Titel: | Elektrische Uhr von Siemens und Halske in Berlin. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 218 |
Download: | XML |
Elektrische Uhr von Siemens und Halske in
Berlin.
Mit Abbildungen auf Tafel 17.
Siemens und Halske's elektrische Uhr.
Die von F. v. Hefner-Alteneck am 25. Mai in der Sitzung
des Elektrotechnischen Vereines (dessen Zeitschrift,
1880 S. 247) vorgeführte, zur Patentirung angemeldete elektrische Uhr (* D. R. P.
Kl. 83 Anmeldung Nr. 21690 vom 2. August 1880) ist eine neue Ausführung des
bekannten Principes, bei elektrischen Uhrsystemen die eingetretenen Unrichtigkeiten
in den einzelnen Uhren von einer Normaluhr aus auf elektrischem Wege von Zeit zu
Zeit durch unmittelbare Stellung des Zeigers zu berichtigen.Eine andere Art der Stellung der Secundäruhren nach der Normaluhr, und zwar
durch unmittelbare elektromagnetische Einwirkung auf das Pendel der
ersteren, beschreibt Dr. Ulbricht in der Elektrotechnischen Zeitschrift, 1880 S. 318.
Dieselbe hat bei der probeweisen Verwendung auf den Sächsischen Staatsbahnen
ganz zufriedenstellend bewährt.Der Ref. Auſserdem ist dieselbe mit einer
selbstthätigen Meldeeinrichtung ausgerüstet, welche die fehlerhaft gehenden Uhren
anzeigt.
Die hierzu angewendeten elektrischen Uhren werden gleich gewöhnlichen Uhren durch
Feder- oder Gewichtswerk betrieben. Während aber bei den früher ausgeführten Uhren
mit elektrischer Berichtigung der Zeigerstellung die durch den elektrischen Strom
mittels eines Elektromagnetes o. dgl. ausgeübte Kraft die Reibung der Zeiger zu
überwinden hatte, hat bei dieser neuen Uhr der elektrische Strom nur mit geringer
Kraft einen kleinen Hebel zu bewegen und diese Bewegung hat dann mittelbar die
Zeigereinstellung zur Folge, indem durch die Stromwirkung entweder die Zeiger der
etwas vorgehenden Uhr festgehalten werden, oder ein besonderes Werk, welches auch
gleichzeitig ein Schlagwerk sein kann, vorübergehend ausgelöst wird, welches die
Zeigercorrectur bewerkstelligt.
Zu diesem Zwecke werden die Uhren am einfachsten so regulirt, daſs sie wenig
vorgehen, und es wird an jeder Uhr ein mit einem Haken versehener einarmiger Hebel
angebracht, welcher durch eine Abreissfeder gegen einen Anschlag gezogen und so aus
dem Bereiche des Zeigers
gebracht wird, durch Vermittelung eines in eine elektrische Leitung eingeschalteten
Elektromagnetes jedoch in das Bereich des Zeigers tritt, sobald der Strom den
Elektromagnet durchläuft. Kurz vor vollendeter Stunde wird nun von der Normaluhr aus
ein Strom durch den Elektromagnet gesendet, der Hebel in Folge dessen angezogen und
der blos durch Reibung auf seiner Achse festsitzende Zeiger legt sich gegen den
Haken des Hebels, stellt sich somit selbstthätig in die Normalstellung ein. Genau
zur vollen Stunde bewirkt dann die Normaluhr die Unterbrechung des Stromes und die
Zeiger sämmtlicher in den Stromkreis eingeschalteten Uhren gehen alsdann mit
berichtigter Zeit weiter.
Es könnten aber auch die Haken fortdauernd im Bereiche der Zeiger gehalten und diese
letzteren nur zur vollen Stunde durch die von der Normaluhr zu bewirkende Auslösung
befreit werden, nachdem sie sich selbst richtig gestellt haben. Bei dieser
Ausführung des oben bezeichneten Principes tritt, bei einer Störung der elektrischen
Stromgebung, welche durch irgend welche Ursache, wie z.B. durch Unterbrechung der
Leitung, hervorgerufen werden kann, der Uebelstand ein, daſs die Uhren in dem zuerst
erwähnten Falle sämmtlich vorgehen, in letzterem Falle sämmtlich auf der vollen
Stunde stehen bleiben. Soll dies vermieden werden, so erhalten die Uhren die
Einrichtung, welche in Fig. 12
Taf. 17 dargestellt ist und im Nachfolgenden beschrieben werden soll.
Die Zeigerachse x eines Uhrwerkes beliebiger
Construction, auf welcher der Minutenzeiger Z
festsitzt, wird durch Reibung von dem lose auf der Zeigerachse sitzenden
Minutenrade, das durch eine Spiralfeder gegen eine auf der Zeigerachse befestigte
Reibungsscheibe angedrückt wird, mitgenommen und steht mit dem Stundenzeiger durch
die bekannte Räderübertragung in Verbindung. Mit der Achse x des Zeigers Z fest verbunden sind zwei
hinter einander liegende, auf nahezu dem halben Umfange mit entgegengesetzt
stehenden Zähnen versehene Sperrräder s1 und s2. In der Nähe derselben ist das um die Achse u drehbare Echappement E
gelagert, welchem das von einem Gewichte P, durch
Federkraft oder sonstwie in der Richtung des Pfeiles getriebene Steigrad S das Bestreben ertheilt, eine hin- und hergehende
Bewegung zu machen. Diese Bewegung ist in der Ruhelage dadurch verhindert, daſs der
mit dem Echappement fest verbundene Hebel H mit einem
aus seinem unteren Ende vorstehenden Ansätze von dem Haken m des Ankerhebels A eines Elektromagnetes M festgehalten wird. Die Sperrräder s1 und s2 werden jedes von
einem Haken h1 bezieh.
h2 umfaſst, welche
bei v in dem Hebel H
gelagert sind; die beiden Haken werden durch Vermittelung der Feder f gegen die festen Anschläge p1 und p2 gedrückt und stehen in der Ruhelage auſser
Eingriff mit den Zähnen der Sperrräder.
Wird nun ein Strom durch den Elektromagnet M gesendet,
so wird der Anker A angezogen, der Haken m läſst den Hebel H los
und das Steigrad S kann um einen Schritt vorwärts
rücken. Hierbei kann der Haken h1 bezieh. h2 das Sperrrad s1 bezieh. s2 bewegen, da es jetzt in das Bereich der Zähne
derselben faſst, und, falls der eine oder der andere Zähne in seinem Sperrrade
vorfindet, dieses Sperrrad und zugleich den mit den Sperrrädern fest verbundenen
Zeiger Z um ein dem Hube des Hakens h1 oder h2 entsprechendes Stück
fortrücken. Der in beliebiger Stellung befindliche Zeiger kann somit durch
mehrmalige Stromgebung so weit gedreht werden, bis er die Normalstellung erreicht
hat; in dieser aber finden dann die Haken h1 und h2 beide keine Zähne mehr auf dem Umfange der Räder
s1 und s2 vor und können daher
auch keine weitere Drehung des Zeigers bewirken. Weil die Zähne der beiden
Sperrräder s1 und s2 entgegengesetzt
gestellt sind, so kann der Zeiger sowohl, wenn er zurückgeblieben, als auch, wenn er
vorangeeilt ist, durch Stromgebung zur vollendeten vollen Stunde richtig auf die
Normallage eingestellt werden.
Damit aber der Hebel H, wenn der Anker A angezogen wird, nicht etwa eine fortgesetzte
schwingende Bewegung machen kann, ist an letzterem eine zweite Nase n angebracht, welche sich, nachdem der Hebel H durch die Stromgebung links gegangen ist, vor den
Ansatz am Hebel H legt und verhindert, daſs der Hebel
in seine Ruhelage zurücktritt, bevor nicht der Strom wieder unterbrochen und der
Anker A wieder auf den Bolzen q herab abgefallen ist. Es vermag also der Hebel H bei jeder Auslösung nur eine einzige Schwingung zu machen und den Haken
h1 und h2 nur eine einmalige
Bewegung hin und her zu ertheilen.
Wird der Winkel, um welchen die Haken h1 und h2 den Zeiger Z bei
einmaliger Auslösung stellen, gröſser gewählt als der innerhalb einer Stunde
mögliche Fehler des Minutenzeigers des Uhrwerkes, so genügt die durch eine Normaluhr
zur vollen Stunde erfolgende Absendung je eines
Stromes, um die von sämmtlichen zu einem System verbundenen Uhren begangenen Fehler
fortlaufend zu berichtigen.
Auſserdem aber können gröſsere Fehler durch Absenden einer Anzahl hinter einander
folgender Ströme berichtigt und die Uhren somit nicht nur regulirt, sondern auch
thatsächlich innerhalb bestimmter Grenzen gestellt werden. Soll auf letzteres
verzichtet und nur die geringe Correctur der Zeigerstellung durch einen stündlich
von der Normaluhr ausgehenden Stromimpuls beibehalten werden, dann erhalten die
Zahnräder s1 und s2 nur je einen Zahn an
der betreffenden Stelle, oder man ersetzt sie durch einen Arm oder Stift.
Eine solche Uhr ist zwei strenge Winter hindurch in der Fabrik von Siemens und Halske in Gang gewesen, und zwar war sie an
der Aufsenwand des einen Gebäudes angebracht.
Mit der eben beschriebenen Regulirungs- und Stelleinrichtung für Uhren wird ferner
eine Controleinrichtung in Verbindung gebracht, welche
die Zeitangabe der einzelnen zu einem System verbundenen Uhren auf einer bestimmten
Stelle zu überwachen ermöglicht. Das Wesen dieser Einrichtung ist aus Fig.
13 Taf. 17 zu erkennen und besteht darin, daſs von den zu regulirenden
Uhren Unterbrechungen der Leitung bewirkt werden, welche gleichzeitigen von der
Normaluhr hergestellten Stromschlüssen entsprechen, wodurch bei Coincidenz von dem
gleichen Gange sämmtlicher Uhren Zeugniſs gegeben, beim Abweichen einer derselben
aber ein Alarmzeichen hervorgerufen wird, welches die abweichende Uhr
kennzeichnet.
Der Zeiger Z0 der
Normaluhr N trägt auf seiner Achse auſser dem
Stromschlieſser b, welcher an dem Contacte a nur einen kurz dauernden Stromschluſs bewirkt und in
einer der vorbeschriebenen Weisen die Berichtigung der Zeigerstellung
bewerkstelligt, einen zweiten Stromschlieſser c,
welcher an dem Contacte d zu einer gewissen Zeit,
beispielsweise, wie in Fig. 13
gezeichnet ist, wenn der Minutenzeiger auf VII steht,
einen etwa eine Minute andauernden Stromschluſs bewirkt.
Nehmen wir vorläufig an, daſs nur eine elektrische Uhr U
im Stromkreise L läge, so richten wir dieselbe so ein,
daſs, wenn der Zeiger auf VII steht, beispielsweise
durch Vermittlung der Knagge k, welche den Contacthebel
g von dem Contacte e
abhebt, der Stromkreis ein wenig länger als eine Minute unterbrochen wird.
Bei der Normaluhr N ist ein elektrischer Wecker W in die Leitung L
eingeschaltet; derselbe läutet auf der Glocke O, wenn
die Stromunterbrechung zwischen e und g nicht genau mit dem Stromschluſs zwischen c und d zusammenfällt,
d.h. wenn der Zeiger der zu regulirenden Uhr vor oder zurück ist.
Sind mehrere Uhren in demselben Stromkreise mit der Normaluhr in Verbindung gebracht,
so wird für jede dieser Uhren die gleiche Anordnung getroffen, jedoch so, daſs sie
für jede Uhr zu einer andern Zeit in Thätigkeit tritt, so daſs man also daraus, ob
z.B. der Wecker 1, 2 oder 3 Minuten nach halb ertönt, erkennen kann, ob bezüglich
die erste, die zweite oder die dritte Uhr stehen geblieben ist, oder falsch
geht.
Die eben beschriebene Controleinrichtung läſst sich natürlich auch an Uhren jeden
Systemes anbringen. Wird auch noch eine hörbare Controle darüber nothwendig, daſs
der Regulirungsstrom seitens der Normaluhr mittels Stromschlusses zwischen a und b wirklich richtig
abgegeben wird, so kann ein Wecker von anderer Klangfarbe bei y eingeschaltet werden, bezieh. bei x ein Wecker geeigneter Schaltung, oder ein mit
verschiedener Zeitdauer läutender und so beiden Zwecken dienender Wecker angebracht
werden. Auch diese zuletzt beschriebene Controleinrichtung ist für elektrische Uhren jeden
beliebigen Systemes anwendbar.
Die oben beschriebene Einrichtung für die elektrische Berichtigung der Zeigerstellung
kann auch mit einem Schlagwerke, falls ein solches an der elektrischen Uhr
angebracht werden soll, vereinigt werden. Der vom elektrischen Strom bewegte Hebel
löst dann das Schlagwerk der Uhr aus, in gleicher Weise wie der betreffende
Auslösehebel des Schlagwerkes einer gewöhnlichen Uhr. Von einer Achse des
Schlagwerkes aus wird der Hebel mit den Sperrklinken in oscillirende Bewegung
gebracht, die Wiedereinlösung des Schlagwerkes geschieht wie bei jeder gewöhnlichen
Uhr.