Titel: | Zur Statistik der Gussstahlschienen-Brüche. |
Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 163 |
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Zur Statistik der
Guſsstahlschienen-Brüche.
Theune, zur Statistik der Guſsstahlschienen-Brüche.
Eisenbahn-Bauinspector Theune theilt im Organ für
Eisenbahnwesen, 1880 * S. 91 eine Uebersicht der in
den letzten 6 Jahren im Commissionsbezirk Kattowitz der
Oberschlesischen Eisenbahn erfolgten Guſsstahlschienenbrüche mit, welcher wir
Folgendes entnehmen.
Der Oberbau besteht aus eichenen Querschwellen und 131mm hohen, breitbasigen Schienen, welche auf den älteren Strecken noch im
festen, auf den neueren im schwebenden Stoſse liegen. Im Ganzen sind 329 Brüche zu
verzeichnen, welche sich nach folgenden Gesichtspunkten betrachten lassen.
1) In Bezug auf die Oertlichkeit: 135km Geleise liegen in freiem Terrain auf trockenem
Grund, 29km in dichtem Wald, weshalb die Nässe im
Bettungsmaterial beständig festgehalten wird. Während in den ersteren günstigen
Strecken zusammen 207, d. i. 1,5 Brüche für 1km
vorgekommen sind, beträgt diese Zahl für die letztgenannten Strecken 122, d. i. 4,2
für 1km.
2) In Bezug auf die Jahreszeit: Die Winterzeit zeichnet
sich vornehmlich durch die Häufigkeit der Brüche aus, denn es sind zu notiren
gewesen:
im
1.
Kalender-Vierteljahr
216
„
2.
„
28
„
3.
„
14
„
4.
„
71.
3) In Bezug auf das Alter der Schienen: Die Zahl der in
den ersten Jahren nach der Verlegung gebrochenen Schienen ist sehr gering; die
meisten lagen vielmehr 8 bis 10 Jahre, und zwar beträgt das durchschnittliche Alter
7,5 Jahre. In der gedachten Zeit ist die bedeutende Bruttolast von 23 Millionen
Tonnen auf dem Gleise bewegt worden.
4) In Bezug auf die Bruchstelle und die vermuthlichen
Ursachen: Es brachen durch das volle Profil 73, durch die Einklinkung 51
und durch die Laschenlöcher 205 Schienen. Da die Zahl der Fälle, in welchen die
Schuld auf alte Anbrüche oder Haarrisse geschoben werden konnte, nur gering war, so
müssen die Hauptursachen anderswo gesucht werden.
Bezüglich der Brüche durch das volle Profil ist zu
berücksichtigen, daſs durch den Stempel der Richtmaschine in den anfangs
spannungslosen Schienen bleibende Biegungen und Faserspannungen hervorgerufen
werden, welche sich zur demnächstigen Betriebsbeanspruchung addiren und das Material
dem Bruche erheblich näher bringen können, wobei darauf aufmerksam zu machen ist, daſs die
Bruchgrenze nach. Wähler wegen der wiederholten
Beanspruchung nur etwa ⅝ derjenigen beträgt, welche für ruhende Belastung gilt.
Die all gemein anerkannte Schädlichkeit der Einklinkungen ist häufig auf Verletzungen des Materials bei deren
Herstellung geschoben. Diese Erklärung kann aber hier nicht Platz greifen, da fast
ausnahmslos die Brüche frisch und die Bruchstellen homogen waren; dagegen dürfte
deren Gefährlichkeit, wenn man die Einklinkungen als scharfe
Ansätze betrachtet, ohne weiteres folgen. Denn nach Wähler (Zeitschrift für Bauwesen, 1870 S. 100) lag die Bruchgrenze eines
mit scharfem Ansätze versehenen, continuirlich gedehnten, aus einer Krupp'schen
Guſsstahlachse geschnittenen Stabes bei 2200k auf
1qc; bei 131mm hohen Schienen beträgt aber die durch ein Locomotivrad in ruhendem
Zustande erzeugte Spannung, selbst wenn die Schwächung des Querschnittes durch die
Einklinkung nicht berücksichtigt wird, schon etwa 1000k auf 1qc; dieselbe wird durch die
Bewegung und die damit verbundenen Stöſse erheblich vermehrt. Es leuchtet daher ein,
daſs auch ohne äuſsere Verletzungen, bei Frostwetter, wo das Material spröder, die
Bahn unebener und die Beanspruchung daher noch stärker wird, der Bruch erfolgen
kann, zumal wenn, wie im vorliegenden Falle, die Anzahl der Radstöſse bereits 4,6
Millionen beträgt.
Von den Brüchen durch Laschenlöcher kommen auf 1km Gleis mit festem Stoſs 4,7 und auf 1km Gleis mit schwebendem Stoſs 0,8. Wenn auch auf
die Brüche bei festem Stoſs das höhere Alter der betreffenden Gleise nicht ohne
nachtheiligen Einfluſs geblieben sein mag, so bleibt doch noch ein erheblicher
Ueberschuſs, um den Vorzug des schwebenden Stoſses nachzuweisen. Die Brüche
erfolgten stets an den vorderen Köpfen der Schienen in der Fahrrichtung gesehen.
Dieselben hatten an den Wandungen des Loches niemals die senkrechte, sondern meist
eine um 45° gegen die Achse geneigte Richtung und gingen in geschwungenen Linien
sich der Senkrechten nähernd durch Kopf und Fuſs. Die Zerstörung begann in der
Wandung des Loches und schritt nach den äuſseren Fasern fort.
Beim Biegen des als einseitig eingespannt zu betrachtenden Schienenendes wird, wie
man sich durch einen Versuch überzeugen kann, das Loch länglich gezogen, so daſs
seine groſse Achse gegen die Horizontale geneigt ist, bis es endlich an den Enden
der kleinen Achse ausreiſst.
Bemerkt sei noch, daſs die Schienenlaschen nicht wie die Schienen von Stahl, sondern
von Eisen waren.