Titel: | Anschlagwerk für Thurmglocken mit elektrischer Auslösung; von C. Fein und E. Fein in Stuttgart. |
Autor: | C. Fein , E. Fein |
Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 41 |
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Anschlagwerk für Thurmglocken mit elektrischer
Auslösung; von C. Fein
und E. Fein
in Stuttgart.
Mit Abbildungen auf Tafel 4.
Fein's Anschlagwerk für Thurmglocken
Nicht alle Thürme haben einen ständigen Wächter, welchen man in Brandfällen etwa von
einer Centralstation aus telegraphisch zum Anschlagen der Thurmglocken auffordern
kann, und bis dies in anderer Weise geschieht, geht gewöhnlich zu viel Zeit
verloren. Dieser Umstand veranlaſste obige Firma schon bei Herstellung der
Feuertelegraphen-Anlage in Nürnberg, ein Läutewerk zu construiren, mit welchem das
Anschlagen der Thurmglocken von jeder beliebig weit entfernten Wachtstation aus
geschehen kann. Da jedoch die zum Sturmläuten verwendeten Glocken gewöhnlich sehr
groſs und schwer sind, so muſste auch das Gewicht und die Fallhöhe des zum Anschlag
verwendeten Hammers in entsprechendem Verhältniſs sein, und es wurde hierdurch die
Gröſse und Stärke des ganzen Apparates bedingt. Besondere Berücksichtigung
erforderte dabei die vollständig sicher wirkende Construction der elektrischen
Auslösungs- und Arretirungsvorrichtung, durch welche es möglich ist, mit Hilfe eines
schwachen Batteriestromes die schweren Maschinentheile des Apparates in Bewegung zu
setzen und nach Belieben wieder in Ruhe zu stellen.
Die Werke der für den Eisenbahnbetrieb erforderlichen Läuteapparate sind selbstredend
für diesen Zweck ganz unzureichend, da sie ja nur Hämmer von einigen Kilogramm
Gewicht zum Anschlag bringen können.
Der Apparat ist in Fig. 13 und
14 Taf. 4 in etwa 2/15 n. Gr. abgebildet und besteht aus einer
Seiltrommel, welche durch ein Gewicht in Bewegung gesetzt und mittels einer auf den
viereckigen Zapfen z aufgesteckten Kurbel in bekannter
Weise aufgezogen wird. In Verbindung mit der Trommel steht eine mit einer Anzahl
Zapfen c versehene Scheibe, welche bei Drehung der
Trommel den Hebel h niederdrücken, dessen Bewegung
durch Drähte nach dem Hammer weiter übertragen wird, so daſs eine Reihe von langsam
auf einander folgenden kräftigen Glockenschlägen wie bei einer Thurmuhr erfolgt. Die
Bewegung der Trommel wird arretirt durch eine mit doppelter Zahnräderübersetzung mit
ihr verbundene Windflügelwelle W, auf welcher ein Hebel
l befestigt ist, der im Ruhezustand des Werkes auf
den mit einer Nase n versehenen Drehzapfen x
des Arretirungshebels H aufliegt, so daſs eine Drehung
der Welle und ein Anschlagen der Glocke verhindert ist. Die Welle W ist mit den beiden Windflügeln F und f versehen, wovon
sich die Flügel des letzteren verstellen lassen, so daſs die Geschwindigkeit des
Werkes und dadurch die Aufeinanderfolge der Glockenschläge regulirt werden kann.
Wird nun auf einer entfernten Wachtstation ein Contact geschlossen und ein
elektrischer Strom durch die Spule des Electromagnetes E geleitet, so wird dessen Anker a angezogen
und der damit verbundene Haken i zurückgelegt, so daſs
der Arretirungshebel H frei wird. Ein auf der hinteren
Verlängerung des letzteren befindliches Gewicht g dreht
denselben in eine solche Stellung, daſs der Windflügelhebel f an der Nase n vorbeigehen kann, worauf das
Räderwerk in Bewegung kommt und die Glocke angeschlagen wird. Dabei hat sich der
vordere Theil des Arretirungshebels H mit dem
hornartigen Vorsprung v gehoben. Nach einem oder
einigen Schlägen der Glocke wird derselbe durch den mit einem Rollzapfen r versehenen Hebel m,
welcher auf der Vorgelegewelle zwischen Trommel- und Windflügelwelle sitzt,
niedergedrückt, worauf der Haken i des Magnetankers
wieder einfällt und das ganze Werk arretirt, im Falle kein Strom mehr durch den
Elektromagnet geht. Es wird also ein kurzes Schlieſsen des Contactes auf der
Wachtstation je nach der Zahl und Stellung der Zapfen c
einen oder einige Schläge der Glocke veranlassen, während bei anhaltendem Schlieſsen
des Contactes der Haken i durch den Elektromagnetanker
zurückgehalten wird, der Arretirungshebel sofort nach Vorbeigang des Hebels m an dem Hörn v wieder
zurückfällt, so daſs die Windflügelwelle und die Trommel sich weiter drehen können
und eine anhaltend fortlaufende Reihe von Schlägen erfolgt, so lange als der Strom
um den Elektromagnet E kreist.
Derartige Läutewerke sind bei der Feuertelegraphen-Anlage in Nürnberg seit einem
Jahre und bei derjenigen in Stuttgart seit mehreren Monaten in Betrieb. Das Gewicht
der hierzu verwendeten Glockenhämmer beträgt der Gröſse der Glocken entsprechend 8
bis 12k, und es können die Werke bei einmaligem
Aufziehen 25 bis 30 Minuten lang in Thätigkeit gesetzt werden.