Titel: | Neues über Farbstoffe. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 255 |
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Neues über Farbstoffe.
(Fortsetzung des Berichtes S. 464 Bd.
237.)
Neues über Farbstoffe.
K. Zulkowsky bespricht im Chemischen Centralblatt, 1880 S. 428 und 474 die krystallisirbaren Bestandtheile des Corallins (vgl. 1879 233 251). Die von
Dale und Schorlemmer
(1879 231 175. 1880 235 73) angegebene Bereitungsweise des Corallins gibt geringe
Ausbeute und kein reines Aurin. Nach ihren Angaben sollte die Bildung des Aurins vor
sich gehen nach der Gleichung:
C2H2O4 + 3C6H6O = C19H14O3 +
CH2O2 + 2H2O.
Da es aber Zulkowsky niemals gelingen wollte, den
Proceſs nur auf die Bildung des Aurins einzuschränken, da andererseits die frei
gewordene Ameisensäure in keinem Verhältnisse steht zu der Menge, die sich der
Theorie nach bilden sollte, da ferner die entweichenden Gase immer nur aus gleichen
Volumtheilen Kohlenoxyd und Kohlensäure, also nur aus der secundären Zersetzung der
Oxalsäure hervorgehen, so hält es Verfasser für wahrscheinlicher, daſs der
Corallin-Bildungsproceſs in der Hauptsache nach folgender Gleichung verläuft:
2(C2H2O4)
+
9C6H6O)
=
2(C19H14O3)
+
C20H16O4 + 7H2O
Oxalsäure
Phenol
Aurin
Corallinphtalin.
Entgegen der früheren Angabe (1879 233 251) hat Zulkowsky jetzt gefunden, daſs es nicht zweckmäſsig ist, das Gemisch von
Phenol und Schwefelsäure zu erhitzen. Ferner kann die früher angegebene Menge von ⅔
Th. Schwefelsäure ohne weiteres auf ½ Th. verringert werden; die Oxalsäure ist
jedoch in entwässertem Zustande zu verwenden. Der Verfasser erhielt ganz gute
Resultate, wenn er 1 Th. Phenol mit ½ Th. Schwefelsäure von 66° B. zusammenmischte, hierauf 0,6 bis 0,7 Theile
entwässerter Oxalsäure zusetzte und so lange auf 120 bis 130° erhitzte, bis der
Kolbeninhalt in eine beim Erkalten zähe Masse überging und die Gasentwickelung
entschieden schwächer geworden war. Es sind bis zur Beendigung dieses Processes
ungefähr 24 Stunden erforderlich und die Ausbeute schwankt zwischen 60 bis 70 Proc.
Das Corallinphtalin wurde in der früher angegebenen Weise abgeschieden, der
Rückstand durch Erhitzen auf 120° von Schwefligsäure befreit, in 60procentigem
Weingeist gelöst und der Krystallisation überlassen. Sobald harzartige Bestandtheile
auftraten, wurden die Farbstoffe aus der Mutterlauge durch Einleiten von
Schwefligsäure niedergeschlagen, durch Erhitzen entschwefelt und für sich einer
fractionirten Krystallisation unterworfen. Die nach der Behandlung mit Säure übrig
bleibende Flüssigkeit wurde eingedampft, der Rückstand durch Erhitzen entschwefelt,
in absolutem Alkohol gelöst und der Rest der krystallisirbaren Farbstoffe durch
Ammoniak gefällt. Folgende so erhaltene Verbindungen wurden genauer untersucht.
Oxydirtes Aurin, C19H16O6, scheidet sich in violetten Nadeln
aus der alkoholischen Lösung aus; durch längeres Kochen geht es in Leukaurin, C19H16O3, über. Es löst sich in Kalilauge mit carminrother
Farbe auf; leitet man Schwefligsäure im Ueberschuſs ein, oder setzt man eine Lösung
von Natriumdisulfit so lange zu, bis sich der entstehende Niederschlag wieder
auflöst, so erhält man eine farblose Flüssigkeit wie mit Aurin selbst. Concentrirte
Salzsäure gibt jetzt einen prachtvoll orangegelben Niederschlag von der
Zusammensetzung 2C19H14O3 + SO2
+ H2O. Die Reduction des oxydirten Aurins durch
Schwefligsäure und die leichte Zersetzbarkeit der entstandenen Verbindung geben ein
Mittel, ersteres glatt in Aurin überzuführen. Zur Herstellung des oxydirten Aurins
löse man 2 Th. Aurin in Kalilauge, verdünne mit Wasser und setze so viel
mangansaures Kali zu, als man aus 3 Theilen übermangansaurem Kali erhalten kann.
Nach etwa 15 Minuten wird etwas Weingeist zugefügt, um etwa noch vorhandenes
Manganat zu zerstören. Die abfiltrirte alkalische Flüssigkeit wird vorsichtig mit
Schwefelsäure versetzt und ein gröſserer Ueberschuſs derselben vermieden, was bei
dem eintretenden Wechsel der Farbe des Niederschlages ja ohnehin leicht möglich ist.
Das gebildete Oxydationsproduct wird als zimmtbrauner Niederschlag erhalten, den man
abfiltrirt, sehr gut wäscht und schlieſslich bei Zimmertemperatur trocknet. Das in
dieser Weise erhaltene und getrocknete Product wird in kochendem 60procentigen
Weingeist gelöst und dessen Lösung der Krystallisation überlassen.
Kocht man oxydirtes Aurin als feines Pulver in Eisessig, so löst es sich mit
dunkelrother Farbe; beim Erkalten erstarrt die Lösung zu einem Brei von mennigrothen
Krystallen der essigsauren Verbindung, deren Bildung nach der Gleichung:
C19H16O9 + 2C2H4O2 =
C19H14O5(C2H4O2)2 + H2O
erfolgt. Im luftleeren Raum über Kalk und Schwefelsäure
verliert es die Hälfte, beim Erwärmen noch mehr Essigsäure.
Die Acetylverbindung des Leukaurins, C19H16O3, wurde durch
Kochen mit Essigsäureanhydrid erhalten. In Wasser gegossen, scheidet sich ein
weiſses krystallinisches Pulver ab, welches aus Weingeist umkrystallisirt reines
Triacetylleukaurin, C19H13O3(C2H3O)3,
gibt. Durch Behandeln mit mangansaurem Kalium wurde eine Verbindung erhalten deren
Zusammensetzung der des Aurinchinons, C19H14O4,
entspricht.
Aurin, C19H14O3, in heiſsgesättigter weingeistiger Lösung mit
Schwefligsäure gesättigt, gibt beim Erkalten Würfel oder Octaeder von prachtvoll
mennigrother Farbe und lichtgrünem Metallglanz. Da diese schwefligsaure Verbindung
in kaltem Weingeist sehr schwer löslich ist, so läſst sich die Schwefligsäure gut
zur Trennung des Aurins von anderen Körpern benutzen. Leichter erhält man diese
Verbindung durch Lösen des Aurins in Kalilauge, Versetzen mit Natriumdisulfit bis
zur Entfärbung und Fällen mit concentrirter Salzsäure. Die auf die eine oder andere
Weise erhaltene Verbindung (C19H14O3)2SO3H2 + H2O verliert ihr
Krystallwasser im leeren Raum über Schwefelsäure schon bei Zimmertemperatur und
nimmt hierbei eine röthere Farbe an. Die Sulfitverbindung löst sich in kochendem
Weingeist nur unter Zersetzung, indem nach und nach sämmtliche Schwefligsäure
entweicht; bei 100° geht sie unter Verlust der sämmtlichen Schwefligsäure in Aurin
über.
Methylaurin, C20H16O3, wurde in kleinen ziegelrothen
Krystallen mit grünem Metallglanz aus dem Corallin abgeschieden. Wahrscheinlich ist
dieser Corallinbestandtheil kein Abkömmling des Tolyldiphenylmethans, sondern des
Triphenyläthans und unterscheidet sich von Corallinphtaleïn durch Ersatz der Gruppe
CO durch CH2.