, wieder die gleiche ist als
bei Anfang des Versuches, stellt man die Verbindung mit dem Manometer wieder her,
senkt das Rohr h so weit, daſs das Oel in g wieder an der alten Stelle steht, die trockne Luft
also nun denselben Raum einnimmt wie zuvor die feuchte. Man liest nun ab, um wie
viele Millimeter das Oel in h tiefer steht als in g; ebenso beobachtet man den Barometerstand. – Das von
dem Verfasser benutzte Olivenöl hatte bei 11° ein specifisches Gewicht von 0,918.
War nun der Barometerstand während des Versuches derselbe geblieben, so ergab eine
Division der abgelesenen Millimeter Oel durch 14,81 den Dunstdruck des Wasserdampfes
in Millimeter Quecksilber.
F. Rüdorff (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 149) setzt in die drei Hälse der
etwa 1l fassenden Flasche F (Fig. 14
Taf. 7) eingeschliffene durchbohrte Stöpsel; der mittlere (r) trägt die in 0cc,1 getheilte
Hahnbürette P, der rechte (s) ein bis fast zum Boden der Flasche reichendes Glasrohr, der linke (t) das Manometer M. Der
Zweiweghahn t verbindet in der einen Stellung das
Gefäſs mit dem Manometer, in der anderen das Gefäſs mit der äuſseren Luft. Das
Manometer ist mit verdünnter Schwefelsäure von 1,30 sp. G. gefüllt, welche bei
gewöhnlicher Temperatur und Feuchtigkeit weder Wasser anziehen, noch abgeben
soll.
Zur Anstellung eines Versuches werden die Stöpsel aus den Hälsen entfernt, mit einem
kleinen Blasebalg wird die Luft aus dem Gefäſs ausgetrieben und die Stöpsel wieder
bei geöffneten Hähnen eingesetzt. Nachdem die Hähne geschlossen sind, wird die
Bürette mit Schwefelsäure gefüllt und der Hahn t so
gestellt, daſs die Verbindung des Manometers mit dem Gefäſs hergestellt ist. Der
gleichhohe Stand der Flüssigkeit im Manometer zeigt, daſs die Luft im Gefäſs unter
dem Druck der Atmosphäre steht. Läſst man nun durch Drehung des Hahnes r vorsichtig etwas Schwefelsäure in das Gefäſs
flieſsen, so wird der Wasserdampf absorbirt und das Gleichgewicht im Stande des
Manometers gestört. Durch ferneres Zulassen von Schwefelsäure wird das Gleichgewicht
wieder hergestellt und dann ist der absorbirte Wasserdampf durch ein gleiches
Volumen Schwefelsäure ersetzt. Dasselbe wird an der Bürette direct abgelesen und
durch Rechnung der Procentgehalt der Luft an Wasserdampf gefunden.
Wünscht man aus den Angaben des Apparates den Theildruck, welchen der Wasserdampf
ausübt, zu finden, so ergibt sich dieser in folgender Weise: Enthält die Luft 1
Vol.-Proc. Wasserdampf, so übt derselbe auch 0,01 des Druckes aus. Bezeichnet man
daher allgemein mit v das Volumen des in 100 Vol. Luft
enthaltenen Wasserdampfes und mit B den in Millimeter
ausgedrückten Barometerstand, so ergibt sich der Theildruck des Wasserdampfes = 0,01
v Bmm.
Abweichend hiervon ist der Vorschlag von A. Matern (Annalen der Physik, 1880 Bd. 9 S. 147). Von zwei etwa
5cm weiten und 12cm hohen cylindrischen Glasgefäſsen mit flach abgebogenen, etwas
verdickten Rändern von etwa 1cm Breite wird die
Randfläche eben abgeschliffen. Für jedes Gefäſs ist ein mäſsig gewölbter, mit
flachem und in ebensolcher Breite plan geschliffenem Rande versehener Glasdeckel
bestimmt, in welchen etwas seitlich das eine 2cm
lange Ende eines rechtwinklig gebogenen Glasrohres von 2,5 bis 3mm Weite senkrecht eingeschmolzen ist. Die 3cm langen horizontalen Theile beider Röhren sind
durch gute Gummischläuche mit den rechtwinklig abgebogenen Enden eines ebenso
weiten, halb mit Rüböl gefüllten Manometerrohres, möglichst nahe zu verbinden.
Werden die Gefäſse, nachdem ihre ebenen Randflächen mit Talg oder besser mit einer
Mischung von Talg, Wachs und Oel bestrichen und etwas Wasser in das eine gebracht
worden ist, schnell geschlossen, so läſst sich der Druck des bis zur Sättigung neu
entstehenden Wasserdampfes aus dem Manometerstand durch Rechnung ermitteln.
Durch das Andrücken der Deckel kann leicht eine in beiden Gefäſsen verschiedene
Compression der Luft, also schon hierdurch ein Druckunterschied beider Luftfüllungen
verursacht werden; auſserdem tritt in der Zeit zwischen dem Eingieſsen des Wassers,
dem Aufsetzen und Andrücken der Deckel eine Erhöhung des Feuchtigkeitsgehaltes der
Luft im Apparate ein. Zur Verhütung solcher Fehler ist nahe der Mitte jedes Deckels
noch ein etwa 3cm langes und 8mm weites Rohrstück eingeschmolzen, dessen auf
4mm verengtes Ende in einen flachen Rand
ausläuft, welches mit einem getalgten Glasplättchen verschlossen wird.
Um nach dem Schlieſsen des Apparates die Verdunstung möglichst zu beschleunigen,
stellt Matern in das Gefäſs eine aus zwei Lagen
Filtrirpapier auf ein Korkscheibchen gewickelte und fest gebundene, vielfach mit
Oeffnungen versehene Rolle, welche halb so weit wie das Gefäſs ist und vom Boden bis
nahe an den Deckel reicht. Um Wasser in das Condensationsgefäſs zu bringen, ohne
daſs der Feuchtigkeitsgehalt der Luft im Innern sich ändert, wird eine 4 bis 5g Wasser fassende Kugelpipette benutzt, deren 2cm langer und 4mm dicker Hals fest durch einen durchbohrten Korkstopfen gesteckt ist,
während das 3cm lange Ausfluſsrohr so verengt ist,
daſs das Wasser nur heraustropfen kann. Nachdem die Pipette gefüllt ist, wird sie
oben mit etwas Wachs geschlossen, so daſs kein Wasser heraustropft, und dann mittels
des Korkes fest, aber undicht in das Deckelrohr eingeklemmt.
Der Apparat wird nun in folgender Weise gebraucht. Nachdem die Gefäſse am Rande
gleichmäſsig dünn eingetalgt worden sind und hinreichend lange im Beobachtungsraume
gestanden haben, um seine Temperatur anzunehmen, wird eine Flieſspapierrolle in das
Condensationsgefäſs gestellt, das Deckelpaar mit dem Manometerpaar aufgelegt, wobei
die Pipette sich in die Papierrolle senkt, und blos durch Gegenpressung der
abstehenden Ränder festgesetzt. Befürchtet man dabei den Apparat durch Berührung der
Gefäſswand erwärmt zu haben, so läſst man ihn jetzt noch mehrere Minuten stehen.
Darauf wird das Deckelrohr des leeren Gefäſses mit einem fest aufgedrückten
Glasplättchen geschlossen, die Wachsdecke der Pipette mit einer Nadel durchstochen
und dann die Rohrmündung mit einem anderen Glasplättchen sofort fest bedeckt. Das
Wasser tropft nun langsam auf die Korkscheibe der Papierrolle, so daſs letztere in 2
bis 3 Minuten völlig durchtränkt und damit auch die Luft mit Wasserdampf gesättigt ist. Läſst man dem
Apparate dann noch einige Zeit, so zeigt sich unter Umständen eine geringe und
deshalb meist schwer nachzuweisende Nachwirkung im Steigen, wenn das eingefüllte
Wasser die herrschende Temperatur hatte. Diese Nachwirkung rührt daher, daſs die zur
Verdunstung nöthige Wärme dem feuchten Papier entzogen und dadurch eine geringe
Druckverminderung verursacht wird, die sich erst dann ausgleicht, wenn die
Temperatur im Innern wieder derjenigen der Umgebung gleich geworden ist.
Zum Schutz gegen Temperaturungleichheiten erhält der Apparat in einem mit abnehmbarem
Deckel versehenen leichten Holzkasten eine erhöhte Aufstellung. Etwa 8cm über der Standfläche wird ein Brettchen mit
runden Ausschnitten fest angebracht, deren Durchmesser demjenigen der Gefäſse und
deren Abstand dem der beiden Deckel gleich ist. Ein dritter Ausschnitt in dem
Brettchen gestattet die Durchführung des Manometers und hinter demselben die feste
Aufstellung eines Maſsstabes, an welchem die Druckdifferenz abzulesen ist. Zur
Ablesung des Manometers und eines daneben aufgestellten Thermometers wird aus der
Vorderwand des Kastens ein Streifen von hinreichender Länge und Breite
ausgeschnitten.
Aus dem Barometerstande ergibt sich nun der Druck durch folgende
Rechnung. Das freie Volumen des Condensationsgefäſses (abzüglich Pipette und
Korkscheibe) bis zur Manometerflüssigkeit, wenn dieselbe noch keinen
Höhenunterschied zeigt, sei V, das des andern Gefäſses
V' Cubikcentimeter. Bei der Absperrung sei der
Barometerstand b, der Dunstdruck ecm Quecksilber, die
Temperatur t, das specifische Gewicht des Rüböles im
Manometer s=0,925-\frac{t}{1500}, das des Quecksilbers
\sigma=13,6. Ferner betrage zur Zeit der Ablesung der
Höhenunterschied des Oeles im Manometer hcm, dessen Querschnitt gqc, die Temperatur T und der entsprechende Druck des gesättigten
Wasserdampfes Ecm;
dann ist der Druck in den Gefäſsen:
E+(b-e)\,\frac{V}{V+\frac{q\,h}{2}}\
\frac{1+\alpha\,T}{1+\alpha\,t}, bezieh.
b\,\frac{V'}{V'-\frac{q\,h}{2}}\
\frac{1+\alpha\,T}{1+\alpha\,t},
worin \alpha=0,003665. Hieraus ergibt sich die
Gleichung:
\frac{h\,s}{\sigma}=E+(b-e)\,\frac{V}{V+\frac{q\,h}{2}}\
\frac{1+\alpha\,T}{1+\alpha\,t}-b\,\frac{V'}{V'-\frac{q\,h}{2}}\
\frac{1+\alpha\,T}{1+\alpha\,t} oder
e=\frac{E-\frac{h\,s}{\sigma}-\frac{b\,q\,s}{2}\
\frac{V+V'}{\left(V+\frac{q\,h}{2}\right)\ \left(V'-\frac{q\,h}{2}\right)}\
\frac{1+\alpha\,T}{1+\alpha\,t}}{(1+\alpha\,T)\,:\,(1+\alpha\,t)}\,\left(1+\frac{q\,h}{2\,V}\right).
Bei den angegebenen Gröſsenverhältnissen darf der Factor
1+\frac{q\,h}{2\,V}, sowie der Factor
\frac{1+\alpha\,T}{1+\alpha\,t} des letzten kleinen Gliedes
in Dividenden weggelassen, \left(V+\frac{q\,h}{2}\right)\
\left(V'-\frac{q\,h}{2}\right) durch V\,\times\,V'
und (1+\alpha\,T)\,:\,(1+\alpha\,t) im Divisor durch
1+\alpha\,(T-t) ersetzt werden, so daſs
e=\frac{E-h\,c}{1+\alpha\,(T-t)}. Die Hilfsgröſse
c=\frac{s}{\sigma}+\frac{b\,q}{2}\ \frac{V+V'}{V\,V'} kann
für einen mittleren Barometerstand berechnet und als Constante des Apparates
angesehen werden, da selbst bei 3cm über oder
unter dem mittleren Barometerstande der aus dieser Annahme erwachsene Fehler von h noch nicht 1 Proc. betragen kann. Ob der Divisor
1+\alpha\,(T-t) zu berücksichtigen oder zu vernachlässigen
ist, läſst sich für den einzelnen Fall daraus beurtheilen, daſs eine
Temperaturänderung von T-t=2,75^\circ für e einen Fehler von 1 Proc. gibt.
Der Vorzug eines mit einem geschlossenen Räume in Verbindung
stehenden Manometers vor einem nach auſsen sich öffnenden liegt nach Matern, abgesehen von der Unabhängigkeit von
barometrischen Schwankungen, ganz besonders in dem zuverlässigen Verhalten gegen
Temperaturänderungen, welche am offenen Manometer eine Druckänderung von mehr als
0mm,25 für 0,10 verursachen, dagegen bei dem
in ein Gefäſs mündenden Manometer gar nicht einwirken, wenn man dem Apparate Zeit
zum Temperaturausgleich beider Gefäſse läſst. Bios auf die Gröſse von E hat hier eine Temperaturänderung Einfluſs, der aber
nur zu geringen Fehlern Veranlassung geben kann.
Werden die Messungen in einem Räume angestellt, in welchem die
Temperatur nicht wechselt, so kann man die Bedeckung des zweiten Gefäſses
unterlassen, den Apparat also mit offenem Manometer gebrauchen, wodurch die
Constante c=\frac{s}{\sigma}+\frac{b\,g}{2\,V} wird.
Derselbe Apparat, aber ohne Flieſspapierfüllung, läſst sich auch als
Absorptionshygrometer verwenden, wenn man statt Wasser concentrirte Schwefelsäure
eintropfen läſst.
Unter Beibehaltung der früheren Bezeichnungen ist dann der Druck
im Absorptionsgefäſse:
(b-e)\,\frac{V}{V-\frac{q\,h}{2}}\
\frac{1+\alpha\,T}{1+\alpha\,t},
im anderen Gefäſse:
b\,\frac{V}{V'+\frac{q\,h}{2}}\
\frac{1+\alpha\,T}{1+\alpha\,t},
woraus nach Anbringung der erwähnten Vereinfachungen
e=\frac{h\,c}{1+\alpha\,(T-t)} wird und bei Anwendung von
offenem Manometer:
e=\frac{b\,\alpha\,\frac{T-t}{1+\alpha\,t}+h\,\left(\frac{s}{\sigma}+\frac{b\,q}{2\,V}\right)}{1+\alpha\,(T-t)}.
Von diesen drei Apparaten ist der von Rüdorff als der
beste zu bezeichnen; doch wäre es wünschenswerth, wenn er gegen
Temperaturschwankungen geschützt würde. Weniger empfehlenswerth ist der Apparat von
Matern, da ein derartiger Cylinderverschluſs und
das Einführen von Filtrirpapier, welches leicht Feuchtigkeit abgeben oder ansaugen
kann, noch bevor das Gefäſs geschlossen wurde, nicht unbedenklich ist. Der Apparat
von A. v. Hasselt ist schwerfällig, sein Oelschutz des
Gummischlauches völlig überflüssig, sobald nur gutes Gummi verwendet wird. Der durch
das bewegliche Manometer erreichte Vortheil des gleichbleibenden Volumens wird
reichlich aufgewogen durch die Unmöglichkeit, in dem Gläschen i Luft von
gleicher Spannung einzuschlieſsen, wie die im Apparat befindliche, sowie durch das
Wechseln des Manometers. Zum Füllen des Manometers zieht Referent übrigens das bei
etwa 250° siedende Erdöl vor, welches völlig unempfindlich gegen Feuchtigkeit ist,
nicht verharzt und sich weit genauer einstellt als Baumöl und Rüböl. (Vgl. Ferd. Fischer: Chemische Technologie der Brennstoffe.
Braunschweig 1880. Friedr. Vieweg und Sohn.)