Titel: | Ueber Hans Hoefer's Minentheorie; von Gustav Schmidt. |
Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 221 |
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Ueber Hans Hoefer's Minentheorie; von Gustav
Schmidt.
G. Schmidt, über Hoefer's Minentheorie.
Im Verlage des Verfassers, Professor Hoefer an der k. k.
Bergakademie in Przibram, erschien ein Sonderabdruck aus der Oesterreichischen
Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1880, welcher
geeignet erscheint, die Aufmerksamkeit der Mineurs, Tunnelbauer und Bergleute in
Anspruch zu nehmen, da der Verfasser die bisherige Minentheorie für unrichtig
erklärt und eine bessere aufstellt. Wir theilen das Wichtigste hieraus mit, um
hierdurch zum Lesen der Abhandlung einzuladen, nehmen jedoch hierbei gleich jene
geringfügigen Veränderungen in der Bezeichnungsweise vor, welche wir zur Vermeidung
des Gebrauches derselben Buchstaben (R und m) in verschiedenem Sinn für die Fortsetzung der
Bearbeitung dieses Gegenstandes empfehlen zu sollen glauben.
Es sei L die Ladung, R der
Radius der Wurfsphäre, worunter Hoefer diejenige
Vorgabe versteht, bei welcher kein Wurftrichter mehr geworfen wird, sondern die
freie ebene Oberfläche in dem kürzesten Abstand von der Mine eben nur noch
angerissen wird, so kann man für ein bestimmtes Explosiv und eine bestimmte
Gesteinsart L = k R2
setzen, unter k eine Constante verstanden, welche Ladungscoefficient
genannt wird. Der Sprengwerth des Explosivs ist dem Ladungscoefficienten
verkehrt proportional. Im Radius R ist die specifische
radiale Stoſskraft p nicht mehr genügend, um ein
merkliches Gesteinstück abzubrechen und fortzuschleudern. Bei m facher Ladung wäre jedoch diese specifische
Stoſskraft mp; daher würde sie in einem Radius R1 wieder auf p gesunken sein, der sich aus
{R_1}^2\,p=R^2\,mp mit R_1=R\sqrt{m}
ergibt; folglich ist \frac{R_1}{R}=\sqrt m, und da die normalen Vorgaben w den
Radien der Wurfsphären proportional sein müssen, so ergibt sich auch
\frac{w_1}{w}=\sqrt m.
Die Volumen K der Wurftrichter sind bekanntlich den
dritten Potenzen einer ihrer ähnlichen linearen Dimensionen, also z.B. der Kegelhöhe
w proportional; daher ist:
\frac{K_1}{K}=\left(\frac{w_1}{w}\right)^3=(\sqrt m)^3=m\,\sqrt
m, während man bisher ganz allgemein die irrthümliche unbegründete
Annahme: \frac{K_1}{K}=\frac{L_1}{L}=m gemacht hat. Dies ist das
wichtigste neue Resultat Hoefer's und die Olmützer
Versuche zeigen, daſs der Ladungscoefficient k mit der
Dichte des Erdreiches steigt und fällt, und daſs mit zunehmender Dichte des
Erdreiches bei gleicher Ladung der Wurfsphärenradius R
kleiner wird.
Ferner führt Hoefer die zwei Hauptfälle durch: erstens
K = Maximum, zweitens die Länge der Galerie s = 2r = Maximum, unter
r den Radius der freien Basisfläche des
Wurftrichters verstanden. Ist nämlich \varrho=\sqrt{r^2+w^2} die
Seitenlänge des Kegels und α der von r und ρ eingeschlossene
Winkel, so ist: r = ρ cos α, w
= ρ sin α,
K=\pi\,r^2\,\frac{w}{3}=\frac{\pi}{3}\,\varrho^3\ cos^2\,\alpha\
sin\,\alpha und die normale Componente der radialen specifischen
Stoſskraft p am Kegelrade: x = p sin α.
Dieselbe muſs den gleichen kleinen Werth haben, wie die
radiale Stoſskraft p0im Radius R der Wurfsphäre, für welche r = 0 ist (dies ist die neue Hypothese Hoefer's), also muſs sein: p
sin α = p0.
Zugleich ist p0
R2 = pρ2, weil die
specifischen Radialkräfte den Kugeloberflächen verkehrt proportional gesetzt werden
können; also ist:
pR2sin
α = pρ2 oder ρ =
R√sin α.
Dies ist das zweite Hauptresultat Hoefer's, wobei er
hervorhebt, daſs bisher die Seitenlänge ρ des
Wurfkegels immer mit dem Radius R der Wurfsphäre
verwechselt wurde.
Setzt man den Werth von ρ in die Gleichungen für K und r ein, so folgt:
K = ⅓ π
R3
sin2
α cos2
α √sin α und r = R cos α √sin α.
für K = Max. folgt also: sin5
α cos4α = Max.,
tg2
α = 5/4, also nach
Hoefer's Bezeichnung αn = 48° 11½, cos
αn = ⅔, sin
αn = ⅓ √5, womit:
rn =
R ∜80/279 = 0,57556 R, wn = R ∜125/729 = 0,64350
R
ρ = R
∜5/9 = 0,86334
R
und umgekehrt: R = 1,5540 wn sowie wn = 1,11804 rn,
d.h. der Wurfkegel erreicht sein
Maximum, wenn die Vorgabe etwas weniger gröſser ist als der
Basisradius.
Den Wurfkegel mit αn =
48° 11½ nennt Hoefer den normalen Wurfkegel. In der Praxis hat man bisher an = 45° angenommen.
Die zweite Forderung r = Max. liefert: cos2
α sin α = Max., woraus tg2
α= ½, also für den breitesten Wurfkegel αb = 35° 15½, also cos αb = √⅔ und sin αb = √⅓ womit:
rb =
R ∜ 4/27 = 0,62040 R,
w_b=\frac{R}{\sqrt[4] {27}}=0,43869\,R,
\varrho=\frac{R}{\sqrt[4] 3}=0,75983\,R,
woraus auch folgt:
rb =
wn ∜108/125 = 0,96411
wn
und somit die gröſste Länge, auf welche die Galerie einstürzen
kann: sb = 2 rb = 1,92822 wn
Hoefer rechnet nicht ganz richtig 1,9325 wn.,
übereinstimmend mit der Angabe Lebrun's, nach welchem
die Grenzen seiner „sphere de bonne rupture“
dort sind, wo die Galerien auf die doppelte Länge der normalen Vorgabe
einstürzen.
Schlieſslich folgt aus der Hoefer'schen Gleichung ρ = R √sin α, wegen
sin\,\alpha=\frac{w}{\varrho}, auch R=\sqrt
{\frac{\varrho^3}{w}}. Dies ist das dritte Hauptresultat Hoefer's, welches dazu
dient, um aus den beobachteten Gröſsen ρ und w den Radius R der
Wurfsphäre zu berechnen; z.B. war bei der Olmützer Mine Nr. I in angeschüttetem,
bereits fest gelagertem Boden (thoniger Sand, Löſsformatien), wovon 1cbm 1667k wiegt,
die Vorgabe gegen eine Flankengalerie w = 3m,793; der bei der Dynamitladung L = 56k sich
ergebende Radius des Wurfkegels r = 3m,581, also
\varrho=\sqrt{r^2+w^2}=5^m216,, somit der Radius der
Wurfsphäre R=\sqrt {\frac{\varrho^3}{w}}=6^m,117 und der
Ladungscoefficient k = L : R2
= 1,4966.
Bei der ähnlichen Mine II war w = 3m,610, L = 99k,12, r = 5m,111, ρ = 6m,257, R = 8,239,
somit k = 1,4603 nur um 2,4 Proc. kleiner.
Wird der Mittelwerth k = 1,48 angenommen und man fragt
um die erforderliche Ladung für den normalen Wurfkegel bei gleichem Gestein und
Explosiv, so findet man: L = k R3 = 1,48 x 1,55402 w23,574 w2 also für die Vorgabe der Mine I mit
w = 3m,793, L = 51k,42, womit
r_n=\frac{w_n}{1,118}=3^m,394 erzielt worden wäre, statt r = 3,581 bei der Ladung von 56k.
Aus der Hoefer'schen Formel L =
kR2 und
R=\frac{\varrho}{\sqrt
{sin\,\alpha}}=\frac{w}{sin\,\alpha\,\sqrt{sin\,\alpha}} folgt auch
die nicht ausdrücklich angeführte allgemeine Formel
L=\frac{k\,w^2}{sin^3\,\alpha}, woraus
sin\,\alpha=\sqrt[3]{\frac{k\,w^2}{L}}.
Nach dieser Formel berechnet sich mit k = 1,48 für die
Mine I mit w = 3,793 und L
= 56 der Winkel α = 46° 26', somit r = w cotg α = 3m,608, statt des beobachteten Werthes r = 3m,581 und für
die Mine II mit w = 3m,610, L = 99,12 der Winkel α = 35° 25', somit r = w cotg α = 5m,077
statt 5m,111. Der Fehler in r beträgt also bezieh. nur + 0m,027 und – 0m,034 oder ± 3cm.
Aus der allgemeinen Formel L=\frac{k\,w^2}{sin^3\,\alpha} ist auch
direct ersichtlich, daſs sich unter Annahme von Normalschüssen mit gröſstem Wurfkegel von α =
48° 11½ die Ladungen verhalten wie die Quadrate der
Vorgaben (a. a. O. S. 40 und 43), während entsprechend der bisherigen
irrigen Annahme \frac{K_1}{K}=\frac{L_1}{L} sich die Ladungen wie die dritten Potenzen der Vorgaben
verhalten.Siehe J. Mahler: Sprengtechnik, S.
23.
Der für die Minen I und II erhaltene Werth des Ladungscoefficienten k = 1,48 entspricht keinem besonders guten Dynamit. Hoefer führt andere Versuche an, bei welchen sich nach
Reduction seiner Angaben in Wienermaſs auf das hier gebrauchte Metermaſs k = 0,988 ergab, gegen k =
2,125 bei 40 gradigem Pulver. Der Sprengwerth dieses Dynamites ist daher 2,125 :
0,988 = 2,15 mal so groſs wie jener des Pulvers. Wenn dieses Dynamit also höchstens
doppelt so viel kostet als das Pulver, so wird es zu empfehlen sein.
Wir schlieſsen mit der Bemerkung, daſs der Hoefer'sche
Ladungscoefficient k direct aus den Versuchsgröſsen L, w, r nach der Formel berechnet werden kann:
k=\frac{L\,w}{(\sqrt{r^2+w^2})^3}, und empfehlen die Hoefer'schen ArbeitErschienen im Commissionsverlag der Manischen Buchhandlung in
Wien. nochmals der Beachtung der Fachkreise.