Titel: | Ersatz der galvanischen Batterien in der Telegraphie durch Inductionsmaschinen. |
Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 340 |
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Ersatz der galvanischen Batterien in der
Telegraphie durch Inductionsmaschinen.
Ersatz der galvanischen Batterien in der Telegraphie.
Wegen verschiedener Uebelstände, welche die Benutzung galvanischer Batterien zum
Telegraphiren besonders in groſsen Aemtern mit sich bringt, hat man schon mehrfach
versucht, die Batterien durch Inductionsmaschinen zu ersetzen, welche einen Strom
von unveränderter Richtung liefern. Neuerdings ist dies in gröſserem Maſsstabe und
anscheinend mit gutem Erfolge geschehen. Die
Elektrotechnische Zeitschrift, 1880 S. 106 berichtet darüber folgendes:
Es wurde (nach Scientific American, 1880 Bd. 42 S. 63)
in den letzten Monaten zunächst der von Stephen D.
Field gemachte Vorschlag in Francisco einer gründlichen Prüfung unterzogen,
welcher dahin ging, anstatt einen Strom von der erforderlichen Stärke mittels einer
einzigen Maschine zu erzeugen, eine Anzahl von Inductionsmaschinen anzuwenden und
diese in verwandter Weise wie galvanische Elemente hinter einander zu schalten,
indem man immer den positiven Poldraht der einen an den negativen Pol der nächsten
legte. Da diese Prüfung ganz befriedigende Resultate lieferte, so hat die Western Union Telegraph Company in ihrem
Haupttelegraphenamte zu New-York neuerdings weitere Versuche mit einem Satze von
Inductionsmaschinen angestellt. Man gab wegen ihrer Einfachheit und Dauerhaftigkeit
den Siemens'schen Maschinen den Vorzug, und zwar werden die Elektromagnete der eine
zusammengehörige Reihe bildenden Magneto-Inductionsmaschinen durch den Strom einer
Dynamomaschine angeregt. Die elektromotorische Kraft der ersteren Maschine beträgt
50 Volts, die in der zweiten 100, die in der dritten 150, die in der vierten 250
Volts.
Der Telegraphirstrom hat also sehr verschiedene Stärke, je nachdem man ihn hinter der
ersten Maschine oder hinter einer späteren entnimmt. Der Strom erwies sich gleich
gut brauchbar für den Betrieb des Quadruplex und der Börsendrucker. In dem
Batterieraume des Haupt-Telegraphenamtes wurden drei Sätze von Inductionsmaschinen
und Betriebsmaschinen aufgestellt, von denen zwei für gewöhnlich die 360 vom diesem
Amte auslaufenden Drähte der Western Union Company und
die Kabel der Gold and Stock Telegraph Company speisen
sollen, während der dritte Satz in Reserve steht. Ein einziger Ingenieur überwacht
sämmtliche Maschinen, welche noch nicht den zehnten Theil des für die Batterien
nöthigen Raumes einnehmen. Zur Zeit sind nämlich im Amtsgebäude 14300
Gravity-Elemente und im anstoſsenden Gebäude 4600 Chromsäure-Elemente aufgestellt
und sollen durch Inductionsmaschinen ersetzt werden, wodurch sich die Belastung des
Gebäudes um 60t vermindern würde. Der
Inductionsstrom soll den galvanischen nicht nur in den Telegraphenlinien und
Localstromkreisen ersetzen, sondern auch bei den Klingeln und allen anderen
Verwendungen. Vom J. 1869 bis 1879 hat sich bei der Western
Union Company in Folge von Verbesserungen der Elemente der Batterieaufwand
für eine englische Meile Draht von 117 auf 34 Cents vermindert; von der neuen
Einrichtung erhofft man einen weiteren Rückgang der Kosten um 50 Proc. und glaubt
bereits den Tag nicht mehr fern, wo in allen gröſseren Aemtern die Batterien durch
Inductionsmaschinen ersetzt sein werden.
Unsere Quelle reiht hieran noch einige günstige Versuche, welche L. Kohlfürst in Prag um die Mitte des Monats Februar d.
J. mit drei nebst einem Rheostat hinter einander geschalteten Morse-Stiftschreibern
von je 80 S. E. Widerstand und einem 5 lamelligen, für den Betrieb von
Distanzsignalen bestimmten, von einem Triebwerke gedrehten Siemens'schen
Magnetinductor anstellte. In der Nacht vom 23. zum 24. Februar wurden dann auf der Buschtehrader
Bahnbetriebslinie Prag-Komotau (124km,4), unter
Ausschaltung der Zwischenstationen, in Prag und in Komotau ein Morse-Stiftschreiber
und ein Taster in der gewöhnlichen Endstations-Schaltung auf Arbeitsstrom ohne
eigene Zeichen anstatt mit einer Batterie mit einem mit der Hand zu drehenden
Inductor verbunden; dabei ging das Telegraphiren vortrefflich von Statten und es
hätte gar nicht der Ausschaltung der eigenen Morse bedurft. Für Feldtelegraphen
glaubt Kohlfürst die Schaltung einer durch ein
Triebwerk bewegten magneto-elektrischen Maschine auf Stromverstärkung empfehlen zu
sollen, indem zwischen Achse und Arbeitscontact des Tasters ein dem
Linienwiderstande gleichender, durch den niedergedrückten Tasterhebel kurz zu
schlieſsender Widerstand eingeschaltet wird. In ständigen Stationen könnte das Werk
durch ein Gewicht getrieben werden, bei solchen, welche öfters ihren Ort wechseln
müssen, durch eine Feder. Wo zwischen dem Anlassen des Triebwerkes und der Benutzung
des Stromes nicht eine gewisse Zeit liegen dürfe, möchten Magnet-Inductoren
zweckmäſsiger sein als Dynamo-Inductoren. In groſsen Telegraphenämtern könnten
vielleicht die Localströme für sämmtliche Morse von einer einzigen Dynamomaschine
bei Parallelschaltung geliefert und hierbei ein Strom von minder schwankender Stärke
erlangt werden, wenn auch an der Ruhestellschraube des Relais der Ankerhebel den
Lokalstrom durch einen dem Morse entsprechenden Widerstand schlöſse.
Es wird alsdann an verwandte Versuche erinnert, welche i. J. 1859 von Wien aus auf
den Linien Wien-Prag und Wien-Prag-Berlin unter Translation in Prag ebenfalls mit
befriedigendem Verlauf ausgeführt worden sind.
Das Telegraphic Journal, 1880 Bd. 8 S. 71 knüpft an die
Wiedergabe des Inhaltes jenes Artikels des Scientific
American die Bemerkung, daſs H. Wilde i. J.
1878 ein Patent auf die Verwendung von Dynamomaschinen für telegraphische Zwecke
genommen habe, und daſs im Athenaeum berichtet worden
sei, daſs nach den Versuchen, welche L. Schwendler in
Indien im Herbst v. J. angestellt habe, der Strom einer Dynamomaschine in jeder
Beziehung für telegraphische Zwecke besser sei als ein galvanischer. Bei diesen
Versuchen habe u.a. von einem zur Erzeugung eines kräftigen elektrischen Lichtes
verwendeten Strome ein etwa 0,004 desselben betragender Theil für Signalzwecke
abgezweigt werden können, ohne daſs eine Schwächung des Lichtes bemerkbar gewesen
sei.
Schlieſslich sei einer in der Society of Telegraph
Engineers am 11. Februar d. J. vorgelesenen Abhandlung von
A. Eden über diesen Gegenstand gedacht, welche
Gelegenheit geboten hat, auf ältere Versuche von Varley
(1865) und Culley (1872) hinzuweisen, während in
Frankreich schon i. J. 1866 Bouchotte einen auf die
Verwendung von Inductoren gerichteten Vorschlag gemacht hat und die Agence Havas in der Pariser Börse seit einigen Jahren
ihre Telegraphen mit Gramme'schen Maschinen betreibt.