Titel: | Die neuen Entdeckungen, betreffend die Dampfmaschine; von Dwelshauvers-Dery, Universitätsprofessor in Lüttich. |
Autor: | Gustav Schmidt |
Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 417 |
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Die neuen Entdeckungen, betreffend die
Dampfmaschine; von Dwelshauvers-Dery, Universitätsprofessor in
Lüttich.
Dwelshauvers-Dery, zur Theorie der Dampfmaschine.
Unter vorstehendem Titel erschien in der Revue universelle des
mines, 1879 und 1880 eine ausführliche Abhandlung in
fünf Abschnitten, deren Hauptzweck ist, den Antheil festzustellen, welchen G. A. Hirn, Leloutre und Hallauer an der Entwicklung jener Art der Untersuchung der Dampfmaschinen
genommen haben, welche ich in dem Artikel über Woolf sehe Maschinen (1879 234 1. 81) die calorimetrische
Untersuchungsmethode nannte, weil die Methode des Nachweises über den
allmählichen Verbrauch an Calorien auf dem Wege vom Kessel durch die Maschine in den
Condensator in der That mehr eine Untersuchungsmethode
ist als eine „Theorie“. Der Verfasser bemüht sich in dieser Abhandlung den
Nachweis zu liefern, daſs an der theoretischen Entwicklung dieser höchst
verdienstlichen, für das Verständniſs der Dampfmaschinen und somit auch für die
Praxis sehr wichtigen Untersuchungsmethode G. A. Hirn
weitaus den gröſsten Antheil habe, und dieser Theil der Abhandlung wird auch kaum
eine Bekämpfung erfahren. Weniger befriedigend ist der versuchte Nachweis, daſs
hierbei den verdienstvollen Mitarbeitern Hirn's, nämlich Leloutre und Hallauer, welche sich den mühsamen praktischen
Untersuchungen und Berechnungen unterzogen haben, nicht ein gleiches Verdienst
zuerkannt werden dürfe, sondern der Antheil Leloutre's,
welcher die Sache doch schon i. J. 1865 praktisch in die Hand nahm und in den J.
1870 bis 1873 Hallauer als Gehilfen verwandte, sehr zu
reduciren sei.
Der unbefangene Leser der einschlägigen Arbeiten gewinnt im Gegentheil die
Anschauung, daſs Leloutre an dem bereits befriedigenden
Abschluſs der Hirn'schen „praktischen Theorie der Dampfmaschinen“ einen wesentlichen Antheil habe, entschieden einen wichtigeren als Hallauer, obwohl sich bei dem Zusammenarbeiten mehrerer
Männer nicht genau feststellen läſst, was dem Einen und dem Anderen gehöre – eine
Frage, welche der Welt auch schlieſslich gleichgültig ist. Im Nachstehenden begnügen
wir uns hier, die wichtigsten Stellen der Abhandlung von Dwelshauvers-Dery, welcher in Gemeinschaft mit Groſseteste und Hallauer sich auch an einer
Versuchsreihe betheiligte, aufzuführen.
„Die wichtigste Entdeckung Hirn's
besteht darin, gezeigt zu haben, daſs zwischen den Wänden des Cylinders und dem
Gemenge von Wasser und Dampf, welches sie einschlieſsen, ein beständiger
Austausch von Wärme stattfindet. Wenn die Wände kälter sind als die Mischung,
findet eine augenblickliche Condensation statt, bis so zu sagen Gleichgewicht
der Temperatur besteht. Wenn sie wärmer sind, erfolgt eine theilweise
Wasserverdampfung. Diese Erscheinungen finden ebenso wohl während der Admission,
wie während der Expansion und der Ausströmung in den Condensator statt. Jede
Theorie, welche diesem energischen Einfluſs der Wände nicht Rechnung trägt,
führt zu beträchtlichen Fehlern, besonders was den Dampfverbrauch anbelangt, und
sie ist unfähig, der Wirksamkeit des Dampfmantels Rechnung zu tragen, oder die
Unwirksamkeit von Mänteln mit circulirenden heiſsen Gasen zu
erklären.“...
„Seit seiner Abhandlung über den Nutzen des Dampfmantels, im
Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, April 1855, spricht er in jeder seiner Arbeiten über
thermische Motoren von dem energischen Einfluſs der Cylinderwände.“...
„In den zwei ersten Auflagen seiner Exposition analytique et expérimentale de la théorie mécanique de la
chaleur, erschienen i. J. 1862 und 1865, ist die Idee, gestützt auf
Thatsachen und Erfahrungen, klar dargelegt, aber noch nicht in algebraische Form
gebracht; in der dritten Auflage vom J. 1875 ist sie als vollständige Theorie
schulgerecht entwickelt.“
„Leloutre bezeichnet in seinem
Berichte vom J. 1873/74 (Recherches expérimentales et
analytiques sur les machines à vapeur im Bulletin de la Société industrielle du Nord de la France, S. 153) das
Ende des J. 1865 als den Zeitpunkt, mit welchem seine Untersuchungen über
Dampfmotoren beginnen. Während der langen Periode vom J. 1865 bis 1873
veröffentlichte Leloutre nur eine Abhandlung über
den Nutzen der Ueberhitzung des Dampfes in der Hirn'schen Maschine, im November
1866, und in dieser allerdings sehr gut gearbeiteten und interessanten
Abhandlung ist von dem thermischen Einfluſs der Wände nicht die Rede. Erst in
den oben angeführten Recherches, welche ein und
zwei Jahre vor der dritten Auflage des Hirn'schen Werkes erschienen sind, und
zwar in dem zweiten Theil, spricht Leloutre
weitläufig von dem Einfluſs der Wände. Dieser Einfluſs ist hier sogar in
Gleichungen dargestellt, und man könnte glauben, daſs in dieser Beziehung Leloutre vorangegangen sei, wenn dieser nicht so zu
sagen officiell selbst Sorge getragen hätte, den Zeitpunkt der Aufstellung der
Gleichungen, betreffend den Einfluſs der Wände, festzustellen: S. 182 des Bulletin vom März 1874 führt Leloutre wortgetreu einen Brief Hirn's vom 10. October 1871 an, welcher die
vollständige analytisch entwickelte Theorie enthält und in welchem er sich des
Ausdruckes „refroidissement au condenseur“, von da an mit Rc bezeichnet,
bedient, um jene Wärmemenge zu unterscheiden, welche die Wände an den in den
Condensator stürzenden Dampf abgeben – ein Phänomen, dessen Bestand er schon
längst besprochen hatte.“
Der Berichterstatter glaubt hierzu bemerken zu dürfen, daſs Leloutre durch den vollständigen Abdruck des Hirn'schen Briefes eben der Pflicht, sich nicht mit fremden Lorberen zu schmücken, vollständig nachgekommen ist.
Dagegen sagt Hallauer in seinem Werke: Moteurs à vapeur, (Mülhausen 1877) S. 28:
„Dies zusammenfassend führt uns die Prüfung eines jeden unserer
Versuche zu einer Anzahl allgemeiner Schluſsfolgerungen, aus welchen die
störende Einwirkung der Wände hervorgeht, derart, daſs es von nun an unmöglich ist, die Vernachlässigung
derselben als annehmbar zu betrachten.“
Ferner S. 34:
„Wenn man bis heute geglaubt hat,
die Einwirkung der Wände vernachlässigen zu dürfen, indem man sich auf die
geringe Leitungsfähigkeit der Gase und die Geschwindigkeit der Kolbenbewegung
stützte, so beweist uns die folgende Tafel noch einmal, daſs dem nicht so ist,
sondern daſs der Cylinder während der Ausströmung des Dampfes in den Condensator
eine gewisse Wärmemenge abgibt ohne irgend welchen Nutzen für die Arbeit, und
daſs diese Wärmemenge durchaus nicht als unbedeutend betrachtet werden darf, ja
daſs dieselbe ein wahrer Wärmeverlust ist von solcher Wichtigkeit, daſs die
Werthe von Rc
manchesmal sogar den Wärmemengen, welche die Gesammtarbeit verbraucht,
gleichkommen, oder diese noch übertreffen.“
Vergebens suchen wir in dieser 63 Seiten langen Abhandlung einen Hinweis auf die
Arbeiten Hirn's vom J. 1857 (Bulletin, Nr. 138 und 139), in welcher zum ersten Male der Einfluſs der
Cylinderwände klar dargelegt und die erste Grundlage für die calorimetriche
Untersuchungsmethode der Dampfmaschinen enthalten ist.Dwelshauvers citirt S. 138 folgende Stelle: Mais, comme l'a dit Hirn,
„... c'est par contact direct et condensation, non pas par
rayonnement, que se font ses échanges, qui peuvent amener les
proportions de vapeur liquéfiée sur les parois à atteindre au
commencement de la détente jusqu'à 36 p. c. dans l'un de nos essais
du moins.“
Die Stelle heiſst jedoch (vgl. Moteurs à vapeur,
1877) im Gegentheil wörtlich: „Nous venons de voir que c'est par contact
direct„... Von Hirn ist nicht
die Rede. Desgleichen sagt Dwelshauvers S. 139:
Dans le chapitre intitulé „Refroidissement au
condenseur“, Hallauer expose d'une
manière brève et claire les travaux de Hirn à
ce sujet, à partir de ce qui en est dit dans la deuxième édition de la
thermodynamique (1863). – Allein Hallauer citirt S. 29 nur an ganz nebensächlicher Stelle die dritte Auflage vom J. 1875, ohne ausdrücklich
anzugeben, daſs seine Methoden, Rc zu bestimmen, schon i. J. 1874
von Leloutre und 1875 von Hirn veröffentlicht wurden. – Allerdings
erkennt Hallauer an mehreren Stellen seiner i.
J. 1879 unter gleichem Titel „Moteurs à vapeur“ erschienenen sehr schätzbaren Arbeit ausdrücklich G. A. Hirn als den Schöpfer der „Théorie pratique“ an, und zwar a. a. O. S. 88 bis 89, 93 und 100, was wir besonders
hervorzuheben uns verpflichtet erachten, da durch diese Stellen die an
anderen Orten gemachten Aeuſserungen in wesentlich anderem Lichte
erscheinen.
Vergebens suchen wir auch die Angabe, daſs der Begriff „refroidissement au condenseur“ (ich bediene mich der Bezeichnung „Auspuffwärme“ ε) von Hirn herrührt; im
Gegentheil muſs jeder Leser glauben, daſs dieser Begriff erst aus den von Hallauer geführten Untersuchungen hervorgegangen
sei.
Endlich, so überaus schätzenswerth die genauen Versuche und deren vollständige
Bearbeitung von Seite Hallauer's auch sind, so ist doch
die Darstellungsweise durch den Mangel an Formeln so schleppend und den Leser
ermüdend, daſs ich mich veranlaſst fand, die Hallauer'schen Ergebnisse in die analytische Form zu kleiden (vgl. 1878 227 321), und gar höchlichst überrascht war, als Antwort
hierauf zu erhalten die „Recherches expérimentales et
analytiques sur les machines à vapeur. Chapitre II par Mr. G. Leloutre,
Ingénieur civil à Lille. 1874 (Société
industrielle du Nord de la France)“, in welcher Abhandlung sich der
Wesenheit nach nicht nur die erste Methode Hallauer's
auf S. 107, die zweite Methode Hallauer's auf S. 109,
sondern auſserdem auch noch die von mir am genannten Orte als neu aufgestellte Gleichung (14) ebenfalls schon S. 145
unten vorfindet, 3 Jahre vor Hallauer's
Veröffentlichung.
Um jeden Zweifel zu beseitigen, führe ich Leloutre's Rechnungen nach meiner Bezeichnung in diesem Journal (vgl. 1878
287 324) an:
S. 107
M = 0,1987
q1 = 136,42,
ρ1 =
468,37
q2 = 87,59,
ρ2 =
506,39
U2 = Mq2 + m2
ρ2
=
114,42
U1 = Mq1 + m1
ρ1
=
73,67
––––––––––
U2 – U1
=
40,75
α = 1,85 – 0,50
=
1,35
AL2
=
12,36
––––––––––
Q1 – ε = U2 – U1 + α + AL2 =
54,46
Q1 = 4,43 +
50,78
=
55,21
––––––––––
ε = Q1 – AL2 – (U2 – U1) – α
=
0,75.
Dies ist die erste Methode Hallauer's
oder meine Gleichung (8).
S. 109
M0 (t3 – t0)
=
111,96
Mt3
=
6,14
Im Auspuffrohr α1
=
1,00
––––––––––
119,10
––––––––––
U2AL3Kolbenreibung b
===
114,423,710,50
––––––––––
118,63.
ε = M0 (t3 – t0) + Mt3 – U2 – AL3 = 119,10 – 118,63 = 0,47.
Dies ist die zweite Methode Hallauer's oder meine Gleichung (11) j nur habe ich noch das Glied m0i berücksichtigt,
dagegen a1 und b vernachlässigt.
Die von Hirn aufgestellte richtige
Gleichung, die bis auf das damals fehlende Glied AL aus dem J. 1857 stammt und welche Leloutre
S. 138 anführt, lautet nach meiner Bezeichnung:
M0 (t3 – t0)
= m (λ – t3) + (M – m)
(q – t3) – AL – α
= m (λ – q) + Mq – Mt3 – AL – α
oder
A (L1 + L2 – L3) + M0 (t3
– t0) + Mt3 = mr + Mq – α = Q – α.
Nach Leloutre S. 145 ist:
M0 (t3 –
t0) = U2 + AL3 – Mt3 + ε oder
AL3 – M0 (t3 – t0) – Mt3 + U2 + ε = 0.
Diese zur vorhergehenden Hirn'schen
Gleichung hinzugefügt, folgt:
A(L1 +L2) +
U2 + ε = Q – α,
dem Sinne nach übereinstimmend mit der Leloutre'schen Gleichung S. 145 unten, sowie mit meiner Gleichung (14),
welche richtiger den Werth Q + m0
i statt Q enthält.
Hieraus geht zweifellos hervor, daſs die eigentliche Entwicklung der praktischen Theorie der Dampfmaschinen in die Periode
zwischen Hirn's Brief vom 10. October 1871 und Leloutre's Abhandlung zweiter Theil vom März 1874
fällt, von welcher Hallauer 1877 kein Wort
spricht.Der erste Theil dieser Abhandlung aus dem J. 1873 enthält wenig Haltbares.
Nur der zweite Theil ist von Wichtigkeit.
Wir glaubten verpflichtet zu sein, offen zu bekennen, daſs sich dem unbefangenen
Beurtheiler die von Prof. V. Dwelshauvers-Dery
dargelegte Angelegenheit doch nicht ganz in dem Lichte darstellt, in welches er sie
setzt, begnügen uns aber nun seine Schluſsübersicht sinngetreu zu übersetzen. Sie
lautet:
Schon seit d. J. 1843 vermuthete Combes, daſs sich während der Admission ein Theil des Dampfes
niederschlage, und er glaubt, dem vorbeugen zu können, indem er den Cylinder einer äuſseren Wärmequelle
aussetzte, deren Temperatur höher war als jene des Kesseldampfes. Er glaubte nicht
an die Wirksamkeit des Dampfmantels während der Expansionsperiode, sondern nur
allein an den Erfolg, die Abkühlung der Cylinderwände in der Condensationsperiode zu
verhindern. Er hatte diese irrige, oder wenigstens unvollständige Meinung noch i. J.
1863. Ueberzeugt von der Existenz der thermischen Wirkung der Wände, gab Combes schon i. J. 1845 annehmbare Erklärungen über
ihre Wirkungsweise sowohl, wie über den Einfluſs des Dampfmantels, hütete sich
jedoch seiner Meinung einen anderen Charakter als den einer einfachen
Wahrscheinlichkeit zu geben.
Eine in Paris i. J. 1855 erschienene Schrift entwickelt sehr kurz
eine Anschauungsweise ähnlich der Combes'schen, ohne
die Frage weiter zu bringen.
Im J. 1855 veröffentlicht Hirn eine
vollständige Studie über die Wirkung des Dampfmantels nach einer neuen und gewiſs
unerwarteten Methode. Alle Phänomene werden zuerst genau beobachtet, die numerischen
Ergebnisse zusammengetragen, deren Gesetzmäſsigkeit festgestellt und dann erst
erklärt. Auf diese Weise zeigt er, daſs die Cylinderwände, weit entfernt passiv zu
sein, beständig die Rolle von Wärmebehältern spielen, und er gelangt dahin, ihren
Einfluſs ziffermäſsig zu bestimmen. Aber diese Bestimmung ist mehr oder weniger
ungenau; es fehlen ihm noch viele Elemente zur Erzielung gröſserer Genauigkeit; er
wird sie später erlangen. Dies beeinträchtigt den Werth der Arbeit nicht, die
Versuchsmethode ist ins Leben gerufen und die alte Theorie, welche die Wände als
unwirksam betrachtet, ist gefallen, weil die Ausdehnung der Fehler, zu welchen sie
führt, zu beträchtlich ist.
Ein Jahr später, in der Abhandlung vom J. 1856, werden die
Versuche und Beweise vermehrt, die experimentalen Untersuchungen vervollständigt, –
die „praktische Theorie“ ist gegründet. Sie erfordert nur eine weitere Entwicklung und Hirn liefert dieselbe in den auf einander folgenden
Auflagen seiner Thermodynamik in dem Maſse, als die
Fortschritte in der allgemeinen Physik ihm die nöthige Beihilfe gewähren. Es bleibt
noch übrig, die Erfahrungen dem mathematischen Calcul zu unterziehen, und es ist
wieder Hirn, welcher dies unternimmt in einem Brief vom
J. 1871. Im J. 1875 wird endlich diese ganze Partie von Entdeckungen in
vorzüglichster Weise dargelegt; von nun an kann man wissen, was man von der
experimentalen Analyse der Dampfmaschinen, von der Controle und der Verification der
Versuche, von der „praktischen Theorie“ der Dampfmaschine zu erwarten berechtigt ist.
Nach Hirn werden Andere kommen,
welche seine Arbeiten erweitern oder vielmehr sie weiter auszunutzen suchen werden;
aber Niemand wird der Wahrheit seiner Entdeckungen Abbruch thun, noch ihm den Ruhm
derselben entreiſsen können.
Im J. 1851 hatten Lechatelier, Flachat,
Petit und Polonceau in Bezug auf die Cylinder
der Locomotiven Muthmaſsungen ähnlich jenen Combes'
aufgestellt, jedoch weder mehr noch weniger sicher als dieser. Im J. 1859 haben
dieselben Verfasser keinen Schritt weiter in dieser Frage gethan.
Vom J. 1852 bis 1855 finden wir in Clark zahlreiche und werthvolle Erfahrungen, wirkliche Beweise der
nachtheiligen Einwirkung der Wände, aber noch nichts, was den Anschein haben könnte,
zum Umsturz der alten Hypothesen oder gar zur Aufstellung einer neuen praktischen
Theorie zu führen, welche den letzten Errungenschaften der physikalischen
Wissenschaft Rechnung tragen würde.
Auſserhalb der Hirn'schen Schule finden wir nur den Amerikaner Isherwood, dessen Arbeiten betreffend die thermische
Wirkung der Wände beachtenswerth sind. Dieselben beziehen sich vorzüglich auf die
Marine-Maschinen. Sie bilden ein von einem einzigen Ingenieur mühsam angehäuftes und
mit Gelehrsamkeit zusammengetragenes Archiv; aber nichts entwickelt sich hieraus,
was ähnlich wäre der von Hirn geschaffenen und nach
allen Richtungen erschöpften Analyse, die einzige Waffe, welche gerechter Weise
immer durchschlägt. Dem Verkennen derselben muſs man es ohne Zweifel zuschreiben,
daſs Isherwood in der Beurtheilung der Wirkung des
Dampfmantels Fehler begangen hat.
In der Schule des gelehrten Elsässers begegnen wir endlich
zunächst Leloutre, einem geschickten und genauen
Experimentator, genau bekannt mit Hirn's Methode, der
i. J. 1873 glaubt und beweist, daſs selbst in den Maschinen mit überhitztem Dampfe
während der Admission sich Dampf niederschlagen könne, und der seinen
Versuchsresultaten eine mathematische Form zu geben, eine wissenschaftliche
Abhandlung (un corps scientifique en quelque sorte) zu
liefern sucht.
Hallauer folgt anfangs Leloutre auf seinen gewagtesten Schritten, gelangt
jedoch bald auf den guten Weg, auf den sicheren von Hirn vorgezeichneten Weg, und es gelingt ihm das praktische Gebiet mit dem
gröſsten Erfolg zu betreten unter Anwendung der mächtigen Werkzeuge, deren
Handhabung ihn der Meister lehrte, und welche er so vorzüglich auszunutzen und zur
Geltung zu bringen wuſste. Nach unserer Meinung beginnen die ernsten Arbeiten Hallauer's erst mit d. J. 1875; aber welchen Weg hat er
seit jener Zeit zurückgelegt! Und wie viel verdanken ihm die praktischen
Constructeure und Maschinenführer dafür, daſs er so viel Licht auf jene Thatsachen
geworfen hat, welche bisher am dunkelsten blieben und ungeachtet ihrer Wichtigkeit
der Laune der Mode und den Gaukeleien (jongleries) der
Erfinder überliefert blieben.
Hallauer hat die besondere Wichtigkeit der
Verschiedenheiten des Vacuums festgestellt, desgleichen der Compression des
Dampfes in den schädlichen Räumen, der Drosselung des Dampfes vor seinem
Eintritt in die Maschine, der mehr oder weniger weit getriebenen Expansion, der
Anwendung des Dampfmantels in Verbindung mit der Expansion; in einer ganz vor
Kurzem erschienenen Abhandlung über Schiffsmaschinen setzt er die nachtheilige
Wirkung zu weit getriebener Expansion fest, welche eintritt, wenn das VolumverhältniſsVolumverhälniſs zwischen dem kleinen und groſsen Cylinder der Woolfschen oder
Compound-Maschine nicht zweckentsprechend gewählt ist, und hierdurch allein war
er in die Lage gesetzt, den jedem Maschinensystem eigenthümlichen
verhältniſsmäſsigen Werth ableiten zu können. Wie viele Vorurtheile hat er
zerstört! An ihrer Zahl wird man die Ausdehnung des von ihm geleisteten Dienstes
messen können.“
In einer Note erkennt der Verfasser an, daſs das richtige Princip der Compression in
dem schädlichen Raum zuerst von Zeuner entdeckt wurde.
Dieses Princip kann, wie folgt, ausgesprochen werden: Im Falle einer vollständigen,
d.h. bis zur Vacuumsspannung getriebenen Expansion behebt eine vollständige, d.h.
bis zur Admissionsspannung getriebene Compression gänzlich den Einfluſs des
schädlichen Raumes (vgl. Grundzüge, 1866 S. 526).
Der Verfasser bemerkt, daſs dieses Gesetz nur in so fern wahr ist, als man die Wände
vernachlässigen und die Annahme machen dürfe, daſs das Compressionsgesetz nicht
verschieden sei von dem Expansionsgesetz, und er zeigt, daſs sich der Beweis unter
Annahme des Mariotte'schen Gesetzes sehr leicht führen lasse.
Gustav
Schmidt.