Titel: | Neuerungen in der Gespinnstfabrikation; von Hugo Fischer, Professor an der technischen Hochschule in Dresden. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 34 |
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Neuerungen in der Gespinnstfabrikation; von Hugo
Fischer, Professor an der technischen Hochschule in Dresden.
Mit Abbildungen auf Tafel 4 und 10.
Hugo Fischer, über Neuerungen in der
Gespinnstfabrikation.
Eine Durchsicht der bis jetzt veröffentlichten Patentschriften
lehrt, daſs seit dem Inkrafttreten des deutschen Patentgesetzes bis Mitte des
vorigen Jahres etwa 160 Patente ertheilt wurden, welche Neuerungen auf dem Gebiete
der Spinnerei zum Gegenstand haben. Von diesen beziehen sich 92 auf die
Vorbereitungsarbeiten zum eigentlichen Spinnproceſs, 68 auf diesen selbst, sowie auf
mechanische Einrichtungen für die Ueberführung der Gespinnste in Handelswaare. Unter
den Patenten auf Vorbereitungsmaschinen sind die auf Krempelconstructionen
ertheilten die zahlreichsten, nämlich 44 Stück oder 47,8 Proc. der Gesammtzahl;
Patente, welche Neuerungen an Kämmmaschinen betreffen, finden sich 32 Stück oder
34,8 Proc. während die Neuerungen an Reinigungsmaschinen und Strecken mit 11,9
bezieh. 5,5 Proc. vertreten sind.
Die Neuerungen an Vor- und Feinspinnmaschinen u. dgl. betreffen vorzugsweise
Detaileinrichtungen der betreffenden Maschinen, bezieh. besondere Anordnungen der
einzelnen Organe; sie vertheilen sich mit 66,2 Proc. auf die eigentlichen
Feinspinnmaschinen, mit 16,2 Proc. auf Zwirn- und Seilereimaschinen und mit 17,6
Proc. auf das Haspeln und Aufwickeln der fertigen Gespinnste.
Bemerkenswerth ist das Streben nach Neuerungen namentlich auf dem Gebiet der
Wollenspinnerei; Baumwoll- und Flachs Verarbeitung, oder die Nutzbarmachung anderer
Faserstoffe treten zurück.
Um die Uebersicht auf dem weiten Gebiet zu erleichtern, wurde dem nachfolgenden
Referat eine Eintheilung der Patente nach Klassen, wie sie durch die Arbeitsfolgen
bedingt sind, zu Grunde gelegt und werden im Verlauf desselben daher die folgenden
Abtheilungen Besprechung finden:
I) Reinigung der Gespinnstfasern: Wollwaschmaschinen, Wolltrockner, Entkletten der
Wolle.
II) Umordnung der Gespinnstfasern: Krempeln, Kämmmaschinen, Strecken.
III) Verspinnen der Faserstoffe: Vor- und Feinspinnmaschinen, Duplir- und
Zwirnmaschinen, Seilereimaschinen.
I) Reinigung der Gespinnstfasern.
a) Wollwasch- und
Trockenmaschinen.
Um eine vollkommenere Reinigung und ein besseres
Lösen der Wollflocken zu erzielen, schaltet Fr.
Bernhardt in Fischendorf bei Leisnig (* D. R. P. Kl. 29 Nr. 6296 vom 18.
Januar 1879) zwischen den Transportrechen der Petrie'schen
selbstthätig wirkenden Wollwaschmaschine (vgl. 1874 212 * 20) noch besondere aus
hohlen Kupferblechcylindern bestehende Schläger ein. Diese schwingen in einer
Verticalebene um eine horizontale Drehachse und tauchen bei ihrer
Abwärtsbewegung die von den Rechen vorgeschobene Wolle unter die
Waschflüssigkeit. Gleichzeitig bewirken zwischen je zwei Schlägern einfallende
Wasserstrahlen Ersatz des Waschwassers und befördern dadurch die Reinigung und
Lockerung der Wolle.
Bei einer anderen, von Weiſs jun. und
Comp. in Langensalza (* D. R. P. Kl. 29 Nr. 8776 vom 28. August 1879)
angegebenen Einrichtung einer selbstthätigen Wollspülmaschine ist die Zahl der bewegten Theile möglichst
vermindert. Der Transport der Wolle in dem langgestreckten, rechteckig
gestalteten eisernen Trog mit Doppelboden zur Aufsammlung des Schlammes wird
durch einen Strom des Waschwassers bewirkt, welcher an der Einführungsstelle der
Wolle über den ganzen Querschnitt des Kastens vertheilt in diesen eintritt, sich
parallel zur Längenachse fortbewegt und auſserhalb des Troges durch ein
Leitungsrohr nach der Eintrittstelle zurückkehrt. Eine Rotationspumpe bewirkt
diesen Umlauf. Das Austragen der gewaschenen Wolle findet mit Hilfe eines
rotirenden Cylindersiebes und Lattentuches statt; auf dem Weg durch den Kasten
wird die Wolle durch Tauchwalzen (plongeurs)
untergetaucht. Durch den Wasserstrom soll ein besseres Ausbreiten und Oeffnen
und damit eine vollkommenere Reinigung der Wolle erzielt werden.
Eine neue Einrichtung von Trockenkammern für das Trocknen der gewaschenen Wolle wurde von W. Bernhardt und E.
Eschke in Leisnig (* D. R. P. Kl. 76 Nr. 9475 vom 25. September 1879)
angegeben. Dieselbe bezweckt eine möglichst vollkommene Ausnutzung der Wärme
unter gleichzeitiger Verminderung der nothwendigen Bedienung. Sie ist gewissen
Constructionen selbstthätiger Malzwendeapparate der Brauereien bezieh.
Getreidespeicher entlehnt und durch Fig. 1
Taf. 4 wiedergegeben. Die aus Eisenplatten zusammengesetzte, mit schlechten
Wärmeleitern bekleidete Trockenkammer ist durch Verticalwände a in eine Reihe kleiner Schächte getheilt, welche
sämmtlich in gleichen Höhen durch horizontale Siebböden b in Etagen abgetheilt sind. Diese Siebböden sind um horizontale, an
den Schachtwandungen liegende Wellen c drehbar und
werden in der horizontalen Lage durch eine Sperrvorrichtung gehalten. Die
Drehachsen durchdringen die eine Aussenwand der Trockenkammer und tragen hier
kurze Hebel d. Die Hebel je einer Etage sind unter
sich durch Zug- bezieh. Schubstangen e und f derart verbunden, daſs sämmtliche in dieser Etage
liegenden Siebe durch Verschiebung der letzteren Stange gleichzeitig geöffnet
oder geschlossen werden. Die nasse Wolle wird in der obersten Etage aufgegeben
und von hier aus periodisch abwärts gefördert, dem am tiefsten Punkte der Kammer
eintretenden heiſsen Luftstrom entgegen. Nach dem Durchlaufen aller Etagen wird
dieselbe durch ein über Walzen geführtes endloses Tuch t abgeführt. – Das Princip dieses Apparates ist ein durchaus
richtiges, die möglichst gute Ausnutzung der Wärme ist durch die Anwendung der
Gegenströmung bei Einführung von warmer Luft und nasser Wolle herbeigeführt und
die rasche Trocknung dürfte durch das bei der Herabförderung der Wolle von Etage
zu Etage eintretende Wenden derselben wesentlich gefördert werden.
b) Entkletten der Wolle.
Durch Einführung zweier Klettentrommeln sucht H. Demeuse
und Comp. in Aachen (* D. R. P. Kl. 76 Nr. 781 vom 11. September 1877)
die Entfernung der Kletten und das Oeffnen der Wolle vollkommener und sicherer
zu erreichen als bisher. Wie bei dem Wiedersehen Klettenwolf wird der bei dem
ersten Durchgang noch nicht völlig geöffnete, bezieh. entklettete Theil Wolle
einer zweiten Bearbeitung unterzogen. Während Wiede
die nicht genügend bearbeiteten Wolltheile nach dem Zuführtuch zurückleitet und
sie dadurch nöthigt, nochmals durch die Maschine zu gehen, wenden die
Patentträger einen zweiten Spitzentambour an, welcher die Weiterbearbeitung
übernimmt. Fig. 2
Taf. 4 stellt den patentirten Klettenwolf dar. o und e sind die
beiden Spitzentrommeln, welche nach einander zur Wirkung kommen. Der Trommel e wird die Wolle durch ein aus den gezahnten Walzen
c und d
gebildetes, die Wollfasern parallel legendes Streckwerk zugeleitet, welches die
Wolle aus dem Zuführrumpf a durch das endlose Tuch
b
zugeführt erhält. Die
zum groſsen Theil geöffnete und durch e und
darunter liegenden stellbaren Rost f zum Theil
entklettete Wolle wird mit Hilfe des endlosen Tisches g und der Walze k der Kammtrommel h überliefert und durch Bürstenwalzen i in die Zähne desselben gedrückt. Diesem fügen
sich nur die losen und reinen Wollpartien, während die Flocken und Kletten auf
der Kammtrommeloberfläche verbleiben, von dieser durch die Klettenwalze l abgeschlagen und durch die mit verschiedenen
Geschwindigkeiten umlaufenden Zahnwalzen n gelöst
und der zweiten Klettentrommel o übergeben werden.
Drahtgitter p und Stellrost r dienen zur Abführung der Unreinheiten, während die gereinigte und
geöffnete Wolle durch den Tisch g der Kammtrommel
h von neuem überliefert wird.
Abweichend von dem gewöhnlichen Princip der Klettenwölfe sind
zwei zum Entkletten der Wolle bestimmte Maschinen, welche an A. Hopff in HamburgDas betreffende Patent ist erloschen.Die Red., bezieh. E. Hübner in Paris patentirt wurden (* D. R. P. Kl. 76 Nr. 668 vom 23.
August 1877, bezieh. * Nr. 8851 vom 29. Juli 1879). Dieselben gehören zu dem
durch Abziehen der Wollfasern von den Unreinheiten wirkenden System der Entklettungsmaschinen. Der Grundgedanke ist bei
beiden das Herausheben der Kletten u. dgl. aus einem durch Walzen zugeführten
Wollbande mittels kammartiger Werkzeuge und Entfernen derselben durch
Walzenbürsten.
Fig. 3 Taf. 4 zeigt schematisch die von Hopff getroffene Anordnung und Wirkung der Werkzeuge. Das Wollband ist
zwischen der Klaviermulde dD und dem
Abzugswalzenpaar r, r1 in geringer Länge ausgespannt und durch den festen Tisch l gestützt. Zwischen diesen und die Zuführung tritt
ein aus dicht gestellten Nadeln gebildeter Kamm A,
welcher durch ein Excenter aufwärts und abwärts bewegt wird. In der gesenkten
Stellung wird das Wollband über den Tisch gezogen, und während der Hebung des
Kammes von einem gezahnten Zangenbacken E fest
gegen den Tisch gepreſst. Die Kammzähne durchstossen das kurze frei liegende
Wollbandstück, welches durch eine bei der Senkung des Backens E gleichzeitig bewirkte seitliche Schiebung
gespannt wurde, schieben hierbei die in demselben haftenden groben Unreinheiten
heraus und geben dieselben an die Zahnwalze B ab,
welche wiederum durch die Bürste C gereinigt wird.
Während des Niederganges von A findet auch das
Lüften des Zangenbackens E und der Transport des
Wollbandes statt. Für sichere und vollkommene Reinigung sind derartige Werkzeuge
mehrfach hinter einander angeordnet und durch endlose Bänder oder Lattentische
in Verbindung gesetzt.
Auch bei der Hübner'schen Maschine ist, wie aus Fig. 4 Taf. 4 zu ersehen, das Band zwischen zwei Walzenpaaren a und b ausgespannt.
Diese Walzenpaare liegen in verschiedenen Horizontalebenen, die Bewegung des Wollbandes
erfolgt abwärts. Das Band ist in verschiedenen Höhen und auf zwei Seiten durch
rinnenartig gestaltete Tische c, d unterstützt. In
die Rinne jeden Tisches treten die Zähne hin- und herschwingender Kämme e und f ein. Die
Theilung dieser Zähne ist eine solche, daſs zwar die feinen Wollfasern
durchzuschlüpfen vermögen, die gröberen Unreinheiten dagegen zurückgehalten,
eingeklemmt und beim Zurückgang des Kammes aus dem Wollband herausgezogen
werden. Das Einstechen beider Kämme erfolgt abwechselnd; ihre Reinigung wird
bewirkt durch steife Bürsten g und Bürstenwalzen
h, von welchen die Hacker i die Unreinheiten ablösen.
Unter den für die Reinigung anderer Faserstoffe bestimmten
Maschinen sind unter anderen zu nennen die von R. Kitson in
Lowell, Massachusetts (* D. R. P.
Kl. 76 Nr. 8476 vom 1. April 1879) vorgeschlagenen Neuerungen an Schlagmaschinen für Baumwolle u. dgl. Dieselben
bestehen in der Benutzung der Antriebwelle als Schlägerachse, die Veränderung
der Auflagegröſse auf dem die Baumwolle dem Oeffner zuführenden Lattentuche
durch Aufstellung eines mit beweglicher Seitenwand ausgerüsteten Rumpfes
unterhalb der Schlägerwelle und der Benutzung eines Bandelevators unterhalb des
zwischen Schlagtrommel und Siebtrommeln befindlichen Rostes zur Abführung der
ausgeschiedenen Verunreinigungen.
II) Umordnung der Gespinnstfasern.
1) Krempeln. Die Vliessbildung, d.h. die An- und
Nebeneinanderordnung der Gespinnstfasern zu einem flächenartig ausgedehnten Körper
ist jederzeit mit einer Lagenänderung der Einzelfasern oder einer Umordnung
derselben verknüpft. Bekanntlich erfolgt diese Umordnung auf den Krempelmaschinen
mit Hilfe einer am Umfang mit Drahthäkchen ausgerüsteten Trommel, dem sogen. Tambour
der Krempel, und gegen diese angestellte, ebenfalls mit Beschlag versehene,
feststehende, ebene Deckel oder rotirende, kreiscylindrische Walzen, welche über der
Umfläche des Tambours vertheilt sind. In Folge der groſsen constanten
Umfangsgeschwindigkeit der Trommel ist der Angriff desselben gegen die neu
zugeführten, noch nicht völlig von einander getrennten oder geöffneten, verfilzten
Fasern ein rascher, heftiger; zahlreiche Faserbrüche und dadurch erzeugte
Verschlechterung des Materials, sowie die Fortführung nicht genügend geöffneter
Faserbündel, welche sich in die Trommelzähne eindrückten, sind die Folge
desselben.
Dr. H. Grothe in Berlin und Gebrüder Werner in Aarhuus (Dänemark) suchen nach dem Vorgang von Whittaker in Carlisle Villa (Englisches Patent Nr. 1683
vom 21. Mai 1868) und Plantrou und Delamare in Rouen (vgl. 1876 220 * 140), diesen
heftigen Angriff durch Anwendung mehrerer kleiner Trommeln an Stelle des groſsen
Tambours zu vermeiden, welche sich mit zunehmender Geschwindigkeit drehen und hierbei
mit mehreren ebenfalls verschieden rasch umlaufenden Walzen zusammen arbeiten. (Vgl.
den Bericht 1879 234 * 287.)
E. Lauckner in Görlitz (Erloschenes * D. R. P. Kl. 76
Nr. 4248 vom 26. Juni 1878) behält dagegen den gewöhnlichen Tambour bei und ersetzt,
wie aus Fig. 5 Taf.
4 zu sehen, die Arbeiter und Wenderwalzen durch mit radial gestellten Zähnen
ausgerüstete, so genannte Kammwalzen. Er beabsichtigt durch diese Zahnform und
Stellung ein geringeres Festhaften der Fasern an den Walzen zu erzielen, so daſs das
Material durch den vorbei streichenden Tambour nur eine geringe Beanspruchung
erleiden kann und sich bei zu groſser Steigerung derselben aus den Zähnen hebt. Die
möglichst vollständige Oeffnung der Faserbündel wird durch Vermehrung der
Arbeitsstellen am Tambourmantel erreicht. Nach einer vorläufigen Bearbeitung des
durch die Vorreisswalze R vorbereiteten und von dem
Wender w dem Tambour T
zugeführten Materials durch den Arbeiter a wird das
Material der ersten langsam rotirenden Kammwalze a1 zugeführt, in welche der Tambour einen Theil der
Fasern eindrückt, gleichzeitig ein Auflösen derselben bewirkend. Das aufgenommene
Material wird an der Berührungsstelle von a1 mit der zweiten entgegengesetzt und schneller
rotirenden Kammwalze a2
von dieser letzteren weiter gelöst, zum gröſsten Theil aufgenommen und sodann nach
erfolgtem Ausziehen an die wieder schneller umlaufende Kammwalze a3 abgegeben, welche
das Material mittels des Wenders w1 dem Tambour nach abermaliger Bearbeitung zuführt.
Die in a2 und a1 zurückbleibenden
Faserreste werden dem Tambour direct, bezieh. durch den Wender w1 wieder zugeführt.
Eine nochmalige Folge gleichartiger Kammwalzen a1 bis a3 vollenden die Lösung und Umordnung der Fasern.
Patente von P. L. Klein zu Werden
a. d. Rhur (* D. R. P. Kl. 76 Nr. 2662 vom 6. September 1877, erloschen, Nr. 2705
vom 5. März 1878, 4785 vom 16. August 1878, Nr. 7048 vom 21. Januar 1879) zielen
darauf hin, die allmähliche Lösung der Faserbündel durch feststehende oder um
horizontale Achsen oscillirende Kämme zu erreichen, welche über einem Theil des
Tambourumfanges vertheilt sind. Dieselben treten, wie aus Fig. 6 Taf.
4, der Skizze der so genannten Kammkrempel (vgl. 1877
224 * 393), zu ersehen, zwischen Speisewalzen a, b und
Volant v an die Stelle der Arbeiter und Wender, von
denen nur das dem Volant zunächst liegende Paar beibehalten ist. Die Kämme k sind aus schlanken, elastischen Stahlnadeln gebildet
und halten die noch ungelösten Knötchen der Wolle so lange fest, bis sie durch den
vorüber streichenden Tambour vollständig geöffnet sind, so daſs die Ueberführung
ungelöster Wollpartien, oder Fäden bei Shoddyfabrikation, nach dem Peigneur
unmöglich wird. – Bei den Krempeln der späteren
Klein'schen Patente finden sich diese Kämme einem
besonderen kleinen Tambour beigeordnet, von welchem aus das Vliess durch
entsprechende Arbeiter- und Wendercombinationen nach der groſsen Krempeltrommel
übergeleitet wird.
Interessant ist noch die in dem Zusatzpatent Nr. 7048 enthaltene Methode der
Einführung der auf dem Vorkrempel gelösten und zu einem Vliess angeordneten Fasern
zu der zweiten Krempel in einer zur Tambourachse parallelen Lage, wie dies sonst
durch Kreuzen des Wollpelzes auf dem Zuführtisch der zweiten Krempel erstrebt wurde.
Klein ordnet für diesen Zweck zwischen dem Peigneur
der ersten und dem Tambour der zweiten Krempel eine Wenderwalze an, welche sich in
ihrer Achsenrichtung um die halbe Krempelbreite hin- und zurückschiebt. Die Zähne
dieser Walzen erfassen die Spitzen der mehr oder weniger normal zur Walzenachse
liegenden Fasern des vom Peigneur kommenden Pelzes und führen diese während des
Abzuges seitlich fort, bringen also die Einzelfasern in eine schräge, bezieh.
parallele Lage zur Tambourachse.
Neben diesen sich speciell auf die Vliessbildung beziehenden Neuerungen findet sich
eine ganze Reihe solcher Patente, die sich mit einzelnen Theilen der Krempeln
beschäftigen und Neuerungen an Speiseapparaten, Vliesstheilern, Kratzenbeschlägen u.
dgl. betreffen.
a) Speisevorrichtungen. Mit wenig Ausnahmen verfolgen
die Neuerungen an Krempelspeiseapparaten den Zweck, eine möglichst gleichmäſsige
Zuführung von bereits zertheilter Wolle zu der Trommel der Krempel zu bewirken. Zur
Lösung dieser Aufgabe gelangen die Erfinder auf zwei verschiedenen Wegen. Einmal
durch Auflösen der in einen Rumpf eingetragenen Wolle mittels Zahnwalzen, das andere
Mal durch Auflegen eines dünnen Bandes quer über den Zuführtisch.
Zu den den ersteren Zweck verfolgenden Constructionen gehört der
Speiseapparat für Wollkrempeln von A. J.
Wolters in Aachen (* D. R. P. Kl. 76 Nr. 7535 vom 7. September 1878), bei
welchem die in einem Rumpf eingetragene Wolle durch ein den Boden desselben
bildendes Lattentuch, zweien in verticaler Richtung laufenden Lattentüchern und
durch diese einer Zahnwalze zugeführt wird. Ein vierflügliger rotirender Schläger,
welcher dicht über die Zahnspitze der Walze hinstreicht, schlägt die über diese sich
erhebenden Wolltheile ab und in den Rumpf zurück, während das in den Zähnen sitzende
Vliess von einem rotirenden Haken in gleich groſse Theile gelöst an ein die Abgabe
desselben an die Krempel besorgendes Zuführtuch in gleichen Zeiträumen übergeben
wird.
Der Zuführung der Wolle zum Tambour in gleich breiten, neben
einander liegenden, durch Kämme und Zahnwalzen erzeugten Bändern begegnen wir zuerst in dem an
Ludwig Klein in Werden a. R. unter dem 13. October
1878 ertheilten Patent * Nr. 3230 nebst Zusatz Nr. 5946 vom 17. December 1878 ab
(vgl. 1879 234 * 184). Diesem letzteren zufolge wird, wie in Fig. 7 Taf.
4 dargestellt ist, die in einem Rumpf R befindliche
Wolle mittels Lattentuch a und Transportwalze b den Zahnwalzen c und d zugeführt. Die Walze c
ist aus einer Anzahl abwechselnd auf eine Achse geschobener, gezahnter und
glattrandiger Scheiben c und e zusammengesetzt. Die Zahnscheiben c sind
nur partiell mit Zähnen bekleidet und gröſser als die Scheiben e. In die hierdurch zwischen je zwei Zahnscheiben
entstehenden ringförmigen Nuthen legen sich hakenförmig gestaltete Bleche f ein, welche auf die Achse der Walze d lose aufgeschoben sind und auf dieser ebenfalls zur
gegenseitigen Trennung von Zahnscheiben d dienen. Diese
letzteren liegen mit denen der Walze c in gleicher
Normalebene, sind auf der Walzenachse befestigt und rotiren mit gröſserer
Geschwindigkeit als die Walze c.
Durch diese Anordnung wird zwischen den beiden Walzen c
und d von den Platten f
ein Rost gebildet, durch dessen Spalten die von den Zähnen der Walze c erfasste Wolle hindurch geführt wird. In Folge des
Umlaufes der Walze d findet hierbei eine Art
Kämmproceſs statt, die erfasste Wolle wird durch die letztere Walze zum Theil wieder
ausgestrichen und in den Rumpf R zurückgeführt; nur der
zwischen den Zähnen von c sitzende Wollbart wird von
diesen dem Wender h übergeben. Die Reinigung der Walze
d erfolgt durch die schneller umlaufende Walze i. Gleichzeitig findet im Rumpf R eine Wirbelbewegung der Wolle und damit ein inniges Vermischen derselben
statt.
In ähnlicher Weise zieht E. Gessner in
Aue (* D. R. P. Kl. 76 Nr. 6378 vom
13. October 1878) mit Hilfe rotirender Zahnscheiben durch einen
feststehenden Rost von einem walzenartig gestalteten Wollballen bestimmte
Fasermengen ab und gibt sie auf das Zuführtuch der Krempel auf (vgl. 1873 210 248).
Die Lösung der Fasern aus den Zähnen der Scheiben bewirkt eine umlaufende Bürste;
rotirende Unterstützungswalzen bewirken eine langsame Wendung des Wollballens, so
daſs dieser immer neue Stellen dem Angriff der Zahnscheiben darbietet (vgl. Fig.
11 Taf. 4). Die Gessner'sche Patentschrift
zeigt eine Reihe von Modificationen dieses Apparates; eine ähnliche Anordnung von
C. Bohle in Werdau auch das inzwischen erloschene
Patent Nr. 6742 (vom 22. December 1878 ab).
Die zweite Methode der Stoffvertheilung auf dem Zuführtisch der
Krempeln findet sich bei den an J. B. Verken in
Aachen (* D. R. P. Kl. 76 Nr. 1046
vom 5. Juli 1877, erloschen, und Nr. 9899 vom 15. Mai 1879) auf Neuerungen an zusammengesetzten Langkrempeln ertheilten
Patenten. Einen aus endlosen Transporttüchern oder vertical und horizontal
gelagerten Walzen gebildeten Kasten a (Fig. 8 und
9 Taf. 4) verläſst die eingetragene Wolle durch zwei Speisewalzen b,
c und gelangt hierbei in den Bereich eines mit Zähnen besetzten in einem
Gehäuse rasch umlaufenden Schlägers d. Der von den
fortschreitenden Kastenwänden bewirkte Transport der Wolle nach den Speisewalzen
wird noch unterstützt durch ein in unmittelbarer Nähe dieser Walzen angeordnetes,
über Leitwalzen laufendes Kratzenband e. Die von dem
Schläger losgetrennten Wolltheile fallen durch eine Oeffnung des Gehäuses auf einen
aus Walzen gebildeten Tisch f, welcher sie einem
zweiten Schläger zuführt.
Der ganze Speise- und Vorreissapparat erstreckt sich in seiner Breitenausdehnung nur
über einen Theil der vollen Maschinenbreite und die Werkzeuge desselben erhalten
neben den für den Längentransport der Wolle erforderlichen Bewegungen noch eine
Querschiebung, welche sich mit der Transportbewegung des Walzentisches f so zusammensetzt, daſs sich die das
Schlagflügelgehäuse verlassenden Wollflocken auf dem Zuführtisch f in, nach diagonaler Richtung verlaufenden, losen
Bändern anordnen. Diese Querbewegung wird durch Schnüre s bewirkt, welche von den abwechselnd rechts und links gedrehten Scheiben
g angetrieben werden. Der ganze Speiseapparat
gleitet hierbei mit Laufrollen h auf quer zur Maschine
liegenden Gestellschienen i oberhalb einer gerieften
Walze k. Diese Walze rotirt, von einem seitlich
liegenden Vorgelege angetrieben, und überträgt in jeder Stellung des Apparates die
Drehbewegung durch in sie eingreifende Zahnräder auf die Speisewalzen des Kastens
a.
Unter den Speisevorrichtungen ist schlieſslich noch eine solche
für Reisswölfe der Kunstwollfabrikation zu erwähnen, welche von L.
Lincke in Luckenwalde (* D. R. P. Kl. 76 Nr. 8563 vom 8. August 1879) angegeben
wurde. Dieselbe gehört zur Klasse der Muldenzuführungen
und zeichnet sich durch vortheilhafte Anordnung der Mulde gegenüber den zugehörenden
Speisewalzen aus. Wie Fig. 10
Taf. 4 angibt, liegen die Achsen der Speise walzen a
und b nicht in einer Verticalebene über einander,
sondern sie sind seitlich versetzt, so daſs der Mulde c
eine solche Gestalt gegeben werden kann, daſs ihr der Trommel t zugekehrter, in eine scharfe Kante auslaufender Theil
die Walze a im horizontalen Durchmesser berührt und
Muldenkante, Speisewalze und Trommel eine gemeinschaftliche senkrechte Tangente
besitzen. Hierdurch wird das Festhalten auch des kleinsten Stückes der zugeführten
Lumpen an den äuſsersten Fasern ermöglicht und somit die vollständige Zerfaserung
bewirkt. Die Oberfläche der Speisewalze a ist des
sicheren Fassens wegen durch Feilenhieb gerauht, die Muldenhöhlung dagegen glatt
polirt, damit der Transport der Lumpen nicht gehindert wird.
Von weiteren Neuerungen an Speiseapparaten bezieht sich ein
Patent von E. Gessner in Aue (* D. R. P. Kl. 76 Nr.
2274 vom 23. October 1877) auf die Herstellung sogen, plattirter, d.h. aus verschiedenfarbigen Faserstoffen
erzeugten Garne, Während nach der älteren
Erzeugungsmethode dieser Fabrikate die Mischung der verschiedenen Materiale in den
Vorbereitungsmaschinen, beispielsweis dem Wolf, vorgenommen wurde, bewerkstelligt
Gessner die Mischung auf der Krempel, indem er
entweder das auf dem Speisetuch vorschreitende Vliess, den Tambour bezieh. Peigneur
oder das von letzterem durch den Hacker abgelöste Vliess mit andersartigen Fasern
überstreut, oder indem er dem die Krempel verlassenden Flor einen anderen bereits
fertigen beständig oder periodisch zuführt und mit ersterem vereinigt; an Stelle
des zweiten Flores können auch verschiedenartige Vorgarnfäden benutzt werden. Die
periodisch veränderliche Zuführung des Plattirungsmaterials läſst bei der früheren
Mischungsmethode (Melangirung) nicht erreichbare Waarengattungen erzielen. Das
Auftragen von Wollflocken erfolgt entweder mit Hilfe der in Fig. 11
Taf. 4 angegebenen Vorrichtung, bestehend aus verzahnten Scheiben a, welche durch Gitter b
greifend das Material M flockenweis ablösen und dann
unter Wirkung der rotirenden Bürsten c abgebenSiehe auch das S. 41 erwähnte Gessner'sche
Patent Nr. 6378., oder, wie in Fig. 12
Taf. 4 zu ersehen, durch eine von der Walze a1 gespeiste Streutrommel a. Das von der Kammwalze p abgenommene Vliess
ist hierbei von dem Lattentisch r unterstützt.
Endlich ist noch eine Einrichtung von J. B.
Verken in Aachen (* D. R. P. Kl. 76 Nr. 2187 vom 15. December 1877) zum Einfetten von Kammwolle an Oeffnern zu erwähnen, welche
direct mit dem Speiseapparat verbunden ist. Nach Fig. 13
Taf. 4 wird das Einfetten der auf dem Walzentisch c
zugeführten, von der unteren Speisewalze D getragenen
Wolle mittels der Deckwalzen e bewirkt, welchen das Oel
von der mit Plüsch überzogenen Walze h zugeführt wird.
Diese letztere berührt die durch Sperrrad schrittweise gedrehte, in den Oelbehälter
G eintauchende Bürstenwalze g stetig und wird von dieser mit Oel getränkt. Das Auftragen zu groſser
Oelmengen wird durch das Abstreichmesser o verhindert.
Die mit gekrümmten Stahlzähnen ausgerüstete Walze a
arbeitet mit der Walze D zusammen und streckt in Folge
gröſserer Umfangsgeschwindigkeit das auf D befindliche
gefettete Wollband.
(Schluſs folgt.)