Titel: | Der Starrheitsgrad der Riementriebe und die allgemein gültige amerikanische Formel; von Prof. Dr. Th. Weiss. |
Autor: | Th. Weiſs |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 97 |
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Der Starrheitsgrad der Riementriebe und die
allgemein gültige amerikanische Formel; von Prof. Dr. Th. Weiſs.
Th. Weiſs, über den Starrheitsgrad der Riementriebe.
Ein gut laufender, einen gewissen, jedoch mit unvermeidlichen Betriebsschwankungen
plötzlich veränderlichen Effectsquotienten N : n übertragender Riemen muſs auſser verschiedenen
anderen Eigenschaften, zu welchen an und für sich eine möglichst groſse Biegsamkeit
gehört, sehr wahrscheinlich auch diejenige einer verhältniſsmäſsigen von jener
Biegsamkeit unabhängigen Elasticitätslosigkeit oder Starrheit besitzen. Indem
nämlich die ursprüngliche Spannung t1 des activen oder führenden Trumes in die
Arbeitsspannung T übergeht, vollzieht sich eine
Ausdehnung dieses activen Riementheiles und bei einer durch Betriebsschwankungen
verursachten Verminderung der Spannung T entsteht
wiederum eine Zusammenziehung. Derartige wechselnde Ausdehnungen und
Zusammenziehungen dürfen aber bei einem gut wirkenden, häufige und beträchtliche
Geschwindigkeitsschwankungen der bewegten Welle möglichst hintanhaltenden
Riementriebe offenbar ein gewisses Maſs nicht überschreiten, worüber zunächst
nachfolgende Berechnung weiteren Aufschluſs geben wird.
Die im spannungslosen oder unangespannten Zustande gemessene Länge L des activen Riementrumes nehme in Folge der
ursprünglichen Anspannung t1 die Dimensionen (L + l_1) an, in Folge der Spannung
T dagegen die Gröſse (L+l). Bei
der Breite b und der Dicke δ des Riemens kann alsdann, sofern mit E der
Elasticitätsmodul bezeichnet wird:
l=\frac{T}{b\,\delta\,E}L . . . (1) und
l_1=\frac{t_1}{b\,\delta\,E}L . . . (2)
gesetzt werden, und wenn anstatt der genaueren Gröſse:
L=\sqrt{a^2-(R-r)^2}-l_1
wegen relativer Geringfügigkeit von l1 und der Differenz
(R-r) der Halbmesser der groſsen und kleinen Scheibe im
Vergleich zum Abstande a der Scheibenmittel angenähert
genug:
L=a . . . . (3)
angenommen wird, so ergibt sich mit den üblichen Formeln:
T-t=P . . . . (4) und
T+t=2t_1 . . . . (5)
die gröſste stattfindende Längenausdehnung des activen
Riemeotrumes zu:
l-l_1=\frac{T-t_1}{b\,\delta\,E}a=\frac{1}{2}\frac{P\,a}{b\,\delta\,E}.
Analog hierzu ergibt sich für zwei Arbeitsspannungen
T'\leq T und {t_1}' >t_1:
l'-l_1'=\frac{T'-t_1'}{b\,\delta\,E}\,a=\frac{T'-t_1'}{T-t_1}\
\frac{1}{2}\
\frac{P\,a}{b\,\delta\,E}=\omega\,\frac{P\,a}{b\,\delta\,E} . . . .
(6)
unter ω eine Gröſse verstanden,
deren Bedeutung aus dem Vergleiche der letzten beiden Gleichheiten abgelesen werden
kann und welche im Allgemeinen eine zwischen 0 und ½ liegende Zahl ist.
Nun erscheint mir die Annahme gerechtfertigt und sachgemäſs, daſs die treibende
Scheibe bei dieser Längendehnung (l'-{l_1}') unter allen
Umständen nur um einen gewissen nicht allzu groſsen Centriwinkel ϑ der getriebenen Scheibe voraneilen dürfe, derartig,
daſs ein im Spannungszustande t1' des Riementriebes betrachteter Radius der
treibenden Scheibe bis zum Eintritt des Spannungszustandes T' seine Lage nicht mehr als um den Winkel ϑ
verändern könne. Dieser Annahme gemäſs würde also der in Bogenlängen für
r=1 ausgedrückte Winkel ϑ für
alle Riementriebe eine constante Gröſse sein müssen und, falls die gröſsere Scheibe
die treibende ist, sich in Verbindung mit Formel (6) berechnen lassen durch:
\vartheta=\frac{l'-l_1'}{R}=\frac{l'-l_1'}{r}\
\frac{r}{R}=\frac{l'-l_1'}{\xi\,r}=\omega\frac{P\,a}{\xi\,r\,b\,\delta\,E},
. . . (7)
sofern unter ξ das
Uebersetzungsverhältniſs verstanden wird. Im Vergleich mit der durch die Annahme
r=R, also \xi=1 specialisirten
amerikanischen Formel, nämlich:
b=C\frac{P}{2\,r}=25\,\frac{P}{2\,r} . . . .
(8)
ergibt sich hiernach:
\vartheta=\frac{2\,\omega}{C\,E}\left(\frac{a}{\delta}\right)=\frac{0,08\,\omega}{E}\left(\frac{a}{\delta}\right)=\frac{0,08\,\omega}{E}\left(\frac{a}{r}\right)\left(\frac{r}{\delta}\right)
. . . (9)
und dies liefert beispielsweise mit
\left(\frac{r}{\delta}\right)=100,
\frac{a}{r}=20 und ω = ¼:
für
E
= 500
1000
1500
2000
ϑ
= 0,08
0,04
0,024
0,02
ϑ
0
= 4,7°
2,3°
1,4°
1,2°,
sofern \vartheta_0=\frac{180}{\pi}\
\vartheta die Anzahl Grade der Centriwinkel ϑ ist.
Bei der Dimensionirung der Riemen nach Maſsgabe der amerikanischen Formel und unter
Annahme von \left(\frac{r}{\delta}\right)=100,
ω = ¼ und \frac{a}{r}=20 würde daher
je nach der Gröſse des Elasticitätsmoduls ein gröſstes Voreilen der treibenden
Scheibe von 1,2 bis 4,70 stattfinden.
Unter einstweiliger Absehung von weitergehenden Erörterungen dieses Resultates und
der Formel (7) und (9) folgt in Tabelle I zunächst eine Zusammenstellung derjenigen
Hauptergebnisse, welche die Tabellen VIII und X auf S. 88 und 90 Bd. 237 meines in
diesem Journal befindlichen letzten Artikels: „Die wirthschaftlich
vortheilhaftesten Dimensionen der Riementriebe“ enthalten.
Tabelle I.
r =
25
50
100
200
n =
300
σ = 40η1 = 200
\frakfamily{K}_0δδ : rC'ϑ
–––––
21020,041,51
11040,041,50,5
< 60> 4–––
σ = 16η1 = 400
\frakfamily{K}_0δδ : rC'ϑ
–––––
69010,0212,50,118
37020,0212,50,059
20030,01513,30,038
σ = 10η1 = 500
\frakfamily{K}_0δδ : rC'ϑ
27000,250,01400,048
13600,50,01400,024
69010,01400,012
35020,01400,006
n =
100
σ = 40η1 = 20
\frakfamily{K}_0δδ : rC'ϑ
–––––
35320,041,51
19440,041,50,5
< 120>
4–––
σ = 16η1 = 400
\frakfamily{K}_0δδ : rC'ϑ
–––––
12600,50,01160,188
68210,01160,094
39030,01513,30,038
σ = 10η1 = 500
\frakfamily{K}_0δδ : rC'ϑ
37000,250,01400,048
18800,50,01400,024
97010,01400,012
51520,01400,006
Es bedeutet in derselben \frakfamily{K}_0 eine Gröſse, welche den
für jede zu übertragende Pferdestärke zu leistenden Jahresausgaben proportional ist,
wobei unter Jahresausgaben die Summe der Jahreszinsen für die Anschaffungskosten des
Riemens und der Scheiben, sowie der Betriebskosten wegen der Effectsverluste
verstanden ist; es bedeutet ferner n die Anzahl der
minutlichen Umdrehungen der schneller laufenden Scheibe, \sigma=\omega
\frakfamily{S}=0,8 \frakfamily{S}, den Zugfestigkeitscoefficienten,
reducirt auf die im Verhältniſs \omega=0,8 geschwächte
Befestigungsstelle der Riemenenden, \eta=\omega\ (1-\varepsilon)\
E, der durch zuletzt genanntes Schwächungsverhältniſs und durch die
Entfernung ε der neutralen Biegungsschicht von der
Innenseite des Riemens reducirte Elasticitätsmodul E
des Riemenmaterials, C' eine dem Coefficienten C der amerikanischen Formel (8) analoge Gröſse und ϑ der durch Formel (7) und (9) angegebene Winkelwerth
betreffs des Starrheitsgrades des Riementriebes. Die Werthe für
\frakfamily{K}_0, r und δ sind unmittelbar den weiter oben bezeichneten
Tabellen VIII und X entnommen, welche unter der Voraussetzung berechnet wurden, daſs
nicht die G. Schmidt'sche Berechnungsweise der Mitwirkung des
Luftüberdruckes, sondern die von mir bevorzugte berücksichtigungswerther sei. Es
wurden aber nur diejenigen Werthe von \frakfamily{K}_0, r und δ entnommen, für
welche \frakfamily{K}_0 bei einem gewissen r durch δ am kleinsten
ausfällt.
Die Gröſse C' wurde dagegen nach der Formel (33) von S.
184 Bd. 236, nämlich:
C'=\frac{2\,m_1}{\left[\varphi\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,(1-\varepsilon)\,E\right)-0,01\,\frac{v^2}{\varkappa}\right]\frac{\delta}{r}}=\frac{2}{\left(\sigma-\eta_1\,\frac{\delta}{r}\right)\frac{\delta}{r}}
(10)
berechnet, indem ebenfalls gemäſs den Resultaten der von mir
bevorzugten Berechnungsweise der Mitwirkung des Luftüberdruckes
m_1=1 und 0,01\,\frac{v^2}{\varkappa}
relativ verschwindend klein angenommen wurde. Endlich ergab sich ϑ nach Formel (9) mit C=C' und
E=\frac{\eta_1}{\lambda(1-\varepsilon)}=\frac{\eta_1}{0,4},
indem ω = ¼ und gemäſs den am betreffenden Orte
gemachten Annahmen a=1500 bei \sigma=40 und
\sigma=16, sowie a=600 bei
\sigma=10 eingesetzt wurde.
Ein Blick auf die für \frakfamily{K}_0 gültigen Rubriken der
Tabelle I zeigt zunächst, daſs es unter allen Umständen wirthschaftlich vortheilhaft
ist, den Scheibendurchmesser möglichst groſs und jedenfalls nicht kleiner als 200cm anzunehmen. Dieselben Rubriken legen den
wirthschaftlichen Vortheil einer unter übrigens gleichbleibenden Umständen
stattfindenden gröſseren Umdrehungsgeschwindigkeit n
vor Augen, und sie lassen endlich erkennen, daſs der Riementrieb sowohl hinsichtlich
der Anschaffung, als auch mit Rücksicht auf den Betrieb um so billiger kommt, je
elastischer der Riemen, also je kleiner sein
Elasticitätsmodul η1
oder E ist und je beträchtlicher er auf Zugfestigkeit
in Anspruch genommen, je gröſser also \sigma=\omega
\frakfamily{S} vorausgesetzt wird.
Beispielsweise erfordert nach obiger Tabelle ein Riementrieb zur
Uebertragung von je 1e bei den Annahmen
n=100,\ \sigma=10,\ \eta_1=500,\ r=25^{cm} und
\delta=0^{cm},25 gemäſs der fünftletzten Horizontalreihe
einen jährlichen Kostenaufwand, weicher mit der Zahl 3700 proportional ist, während
derselbe bei den Annahmen n=300,\ \sigma=40,\ \eta_1=200,\ r=200
und \delta=4 gemäſs der zweitobersten Horizontalreihe nur eine
mit der Zahl 60 proportionale Jahresausgabe nöthig macht, abgesehen allerdings von
denjenigen Kosten, welche unabhängig von der Dimensionirung des Riementriebes sind,
welche also für beide verglichenen Constructionen den gleich hohen Betrag haben
würden.
Hierbei muſs daran erinnert werden, daſs bei den zur Erlangung der
Tabellenziffern angestellten Berechnungen die Preise für alle hinsichtlich ihrer
Festigkeitscoefficienten als verschieden von einander sich darstellenden Riemen
gleich hoch für die Gewichtseinheit angenommen wurden; es ist also in allen Fallen
ein gleich gutes Material, ein solches von gleich groſser Zugfestigkeit, zu denken
und nur der übrigens auch betreffs der Dauerhaftigkeit und Verzinsung in den
früheren Berechnungen gewürdigte Grad der Beanspruchung, oder der sogen.
Sicherheitsgrad als verschieden groſs vorauszusetzen. Ob nun in allen Fällen der
Zerreissungscoefficient mit \frakfamily{S}z=400^k für 1qc, wie er für sehr gutes Kernleder aufgefunden
wurde, oder nur zu 200k anzunehmen ist, ob also die
Sicherheitsgrade gegen das Zerreissen beziehentlich zu
\frac{\frakfamily{S}_z}{\frakfamily{S}}=\frac{\lambda\,\frakfamily{S}_z}{\sigma}=\frac{0,8\times400}{40}=8,\
\frac{0,8\times400}{16}=20 und
\frac{0,8\times400}{10}=32, oder nur zu
\frac{0,8\times200}{40}=4, 10 und 16 vorausgesetzt werden
müssen, bleibt hierbei unerörtert.
In der Tabelle I geben ferner die mit δ und δ : r bezeichneten
Horizontalrubriken diejenigen Beträge dieser Gröſsen an, für welche bereits
angedeutetermaſsen \frakfamily{K}_0 unter übrigens gleich
bleibenden Umständen am kleinsten ausfällt. Die in der 8. Rubrik von oben
befindliche Ziffer \delta=2 hat also die Bedeutung, daſs für
n=300,\ \sigma=16,\ \eta_1=400 und r=100
die Kostenproportionale \frakfamily{K}_0 gröſser als 370 ausfällt
sowohl für \delta < 2, als für \delta >
2^{cm}. Unter Zugrundelegung dieser Bedeutung läſst der Vergleich der
Tabellenwerthe sofort erkennen, in welchem Maſse dünnere Riemen bei kleineren
Beträgen von σ und gröſseren von η1 vortheilhafter
sind.
Die für C' geltenden Tabellen Ziffern zeigen, durch
welche Werthe von σ und η1 der Coefficient C der amerikanischen Formel (8) begründet erscheint. Da dieser Coefficient
= 25 ist, so kann ersehen werden, wie sehr die Werthe \sigma=40
und \eta_1=200, indem sie den sehr kleinen Coefficienten
C'=1,5 liefern, unzutreffend sind, und daſs die dem
amerikanischen Coefficienten entsprechenden Festigkeitscoefficienten zwischen
\sigma=16,\ \eta_1=400 und \sigma=10,\
\eta_1=500 liegen. Wird mit \delta:r=0,01 rückwärts
aus Formel (10) gerechnet, so ergeben sich zur Begründung von
C'=C=25 nachfolgende zusammengehörige Werthe:
für
η
1
= 200
400
600
800
E
= 500
1000
1500
2000
σ
= 10
12
14
16
\frakfamily{S}
= 12,5
15
17,5
20.
Es fragt sich nun aber, ob diese zusammengehörigen Werthe den Anforderungen der
wirthschaftlichen Vortheilhaftigkeit entsprechen?
Gemäſs den Tabellen Ziffern ist dies zuverlässig nicht der Fall. Vielmehr weisen die
Werthe \sigma=40 und \eta_1=200, also auch der
hierzu gehörige Coefficient C'=1,5 unter übrigens
gleichbleibenden Verhältnissen entschieden geringere Beträge für
\frakfamily{K}_0 auf als die Werthe
\sigma=16 und \sigma=10, so daſs schmale
und dicke Riemen die Zinsen der Herstellungskosten und die jährlichen
Betriebsausgaben für Ueberwindung der passiven Widerstände erheblich geringer
ausfallen lassen als die breiten und dünnen amerikanischen Riemen. Es müssen daher
die letzteren noch einen besonderen, praktischen, den soeben bezeichneten
finanziellen Nachtheil ausgleichenden oder wettmachenden Vortheil gewähren, und
dieser Vortheil scheint mir in dem eingangs dieses Artikels bereits besprochenen
Starrheitsgrade begründet, welcher durch die Ziffern der mit ϑ bezeichneten Horizontalrubriken gekennzeichnet ist. Die in der 6.
Horizontalrubrik von oben enthaltene Ziffer \vartheta=1 besagt, daſs für
\sigma=40 und \eta_1=200 der Winkel ϑ0, um welchen die
treibende Scheibe beim Uebergange der Ruhespannung t1 in die Arbeitsspannung T sich gegen die getriebene Scheibe verdreht, den beträchtlichen Werth
\vartheta_0=\frac{180}{\pi}\times1\sim60^{\circ} annimmt.
Dagegen zeigt die letzte Horizontalrubrik der Tabelle, daſs jener Winkel für
\sigma=10 und \eta_1=500 zwischen:
\vartheta_0=\frac{180}{\pi}\,0,006=0,35 und
\vartheta_0=\frac{180}{\pi}\, 0,048=2,8^{\circ}
liegt, also äuſserst geringfügig ist.
In ähnlicher Weise ergibt sich mit Zugrundelegung des amerikanischen Coefficienten
C=C'=25 gemäſs Formel (9) für ω
= ½, \frac{\pi}{r}=0,01 und a=600 die
nachfolgende Tabelle II, bei deren Anblick die auch für a=1500
noch nicht belangreich werdende, nämlich nur 1500:600=2,5 mal so
groſs als die Tabellenziffern ausfallende Geringfügigkeit des Werthes ϑ oder ϑ0 in die Augen springt.
Tabelle II.
E
r =
25
50
100
200
500
ϑ =ϑ0 =
0,1911
0,015
0,053
0,0251,5
1000
ϑ =ϑ0=
0,0965
0,0483
0,0241,5
0,0120,7
1500
ϑ =ϑ0 =
0,0634
0,0302
0,0161
0,0080,5
2000
ϑ =ϑ0=
0,0483
0,0241,5
0,0120,7
0,0060,4
Uebrigens aber würde noch zu beachten sein, daſs relativ kleine, zu einem relativ
groſsen Werthe von C oder C' führende Beträge von σ oder
\frakfamily{S} nicht nur behufs Einschränkung der durch ϑ gekennzeichneten Schwankungen, sondern auch wegen der
mit diesen Schwankungen in Verbindung stehenden bedeutenden Inanspruchnahme des
Riemens, also wegen Berücksichtigung der so genannten Arbeitsfestigkeit sich als zweckmäſsig darstellen.
Aus allen diesen Gründen, sowie wegen der übrigen Untersuchungsergebnisse meiner
diesbezüglichen in diesem Journale veröffentlichten Artikel erscheint die empirische
Formel der Amerikaner im Allgemeinen wohl gerechtfertigt.
Es wurde aber zunächst nur die für den Fall einer nahezu bis zur Hälfte der
Scheibenumfänge sich erstreckenden Riemenumschlingung specialisirte Formel und nicht
die allgemein gültige in Betracht gezogen; letztere schreibt sich in englischem
Maſs:
b=\frac{72000\,N}{\alpha\,r\,v}, . . . .
(11)
sofern b und r in Zoll und die minutliche Riemengeschwindigkeit v in Fuſs eingesetzt wird, und dies liefert auf
Centimeter und Kilogramm umgerechnet:
b=31,47\,\frac{P}{\alpha\,r}=\frac{62,94}{\alpha}\
\frac{P}{D}=\frac{0,8\,\pi}{\alpha}\ \frac{62,94}{0,8\,\pi}\
\frac{P}{D}=\lambda\,C\,\frac{P}{D}=\lambda\,25\,\frac{P}{D}, . . .
(12)
wobei α der vom Riemen auf der
kleinsten Scheibe umschlungene Centriwinkel in Bogengraden ist und die Gröſse λ, wie aus dem Vergleiche hervorgeht, den Werth
bedeutet:
\lambda=\frac{0,8\,\pi}{\alpha} . . . . .
(13)
Bei den bisherigen Untersuchungen wurde lediglich die theoretische Begründung des
Coefficienten C erforscht, indem durchweg
\alpha=0,8\ \pi, also \lambda=1 angenommen
wurde. Es handelt sich hier also noch um die Erprobung von λ, zu welchem Zwecke der allgemein gültigen empirischen Formel (12) die
allgemein gültige theoretische Formel gegenüber gestellt werden muſs. Letztere kann
gemäſs der früheren Ableitungen (S. 180 Bd. 236) geschrieben werden:
b=\frac{m\,P}{\frakfamily{S}_2\,\delta}=\frac{m}{2}\
\frac{2\,P}{\frakfamily{S}_2\,\delta}=\lambda'\,\frac{2}{\frakfamily{S}_2\,\delta}\,P=\lambda'\,\frac{4}{\frakfamily{S}_2\,\frac{\delta}{r}}\
\frac{P}{D}=\lambda'\,C\,\frac{P}{D}, . . . (14)
worin alsdann C=\frac{4}{\frakfamily{S}_2}\
\frac{r}{\delta} der theoretische Werth des bereits untersuchten
empirischen Coefficienten C und:
\lambda'=\frac{m}{2}=\frac{1}{2}\ \frac{e^{\mu
\alpha}}{e^{\mu \alpha}-1} . . . . (15)
der mit λ zu vergleichende
Coefficient ist. Behufs dieses Vergleiches dient nachfolgende Zusammenstellung, aus
welcher hervorgeht, daſs der Coefficient λ mit den für
verschiedene bei schwankendem Feuchtigkeits- und Fettigkeitszustande des auf
eisernen Scheiben laufenden Riemens üblichermaſsen als vorkommend angenommenen
Reibungscoefficienten μ berechneten Werthen der Gröſse
λ' in so weit übereinstimmt, als es bei einem rein
empirischen Coefficienten erwartet werden kann, namentlich da die für
\alpha:\pi=1\mbox{ bis }1,6 geltenden Werthe als auf
gekreuzte Riemen bezüglich wahrscheinlich nicht einmal in Betracht zu ziehen
sind.
α : π =
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
1,6
λ =
2
1,33
1
0,8
0,67
0,56
0,5
λ'
μ = 0,38μ = 0,28μ =
0,18
1,31,72,5
1 1,2 1,8
0,91 1,4
0,80,91,2
0,7 0,81
0,60,70,9
0,60,60,8
Somit würde auch hinsichtlich des Coefficienten λ die
amerikanische Formel als genügend begründet zu erachten sein. Allein diese
Begründung würde nur
unter der Voraussetzung zutreffen, daſs der Luftdruck entweder gar nicht, oder in
der G. Schmidt'schen Berechnungsweise als mitwirkend
angenommen werden kann. Denn falls die von mir bevorzugte Berechnungsweise der
Wirklichkeit entsprechen sollte, so müsste gemäſs Formel (28) und (31) auf S. 183
Bd. 236 geschrieben werden:
b=\frac{m_1\,P}{{\frakfamily{S}_2}'\,r}\
\frac{r}{\delta}=m_1\left(\frac{2}{{\frakfamily{S}_2}'}\
\frac{r}{\delta}\right)\
\left(\frac{P}{D}\right)={\lambda_1}'\,C'\,\frac{P}{D} . . (16)
und demgemäſs hat der mit λ zu
vergleichende Coefficient λ1' den Werth:
\lambda_1'=m_1=\frac{e^{\mu \varkappa \alpha}}{e^{\mu
\varkappa \alpha}-1}, . . . . (17)
worin \varkappa=1+k_0\,v^q\,br ist, unter
k0 und q auf den Luftüberdruck sich beziehende Coefficienten
verstanden.
Wegen des meistens in Folge von b\times r sehr groſs ausfallenden
Coefficienten ϰ wird aber λ1' gemäſs Formel (17) für sehr
verschiedene Beträge von α nicht viel gröſser als 1
werden, also sich, wie auch der in den bisherigen Berechnungen vorgekommene
Coefficient m1,
zwischen 1 und 1,2 bewegen und somit findet eine befriedigende Uebereinstimmung von
λ1 mit dem
empirischen Werthe λ der amerikanischen Formel durchaus
nicht statt. Die vorausgesetzte Richtigkeit der amerikanischen Formel führt daher
als kritische Grundlage der Theorie diesfalls zu der Folgerung, daſs der Luftdruck
entweder gar nicht, oder nur in dem durch die G.
Schmidt'sche Berechnungsweise berücksichtigten geringen Grade, nicht aber
in dem durch die von mir durchgeführte Berechnungsweise veranschlagten
beträchtlicheren Maſse, nämlich proportional den Riemenspannungen, zur Mitwirkung
gelangt.
Diese Folgerung schlieſst aber im Vergleich zu den anderweitigen
Untersuchungsresultaten eigentümliche Widersprüche in sich, welche die Richtigkeit
der amerikanischen Formel in Betreff des Coefficienten λ einigermaſsen bezweifeln und die Vermuthung gerechtfertigt erscheinen
lassen, daſs λ bedeutend weniger beträchtlich als
gemäſs dem Ausdrucke (13) mit α sich verändern.
Constructionsregeln für Riementriebe: Die von mir
angestellten Berechnungen und Erörterungen über die Riementriebe haben mich zu
nachfolgenden Hauptergebnissen geführt:
1) Die theoretische Anschauung der Amerikaner betreffs der Wirkung des
Luftüberdruckes als alleiniger Ursache für die
Uebertragung der Scheibenkraft auf den Riemen vermag vor unserer theoretischen
Kritik nicht zu bestehen. Bei dieser Uebertragung kann gemäſs unserer von jeher
üblich gewesenen Anschauung die durch die Riemenspannungen entwickelte Adhäsion oder
Reibung zwischen Riemen und Scheibenumfang nicht als ausgeschlossen erachtet
werden.
2) Ob der Luftdruck gemeinsam mit der Reibung in dem Maſse der G. Schmidt'schen Auffassung oder in der von mir
angewendeten Berechnungsweise, also proportional der Riemenspannung thätig ist, oder aber ob er
überhaupt mitwirkt, läſst sich mit Sicherheit nicht entscheiden.
3) Einstweilen dürfen zur Berechnung der Riementriebe auf Grundlage der hier
angestellten Untersuchungen immerhin folgende Regeln und Formeln angewendet werden:
Die Radien r und R=\xi r der kleinen
und groſsen Scheibe werden so groſs angenommen, als die Ausführbarkeit es gestattet,
sofern bei der jetzt üblichen Constructionsart der Preis für die Volumeneinheit des
Materials der Scheiben nicht wesentlich überschritten zu werden braucht und sofern
nicht aus der Vergröſserung besondere Kosten für zugehörige Constructionstheile oder
Baulichkeiten erwachsen, endlich aber sofern nicht besonders kleine Radien aus
völlig anders gearteten, als aus finanziellen Gründen erforderlich oder zweckmäſsig
sein sollten. Dies gilt jedoch nur im Falle der Richtigkeit der betreffs des
Luftüberdruckes von mir eingeführten Annahme. Wenn die G.
Schmidt'sche Annahme zutreffender sein sollte, so fallen bei
Umdrehungszahlen n > 200 die wirthschaftlich vortheilhaftesten
Scheibenhalbmesser kleiner aus und zwar nach Maſsgabe der auf S. 9 Bd. 237
befindlichen Normen. Falls der Luftdruck gar nicht mitwirken sollte, sind die
Halbmesser noch kleiner auszuführen. Die Riemendicke kann nahezu durch
\delta=0,01\,r Centimeter und die Riemenbreite durch:
b=25\,\lambda
\,\frac{P}{D}\sim12\,\lambda\,\frac{P}{r}\sim\,90000\,\frac{\lambda}{r^2}\
\frac{N}{n} berechnet werden. Hierin ist genügend genau:
für α :
π
= 0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1
1,2
1,4
1,6
λ
= 1,8
1,6
1,4
1,2
1
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
λ1'
= 1,25
1,2
1,15
1
1
1
0,9
0,9
0,8
0,8,
sofern λ1' für die von mir eingeführte und λ für die G. Schmid'sche
Annahme oder auch für den Fall gilt, daſs der Luftdruck gar nicht mitwirkt.
4) Die obigen Formeln und Regeln gelten für alle Beträge von N:n.
Ist aber dieser Effectsquotient sehr klein und es wird trotzdem gemäſs obiger Regel
ein sehr groſser Scheibenhalbmesser angenommen, so berechnet sich die Breite des
Riemens nicht viel gröſser oder sogar kleiner als die Dicke desselben. Obwohl die
auf diese Weise in Riemenfäden übergehenden Riemenbänder keineswegs wirthschaftlich
unzweckmäſsig sind, so ist ihre Anwendung doch häufig aus mancherlei Gründen nicht
rathsam. Vielmehr werden solchen Falls dünne und breitere Riemen, sowie kleinere
Scheiben zu bevorzugen sein. Als Anhalt bei der Auswahl der diesbezüglich für
gewöhnlich anzuwendenden Dimensionen dient die nach eigenem Ermessen von mir
aufgestellte Formel \delta=\sqrt[4]{\frac{N}{n}}, oder da der
Durchmesser d langer Wellen durch d=
\zeta\,\sqrt[4]{\frac{N}{n}} Centimeter berechnet zu werden
pflegt, wobei ζ meistens = 12 gesetzt wird, so ergibt
sich auch: \delta=\frac{1}{\zeta}\,d=\frac{d}{12}.
Steht eine für die Formel d=\zeta\,\sqrt[4]{\frac{N}{n}}
hergestellte Tabelle zur Verfügung, so läſst sich die Berechnung am einfachsten in
der Reihenfolge d=\zeta\,\sqrt[4]{\frac{N}{n}},
\delta=\frac{1}{\zeta}d,
r=100\,\delta,\ b=90\,\lambda\delta^2 durchführen.
Beispielsweise entsteht hiermit für \lambda=1
der erste Theil nachfolgender Tabelle, in welchem die letzten beiden Ziffern für b solchen Riemen entsprechen, welche als halbirte oder
gedrittelte neben einander angeordnet werden. Der untere Theil der Tabelle enthält
diejenigen Werthe von δ und b, welche mit den aus den überschriftlich bezeichneten Nachschlagebüchern
entnommenen Formeln unter Einsetzung der im ersten Theil der Tabelle angegebenen
Beträge für r berechnet wurden, wobei noch zu bemerken
ist, daſs in den bezeichneten Büchern für die gröſst annehmbare Breite der Riemen
eine Gröſse angerathen wird, welche zwischen den in der Tabelle durch eine
Horizontallinie getrennten Ziffern liegt.
N : n
d
δ
r
b
0,0039
3
0,25
25
5,5
0,0625
6
0,5
50
23
0,3164
9
0,75
75
52
1,0000
12
1,00
100
90
5,0625
18
1,5
150
200
16,000
24
2,00
200
360
Redtenbacher
Reuleaux
Weisbach
Hütte
v. Reiche
δ
b
δ
b
δ
b
δ
b
δ
b
0,3 – 0,15
2,6
0,4
5,8
1,8
1,7
1,2
0,8 – 0,4
8,6
0,53
16
15
14
9,6
––––
––––
–––––
––––––
1,4 – 0,7
14
0,64
32
0,45
51
0,44
49
0,5
32,8
2 – 1
27
0,7
49
120
116
78
3,4 – 1,7
52
0,8
90
410
392
263
5 – 2,5
84
0,9
138
976
930
624
Bei Nichtzuhandensein einer für d=\zeta\,\sqrt[4]{\frac{N}{n}}
hergestellten Tabelle vollzieht sich die Berechnung am einfachsten in der
Reihenfolge: 90\,\lambda\,\sqrt{\frac{N}{n}},
\delta=\sqrt[4]{\frac{N}{n}},
r=100\,\delta. Uebrigens muſs durch Nachrechnung des Werthes
v=\frac{n\,r}{1000} Aufschluſs erlangt werden, ob für den
Fall v > 20 eine besondere Ermittlung des vortheilhaftesten
Scheibenhalbmessers erforderlich sein wird.
5) Die obigen Formeln sind selbstverständlich von solcher Beschaffenheit, daſs sie
nur ungefähr oder beiläufig und nicht etwa mathematisch genau zu befolgende
Resultate liefern. Nach Maſsstab ihrer Herleitung würde es wirthschaftlich
vortheilhaft sein, bedeutend schmälere und etwas dickere Riemen anzuwenden, als sie
dieselben berechnen lassen. Die beträchtlicheren Riemendimensionen wurden gemäſs
Formel (7) und (8) lediglich aus Rücksicht auf einen gewissen Starrheitsgrad
bevorzugt. In Fällen, wo solche Rücksicht nicht genommen zu werden braucht, darf
daher ein bedeutend schmälerer Riemen, als den obigen Formeln entsprechend,
angenommen werden und noch mehr, wenn die jährliche Stundenzahl der Benutzung des
Riementriebes eine geringe sein sollte. Uebrigens beruhen die Formeln (7) und (9)
noch auf rein hypothetisch-theoretischer Grundlage, welche überdies durch die im
Widerspruch mit ihnen stehende praktische Erfahrung betreffs der besonderen
Bewährtheit langer, also einem groſsen Abstande a
entsprechender Riemen einigermaſsen erschüttert wird.
6) In einem vorgeschritteneren Stadium der Wissenschaft und Erfahrung werden die
Formeln (7) und (9) oder auf ähnlichen Anschauungen beruhende Ausdrücke
wahrscheinlich einer genaueren Berechnung zu Grunde gelegt werden, wobei nicht nur
der für jeden Einzelfall zutreffende Elasticitätsmodul E, sondern auch der Coefficient ω
berücksichtigt werden wird.
Auch ist zu vermuthen, daſs in einem solchen vorgeschritteneren Zustande an Stelle
der empirischen amerikanischen Berechnungsweise die theoretische Formel:
b=\lambda\,c\,\frac{P}{r}=75000\,\lambda\,\frac{c}{r^2}\
\frac{N}{n} mit:
c=\frac{1}{2}\,C=\frac{2}{\left[\varphi\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,(1-\varepsilon)\,E\right)-0,01\,v^2\right]\frac{\delta}{r}
+ k}
oder mit:
c=c'=\frac{1}{2}\,C'=\frac{1}{\left[\varphi\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,(1-\varepsilon)E\right)-0,01\,\frac{v^2}{\varkappa}\right]\,\frac{\delta}{r}}
treten wird, indem in dieselbe die dem Riemenmateriale in
jedem Einzelfalle entsprechenden Coefficienten φ,
\frakfamily{S},
ε und E eingesetzt werden
und k den noch experimentell festzustellenden Werth
beigelegt erhält. Die Befolgung der amerikanischen empirischen Berechnungsweise, in
welcher c oder c' den
Werth 12 hat, läuft auf dasselbe hinaus, als ob in obigen Formeln ein für alle Mal
mit 0,01 v2 relativ =
0 und mit \delta:r=0,01 angenommen würde:
bei c
bei c'
k=
0,166
0,1
0,07
0
–
\varphi\left(\frakfamily{S}-\frac{\delta}{r}\,(1-\varepsilon)\,E\right)=
0
6,6
9,6
16,6
8,5
Die diesen Ziffern entsprechende geringe Inanspruchnahme der
Festigkeit des Riemenmaterials hat sich gemäſs unserer Berechnungen nicht aus
Rücksicht auf die Dauerhaftigkeit oder auf wirthschaftlichen Vortheil, sondern nur
aus Rücksicht auf mehrgenannten Starrheitsgrad als zweckmäſsig erwiesen.
Endlich kann nochmals darauf hingewiesen werden, daſs die Anwendung der Riementriebe
neuerdings und auf Grundlage der hier angestellten Berechnungen entgegen den früher
üblichen Aussprüchen sich nicht wegen der von uns zeither übersehenen, übrigens auch
noch nicht einmal sicher nachgewiesenen Mitwirkung des Luftdruckes als zweckmäſsig
erweist, sondern einfach deshalb, weil die Fabrikation einigermaſsen breiter Riemen
bei uns zu Lande bisher ein ungelöstes oder doch nur selten gelöstes Problem war und
weil andererseits die Effectsverluste bei weitem nicht so beträchtlich sind, als sie
mit den früher in Rechnung gezogenen, neuerdings aber als bedeutend zu groſs
erkannten Reibungscoefficienten sich darstellten.