Titel: | Ueber Neuerungen in der Eisenerzeugung. |
Autor: | F. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 316 |
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Ueber Neuerungen in der
Eisenerzeugung.
Mit Abbildungen auf Tafel 23.
(Patentklasse 18. Fortsetzung des Berichtes S. 132
Bd. 237.)
Ueber Neuerungen in der Eisenerzeugung.
Vorrichtung zum Vorwärmen von Zuschlägen für den
Puddelproceſs. Um zu vermeiden, daſs bei dem Zusätze gröſserer Mengen
Zuschläge in den Puddelofen dieser sich zu sehr abkühle, sollen die Zuschläge
vorgewärmt werden. Dies geschieht nach A. Birrenbach in
Ars a. d. Mosel (* D. R. P. Nr. 9021
vom 27. Juli 1879) in einem in der Decke des Ofens angebrachten Kasten
a (Fig. 1 und
2 Taf. 23), dessen Seitenwände, um nicht zu verbrennen, in ihrem unteren
Theile mittels durchgeleiteten Wassers gekühlt werden, während dessen aus einem
Stück Blech bestehender beweglicher Boden leicht ersetzt werden kann.
Benutzung von Preſskohlen beim Bessemerproceſs. R. M.
Daelen in Düsseldorf (* D. R. P. Nr. 8662 vom 3. Juli 1879) will bei der
Herstellung von Fluſseisen und Stahl in der Bessemerbirne unter Anwendung des
Entphosphorungsverfahrens durch Bildung von basischen Schlacken oder unter Zusatz
von reichen, reinen Eisenerzen, überhaupt dann, wenn das angewendete Roheisen die
zur Ausführung des Bessemerprocesses nöthigen Brennstoffe nicht in genügender Menge
enthält, mit Salpeter oder Braunstein gemischte Preſskohlen anwenden.
Zu diesem Zweck ist an die Birne A (Fig. 3 Taf.
23) ein mit feuerfestem Materiale ausgekleideter Behälter B angeschraubt, dessen Hahn F ein Nachfüllen
während des Betriebes gestattet, ohne daſs hier Gase entweichen können. Dieser
Behälter wird nun mit Preſskohlen gefüllt, dann zur geeigneten Zeit der Pfropfen n zurückgezogen, so daſs das flüssige Eisen die Kohlen
entzündet, deren Verbrennungsgase dann durch die Oeffnung c in das Eisen treten. Erforderlichen Falls soll durch die Oeffnungen a und g atmosphärische
Luft eingeblasen werden.
Dieses Einblasen von Luft bei a dürfte sich allerdings
kaum umgehen lassen, da nach der Gleichung C + MnO2
= MnO + CO die Kohle mit der 7 bis 8 fachen Gewichtsmenge Braunstein und nach 6C2 + 6KNO3 = 3K2CO3 + 3N2 + 9CO mit der 4 bis 5 fachen Menge Salpeter
gemischt werden müſste, wollte man ohne Zutritt von freiem Sauerstoff auch nur eine
Verbrennung zu Kohlenoxyd erreichen. Die hierbei entwickelte Wärme würde daher wohl
unverhältniſsmäſsig theuer werden.
M. Coventry jun. und M. Wilks in
Manchester (* D. R. P. Nr. 9480 vom
16. August 1879) machen dagegen den Vorschlag, flüssige
Kohlenwasserstoffe einzuführen. Etwa 5m oberhalb
des Windzapfens der Birne ist ein aus schmiedeisernen Platten luftdicht
hergestellter Behälter A (Fig. 4 Taf.
23) mit Flüssigkeitsstandrohr D angebracht, welcher
durch einen Hahntrichter C mit Erdöl gefüllt wird. Das
durch die Röhre E abflieſsende Erdöl tritt in das
wagrechte, 3 bis 4m lange Rohr G, welches mit einem weiten, von Dampf oder heiſser
Luft durchströmten Rohre H umgeben ist, verdampft hier
und tritt in das Hauptwindrohr K. Wird mit heiſsem
Winde geblasen, so genügt es, die Kohlenwasserstoffe mittels einer vor die Mündung
des Rohres G angebrachten Brause in feinen Strahlen in
das Rohr K eintreten zu lassen, so daſs dann das Rohr
H überflüssig wird. Das Rohr L ist bestimmt, den Druck im Rohre K und Behälter A
auszugleichen.
Ebenso wollen, um bei Verwendung eines an Kohlenstoff und Silicium armen Eisens in
der Bessemerbirne mit basischer Ausfütterung die erforderliche Wärme erzeugen zu
können, M. Wilks in Manchester und R. Howson in Middlesborough (* D. R. P. Nr. 9189 vom 3.
Mai 1879) mit dem
Gebläsewind zerstäubte Kohlenwasserstoffe einführen. Zu diesem Zweck geht der Wind
durch einen aus Eisenblech zusammengenieteten Cylinder von 5m,3 Höhe und 1m,3 Weite, welcher mit Kokesstücken gefüllt ist, über die der
Kohlenwasserstoff herabrieselt.
L.
Herlitschka in Bautzen (* D. R. P. Nr. 8754 vom 18. Februar 1879) will Schwefel und
Phosphor haltiges Roheisen durch Einführen von Wasserdampf, Kohlenwasserstoffen u.
dgl. reinigen. Der in Fig. 5 und
6 Taf. 23 dargestellte Ofen besteht aus zwei mit Eisen ummantelten, im
Herdraum verbundenen Cupolöfen A und B. Die Windzuführung erfolgt durch die Düsen c; die Gase gehen, bevor sie durch den Kanal w entweichen, durch Regeneratoren R. Die Sicherheitsventile s sollen bei Verwendung dampfförmiger Reagentien Explosionen verhindern,
die Dampfstrahlgebläse d aber flüssige, feste oder
gasförmige Reagentien einführen. Der Abstich erfolgt bei n.
Nachdem nun der Herd gehörig vorgewärmt ist, beschickt man den Ofen und versetzt die
Gichtöffnungen v, welche von da ab bis zur Beendigung
des Processes nicht mehr benutzt werden. Ist der Satz bei möglichst hitzigem
Ofengang heruntergeschmolzen, so entfernt man nötigenfalls Brennmaterial und
Schlacke durch die Thüren o und versetzt sämmtliche
Düsen von A und B, sowie
die Oeffnungen o und w des
einen Schachtes. Oeffnet man demnächst das Gebläse des ersten Schachtes vorsichtig,
so tritt das Metallbad unter Einwirkung der sich im Regenerator und den
Schachtwänden überhitzenden Reagentien zunächst in den Schenkel B, um dort in dem Maſse durchströmt zu werden, als
Reagentien zugelassen werden. Durch mehr oder minderes Oeffnen des Gebläses ist die
Dauer des Processes leicht zu reguliren und läſst sich demnach hinreichend Zeit
gewinnen, um auf Grund von Probenahmen durch die Oeffnung o des zweiten Schachtes oder anderweitiger Beobachtungen Aenderungen in
der Wahl der Reagentien vorzunehmen, welche die gewünschte Qualität erzielen
lassen.
Der Schmelzraum kann auch wagrecht angeordnet werden und ist eine solche Construction
in der Patentschrift auch gezeichnet.
Zur Entphosphorung des Roheisens mittels Eisen- und Manganoxyden
nach dem früher beschriebenen Verfahren (1877 233 * 429) schlägt A.
Krupp in Essen (* D. R. P. Zusatz Nr. 8880 vom 25. Juni 1878) neuerdings Oefen vor mit hin
und her fahrbarem Ofenkörper oder Herde. Das hierdurch bewirkte Durchschütteln des
Eisens kann dadurch verstärkt werden, daſs die Fahrschienen gekrümmt werden.
Das Gewölbe a (Fig. 7 und
8 Taf. 23) steht fest, der Herd wird auf irgend eine Weise in der
Längsrichtung auf und ab gefahren, etwa durch Hin- und Herbewegung des auf der einen
Achse sitzenden Hebels f. Die Heizung geschieht von
beiden Kopfseiten aus mittels Siemens'scher Regenerativfeuerung, kann aber auch
dahin abgeändert werden,
daſs man den Ofen an dem einen Heizkopf schlieſst und mit zurückkehrender Flamme
heizt durch eine Siemens'sche Rotatorfeuerung, eine Crampton'sche
Kohleneinspritzfeuerung oder durch Godfrey und Howson'sche Düsen (vgl. 1880 235 *
126.* 369).
Der zweite Ofen (Fig. 9 und
10 Taf. 23) hat feststehendes Gewölbe et, in der Querrichtung fahrbaren
Herd b und Heizung von beiden oder einer Kopfseite aus.
– Der in Fig. 11 und
12 dargestellte Ofen hat einen in der Längsrichtung fahrbaren Herd mit
Heizung von der einen Langseite des Ofens aus. – Bei einem vierten Ofen (Fig.
13 und 14) ist das
Ofengewölbe mit dem Ofenherd verbunden, die Heizung geschieht von der einen
Langseite des Ofens aus. Will man der besseren Haltbarkeit wegen den unteren Theil
aus basischem, den oberen aus saurem Material herstellen, so müssen beide durch
einen zwischengelegten Luftkanal oder durch eine Luftritze getrennt werden.
Den früher (1880 235 * 432) beschriebenen vereinigten Flamm- und Bessemerofen hat Fr. Krupp in
Essen (* D. R. P. Zusatz Nr. 8099 vom
17. September 1878) in der durch Fig. 15 bis
20 Taf. 23 in zwei Aufstellungen veranschaulichten Weise verändert.
Zur Heizung der Oefen ist in der Zeichnung überall Gasregenerativfeuerung angenommen,
welche aber durch jede andere Feuerung ersetzt werden kann. Die zwei Oefen haben das
gemein, daſs die Ueberführung von der Heizlage (Fig. 17 und
20) in die Bessemerlage (Fig. 16 und
19) und umgekehrt durch eine schwingende Bewegung des eigentlichen
Ofenkörpers oder des Herdes ausgeführt wird, wozu eine beliebige mechanische
Vorrichtung verwendet werden kann. Die Oefen können mit geringen Abänderungen auch
als Puddelöfen verwendet werden, wenn man dieselben fortdauernd auf- und abschwingen
läſst. Die beiden Oefen erhalten den Bessemerwind durch die Düsen a, die durch ein Windrohr gespeist werden, welches mit
der Schwingungsachse des Ofens zusammenfällt, wie bei der gewöhnlichen
Bessemerbirne, oder welches an der Düsenseite des Ofens steht und mit
Universalgelenk versehen ist. Die Füllung der Oefen erfolgt durch eine der
Oeffnungen n, die Entleerung durch den Abstich e. Bei dem einen Ofen (Fig. 15 bis
17) steht das Ofengewölbe fest und der Herd schwingt um eine in der
Längsrichtung des Ofens angeordnete Achse. Beim zweiten Ofen (Fig. 18 bis
20) ist das Ofengewölbe mit dem Herde vereinigt und der Ofen schwingt um
eine Längsachse, bei welcher die Bessemerdüsen auf der anderen Seite liegen.
Nach einem weiteren Patente (* D. R. P. Nr. 8489 vom 17. September 1878) hat F. Krupp den vereinigten Flamm- und Bessemerofen von
Gidlon, Heaton und Abbot (* D. R. P. Nr. 972 vom 28. August 1877, vgl. 1879 231 * 37)
namentlich dahin verändert, daſs die Feuerung feststeht. Von den drei angegebenen
Ausführungen zeigen Fig. 21
bis 23 Taf. 23
die Construction eines um eine Querachse schwingenden Ofens mit seitlich
angebrachter Regenerativfeuerung. Alle diese Oefen haben das gemein, daſs die
Ueberführung von der Bessemerlage (Fig. 21) in
die Heizlage (Fig. 22 und
23) und umgekehrt durch eine schwingende Bewegung des eigentlichen
Ofenkörpers ausgeführt wird. Die Heizöffnungen der Köpfe sind bei allen drei auch
als Puddelöfen zu verwendenden Oefen so angeordnet, daſs beim Bessemern die
Verbindung mit dem Ofen aufgehoben wird.
In zwei Zusatzpatenten von A. Krupp (* D. R. P. Nr. 8184
und 8185 vom 9. Juni 1878) kann das in dem Hauptpatente Nr. 4391 beschriebene
Verfahren auch in einem feststehenden Ofen mit Regenerativ- oder anderer Gasfeuerung
ausgeführt werden, in welchem durch Umrühren mittels Schürhakens von Menschenhand
oder mittels einer mechanischen Vorrichtung die einzelnen Theile des Roheisens und
der Eisen- und Manganoxyde unter einander gemengt werden. – Das Verfahren läſst sich
ferner auch in den bekannten Schaukelöfen ausführen. – Der neueste Nachtrag Krupp's (* D. R. P. Zusatz 10680 vom 19. Juli 1879)
bezieht sich auf den Patentanspruch: Einführung von Gebläsewind in das Eisenbad bei
dem unter Nr. 4391 patentirten Verfahren, mit oder ohne Anwendung von Eisen- und
Manganoxyden.
F.
Im Anschluſs an vorstehende Uebersicht möge
auf folgenden empfehlenswerthen Bericht aufmerksam gemacht werden: Dr. Kollmann: Das Eisenhüttenwesen auf der Düsseldorfer
Gewerbeausstellung 1880. (87 S. in 8. Mit einer Tafel. Düsseldorf 1880. W. de Haen'sche Verlagshandlung [Fritz Böttrich].)