Titel: | Zur Kenntniss der Farbstoffe der aromatischen Gruppe. |
Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 73 |
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Zur Kenntniſs der Farbstoffe der aromatischen
Gruppe.
Zur Kenntniſs der Farbstoffe der aromatischen Gruppe.
Alizarin, Isopurpurin und Flavopurpurin zeigen so charakteristische Reactionen, daſs ihre Erkennung,
wenn rein, keine Schwierigkeiten macht; sie ist aber sehr schwer, wenn diese
Farbstoffe als Gemische vorkommen, weil sie sich gegen Lösungsmittel sehr ähnlich
verhalten und ihre charakteristischen Farbreactionen sehr an Schärfe verlieren,
sobald Beimengungen zugegen sind. Nach E. Schunck und
H. Römer (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 41) gelingt aber die Trennung
selbst bei Anwendung nur geringer Mengen durch fractionirte Sublimation. Das
Alizarin nämlich beginnt schon bei 110° zu sublimiren, das Flavopurpurin dagegen
erst bei 160° und das Isopurpurin bei 170°; ersteres ist also aus einem Gemisch der
drei Körper leicht abzuscheiden, wenn man die Temperatur unter 160° hält.
Schwieriger ist die Sublimation des Flavopurpurins aus dem zurückbleibenden Gemisch
von diesem mit Isopurpurin auszuführen. Aber dies ist kaum nöthig, da man die beiden
Körper in dem bei über 170° entstehenden Sublimat leicht unter dem Mikroskop
erkennen kann. Das Isopurpurin nämlich sublimirt in derben, wohl ausgebildeten, wie
es scheint, rhombischen Krystallen, das Flavopurpurin dagegen in feinen, rothgelben
Nädelchen. Ueberdies kann auch eine Trennung der beiden Körper auf anderem Wege
leicht ausgeführt werden, indem das Isopurpurin fast unlöslich in Benzol, das
Flavopurpurin leicht löslich darin ist. Zur Ausführung des Versuches wird das
Gemenge zwischen zwei durch einen wenige Millimeter dicken Bleiring getrennten
Glasplatten im Luftbade erhitzt.
Da selbst bei 200° noch keine Verkohlung eintritt, so läſst sich dieses Verfahren
auch zur quantitativen Bestimmung des Alizarins in derartigen Gemischen anwenden,
was in so fern wichtig ist, als das Alizarin des Handels fast immer die beiden
Purpurine beigemengt enthält. Zur Ausführung des Versuches wird das betreffende Gemisch andauernd auf
etwa 140° erhitzt, bis sich an der oberen Glasplatte keine Spur eines Sublimates
mehr zeigt, was leicht unter dem Mikroskop oder durch Betupfen der Glasplatte mit
Kalilauge zu erkennen ist. Um scharfe Zahlenangaben zu erhalten, ist es
empfehlenswerth, zunächst etwa vorhandenes Anthrachinon, Oxyanthrachinon, Anthra-
und Isoanthraflavinsäure zu entfernen.
Ueber einige Azokörper berichtet J. H. Stebbins in den Berichten
der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 43. Wird 1 Mol. Pikrinsäure
in alkoholischer Lösung mit 1 Mol. salpetersaurem Diazobenzol übergössen und einige
Zeit sich selbst überlassen, so erfüllt sich die Flüssigkeit mit langen, braunen
Nadeln, die rasch von der Mutterlauge getrennt werden müssen, da sie sich äuſserst
leicht zersetzen. Sie werden dann einige Male mit kaltem Alkohol gewaschen und unter
der Luftpumpe getrocknet. Die so erhaltene Verbindung bildet im trockenen Zustande
lange, braune, prismatische Nadeln mit starkem, metallischem Glanz, welche sehr
explosiv sind und sich bei einer Temperatur von ungefähr 70° zersetzen. Sie ist
unlöslich in kaltem, wenig löslich in heiſsem Wasser, leicht in Alkohol. Bei
längerem Kochen mit Wasser oder Alkohol findet unter Stickstoffentwicklung
Zersetzung statt und es hinterbleibt ein schwarzes, wahrscheinlich aus unreinen
Nitrophenolen bestehendes Harz. Die Analyse dieses Azobenzoltrinitrooxybenzol
bestätigt die Formel C6H5.N2.C6H
(NO2)3 OH. Wolle
und Seide wird durch dasselbe orangegelb gefärbt. Versetzt man eine alkalische
Lösung von Pyrogallol mit gleichen Molecülen salpetersaurem Diazobenzol, so färbt
sich die Lösung ziegelroth und setzt nach einigem Stehen ein rothes Pulver ab,
welches abgewaschen und aus Eisessig umkrystallisirt wird. Das so erhaltene
Azobenzolpyrogallol C6H5.N2.C6H2 (OH)3
besteht aus kleinen, rothen Nadeln, die in Wasser unlöslich, aber leicht löslich
sind in Alkohol, Nitrobenzol und Eisessig. Es färbt Wolle und Seide orangegelb.
Ueber Safraninbildung hat R.
Bindschedler (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1880 S. 207) Versuche ausgeführt, aus denen hervorgeht, daſs
Paradiamidotoluol die höchste Safraninausbeute gibt. Oxydirt man mit Kaliumdichromat
eine kochende verdünnte Lösung von 1 Mol. salzsaurem Paradiamidotoluol und 2 Mol.
salzaurem Ortho- oder Paratoluidin, so erhält man nach dem Sättigen mit kohlensaurem
Natrium und Filtriren eine sehr intensiv gefärbte Safraninlösung. Ersetzt man bei
dieser Oxydation das Toluidin durch Anilin, so erhält man ebenfalls Safranin,
wahrscheinlich ein homologes von dem von Hofmann und
Geiger hergestellten.
Oxydirt man 1 Mol. Dimethylphenylendiamin und 2 Mol. Anilinchlorhydrat in kochender
wässeriger Lösung, so erhält man einen dem Safranin sehr ähnlichen Farbstoff, dessen alkoholische
Lösung sehr stark fluorescirt und die Seide fuchsinroth färbt mit zinnoberrother
Fluorescenz.
Oxydirt man eine kalte salzsaure Lösung von 1 Mol. Dimethylphenylendiamin und 2 Mol.
Dimethylanilin bei Gegenwart von Chlorzink, so erhält man prachtvolle Krystalle, die
je nach dem Zinkgehalte der Lösung prächtigen Kupferglanz zeigen, oder grünglänzend
wie Methylgrün ausfallen. Erhitzt man die intensiv grün gefärbte wässerige Lösung
dieser Farbstoffe mit salzsaurem Anilin, so erhält man einen prachtvoll rothviolett
färbenden Farbstoff mit starker Fluorescenz, der sich gegen Reagentien wie Safranin
verhält. Leider sind diese Farbstoffe nur wenig lichtecht.
Das Alizarinblau, welches als
Indigoersatz in den Handel kommt, wird nach G. Auerbach
(Chemical News, 1879 Bd. 40 S. 238) dadurch
hergestellt, daſs man 1 Th. trockenes Mononitroalizarin, 5 Th. concentrirte
Schwefelsäure und 1,5 Th. Glycerin mischt und langsam erwärmt. Die Einwirkung
beginnt bei 107° und wird bei 200° so heftig, daſs die Masse unter Entwicklung von
Schwefligsäure und Acroleïn stark schäumt. Man gieſst nun in Wasser, kocht auf,
filtrirt ab und zieht den Rückstand noch einige Male mit verdünnter Schwefelsäure
aus, worauf sich aus dem gemischten Filtrat blaue Krystalle abscheiden, die in
wässeriger Lösung mit Borax einen braunen Niederschlag geben. Dieser wird
ausgewaschen und mit Säure zersetzt, worauf sich das reine Blau abscheidet, welches
aus Naphta, Eisessig oder Amylalkohol in Nadeln krystallisirt. Dieselben schmelzen
bei 268 bis 270° und haben die Zusammensetzung C17H11NO4.
Ueber den Schwefel haltigen Farbstoff aus
Paraphenylendiamin hat A. Koch (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1879 S.
2069) seine Untersuchungen fortgesetzt (vgl. 1879 232
486). Danach gibt von den drei isomeren Phenylendiaminen nur die Paraverbindung
einen hierher gehörenden Farbstoff, und zwar durch auf einander folgende Behandlung
der sauren Lösung von salzsaurem Paraphenylendiamin mit Schwefelwasserstoff und
Eisenchlorid als salzsaures Salz (C24H20N6S2.2HCl + 4H2O) in
grünen glänzenden Krystallen. Dieselben lösen sich leicht in Wasser und Alkohol mit
schön violetter Farbe; Schwefelwasserstoff, unterschwefligsaures Natron und andere
reducirende Stoffe entfärben diese Lösungen, schwache Oxydationsmittel, wie der
atmosphärische Sauerstoff, stellen die Farbe wieder her, starke Oxydationsmittel
zerstören die Verbindung völlig. Säuren, Alkalien und Salze scheiden den Farbstoff
aus; doch löst sich der Niederschlag in überschüssiger Säure wieder auf.
Die freie Base des Farbstoffes, C24H20N6S2, wird durch Versetzen einer wässerigen Lösung des
salpetersauren Salzes mit überschüssigem Ammoniak in kleinen, braunschwarzen Blättchen erhalten.
Die Bildung derselben läſst sich durch folgende Gleichung ausdrücken:
4C6H4(NH2)2 +
2H2S + 50 = C24H20N6S2 + 2NH3
+ 5H2O.
Paraleukanilin in der Fuchsinschmelze, Wird die
Mutterlauge von der Fuchsingewinnung mit Salz und Kalk niedergeschlagen, der
Niederschlag in Salpetersäure gelöst, so fällt durch überschüssige Salpetersäure das
schwer lösliche und schön krystallisirende, salpetersaure Chrysanilin. Aus der
Mutterlauge scheidet sich nun nach der Beobachtung von Diehl auf einen stärkeren Zusatz von Salpetersäure ein farbloses und nicht
färbendes Salz im krystallisirten Zustand aus. Die gröſsere Menge derselben Substanz
wird aber beim Fällen des Rohphosphins mit Salz und Kalk nicht mit abgeschieden,
sondern geht in die hierbei entstehende Mutterlauge über, aus welcher sie durch
Natronlauge neben Kalk und kohlensaurem Kalk gefällt wird. Nach C. Grabe (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1879 S. 2241) besteht das farblose
krystallisirte Salz aus fast reinem salpetersaurem Paraleukanilin. Vielleicht sind
die Leukaniline die ersten Producte in der Fuchsinschmelze, aus denen sich dann die
Farbstoffe durch Oxydation bilden.
Zur Kenntniſs des Indigblaus. Zur Prüfung der Frage, ob
in dem Pflanzenindican Indigweiſs enthalten ist, haben E.
Schunck und H. Römer (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1879 S. 2311) die
Zersetzung des Indicans durch Salzsäure im luftleeren Raum über Quecksilber
vorgenommen, erhielten aber weder Indigblau, noch Indigweiſs. Bringt man aber zu dem
über Quecksilber befindlichen Gemenge von Indican und Salzsäure Eisenchlorid hinzu,
so bilden sich bald ansehnliche Mengen von Indigblau und geringere von einem in
Alkohol mit Purpurfarbe löslichen Product, wahrscheinlich Indirubin oder
Indigpurpurin.
Die Farbstoffe der Rosanilingruppe. Nach E. Fischer und O. Fischer
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1879 S. 2344) ist die farbbildende Gruppe in sämmtlichen basischen Abkömmlingen des
Triphenylcarbinols im Wesentlichen gleich construirt; auf den Mehr- oder
Mindergehalt von Methyl ist dabei keine Rücksicht genommen. Zur Erklärung der
auffallenden Verschiedenheit der Farbe von Methylviolett und Methylgrün scheint die
Reduction des Paranitrobittermandelölgrüns (vgl. 1879 234
424) Aufschluſs zu geben. Die Farbe des Nitrokörpers ist nicht wesentlich
verschieden von der des Bittermandelölgrüns, nur etwas lebhafter mit einem Stich ins
Gelbe. Die Nitrogruppe hat somit keinen besonderen Einfluſs auf die Nuance. Sobald
dieselbe aber durch die Amidogruppe ersetzt wird, findet der Umschlag der Farbe von
Grün in Rothviolett statt, so daſs die beiden methylirten Amidogruppen des
Bittermandelölgrüns die Träger der grünen Farbe sind, daſs dieselben jedoch in Combination mit der
dritten in der Parastellung befindlichen Amidogruppe eine rothe Nüance erzeugen.
Wird die letztere entfernt, oder ihr Einfluſs auf die Farbbildung aufgehoben, so
muſs das Grün der beiden anderen Amidogruppen wieder zum Vorschein gelangen. Dies
scheint nun beim Methylgrün durch die Umwandlung der dritten Amido in eine quartäre
Ammoniumgruppe bewirkt zu werden. Letztere würde ebenso wie die Nitrogruppe auf die
Farbe ohne Einfluſs sein und nur die gröſsere Löslichkeit des Farbstoffes in Wasser
veranlassen. Das von Hofmann genauer untersuchte
violett gefärbte Methylderivat des Rosanilins, das Trijodmethylat des
Trimethylrosanilins, ist völlig verschieden von Methylgrün. Dieser Farbstoff scheint
ein eigenthümliches Additionsproduct von Methylviolett und zwei Jodmethyl zu sein,
in welchem vielleicht die chromogene Gruppe das Jodmethyl in ähnlicher Weise bindet,
wie die Jodide der gewöhnlichen quartären Ammoniumbasen vier Atome Jod
aufnehmen.
Ein neues Verfahren zur Herstellung der Sulfosäuren des Rosanilins, der aus letzterem sich ableitenden Farbstoffe,
des Alizarins und Purpurins durch Einwirkung des Schwefelsäuremonochlorhydrins SO3ClH auf genannte Verbindungen hat E.
Jacobsen in Berlin (D. R. P. Nr. 8764 vom 1. März 1879) angegeben. Aequivalente
Mengen des Rosanilins, der substituirten Rosaniline oder deren Salze, des Alizarins
und Purpurins werden in Schwefelsäuremonochlorhydrin, das sich in einem mit Rührer
versehenen abgekühlten Gefäſse befindet, eingetragen. Die Reaction wird durch
Erwärmen auf dem Wasserbade vollendet und die Sulfosäure in bekannter Weise
gewonnen. Das Verfahren ist im hohem Grade beachtenswerth.
Pflanzenfarbstoffe. Aus dem von einer südamerikanischen
Bigoniacee stammenden, als „Lapacho“ bezeichneten Farbholz hat E. Paterno die Lapachosäure, C15H14O3 dargestellt,
welche bei der Behandlung mit Salpetersäure Phtalsäure und bei der Destillation mit
Zinkpulver Naphtalin und Isobutylen erzeugt (vgl. Berichte
der deutschen chemischen Gesellschaft, 1879 S. 2369). – A. de Negri daselbst hat aus den Wassermelonen, den
Paradiesäpfeln, den rothen Rüben und anderen Pflanzen einen als Rubidin bezeichneten, krystallisirbaren, rothen
Farbstoff aus gezogen. Er ist in Aether, Benzol, Chloroform und Schwefelkohlenstoff,
nicht aber in Wasser und Alkohol löslich. Die Lösungen geben ein charakteristisches
Absorptionsspectrum. Der Farbstoff wird durch Ammoniak nicht verändert; durch
Schwefelsäure oder Salpetersäure geht er in Blau über.
A. Gautier (Comptes
rendus, 1879 Bd. 89 S. 861) hat grünen Spinat zerstampft, mit Soda
neutralisirt, mit 55 procentigem Alkohol übergössen und abgepreſst. Der Rückstand
wurde dann mit starkem Alkohol ausgezogen, die Lösung mit Knochenkohle behandelt und
der Kohle dann das
Chlorophyll mit siedendem Alkohol entzogen, welches aus Aether oder Ligroin
herauskrystallisirt. Nach Gautier gehört das
Chlorophyll in die Nähe des Bilirubins; seine Zusammensetzung ist:
Kohlenstoff
73,97
Wasserstoff
9,80
Stickstoff
4,15
Asche
1,75
Sauerstoff
10,33
––––––
100,00.
Es verhält sich dieses aus Dicotyledonen dargestellte
Chlorophyll etwas anders als das von Hoppe-Seyler aus
Monocytyledonen erhaltene.