Titel: | Zur Frage der Riementriebe; von Dr. Theodor Weiss, |
Autor: | Theodor Weiss |
Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 177 |
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Zur Frage der RiementriebeVgl. Radinger 1878 228 385. Schlink 1878
230 464. G. Schmidt
1879 231 406. 550. 232
407. Pinzger * 1879 232
22. Schwartze 1879 232
404.; von Dr. Theodor Weiſs,
o. ö. Professor an der k. k. technischen
Hochschule zu Brünn.
Th. Weiſs, zur Frage der Riementriebe.
Eine zutreffende Begründung der zur Berechnung der Riementriebdimensionen von den
Amerikanern benutzten Formel, nämlich:
b=25\,\frac{P}{D} . . . . (1)
welche unserer alten europäischen Formel, nämlich:
b=\frac{e^{\mu\,\alpha}}{e^{\mu\,\alpha}-1}\
\frac{P}{\delta\,\frakfamily{S}}=2\,\frac{P}{\delta\,\frakfamily{S}} .
. . . (2)
namentlich anläſslich der verdienstvollen
Philadelphia-Berichte Radinger's neuerdings vorgezogen
wird, habe ich unter den vielfältigen diesbezüglichen Erörterungen nicht
angetroffen, noch weniger aber einen Hinweis auf die Bedingung, unter welcher diese
Formel überhaupt richtig ist, und auf die Grenzen ihrer Anwendbarkeit. Es bedeutet,
sämmtliche Dimensionen in Centimeter, sämmtliche Gewichte und Kräfte in Kilogramm
genommen:
b Breite des Riemens,
δ Dicke des Riemens,
D Durchmesser der kleineren
Scheibe,
α vom Riemen umschlungener Bogen
des Halbmessers = 1, insbesondere hier = 0,8 π,
μ Reibungscoefficient für den
Riemen auf der Scheibe,
\frakfamily{S} Spannung, welche im Riemenquerschnitt auf je
1qc eintreten darf,
P zu übertragende Kraft am Umfang
der Scheibe,
e Basis der natürlichen
Logarithmen.
Ueber die Unrichtigkeit der amerikanischen Theorie, zufolge deren beim Riementriebe
als bewegende Ursache lediglich der Luftdruck wirken soll, so daſs auf Grundlage
hiervon die Formel (1) aus der Formel:
b\,\frac{D}{2}\,\alpha\,k=P . . . . (3)
hergeleitet werden könne, unter k
den mittleren Atmosphärendruck auf 1qc der
berührten Scheibenoberfläche verstanden, herrscht bei uns kein Zweifel. Ein lose aufgelegter
Riemen wird nicht vermöge des Luftdruckes die zu treibende Scheibe in Bewegung
setzen. Vielmehr kann alle Tage beobachtet werden, daſs die Maschinenwärter dem
durch Erschlafftsein der Riemen verursachten Stillstande oder mangelhaften Betriebe
der Scheiben durch heftiges Anspannen der Riemen abhelfen müssen. Es ist also dem
Riemen im Ruhezustände eine Spannung t1 zu ertheilen, damit er bei der Bewegung eine
Spannung T im führenden oder activen und eine Spannung
t im geführten oder paſssiven Riementrume annehme
und zwar von den Intensitäten:
T-t=P . . . . (4) und
t_1=\frac{T+t}{2}, . . . . (5)
völlig dem bisher in Europa üblichen Berechnungsverfahren
entsprechend. Anstatt aber zur Ermittlung von T aus t mit Hilfe des zwischen beiden gelegenen
veränderlichen Werthes τ einfach die Formel:
d\,\tau=\mu\,\tau\,d\,\alpha . . . . (6)
zu benutzen, schreibt G. Schmidt
(1879 231 406. 550)Vgl. auch Mittheilungen des Architekten- und
Ingenieurvereines in Böhmen, 1879 S. 112.
übereinstimmend mit Pinzger (* 1879 232 22):
d\,\tau=\mu\,(\tau+k\,b\,r)\,d\,\alpha, . . .
. (7)
unter r den Radius der kleinsten
der beiden Scheiben verstanden, und erhält hiermit durch Integration:
T+k\,b\,r=(t+k\,b\,r)\,e^{\mu\,\alpha} . . . .
(8)
Da nun aus Festigkeitsrücksichten offenbar auch die
Formel:
T=b\,\delta\,\frakfamily{S}. . . . (9)
Gültigkeit haben muſs, so ergeben sich für gewisse Annahmen
von P, k, r, μ, α, δ und
\frakfamily{S} die drei Unbekannten T, t und b aus den drei Gleichungen (4), (8)
und (9). Insbesondere resultirt zur Bestimmung von b
die Formel:
b=\frac{e^{\mu\,\alpha}}{e^{\mu\,\alpha}-1}\
\frac{P}{\delta\,\frakfamily{S}+k\,}, . . . . (10)
und diese Formel würde an die Stelle der alten europäischen,
nämlich (2), aber auch an die Stelle der amerikanischen Formel, nämlich (1) bezieh.
(3), zu setzen sein.
Mit der Abkürzung:
\frac{e^{\mu\,\alpha}}{e^{\mu\,\alpha}-1}=m. .
. . (11)
läſst sich Formel (10) schreiben entweder:
b=\frac{m\,P}{\left(\frakfamily{S}+k\,\frac{r}{\delta}\right)\,\delta}=\frac{m\,P}{\frakfamily{S}_0\,\delta}
. . . . (12)
oder:
b=\frac{m}{\left(\frac{\delta}{r}\,\frakfamily{S}+k\right)}\
\frac{P}{r}=C\,\frac{P}{D}. . . . (13)
Indem wir mit \mu=0,28 und \alpha=0,8\,\pi ein
für alle Mal m=2 zu setzen pflegen, stellt sich heraus, daſs
Formel (10) sowohl die Form (12) unserer alten europäischen Formel, als auch
diejenige (13) der amerikanischen Formel erhalten kann, jedoch mit dem Vorbehalte, daſs die Riemendicke δ nicht constant, sondern
proportional dem Radius r angenommen und daſs mithin
\frac{\delta}{r}=
constant vorausgesetzt werden muſs.
Ein solcher Vorbehalt wurde bei uns stets berücksichtigt, es wurden für gröſsere
Scheiben stets dickere Riemen, als für kleine Scheiben, verwendet. Wenn daher die
Amerikaner diesem Vorbehalte sich ausdrücklich nicht fügen, sondern, wie behauptet
wird, stets nahezu gleich dicke und zwar möglichst dünne Riemen anwenden, so haben
sie gemäſs Formel (12) und (13) weniger recht als wir. Jedoch wäre es voreilig,
hiernach ein abschlieſsendes Urtheil zu fällen. Denn die obige Berechnung ist noch
nicht völlig genau. Streng genommen, muſs auch die Schwächung des auf Zug
beanspruchten Riemenquerschnittes durch die Befestigungsart der beiden Riemenenden
an einander, ferner die Beanspruchung des Riemens auf Biegungsfestigkeit und endlich
die Mitwirkung der Centrifugalkraft Berücksichtigung finden. Da die beiden
letztgenannten Gröſsen wesentlich zum Radius r in
Beziehung stehen, so ist ihre Beachtung für die Klärung der Frage vermuthlich von
Wichtigkeit.
Wird der ungünstigste Fall vorausgesetzt, daſs nämlich die neutrale Schicht mit der
die Scheibe berührenden Fläche des Riemens zusammenfalle, so berechnet sich die
lediglich von der Biegung des Riemens herrührende Spannung s auf 1qc der äuſsersten Riemenschicht,
gemäſs dem Elasticitätsgesetze, bekanntlich durch:
s=\frac{(r+\delta-r)\,d\,\alpha}{r\
d\,\alpha}\,E=\frac{\delta}{r}\,E, . . . . (14)
sofern E den
Elasticitätscoefficienten des Riemenmaterials bedeutet.Allgemeiner richtig würde sein:s=(1-\varepsilon)\,\frac{\delta}{r}\,E, . . . . . . .
(14a)unter ε eine mit
Rücksicht auf die Lage der neutralen Schicht festzustellende, zwischen 0 und
1 liegende Zahl verstanden, welche gewöhnlich = ½ angenommen
wird.An seiner äuſseren Seite hat daher der Riemen der Spannung zu
widerstehen mit dem totalen Festigkeitscoefficienten:
\frakfamily{S}=\frakfamily{S}_1+s . . . .
(15)
Die Centrifugalkraft, um deren Betrag der Radialdruck τ
des Riemens gegen die Scheibe und somit der Reibungswiderstand vom Riemen auf der
Scheibe vermindert wird, läſst sich bekanntlich ausdrücken durch:
d\,z=100\,b\,\delta\,\gamma\,\frac{v^2}{g}\,d\,\alpha, . . .
. (16)
sofern γ das Gewicht des Riemens
für 1cc bedeutet und die Peripherie- oder
Riemengeschwindigkeit = v sowie g = 9,81 in Meter eingesetzt wird.
Für gefettetes Leder kann völlig genau genug
\frac{100\,\gamma}{g}=\frac{100\,\times\,0,001}{9,81}=0,01
angenommen werden. Daher läſst sich nun Formel (7) ersetzen durch:
d\,\tau=\mu\,(\tau+k\,b\,r-0,01\,b\,\delta\,v^2)\,d\,\delta,
. . . . (16a)
Formel (8) durch:
T+k\,b\,r-0,01\,b\,\delta\,v^2=(t+k\,b\,r-0,01\,b\,\delta\,v^2)\,e^{\mu\,\alpha},
. . . . (17)
Formel (9) mit Rücksicht auf (14) und (15), sowie mit der
Annahme, daſs \varphi\,b\,\delta der an der schwächsten Stelle
vorhandene Riemenquerschnitt sei, durch:
T=\varphi\,b\,\delta\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,E\right)
. . . . (18)
Aus der Vereinigung von (4), (17) und (18) geht dann
hervor:
b=\frac{e^{\mu\,\alpha}}{e^{\mu\,\alpha}-1}\
\frac{P}{\varphi\,\delta\,\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,E\right)+k\,r-0,01\,\delta\,v^2}
. . . . (19)
Diese Formel kann aber mit den Abkürzungen (11), sowie:
\frakfamily{S}_2=\varphi\,\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,E\right)+k\,\frac{r}{\delta}-0,01\,v^2
. . . . (20)
und
C=\frac{2\,m}{\frakfamily{S}_2}\
\frac{r}{\delta} . . . . . . (21)
geschrieben werden sowohl:
b=\frac{m\,P}{\frakfamily{S}_2\,\delta} . . .
. (22), als auch b=C\,\frac{P}{D} . . . . (23)
Hieraus läſst sich zunächst derselbe Ausspruch ablesen, welcher aus Formel (12) und
(13) hergeleitet wurde. Ferner aber würde sich noch folgendes ergeben.
Der Zerreiſsungscoefficient \frakfamily{S} hat sich nach Versuchen
von E. Brauer (vgl. 1878 229
296 und Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des
Gewerbefleiſses, 1878 S. 115) für das beste Leder zu
\frakfamily{S}_z=400 herausgestellt. Der
Elasticitätscoefficient wird von E=500 bis zu
E=2000 angenommen. Wird daher
\frac{\frakfamily{S}_z}{\frakfamily{S}}=\psi gesetzt und
\varphi=0,8,\ k=0,07 und
\frac{\delta}{r}=0,01 angenommen, so resultirt aus (20):
\frakfamily{S}_2=\varphi\,\left(1-\frac{\delta}{r}\
\frac{E}{\frakfamily{S}_z}\,\psi\right)\,\frac{\frakfamily{S}_z}{\psi}+k\,\frac{r}{\delta}-0,01\,v^2,
also mit \psi=8 und
\frakfamily{S}_z=400, sowie E=2000:
\frakfamily{S}_2=24+7-0,01\,v^2=31-0,01\,v^2,
mit \psi=10 und
\frakfamily{S}_z=300, sowie E=900:
\frakfamily{S}_2=16,8+7-0,01\,v^2=24-0,01\,v^2,
mit \psi=10 und
\frakfamily{S}_z=200, sowie E=500:
\frakfamily{S}_2=12+7-0,01\,v^2=19-0,01\,v^2,
und demgemäſs ergibt sich mit m =
2 folgende Zusammenstellung:
v=
0
10
20
30
40
50
60
\frakfamily{S}_z=400
E\,=2000
\psi\ =8
\frakfamily{S}_2
C
3113
3013
2715
2218
1526
666
0∞
\frakfamily{S}_z=300
E\,=900
\psi\ =10
\frakfamily{S}_2
C
2417
2818
2020
1526
850
0∞
––
\frakfamily{S}_z=200
E\,=500
\psi\ =10
\frakfamily{S}_2
C
1920
1822
1526
1040
3133
0∞
––
Hieraus lassen sich nachstehende Aussprüche folgern:
1) Die für die Formeln (22) und (23) zu benutzenden Coefficienten
\frakfamily{S}_2 und C sind sehr
veränderlich auſser mit dem Betrage von \frac{\delta}{r} auch mit
den Festigkeits- und Elasticitätsverhältnissen des Riemens mit dem zuzulassenden
Sicherheitsgrade ψ, mit der Gröſse des mitwirkenden
Luftdruckes, also des Coefficienten k, und mit der
Riemengeschwindigkeit v.
2) Unter allen diesen Gröſsen spielt der Luftdruck keineswegs eine so hervorragende
Rolle, als daſs dessen zeitherige Vernachlässigung einen nennenswerthen Einfluſs auf
die Richtigkeit der mit Formel (22) bisher angestellten Berechnungen ausgeübt haben
könnte.
3) Bis zu v=20^m Riemengeschwindigkeit bleiben die Coefficienten
\frakfamily{S}_2 und C in Bezug
auf v nahezu constant. Die durch die
Festigkeitsverhältnisse und durch den Luftdruck verursachten Verschiedenheiten
bewegen sich für \frakfamily{S}_2 zwischen 15 und 31 und für C zwischen 13 und 26. Gewöhnlich wurde bisher
\frakfamily{S}_2=20 bis 26 angenommen, während
C=20 bis 25 gesetzt wird.
4) Bei Geschwindigkeiten von über 20m und noch mehr
bei solchen über 30m verändern sich die
Coefficienten \frakfamily{S}_2 und C
sehr beträchtlich, so daſs die Formeln (22) und (23) schon bei
v=50 bis 60m unendlich
breite Riemen berechnen lassen würden. Es ist daher gerechtfertigt, im Mittel nur
bis zu 25 bis 30m Riemengeschwindigkeit zu
gehen.
In Bezug auf diesen letztgenannten Punkt kann nachfolgende Berechnung angestellt
werden. Am meisten Effect wird hinsichtlich der Geschwindigkeit v von einem Riemen bei dem Werthe:
\frac{d\,N}{d\,v} oder auch
\frac{d\,(P\,v)}{d\,v}=0
übertragen. Da nun nach Formel (19):
\frac{d\,(P\,v)}{d\,v}=\frac{b}{m}\,\left[\varphi\,\delta\,\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,E\right)+k\,r-0,03\,\delta\,v^2\right]
ausfällt, so ergibt sich für alle endlichen Werthe von b:
v=\sqrt{33\,\left[\varphi\,\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,E\right)+k\,\frac{r}{\delta}\right]}
als die dem gröſsten Effecte entsprechende Geschwindigkeit.
Mit den in obiger Tabelle verwendeten drei Gruppen von verschiedenen Annahmen folgt
hieraus beziehentlich: v = 33, 28 oder 25m. Es erscheint daher nicht zweckmäſsig, über
diese Beträge der Geschwindigkeit hinauszugehen, und diesfalls kann bei gutem, ja
selbst bei mittelgutem Riemenmateriale gemäſs obiger Tabelle der Coefficient
\frakfamily{S}_2 oder C
unabhängig von der Geschwindigkeit berechnet oder angenommen werden.
Jedoch ist hiermit keineswegs gesagt, daſs diese letztgenannten Geschwindigkeiten in
allen Fällen oder auch nur für irgend einen Sonderfall die zweckmäſsigsten oder
solche seien, welche den zweckmäſsigsten Dimensionen des Riementriebes entsprechen.
Vielmehr müssen die letztgenannten Dimensionen, welchen überdies ein
zweckmäſsigster
Betrag für den Quotienten \frac{r}{\delta} und nicht etwa der in
den obigen Berechnungen beispielsweise hierfür angenommene Werth angehört, mittels
völlig anders gearteter, als hier durchgeführter, Berechnungen festgestellt
werden.
Solche, schon für viele anderen Maschinerien von mir angestellten Berechnungen sind
auf den Gedankengang zu gründen, daſs eine gewisse Pferdestärke N bei einer gewissen Umdrehungsgeschwindigkeit n mit einem Minimum von Jahresausgaben zu übertragen
sei, welche sich aus den Herstellungskosten entsprechenden Jahreszinsen und den für
die Betriebskosten der Maschinerie aufzuwendenden Jahresausgaben zusammensetzen.
Einem später folgenden Artikel soll es vorbehalten bleiben, die Resultate solcher
Berechnungen zu bringen, wobei auch die für diesen Gegenstand wichtige Frage von den
Effectsverlusten der Riementriebe selbstverständlich erörtert werden wird. Hier
sollte nur der Nachweis geliefert werden, daſs die
amerikanische Formel nicht etwa unter der Annahme einer unveränderlichen,
sondern einer mit dem Halbmesser der Scheibe proportionalen Riemendicke
begründet erscheint, und daſs sie unter dieser Bedingung mit unserer alten
europäischen Formel im Grunde genommen die gleiche Form hat.
Wenn daher der Riementrieb gemäſs den verdienstvollen Berichten Radinger's eine bei weitem ausgedehntere Anwendung in
Amerika als bei uns gefunden hat, so gründet sich diese Thatsache wohl weniger auf
eine Verkehrtheit unserer bisherigen Berechnungsweise der Riemendimensionen, als auf
den Umstand, daſs zeither hier zu Lande die Fabrikation breiter und durchweg gleich
elastischer Riemen nicht in solcher Vollkommenheit wie in Amerika ausgebildet war
und daſs demgemäſs in unseren Lehrbüchern nur die Anwendung schmaler Riemen als zweckmäſsig
bezeichnet wurde. Allerdings ist von der Uebertragung beträchtlicherer Effecte durch
Riemen auch wegen der mit dieser Transmissionsart verknüpften bedeutenden
Effectsverluste abgerathen worden, und in dieser Beziehung war die bisherige
Berechnung unrichtig, weil sie die von den Amerikanern schon längst erkannte
Mitwirkung des Luftdruckes unberücksichtigt lieſs. Allein zufolge einer genaueren
Ueberlegung und Berechnung sind die Unterschiede unserer bisherigen Anschauung und
der amerikanischen für die meisten Fälle auch nicht so beträchtlich, als sie in der
letzteren Zeit von vielen Seiten wohl dargestellt wurden, wie ebenfalls in einem
später folgenden Artikel nachgewiesen werden wird.
An dieser Stelle ist es wichtiger, noch besonders auf die Betheiligung der
Biegungsverhältnisse und auf noch einen Umstand hinzuweisen, welcher das
Hypothetische der von G. Schmidt und Pinzger bevorzugten und in Formel (7) zum Ausdruck
gelangten Berechnungsweise der Betheiligung des Luftdruckes betrifft. Es erscheint
mir sachgemäſs, die Intensität des letzteren sowohl von der Geschwindigkeit v, als auch von der Spannung τ abhängig zu machen, anstatt sie, wie in Formel (7), einfach constant k zu setzen. Denn ebenso wie die Mitwirkung des
Luftdruckes vermuthlich mit v=0 aufhört und für gröſsere Beträge
von v anwächst, ist sie wahrscheinlich auch für
\tau=0 nicht vorhanden, wird dagegen mit zunehmendem τ gesteigert. Dies kann etwa durch Einführung des
Coefficienten:
k=k_0\,v^q\,\tau^u. . . . (24)
in die bisherigen Rechnungen zum Ausdruck gebracht werden,
sofern unter q und u echt
gebrochene positive Exponenten verstanden werden. Wird als wahrscheinlich gröſster
Werth von u beispielsweise hier die Einheit angenommen,
so tritt mit der Abkürzung:
\varkappa=1+k_0\,v^q\,b\,r . . . . (25)
an die Stelle von (16a):
d\,\tau=\mu\,(\varkappa\,\tau-0,01\,b\,\delta\,v^2)\,d\,\alpha
. . . . (26)
und hieraus folgt durch Integration:
\mu\,\varkappa\,\alpha=log_n\,\frac{\varkappa\,T-0,01\,b\delta\,v^2}{\varkappa\,t-0,01\,b\delta\,v^2}
oder
T-0,01\,b\,\frac{\delta}{\varkappa}\,v^2=\left(t-0,01\,b\,\frac{\delta}{\varkappa}\,v^2\right)\,e^{\mu\,\varkappa\,\alpha}
. . . . (27)
In Verbindung mit Formel (4) und (18) läſst sich dann mit den
Abkürzungen:
\frac{e^{\mu\,\varkappa\,\alpha}}{e^{\mu\,\varkappa\,\alpha}-1}=m_1
. . . . (28) und
{\frakfamily{S}_2}'=\varphi\,\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,E\right)-0,01\,\frac{v^2}{\varkappa}
. . . . (29)
die Riemenbreite bestimmen durch:
b=\frac{m_1P}{{\frakfamily{S}_2}'\,\delta} . .
. . (30) oder
b=\frac{m_1\,P}{{\frakfamily{S}_2}'\,\frac{\delta}{r}\,r}=C'\,\frac{P}{D}
. . . . (31)
Aus dieser behufs des leichteren Vergleiches nur mit theilweise entwickelten Formeln
durchgeführten Berechnungsweise lassen sich folgende Aussprüche herleiten:
1) Unter den hier vorangestellten Voraussetzungen, zwischen welchen und den Schmidt'schen die Wahrheit vermuthlich liegen wird,
wirkt der Luftdruck genau wie ein vergröſserter Reibungseoefficient und zwar so, als
sei an die Stelle des bisherigen Reibungscoefficienten μ der Coefficient
\mu\,\varkappa=\mu\,(1+k_0\,v^q\,b\,r) zu setzen. Die Folge
hiervon ist, daſs die Zahl m1 jedenfalls kleiner als m ausfällt; jedoch
wird m1 unter allen
Umständen gröſser als 1 bleiben, während m bisher im
Mittel = 2 angenommen wurde.
2) Der Luftdruck hat unter den hier gemachten Voraussetzungen auſserdem noch die
Wirkung, daſs der Einfluſs der Geschwindigkeit υ, also
auch derjenige der Centrifugalkraft, auf den Coefficienten
{\frakfamily{S}_2}' und demnach auch auf die Riemenbreite b bei weitem geringer, als unter den früheren
Voraussetzungen, ja sogar so gut wie verschwindend klein ist.
3) Demgemäſs würde die Form unserer bisherigen europäischen Formel, nämlich (30),
noch mehr als nach Maſsgabe der von Schmidt und Pinzger durchgeführten hypothetischen Berechnungsweise
gerechtfertigt sein.
4) Die Form der amerikanischen Formel, nämlich (31), ist auch unter den hier zum
Schluſs gemachten Voraussetzungen nur unter der Bedingung
richtig, daſs ein constantes Verhältniſs der Riemendicke zum Scheibenhalbmesser
und nicht etwa eine für alle Fälle nahezu constante Riemendicke angenommen wird,
und sie fällt durch Eliminirung dieser Bedingung mit derjenigen unserer alten
europäischen Formel völlig zusammen.
Jedoch schlieſsen die Formeln (29) und (31), sowie (20) und (21) noch folgende höchst
bemerkenswerthe Eigentümlichkeiten ein. Mit Correction durch Formel (14 a) entsteht
aus (20) und (21):
C=\frac{2\,m}{\left[\varphi\,\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,(1-\varepsilon)\,E\right)-0,01\,v^2\right]\,\frac{\delta}{r}+k}
. . . . (32)
aus Formel (29) und (31):
C'=\frac{2\,m_1}{\left[\varphi\,\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,(1-\varepsilon)\,E\right)-0,01\,\frac{v^2}{\varkappa}\right]\,\frac{\delta}{r}}
. . . . (33)
Hiermit ergibt sich für die Werthe \varphi=0,8,\
k=0,07,\ v=0,\ m=2 und m_1=1,2 nachfolgende
Zusammenstellung:
\frac{\delta}{r}=
0,001
0,005
0,01
0,015
0,02
0,025
0,03
0,035
0,04
0,045
0,05
ε = 0
\frakfamily{S} = 50E
= 2000\frakfamily{S} = 30E = 900\frakfamily{S} =
20E = 500
C
C'
C
C'
C
C'
40 62 43104 47160
181523232834
131018162120
131017141816
181514121715
60 ∞ 12 16 18 16
∞28332120
∞∞2334
∞∞
ε = ½
\frakfamily{S} = 50E
= 2000\frakfamily{S} = 30E = 900\frakfamily{S} =
20E =
500\frakfamily{S} = 20E = 1500\frakfamily{S}
= 10E = 440
C
C'
C
C'
C
C'
C
C'
C
C'
39 61 33160 45183 48250 52290
16132019273230303970
10 81511201724243838
8 612 8151223232730
7 5 8 7121026302527
6 5 9 6 11 8 42152 25 26
8 5 9 610 82829
9 6 9 610 73038
10 7 9 710 7
1613 9 810 7
∞∞10∞10 7
Die Ziffern dieser Tabelle geben abgerundet diejenigen Werthe
an, welche unter verschiedenen Voraussetzungen an die Stelle des zwischen C = 20 bis 25 angenommenen Coefficienten der
amerikanischen Formel gesetzt werden sollten.
Auſser für fünf verschiedene Annahmen betreffs der Zugfestigkeits- und
Elasticitätscoefficienten \frakfamily{S} und E sind zwei verschiedene Annahmen betreffs der Lage der
neutralen Schicht bei der Biegung des Riemens berücksichtigt, nämlich ε = 0 und ε = ½; ferner
gilt hinsichtlich der Mitwirkung des Luftdruckes der Coefficient C für die von G. Schmidt
und der Coefficient C' für die von mir hier befolgte
Berechnungsweise. Zu ersehen ist, daſs die Biegungsverhältnisse des Riemens, also
der Elasticitätscoefficient E und das Verhältniſs
\frac{\delta}{r}, auf die Gröſse des Coefficienten C oder C' einen
hervorragenden Einfluſs ausüben, namentlich auch in so fern, als durch
\frac{\delta}{r} eine Compensation zwischen E und
\frakfamily{S} herbeigeführt wird und hierdurch ein für
verschiedene Werthe von \frac{\delta}{r} nahezu gleich groſser
Coefficient C entsteht. Wird beispielsweise die oberste
Horizontalrubrik betrachtet und dem Quotienten \frac{P}{D} in
Formel (23) ein gewisser singulärer Werth beigelegt, so ergibt sich mit r = 100cm sowohl für
\frac{\delta}{r}=0,005, als auch für
\frac{\delta}{r}=0,02, mithin für δ = 0,5 und δ = 2cm, die gleiche Riemenbreite b.
Dieses Resultat besagt aber, daſs ein schmälerer Riemen bei 0cm,5 Dicke nicht die Zugspannung und bei 2cm Dicke nicht die Biegungsspannung aushalten
würde. Uebrigens aber gibt es ein gewisses Verhältniſs von
\frac{\delta}{r}, bei welchem der Coefficient
C, also auch die Riemenbreite, einen Minimalwerth
annimmt, weil diesfalls sowohl die Zugfestigkeit, als auch die Biegungsfestigkeit in
gleichem Grade beansprucht wird.
Die entferntere Lage der neutralen Schicht von dem Seheibenumfange, entsprechend dem
Werthe ε = 1
/2, begründet unter
übrigens gleichen Umständen kleinere Coefficienten C,
also auch schmälere Riemen. Innerhalb der Grenzen
\frac{\delta}{r}=0,005 bis 0,02 sind die Coefficienten C der für ε = 0 geltenden
Tabelle fast sämmtlich kleiner als der amerikanische Coefficient, also als 20 bis
25. Diese Grenzen erweitern sich in der für ε = 1/2 und den gleichen Festigkeitsverhältnissen
berechneten Tabelle noch bedeutend mehr. Man kann hieraus den Schluſs ziehen, daſs
die amerikanischen Riemen eine Breite erhalten, welche für äuſserst geringe Dicken,
entsprechend dem Werthe \frac{\delta}{r}=0,005, genügt, und daſs
diese Breite in vielen Fällen unnöthig groſs ist.
Die Annahme, daſs dieses Uebermaſs von Breite im Interesse der Mitwirkung des
Luftdruckes angeordnet werde, ist nicht zutreffend, weil im Gegentheil bei
verstärkter Intensität des Luftdruckes, entsprechend einer Vergröſserung des
Coefficienten k, die Riemen gemäſs Formel (23) und (32)
schmäler gemacht werden könnten. Jedoch zeigen die
letzten vier Horizontalrubriken der letzten Tabelle, daſs bei gewissen, keineswegs
unwahrscheinlichen Festigkeits- und Elasticitätsverhältnissen der numerische Werth
des amerikanischen Coefficienten C sich vollständig
genau innerhalb ziemlich weit für \frac{\delta}{r} angenommener
Grenzen mit den hier aufgestellten Formeln berechnen läſst.
Gleichzeitig läſst sich erkennen, wie gering der von der Mitwirkung des Luftdruckes
und von der Verschiedenheit in der Berechnungsweise dieses Luftdruckes herrührende
Einfluſs auf die Gröſse des Coefficienten C ist, und in welchem hohen Maſse dieser Coefficient fast nur von
den Festigkeits- und auch Elasticitätsverhältnissen abhängt.
Die letzteren werden daher vorzugsweise Berücksichtigung finden müssen, so daſs in
einem gereifteren Zustande des Berechnungs- und Constructionsverfahrens nicht die
amerikanische Formel, mit ihrem durchweg constanten Coefficienten C, oder die alte europäische benutzt werden wird,
sondern die genaueren Formeln (32) oder (33), bezieh. (20), (22) oder (29) und (30)
zur Anwendung gelangen werden, selbstverständlich aber unter Einführung genau für
jede Materialsorte ermittelter Werthe von \frakfamily{S} und E und eines bestimmten Werthes von
\frac{\delta}{r}.