Titel: | Ueber afrikanische Oelsamen; von Dr. J. Moeller. |
Autor: | J. Moeller |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 252 |
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Ueber afrikanische Oelsamen; von Dr. J. Moeller.
Mit Abbildungen.
J. Moeller, über afrikanische Oelsamen.
Im Katalog der französischen Colonien für die Ausstellung 1878 wird darüber Klage
geführt, daſs der groſse Reichthum an Oel reicher Samen, welche Gabon besitzt, für
die Industrie wegen mangelnder Nachfrage verloren gehe. Besonders werden namhaft
gemacht: Ochoco von einer Dryobalanops abstammend. Sie geben 61 Procent eines erst bei 70°
schmelzbaren Fettes. – Dika von Irvingia Barteri, welche von den Eingeborenen Iba genannt wird; das bei gelinder Erwärmung aus den gestoſsenen Samen
gewonnene Fett heiſst Dika oder Gabon-Chocolade bei den Europäern. Das Fett ist der Cacaobutter ähnlich,
bei 40° schmelzbar und enthält in 100 Theilen: Wasser 5,0, Stickstoff haltige
Substanzen 9,5, Fett 65,5, Stärke 10,0, Cellulose 3,0, Gummi 2,6, mineralische
Substanzen 4,4. – Owala von Pentaclethra macrophylla liefert 48,92 Procent eines dem Olivenöl
ähnlichen Fettes. – Coula von Coula edulis liefert 32,88 Procent eines zu Tafelöl geeigneten Fettes. – Agali Djavé und Agali
Nungu, von Bassia Djave und Bassia Nungu stammend, geben 56,12 Proc. Fett. – Muskatnüsse, von denen Myristica longifolia 54,58 Procent, Myristica
angolensis, gewöhnlich Combô, 72 Proc. Fett
geben. – Eine unbestimmte Muskatnuſs heiſst Niowe. Von
einer nicht näher bestimmten Sterculia-Art werden 62,87
Proc. Fett gewonnen. Auſserdem werden angeführt: Ouendo
von Cucumeropsis, Ogadioka von Telfairia pedata, Oddjenje von Pentadesma
butyracea, Elosy-zégué oder Citron de mer von
Ximenia gabonensis, N'Pendo von Chrysobalanus Icaco und Poussa von Monodora grandiflora.
Da ein groſser Theil dieser Samen einen sehr beträchtlichen Fettgehalt besitzt, wird
der oben beklagte Mangel an Nachfrage wohl in der mangelnden Kenntniſs der Samen
ihren Grund haben. Ich trachte daher Proben derselben zu erhalten und werde in dem
Maſse, als meine Bemühungen von Erfolg begleitet sein werden, zur näheren Kenntniſs
dieses wichtigen Rohstoffes beitragen. Hoffentlich wird schon diese Veröffentlichung
mein Untersuchungsmaterial vermehren, indem sich Vorsteher von Sammlungen,
Fabrikanten und Droguisten bewogen finden dürften, mir Proben zur Untersuchung
anzuvertrauen.
Ich beginne mit Poussa, welche ich der Güte des Hrn. Bernardin, Professor am Museum Melle-lez-Gand
(Belgien), verdanke.
Die Poussa ist ein Samen von 2cm Länge, 9mm Breite, unregelmäſsig cylindrisch von Gestalt.
Oben ist er convex, in eine kleine Spitze zulaufend, unten flach oder eingedrückt.
Die Oberfläche ist gleichmäſsig hellbraun, wie von einem dicht anliegenden Filz
sammtartig glänzend. Auf dem longitudinalen Durchschnitt (Fig. 1 S. 254) sieht man, daſs die lederartig zähe Samenschale an der
vorderen und hinteren Wand papierdünn ist und beiderseits einen nach innen
vorspringenden, etwa Millimeter dicken Wulst besitzt. Der ein wenig geschrumpfte,
ölhaltige Kern erscheint gefiedert, indem die Samenhaut in ziemlich regelmäſsigen
Abständen bis nahe gegen die Mitte in die Falten des Kernes eindringt. Der Kern
läſst sich leicht aus der Samenschale herausheben, wobei die äuſserst zarte, schwach
gelb gefärbte, innere Samenhaut in Form horizontaler Diaphragmen an der Innenwand
der Samenschale haften bleibt. Der fast nackte, ursprünglich weiſse, bei längerem
Liegen braun gefärbte Kern ist an seiner convexen Auſsenfläche dicht querrunzelig
und hat einige Aehnlichkeit mit einer Raupe (Fig. 2
in n. Gr). Die Samen haben einen sehr angenehmen, starken, der Muskatnuſs
einigermaſsen verwandten, aromatischen Geruch; der Kern war an dem vorliegenden
Muster bereits sehr ranzig.
Mikroskopischer Bau. Die Epidermis
ist abgestoſsen; nur an manchen stellen findet man noch Reste des subepidermidalen
Gewebes, welches aus einem Parenchym sehr dünnwandiger, groſsporiger Zellen besteht.
Die Hauptmasse der Samenschale (Fig. 3) besteht aus
zwei über einander gelagerten Schichten von Faserzellen, welche sich mannigfach
kreuzen, aber doch zwei scharf getrennte Lagen bilden, eine innere, deren Fasern
vorzüglich in der Längsrichtung des Samens verlaufen, und eine äuſsere, deren Fasern
die vorigen rechtwinkelig schneiden, demnach den Samen umkreisen. Die seitlichen
longitudinalen Wülste entstehen in der Weise, daſs die Faserstränge sich gabelförmig
theilen und so einen Raum bilden, der mit dünnwandigen, rundlichen, lose
zusammenhängenden Zellen ausgefüllt ist. Die Faserzellen haben bei einer Breite von
0mm,02 eine ansehnliche Länge und verjüngen
sich sehr rasch in eine meist stumpfe Spitze. Ihre Wand ist wenig verdickt und trägt
zahlreiche gekreuzte Spaltentüpfel. Unmittelbar an die Faserschicht grenzt die
innere Samenhaut, ja einzelne Fasern dringen sogar mit ihr in die Falten des Kernes
ein. Die innere Samenhaut (Fig. 4) setzt sich aus
unregelmäſsig polyedrischen Plattenzellen zusammen, deren dünne Wände häufig aus
einander weichen und groſse dreieckige Zwickel oder sehr kleine linsenförmige Räume
einschlieſsen.
Fig. 1., Bd. 238, S. 254
Fig. 2., Bd. 238, S. 254
Fig. 3., Bd. 238, S. 254
Fig. 4., Bd. 238, S. 254
Fig. 5., Bd. 238, S. 254
Der ölhaltige Kern besteht in seiner ganzen Masse aus einem
gleichartigen Gewebe unregelmäſsig eckiger Zellen (Fig.
5), welche unter fettem Oel zarte, glatte Wände zeigen und ausgefüllt sind
mit zahlreichen, kleinen, farblosen und je einem groſsen, rundlichen, zunächst nicht
näher bestimmbaren Körper. Von Stelle zu Stelle, unregelmäſsig zerstreut, aber in
groſser Anzahl, finden sich kugelige Räume, die bedeutend gröſser sind (0mm,045) als die umgebenden Zellen und eine dunkel
citronengelbe, von Sprüngen durchsetzte Masse als Wandbeleg, oder den ganzen Raum
erfüllend, enthalten. So weit man aus fertigen Zuständen urtheilen kann, erscheint
es höchst wahrscheinlich, daſs jeder dieser Räume nur aus einer einzigen Zelle
besteht. Dafür spricht auſser der Abwesenheit jener Erscheinungen, welche bei der
lysigenen oder schizogenen Bildung von Harzräumen beobachtet werden, vorzüglich die
ungewöhnliche Gleichförmigkeit und gleiche Gröſse aller Harzräume. Ihr Inhalt wird
durch Alkohol vollständig gelöst. Durch Kalilauge wird die früher schollige Masse
verflüssigt.
Das Gewebe des Endosperm ist ein Collenchym mit der
Eigenthümlichkeit, daſs die Zellen Siebporen besitzen, welche erst nach Entfernung
des Inhaltes deutlich erkannt werden. Die Inhaltskörper sowohl, wie die Membranen
nehmen Farbstoffe begierig auf; Jodsolution färbt blos die ersteren intensiv gelb,
Chlorzinkjod bringt wohl Quellung, aber gar keine
Farbenreaction hervor. Weder fette, noch ätherische Oele, noch Alkohol bringen die
Inhaltskörper in Lösung. Sie verbinden sich aber mit Kalilauge und flieſsen zu
groſsen farblosen Tropfen zusammen, welche durch Chlorzinkjod blaſs gelb gefärbt
werden, während nunmehr die Membranen sich violett färben und die oben erwähnten
zierlichen Porengruppen sehr deutlich zeigen.
Dem mikrochemischen Befunde nach bilden Eiweiſskörper den wesentlichen Inhalt des
Samenkernes, während das ätherische Oel in untergeordneter Menge in den ungewöhnlich
zahlreichen Oelzellen vorkommt und fettes Oel ganz zu fehlen scheint. Demnach wäre
die Angabe des Kataloges der französischen Colonien, welcher „Poussa“ unter
Matières oléagineuses anführt, dahin richtig zu
stellen, daſs sie zur Darstellung eines ätherischen
Oeles vom theoretischen Standpunkte wohl geeignet erscheint, nicht aber zur
Gewinnung von fettem Oel.
Die Poussa wird von Monodora grandiflora abgeleitet.
Diese Art ist wahrscheinlich identisch mit Monodora
Myristica Dunal (Anonaceae) von welcher De Candolle (Bd. 1 S. 87) anführt, daſs sie in Jamaika
kultivirt werde und wahrscheinlich im äquatorialen Afrika heimisch sei. Rosenthal (Synopsis plant, diaphor., S. 594) nennt
diese Art Kalebassen-Muskatnuſs. Ihre Samen enthalten
aromatisches Oel und werden der echten Muskatnuſs gleichgeschätzt. Aus Afrika ist
auſser dieser Art nur noch Monodora tenuifolia Bentham,
vom Niger, bekannt.
(Fortsetzung folgt.)