Titel: | Fortschritte in der technischen Analyse. |
Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 306 |
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Fortschritte in der technischen
Analyse.
Fortschritte in der technischen Analyse.
Zur Bestimmung des Anhydridgehaltes der
rauchenden Schwefelsäure wird nach Cl. Winkler
(Chemische Industrie, 1880 S. 194) eine gewogene Menge der Säure in Wasser
gelöst und dann mit Normalkali titrirt. Zur Probenahme muſs die zu untersuchende
Säure zunächst verflüssigt werden. Bei krystallisirter Schwefelsäure oder einem
theilweise erstarrten Oleum geschieht dies durch allmähliche Erwärmung in einem
geschlossenen Gefäſse auf etwa 30°. Bei Blechtrommeln wird das in der Mitte des
Deckels befindliche Verschluſsplättchen mit einem heiſsen Löthkolben entfernt und
hierauf die runde Einfüllöffnung sogleich mit einem Uhrglase bedeckt, so daſs beim
nachherigen Erwärmen keine Spannung in dem Gefäſse eintreten kann, während
andererseits auch der durch Verdampfen entstehende Verlust unbedeutend ist. Beim
Einschmelzen der Handelsproducte, die in ihrer Zusammensetzung dem reinen Anhydrid
nahe kommen, zeigt sich die schon von R. Weber
(Poggendorff's Annalen, 1876 Bd. 159 S. 313) untersuchte Erscheinung, daſs
sich nur ein Theil der Masse verflüssigt, während der Rest das Ansehen
durchfeuchteter Baumwolle annimmt und nicht vollkommen schmilzt. Da nun aber nach
Winkler kein wesentlicher Unterschied in der
Zusammensetzung des verflüssigten und des starr gebliebenen Theiles besteht, so
entnimmt man die Probe nur dem ersteren.
Das Abwägen der Probe geschieht in einem kleinen, leichten, dünnwandigen Fläschchen
mit gut eingeriebenem Stöpsel. Von dem gewöhnlichen schwach rauchenden Oleum des
Handels bringt man zu diesem Zweck vorsichtig mittels einer Pipette etwa 10cc in das Gläschen, wiegt, gieſst die Säure in
dünnem Strahl in kaltes Wasser, spült mit Wasser nach, füllt zu 250cc auf und titrirt hiervon 25cc mit Normalkali. Anhydrid oder daran reiche
Säuregemische müssen zunächst mit gewöhnlicher Schwefelsäure versetzt werden, da bei
ihrer directen Einführung in Wasser Verluste durch Verdampfen oder Spritzen
entstehen würden. Man pipettirt zunächst 10 bis 15cc Schwefelsäure von genau bekanntem Gehalt in das tarirte trockene
Stöpselfläschchen, wiegt, hebt dann mittels einer reinen, passend mit einer
Wasserluftpumpe verbundenen, erwärmten Pipette 5 bis 10cc der verflüssigten Probe ab und läſst diese ebenfalls in das Fläschchen
ausflieſsen, wobei man darauf zu achten hat, daſs die Ausfluſsspitze der Pipette
weder den Hals des Gefäſses berührt, noch in die vorher bereits abgewogene Säure
eintaucht. Hierauf wird der Stöpsel aufgesetzt und die Mischung beider Säuren durch
gelindes Umschwenken bewirkt, wobei beträchtliche Erhitzung eintritt. Nach erfolgter
Abkühlung ergibt eine zweite Wägung die Menge der zur Untersuchung verwendeten
Substanz. Diese wird wie vorhin in kaltem Wasser gelöst und dann titrirt.
Zur Gehaltsbestimmung von Säuregemischen, welche bei mittlerer Temperatur noch
flüssig bleiben, hat Cl. Winkler folgende Tabelle
Spec. Gew.bei 20°
Gehalt an
Gehalt an
Gehalt an
SO3
H2O
SO3
Schwefel-saure von60° B
abdestillir-baremAnhydrid(SO3)
Mono-hydratH2SO4
Wasser
1,835
75,31
24,69
–
100,00
–
92,25
7,75
1,840
77,38
22,62
8,39
91,61
–
94,79
5,21
1,845
79,28
20,72
16,08
83,92
–
97,11
2,89
1,850
80,01
19,99
19,04
80,96
–
98,01
1,99
1,855
80,95
19,05
22,85
77,15
–
99,16
0,84
1,860
81,84
18,16
26,45
73,55
1,54
98,46
–
1,865
82,12
17,88
27,57
72,43
2,66
97,34
–
1,870
82,41
17,59
28,76
71,24
4,28
95,76
–
1,875
82,63
17,37
29,95
70,05
5,44
94,56
–
1,880
82,81
17,19
30,38
69,62
6,42
93,58
–
1,885
82,97
17,03
31,03
68,97
7,29
92,71
–
1,890
83,13
16,87
31,67
68,23
8,16
91,84
–
1,895
83,43
16,66
32,52
67,48
9,34
90,66
–
1,900
83,48
16,52
33,09
66,91
10,07
89,93
–
1,905
83,57
16,43
33,46
66,54
10,56
89,44
–
1,910
83,73
16,27
34,10
65,91
11,43
88,57
–
1,915
84,08
15,92
35,52
64,48
13,33
86,67
–
1,920
84,56
15,44
37,27
62,73
15,95
84,05
–
1,925
85,06
14,94
39,49
60,51
18,67
81,33
–
1,930
85,57
14,43
41,56
58,44
21,34
78,66
–
1,935
86,23
13,77
44,23
55,77
25,65
74,35
–
1,940
86,78
13,22
46,46
53,54
28,03
71,97
–
1,945
87,13
12,87
47,88
52,12
29,94
70,06
–
1,950
87,41
12,59
49,01
50,99
31,46
68,54
–
1,955
87,65
12,35
49,98
50,02
32,77
67,23
–
1,960
88,22
11,78
52,29
47,71
35,87
64,13
–
1,965
88,92
11,08
55,13
44,87
39,68
60,32
–
1,970
89,83
10,17
58,81
41,19
44,64
55,36
–
angegeben, welche das specifische Gewicht und den
Gesammtgehalt an Schwefelsäureanhydrid und Wasser (nach alter Anschauung), den
Gehalt an SO3 neben Säure von 66° B. und den an
abdestillirbarem Anhydrid neben eigentlicher Schwefelsäure angibt. Um mittels
Senkwagen auch das specifische Gewicht von Säuregemischen, welche beim Stehen
Krystalle von Pyroschwefelsäure absetzen, ja von der Pyroschwefelsäure selbst
bestimmen zu können, werden dieselben durch Erwärmen vollkommen verflüssigt, worauf
man sie in einen Cylinder gieſst, das Aräometer einsenkt, nun abkühlen läſst und
abliest, bevor die Krystallisation eintritt.
Um schlieſslich die Menge der in der rauchenden Schwefelsäure vorhandenen
Schwefligsäure zu bestimmen, mischt man eine passend abgemessene Menge der zu
untersuchenden Säure mit doppeltem Maſstheil reiner Schwefelsäure und läſst das
erkaltete Gemisch unter einer gröſseren Menge ausgekochten und wieder erkalteten
Wassers ausflieſsen, rührt langsam um und titrirt mit Kaliumpermanganat.
Zur Bestimmung des Schwefelgehaltes der
Schwefelkiese schmilzt B. Deutecom (Zeitschrift für
analytische Chemie, 1880 S. 313) 1g Pyrit
mit 8g eines Gemenges von gleichen Theilen
chlorsaurem Kalium, kohlensaurem Natrium und Chlornatrium in einem groſsen,
bedeckten Porzellantiegel. Nach dem Erkalten wird in kochendem Wasser gelöst, das
Ganze auf 200cc aufgefüllt, filtrirt und in 50cc des Filtrates die Schwefelsäure besimmt.
Verwendung von Brom zur Analyse der
Sulfide. Wie bereits P. Wage (Zeitschrift für
analytische Chemie, 1871 S. 206), Kämmerer
(1871 200 157) und R. v.
Wagner (1876 219 544) so empfiehlt auch E. Reichardt im Correspondenzblatt analytischer Chemiker, 1880 S. 85 das Brom zur
Oxydation von Schwefel und Sulfiden; nur der Schwefelkies erfordert feine
Zertheilung und längere Einwirkung. Zur Lösung der im Gang der Analyse erhaltenen
Schwefelwasserstoff-Niederschläge von Quecksilber, Arsen, Antimon u.s.w. genügt es
dieselben auf dem Filter mit Bromwasser zu behandeln. Bromsilber und bei Verdünnung
ein Theil des Antimons bleiben auf dem Filter zurück.
Zur Untersuchung der Rohsoda, Um die
schwefligsauren und unterschwefligsauren Salze zu bestimmen, bedient sich J. Groſsmann (Zeitschrift für analytische Chemie, 1879
S. 79) der indirecten Analyse. Hat man z.B. eine Lösung, die nur
unterschwefligsaures und schwefligsaures Natrium, aber kein Sulfat enthält, so
bestimmt man einmal, wie viel Gramm Jod ein entsprechender Theil nach dem Ansäuern
mit Essigsäure erfordert, um mit Stärke die bekannte Endreaction zu geben,
andererseits wie viel Gramm Sulfat ein gleicher Theil der Lösung bei völliger
Oxydation mit Brom liefert.
Es seien nun x1 und y1 die Anzahl Gramm Jod, welche dem Na2S2O3 bezieh. dem Na2SO3 entsprechen, A diejenige, welche die Einheit beim Titriren mit Stärke erfordert, und B die Anzahl Gramm Na2SO4 welche bei der Oxydation gebildet
wurde, so ist:
x_1+y_1= A und
\frac{2Na_2SO_4}{J}\,x_1+\frac{Na_2SO_4}{2\,J}\,y_1=B,
woraus sich berechnet:
x_1=\frac{2\,J}{3Na_2SO_4}\,B-\frac{1}{3}\,A und
y_1=\frac{4}{3}\,A-\frac{2\,J}{3Na_2SO_4}\,B.
Um das Resultat als Gramm Na2S2O3 und Na2SO3 zu erhalten,
ist es nur nöthig, x1
mit \frac{Na_2S_2O_3}{J} und y1 mit
\frac{Na_2SO_3}{2\,J} zu multipliciren. Wir finden dann:
Etwa vorhandenes Sulfid wird durch kohlensaures Cadmium fortgenommen, Sulfat
besonders bestimmt und vom Gesammtsulfat abgezogen. Zur Bestimmung des vorhandenen
Sulfates wird über die mit Natriumbicarbonat versetzte, in einen Kolben gebrachte
Flüssigkeit Kohlensäure geleitet, bis alle Luft verdrängt ist; dann wird die
Flüssigkeit erhitzt, mit überschüssiger Salzsäure auf ein Viertel des ursprünglichen
Volumens eingedampft und nun mit Chlorbarium gefällt.
Die Analyse der beim Mond'schen Verfahren
erhaltenen Schwefellaugen, welche bereits von Mond (1879 191 378), Richters (1879 192 63), Stahlschmidt (1872 205 240) und Lunge (Soda-Industrie, Bd. 2 S. 594) bearbeitet wurde,
führt K. Jurisch (Chemische Industrie, 1880 S. 159) in
folgender Weise aus. Man versetzt zunächst 3cc,2
der Schwefellauge mit essigsaurem Natrium und so viel schwefelsaurem Zink, daſs
alles H2CaS2 und
CaS2 als Schwefelzink gefällt wird, verdünnt auf
200cc, filtrirt 100cc davon ab und titrirt mit Zehntelnormaljod und
Stärke. Die doppelte Anzahl der verbrauchten Cubikcentimeter Jod entspricht dem
vorhandenen CaS2O3.
Eine zweite Probe von 3cc,2 Lauge, direct mit
Zehnteljodlösung titrirt, gibt die den sämmtlichen Schwefelverbindungen
entsprechende Jodmenge, die Unterschiede beider Proben daher die für H2CaS2 und CaS2 zusammen erforderliche. Man entfärbt nun die
Flüssigkeit der zweiten Probe mit einem Tropfen unterschwefligsaurem Natrium, fügt
etwas Lackmustinctur hinzu und titrirt mit Zehntelnormalkali. Da bei der Reaction
von Jod auf H2CaS2
für je 2 Atom gefälltem Schwefel 2 Mol. HJ entstehen, so entspricht 1cc Kali 2cc der
von H2CaS2
verbrauchten Jodlösung.
Bezeichnet man nun mit x die Anzahl
der Cubikcentimeter Zehnteljod der ersten Probe, mit y
die der zweiten und mit z die Anzahl Cubikcentimeter
Zehntelkali der dritten Probe, ferner mit A die Anzahl
der Gramm Schwefel als CaS2O3, mit C die von H2CaS2 und mit B die von CaS2 in 3cc,2 Schwefellauge, so ergibt sich, daſs:
A = 0,0064 x
enthalten
in
0,0152 x Gramm CaS2O3
C = 0,0016 (2 z)
„
„
0,00265 (2 z) Gramm H2CaS2
B = 0,0032 (y – 2 z –
x)
„
„
0,0052 (y – 2 z – x) Gramm
CaS2.
Daraus ergibt für die Gesammtmenge des in 3cc,2 Schwefellauge enthaltenen Schwefels der
Ausdruck: S' = A + B + C
oder:
S' = 0,0064 x + 0,0016 (2 z) + 0,0032 (y – 2 z – x) =
= 0,0032 (x + y – z) Gramm in 3cc,2 Lauge, oder (x + y – z) Gramm in 1l.
Begeht man den kleinen Fehler, das specifische Gewicht der Lauge
gleich 1 zu nehmen, so ergibt sich der Procentgehalt der Lauge an Gesammtschwefel
aus der Proportion 3,2 : 0,0032 (x + y – z) = 100 : S' und S' = 1/10
(x + y – z) Proc. Da das
specifische Gewicht der Laugen zwischen 1,04 und 1,1 schwankt, so findet man durch
diese Formel den Procentgehalt an Schwefel etwas zu hoch. Dieser Fehler wird dadurch
theilweise ausgeglichen, daſs die Lauge etwas mehr Schwefel enthält, als der hier
angenommenen Formel CaS2 entspricht, wird aber
völlig vermieden, wenn man die so gefundenen Procentzahlen, mit 10 multiplicirt, als
Kilogramm im Cubikmeter in Rechnung stellt.
Für den Fabrikanten kommt von dem Gesammtschwefel nur der durch Salzsäure wirklich
ausfällbare in Betracht:
CaS2O3 + 2CaS2 + 6HCl = 3CaCl2 + 3H2O + 3S2 und
CaS2O3 + H2CaS2
+ 4HCl = 2CaCl2 + 3H2O + 2S2.
Diesen Formeln entsprechend würde die Schwefellauge bei der Jodprobe für CaS2O3 1 Jod, für
2CaS2 oder H2CaS2 aber 4, zusammen also 5 Jod
erfordern müssen. Bei einer solchen normalen Schwefellauge verhält sich somit die
Anzahl der Cubikcentimeter Jodlösung der ersten Probe zu der Anzahl der
Cubikcentimeter Jodlösung der zweiten Probe, oder x zu
y, wie 1 zu 5, oder es ist 5x = y. Zugleich ist A = ½ B + C.
Wenn die Schwefellauge mehr CaS2O3 enthält, als der Formel 2CaS2O3 + (2CaS2 + H2CaS2) entspricht, d.h. wenn die Oxydation zu lange
gedauert hat, so entweicht auf Zusatz von Salzsäure schweflige Säure; und zwar geht,
wie die Formel CaS2O3 + 2HCl == CaCl2 + SO2 + S + H2O lehrt,
die Hälfte des in dem Ueberschuſs an CaS2O3 enthaltenen Schwefels in dieser Weise verloren.
Die Lauge heiſst „überblasen“.
Enthält sie dagegen weniger CaS2O3, als obiger Formel entspricht, hat also die
Oxydation nicht lange genug gedauert, so entweicht auf Zusatz von Salzsäure
Schwefelwasserstoffgas; es geht die Hälfte des in dem Ueberschuſs an CaS2 enthaltenen Schwefels und aller in dem Ueberschuſs
an H2CaS2 enthaltene
Schwefel als H2S verloren, wie folgende Formeln
veranschaulichen: CaS2 + 2HCl = CaCl2 + H2S + S und H2CaS2 + 2HCl =
CaCl2 + 2H2S;
die Lauge heiſst in diesem Falle „unterblasen“.
In der überblasenen Lauge ist ein Ueberschuſs von CaS2O3 vorhanden, d.h.
es ist A > ½ B + C oder 5 x > y. Auf Zusatz von Salzsäure geht die Hälfte dieses
Ueberschusses als SO2 verloren und daher beträgt die
wirklich niedergeschlagene Schwefelmenge nur S'' = (A + B + C) – ½ (A – ½ B – C).
Setzt man hier die numerischen Werthe ein, so erhält man:
S'' = 0,0032 (x + y – z) – ½ [0,0064 x – 0,0016 (2z) – 0,0016
(y – 2 z – x)]
= 0,0032 (x + y – z) – 0,0032 (¾ x – ¼
y) Gramm.
In diesem Ausdrucke gibt das erste Glied den Procentgehalt der
Lauge an S', das zweite Glied die Procentmenge des
Verlustes, wie folgende einfache Umformung zeigt: S'' =
1/10
(x + y – z) – 1/40 (5x – y) Proc.
Die Menge des ausfallbaren Schwefels ist natürlich um so gröſser,
je kleiner der Unterschied 5 x – y ist.
Die unterblasene Lauge enthält einen Ueberschuſs von CaS2 und H2CaS2, so daſs 5 x < y ist. Jedes Cubikcentimeter Jodlösung als Ueberschuſs
von y über 5 x zeigt 0g,0016 Schwefel als H2CaS2 oder 0g,0032 als CaS2 an. Da nun aus der
ersteren Verbindung durch Salzsäure aller Schwefel als H2S ausgetrieben wird, aus der zweiten nur die Hälfte, so zeigen in jedem
Falle die (y – 5 x)
Cubikcentimeter Jodlösung 0,0016 (y – 5 x) Gramm Schwefel in Gestalt von basischen
Calciumverbindungen als verloren an. Dieser Verlust V,
in Procent des Laugengewichtes ausgedrückt, ergibt sich aus der Proportion 3,2 :
0,0016 (y – 5 x) = 100 :
V und V = 1/20 (y – 5x) Proc. Jedes in der
zweiten Probe mehr als 5 x verbrauchte Cubikcentimeter
Jodlösung zeigt also einen Verlust von 0,05 Proc. Schwefel an, so daſs die
ausfällbare Schwefelmenge S'' = 1/10
(x + y – z) – 1/20 (y – 5k) Procent
beträgt.
Diese Formel kann man auch durch folgende Betrachtung ableiten:
Wenn ½ B + C > A ist, so geht in dem Ueberschuſs der alkalischen
Caliumverbindungen auf Zusatz von Salzsäure die Hälfte des als B vorhandenen Schwefels, und aller als C vorhandene Schwefel als H2S verloren, d.h. der Verlust beträgt (½ B +
C – A) Gramm Schwefel, die ausfällbare
Schwefelmenge beträgt also:
S'' = (A+ B + C) – (½ B + C – A) oder
S'' = 0,0032(x + y – z) – 0,0032(½y – 5/2x) Gramm,
1/10(x + y – z) –
1/20(y – 5x) Proc.
Für die Beurtheilung der Laugen ergeben sich somit folgende Regeln: Um den
ausfällbaren Schwefel zu finden, multiplicirt man die Anzahl der Cubikcentimeter
Jodlösung der ersten Probe mit 5. Ist dieses Product gröſser als die Anzahl der
Cubikcentimeter Jodlösung der zweiten Probe, so ist die Lauge überblasen; ist es dagegen kleiner, so heiſst die Lauge
unterblasen. Man zieht dann die kleinere Zahl von
der gröſseren ab und theilt den Unterschied im ersten Falle durch 40n im zweiten durch 20 und zieht die erhaltene Zahl
von der Gesammtmenge des Schwefels ab.
Bestimmung der Cyanverbindungen in den
Sodalaugen. Nach F. Hurter (Chemical News,
1879 Bd. 39 S. 29) enthalten die Laugen Ferrocyannatrium, Schwefelcyannatrium und
Natriumcyanat; letztere sind weniger wichtig, da sie bei der Bearbeitung der Soda
farblose Zersetzungsproducte geben; das Ferrocyannatrium ist aber um so schädlicher,
als es nicht, wie das Schwefeleisennatrium, durch Kohlensäure und atmosphärische
Luft zersetzt wird (vgl. 1879 231 337. 232 529). Zur Bestimmung desselben behandelt man 100cc Sodalauge mit Chlor oder unter chlorigsaurem
Natrium, bis die Schwefelverbindungen in Sulfate, das Ferrocyan in Ferridcyan
übergeführt ist, säuert die Flüssigkeit an und erwärmt zur Verflüchtigung des
überschüssigen Chlores. Als Maſsflüssigkeit verwendet man eine Lösung von 3g,17 reinem Kupfer, in möglichst wenig
Salpetersäure gelöst und auf 11 verdünnt; 1cc entspricht 0g,01013 Na4FeCy6. Von dieser Zwanzigstel-Normallösung läſst man so lange zuflieſsen, bis
ein Tropfen der Flüssigkeit auf weiſser Porzellanplatte mit einem Tropfen
Eisensulfatlösung (1 : 100) nicht mehr eine Blaufärbung hervorbringt, sondern nach
folgender Gleichung das gelbe Ferridcyankupfer in braunrothes Ferrocyan überführt:
Cu3Fe2Cy12 + 2HCl + 2FeCl2 =
Cu3H2Fe2Cy12 + Fe2Cl6. Sollte die
Lauge noch auſserdem Cyannatrium enthalten, so kocht man sie zunächst mit einigen
Tropfen Eisenvitriollösung auf, filtrirt und behandelt dann, wie vorhin angegeben,
mit Chlor. Für
Laugen, welche nicht mehr als 2g Ferrocyannatrium
enthalten, ist dieses Verfahren nach Weldon (1879 232
538) empfehlenswerth.
Zur Bestimmung des Rhodannatriums säuert man die Lösung an, fällt das Ferrocyan mit
Chlorzink, filtrirt und versetzt mit Eisenchlorid. In einem zweiten Gefäſs sucht man
dieselbe Färbung einer Eisenlösung mit einer Lösung von Rhodankalium von bekanntem
Gehalt herzustellen (vgl. 1874 211 140).
G. Lunge (Soda-Industrie, 1880 Bd. 2
S. 431) schlägt zur Bestimmung des Ferrocyannatriums vor, die Sodalauge mit
Kohlensäure zu behandeln, um das an Schwefelnatrium gebundene Eisen zu fällen, nach
dem Filtriren einzudampfen und stark zu glühen und dann im Rückstande das gebildete
Eisenoxyd zu bestimmen.
Die Prüfung des Weldon-Schlammes
(vgl. 1875 215 157. 1880 235
300. 236 225) wird nach K.
Jurisch (Chemische Industrie, 1880 S. 193) in der Fabrik von J. Muspratt in Widnes seit d. J. 1878 in folgender
Weise ausgeführt. Zur Auflösung des Schlammes benutzt man Doppel-Normalsalzsäure
(73g HCl in 1l) und eine ziemlich starke neutrale Auflösung von oxalsaurem Ammonium.
Man bringt nun 25cc Schlamm in eine Literflasche,
fügt 30 bis 35cc obiger Salzsäure hinzu und
digerirt bei 30 bis 60° unter Zusatz von kleinen Mengen der Ammoniumoxalatlösung so
lange, als der entstehende Niederschlag von oxalsaurem Calcium sich noch auflöst.
Die nach wenigen Minuten erhaltene schwach gelblich gefärbte Lösung wird mit Lackmus
versetzt und dann mit Normalkali titrirt.
Bekanntlich erfordert 1g MnO2
146/87 Gramm HCl,
von welcher 73/87
Gramm als freies Chlor fortgeht; 1g MnO bindet 73/71 und 1g CaO 73/56 Gramm HCl. Enthalten nun die 25cc Schlamm x MnO2, y MnO und z CaO, so beträgt die Gesammtmenge verbrauchter
Salzsäure (146/87x + 73/71y + 73/56z) Gramm HCl.
Angenommen, man habe C
Cubikcentimeter der Normalsalzsäure verbraucht, dann ist 0,073 C = 146/87x + 73/71y + 73/56z.
Hat man auſserdem in üblicher Weise gefunden, daſs 25cc desselben Weldon-Schlammes E Gramm schwefelsaures Eisenoxydulammoniak (Mol. = 392)
oxydiren, so ist x = 87/784
E = 0,11084 E.
Aus beiden Gleichungen ergibt sich der Ausdruck für das
Aequivalent der Basis:
\frac{\frac{1}{71}\,y+\frac{1}{56}\,z}{\frac{1}{87}\,x}=0,784\,\frac{C}{E}-2
Haben ferner 25cc Schlamm,
mittels Chlorkalklösung in bekannter Weise oxydirt, T
Gramm schwefelsaures Eisenoxydulammonium gebraucht, so ergibt sich der
Oxydationsgrad durch (100 E : T) in Procent des
Gesammtmangangehaltes. Da nun yMnO 87/71
y MnO2 liefern, so
ergibt sich die Gleichung:
(x + 87/71
y) = 87/784
T
Setzt man hier den Werth von x ein,
so ergibt sich: y = 71/784
(T – E) = 0,09056 (T –
E).
Durch Einsetzen beider Werthe in die erste Gleichung erhält
man:
z = 56/1000C – 56/784(T + E) = 0,056C – 0,07143(T + E).
Die kleine Menge des vorhandenen kohlensauren Calciums ist in so fern vernachlässigt,
als sie einfach zur Basis gerechnet wird.
Da bei Anwendung von reinem Manganhyperoxyd für je 1 Aeq. Chlor 2 Aeq. Salzsäure
erforderlich sind, so bezeichnet F. Jurisch als „Basiszahl“ diejenige Zahl, welche angibt, wie viele Aequivalente Salzsäure man bei Anwendung von
Weldon-Schlamm mehr als 2 gebraucht, um 1 Aeq. Chlor zu erzeugen. Die um 2 vermehrte
Basiszahl gibt somit die zur Erzeugung von 1 Aeq. Chlor nöthige Menge von Salzsäure
an.