Titel: | Beitrag zur Milchanalyse; von Dr. Hans Vogel in Memmingen. |
Autor: | Hans Vogel |
Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 59 |
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Beitrag zur Milchanalyse; von Dr. Hans Vogel in
Memmingen.
H. Vogel, über Milchanalyse.
Mit Analysen von Milch beschäftigt, habe ich dabei einige Erfahrungen gewonnen,
welche der Mittheilung werth erscheinen dürften.
1) Das Abwiegen der zur Bestimmung von Trockensubstanz und Fett verwendeten Milch
(ich nehme etwa 10g) schlieſst, wenn es in offenen
Gefäſsen geschieht, durch Verdunstung so groſse Fehlerquellen in sich, daſs ich mich
entschlossen habe, die Wägung nie mehr offen, sondern stets in Wiegeröhrchen
vorzunehmen, die ich in geeigneter Form habe anfertigen lassen. Eigene Versuche
haben ergeben, daſs 11g,462 Milch an einem
Regentage mit einer Oberfläche von etwa 15qc
Verluste folgender Art erleiden:
Milch
+
Gefäſs
wiegen
um
11
Uhr
30
Min
23,265g
Verlust
„
„
„
„
11
„
35
„
23,248
0,017g
„
„
„
„
11
„
40
„
23,237
0,011
„
„
„
„
11
„
50
„
23,225
0,012
„
„
„
„
12
„
–
„
23,213
0,012
„
„
„
„
1
„
–
„
23,148
0,065
In demselben Gefäſse verliert Wasser mit dergleichen
Oberfläche innerhalb 30 Minuten 0g,039, während
Milch innerhalb derselben Zeit 0g,052 verloren
hat. Ich will diese Zahlen nicht als absolut richtig hinstellen (diese Versuche
wurden nämlich nur einmal ausgeführt); aber ich glaube doch, daſs diese vermehrte
Verdunstungsfähigkeit der Milch gegenüber dem Wasser sich durch die aufsteigenden
Fettkügelchen erklären
läſst, welche oben angekommen, eine gröſsere Oberfläche der Verdunstung
darbieten.
Es ist nun allerdings richtig, daſs Niemand zum Wiegen 5 Minuten braucht; doch können
selbst Fehler mit geringerer Differenz bei der Procentberechnung sich sehr fühlbar
machen.
2) Für die Bestimmung der Trockensubstanz und des Fettes habe ich mir verzinnte
Eisenschiffchen von einer FormIm Querschnitt halbcylindrisch mit schräg zu einander laufenden, statt
senkrechten Seitenflächen. machen lassen, daſs sie sich bequem in
den Soxhlet'schen Extractionsapparat (vgl. König:
Nahrungsmittel, Abschnitt Milch) schieben lassen. Ich habe dessen
Entfettungsapparat nach längeren Versuchen mit anderen Methoden für den besten und
bequemsten befunden; nur hatte ich in so fern immer mit Verlusten zu kämpfen, als es
mir nie gelingen wollte, allen Trockenrückstand aus einer Platin- oder
Porzellanschale vollständig in das Filter des Extractionsapparates zu bringen.
Diese Verluste werden nun ganz und gar dadurch
vermieden, wenn man die Milch in dem verzinnten Eisenschiffchen mit Sand unter
fleissigem Umrühren eindampft, so daſs der Rückstand nicht in festen Massen, sondern
mehr als Pulver erhalten wird. Ist damit die Trockensubstanz festgestellt, dann wird
das Schiffchen sammt Inhalt in ein Filter gesteckt, wie es Soxhlet vorschreibt, und mit Aether in seinem Apparate extrahirt. Fett
kann nicht im Schiffchen zurückgehalten werden, weil die Seitenflächen nicht
rechtwinklig, sondern unter einem stumpfen Winkel aufgesetzt sind.
Nach Beendigung der Extraction bestimme ich nun das Fett sowohl nach der
Soxhlet'schen Art im Kölbchen, als auch – und dies ist ein neuer Vortheil bei diesem
Verfahren – im Schiffchen; denn der etwa herausgefallene Sand läſst sich mühelos von
dem Filter wieder ablösen und zu dem entfetteten Rückstand bringen. Es ist auf diese
Art eine doppelte Bestimmung des Fettes ausgeführt,
wobei die eine Methode die andere controlirt, zudem aber auch noch die Verlust
bringende Weise des Herüberschaffens der Trockensubstanz in das Filter vollständig
vermieden.
3) Meine Milchanalysen wurden ursprünglich in der Absicht begonnen, um den Einfluſs
der Grünfütterung auf die Bestandtheile der Milch zu studiren. Bis jetzt habe ich
aber ebenso wenig als Fleischmann einen Unterschied
bemerken können. Dafür lernte ich bei dieser Gelegenheit die Beschaffenheit der
hiesigen Marktmilch kennen: 56 Procent gewässerte Waare. Als Grenzwerthe habe ich
dabei genommen: 11,5 Proc. Trockensubstanz und 2,5 Proc. Fett, – für eine Stadt des
Algäus gewiſs bescheidene Ansprüche.
Wollte man, wie die Public Analysts in England
verlangen, als Normaldifferenz, welche sich ergibt, wenn man das Fett von der Trockensubstanz abzieht,
die Zahl 9 annehmen, dann wäre alle hiesige Milch gewässert. Ich erwähne dies nur,
um damit zu beweisen, daſs diese Zahl nach diesen Erfahrungen nicht brauchbar ist;
ich möchte dafür lieber die Zahl 8 in Vorschlag bringen.