Titel: Neuerungen an Rotations-Druckmaschinen.
Autor: A. L.
Fundstelle: Band 237, Jahrgang 1880, S. 32
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Neuerungen an Rotations-Druckmaschinen. Mit Abbildungen auf Tafel 4. Neuerungen an Rotations-Druckmaschinen. Die durch Fig. 3 Taf. 4 dargestellte Druckmaschine der Augsburger Maschinenfabrik in Augsburg (* D. R. P. Kl. 15 Nr. 8321 vom 7. Juni 1879), bestimmt für Illustrationsdruck, zeigt hervorragende Neuerungen, welche als im hohen Grade geeignet erachtet werden müssen, die Leistungen auf diesem Gebiete zu erhöhen. Das von dem Wickel a ablaufende Papier zieht zunächst durch den Feuchtapparat b und die Glättwalzen b1 empfängt zwischen dem Plattencylinder c1 und dem Druckcylinder d1 den Schöndruck und zwischen dem Plattencylinder c2 und dem Druckcylinder d2 den Widerdruck. Das Seitwärtslegen des unteren Plattencylinders – bei den Rotationsdruckmaschinen für gewöhnlichen Zeitungsdruck derselben Fabrik lagen bisher alle 4 Cylinder c1, d1, d2 und c2 senkrecht unter einander – hat es ermöglicht, die Farbwerke an beiden Plattencylindern in ganz gleicher Weise seitwärts anzuordnen. Liegt c1 unter d1, so muſs das Farbwerk unterhalb angebracht werden und die Bedienung ist erschwert. Durch das Seitwärtslegen von c, und der Farbwerke verkürzt sich aber auch die Bauhöhe der Maschine beträchtlich, so daſs die Wartung der oberen Cylinder ebenfalls leichter von statten geht. Jeder Plattencylinder ist umgeben von 7 Auftragwalzen α1 bis α7. Die Walzen α1 bis α4 bilden die eine, α3 bis α7 eine zweite Gruppe, welch letztere je nach Bedarf ausgeschaltet werden kann. Sämmtliche Farbwalzen empfangen die Schwärze von einem Troge β. Die Ductorwalze β1 greift die Farbe auf; die Leckwalze γ1 überträgt sie nach δ1 und γ2 hin. Von γ2 aus sind nun einerseits die Auftragwalzen α1 bis α4, andererseits α5 bis α7 mit Farbe zu versehen. Die Walze δ4 ist mit einer schraubengangförmig verlaufenden breiten, aber wenig hohen Rippe versehen, welche die Farbe aufgreift. Gegen die Walze δ4 ist die Walze γ8 angestellt, deren Durchmesser gleich ½ des Durchmessers von δ4 ist; γ8 macht bei 1 Umdrehung von δ4 2 Umdrehungen, wodurch die Farbe über die ganze Oberfläche vertheilt wird. Auf γ2 bleibt ein Farbstreifen zurück, welcher von δ2 aufgenommen und auf die Walze γ4 von halbem Durchmesser übertragen wird, so daſs auch diese gleichmäſsig mit Farbe bedeckt erscheint. Die Walzen γ3 und γ9, δ1, δ3 und δ6 erhalten neben der rotirenden noch eine geradlinig hin- und hergehende Bewegung von verschiedener Gröſse und zu verschiedenen Zeiten, um die Farbe zu verreiben. Die mit δ bezeichneten Walzen sind Masse-, die mit γ bezeichneten Metallwalzen. Die Anordnung einer so groſsen Zahl von Auftragwalzen ermöglicht das Auftragen der Farbe auf die Plattencylinder durch Uebereinanderdecken vieler dünner Schichten. Es ist dies der einzig richtige Weg, tiefschwarze Deckungen zu erzielen, ohne die Wirkung benachbarter Feinheiten der Zeichnung zu beeinträchtigen. Auch läſst sich nur auf diese Art groſse Sauberkeit des Druckes erwarten. Das Einzige, was bei Betrachtung der Farbwerke Bedenken erregen könnte, ist die groſse Gesammtzahl der Walzen. Es besitzt das obere 25, das untere 24 Walzen; doch muſs zugegeben werden, daſs eine bedeutende Verminderung der Walzenzahl für den angegebenen Zweck und bei Annahme von 7 Auftragwalzen kaum möglich ist. Bemerkenswerth erscheint an der Maschine ferner die Anwendung eines endlosen Schmutzpapieres e, welches von der Walze e1 abläuft, auf e2 aufgewickelt wird und die Druckwalze d2 vor Verunreinigung schützt und dadurch das Abschmieren verhütet; es kommt der feuchte Schöndruck immer mit neuen reinen Stellen des Schmutzpapieres in Berührung. Das Papier gelangt, nachdem es den Widerdruck empfangen, zwischen die Lochwalzen f. Bandführungen leiten das in bestimmten Entfernungen quer zur Laufrichtung gelochte Papier nach den Abreiſswalzen g, welche, da sie mit gröſserer Geschwindigkeit wie die Cylinder f laufen, eine Trennung der Papierbahn in einzelne Bogen vornehmen. Der Transport dieser Bogen bis zur Walze h geschieht ebenfalls durch endlose Bänder. Die Bogen treten endlich zwischen den kleinen Walzen i1, i2 heraus und gelangen abwechselnd, veranlaſst durch den Vertheiler, nach den Auslegetischen t1 und t2. Der Vertheiler setzt sich zusammen aus den beiden über k1, l1 und k2, l2 gelegten Bändersystemen m1, m2 und den Auslegerrechen n1, n2. Die oberen Walzen k1, k2 sind in einem horizontal verschiebbaren Rahmen gelagert, dessen Bewegung von der oberhalb liegenden Curvenscheibe p veranlaſst wird. Bei der gezeichneten Stellung gelangt der nächste Bogen nach den Bändern m1 und wird sogleich vom Rechen n1 nach dem linken Tische geworfen. In demselben Augenblicke bewegen sich die Walzen k1, k2 so weit nach links, daſs der mittlerweile angekommene Bogen auf m2 auflaufen muſs. Dieser Bogen vertheiler ist einfach, solid und wirkt zuverlässig. Schlieſslich sei noch erwähnt, daſs das der Augsburger Maschinenfabrik ertheilte Patent sich auch über einen Apparat zum Biegen von auf galvanischem Wege hergestellter Clichés erstreckt; dieses Biegen erfolgt über einer guſseisernen, entsprechend gekrümmten und mit Dampf oder Leuchtgas geheizten Platte. Die Ränder des Cliché werden der ganzen Länge nach zwischen Schienen eingeklemmt, die durch kurze Gelenkstangen mit vertical beweglichen Zahnstangen in Verbindung stehen. Ist das ebene Cliché auf die Biegplatte aufgelegt und eingespannt, so bewirkt das Drehen von ein Paar Griffrädern den Niedergang der Zahnstangen und das Krümmen des Cliché in die richtige Gestalt. In dieser Lage verbleibt dasselbe einige Zeit und wird dann rasch abgekühlt, wobei eine Deformation nicht eintritt. Die zweite Rotationsdruckmaschine, bestimmt für Zeitungsdruck, von König und Bauer in Kloster Oberzell bei Würzburg löst folgende Aufgabe: Zwei auf einander folgende Bogen – das erste und zweite Blatt einer Zeitung – werden so vereinigt, daſs sie einander völlig decken und zusammen zwei Mal gefalzt werden können. Eine solche Maschine ist in der Hofbuchdruckerei der Gebrüder Jänecke in Hannover aufgestellt und druckt den „Hannoverschen Courier“. Die schematische Darstellung derselben in Fig. 4 und 5 Taf. 4 ist dem Hannoverschen Wochenblatt, 1880 S. 135 entnommen; der hier besonders zu besprechende Apparat der Bogenvertheiler, dargestellt durch Fig. 6, ist patentirt (* D. R. P. Kl. 15 Nr. 3210 vom 17. Mai 1878). Um unnöthige Wiederholungen zu vermeiden, sei angeführt, daſs in den Fig. 3 und 4 gleiche Theile mit gleichen Buchstaben bezeichnet sind. Die Plattencylinder c, und c2 haben 300mm Durchmesser und 740mm Länge, wovon jedoch nur 560mm vom Satz eingenommen werden. Diese Länge ist um 50mm veränderlich, um die Maschine auch für etwas anderes Format benutzen zu können. Die Farbwerke besitzen nur zwei Auftragwalzen, was für Zeitungsdruck genügt. d3 und d4 sind Reinigungswalzen für den Widerdruckcylinder. An die Lochcylinder f schlieſst sich eine Bänderführung an, au deren Ende sich die Abreiſswalzen g befinden. Unmittelbar hinter diesen liegt eine schwingende keilförmige Platte q1 (Fig. 6), bewegt durch das Excenter q2 , welche die ankommenden Bogen abwechselnd nach den Bändersystemen r1 und r2 leitet. Um die Bogen mit voller Sicherheit aufgreifen und dem entsprechenden Systeme zuführen zu können, besitzen die Walzen g eingedrehte Nuthen, in welche an der Kante von q1 stehende Zähne oder Zungen eintreten. Das System r1 enthält eine groſse, nach unten gerichtete Schleife, deren Länge so bemessen ist, daſs die nach r1 gelangenden Bogen von der Spitze des Vertheilungskeiles q1 bis zur Spitze des die Systeme r1 und r2 wieder vereinigenden Keiles q3 einen Weg von doppelter Länge wie die durch r2 geleiteten Bogen, zurückzulegen haben. Bogen I, getragen von r1 wird hiernach in demselben Augenblicke an der Spitze von q3 anlangen wie Bogen II, getragen von r2. Bei e1 erhalten die beiden auf einander liegenden Bogen durch den von unten her eintretenden Falzkeil s1 (Fig. 5) den ersten Falz (nothwendig ein Längsfalz). Das zweite Falzen nach der Querrichtung erfolgt durch einen Falzkeil bei s2, welcher den Bogen e2 zwischen die Walzen x einschiebt. Die über diese gelegten Bänder besorgen endlich den Transport nach dem Auslegetische t. Die Leistung der Maschine wird in obiger Quelle angegeben zu 180 Exemplaren des 8 Seiten besitzenden „Hannoverschen Couriers“ in jeder Minute. Dies gibt eine Papierlänge oder Arbeitsgeschwindigkeit von \frac{0,3\,\pi\times180}{60}=2^m,826 in 1 Secunde; in 1 Stunde demnach, bei Annahme ununterbrochener Arbeit, 10173^m,6 oder 180\times 60=10800 fertig gefalzte Exemplare. Rechnet man für unvermeidliche Stillstände durch Aufbringen von neuen Papierrollen u. dgl. 10 Proc. ab, so stellt sich die thatsächliche Leistung zu etwa 9700 Stück. A. L.

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Tafel Tafel 4
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