Titel: | Ueber afrikanische Oelsamen; von Dr. J. Moeller. |
Autor: | J. Moeller |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 332 |
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Ueber afrikanische Oelsamen; von Dr. J.
Moeller.
Mit Abbildungen.
(Fortsetzung der Abhandlung von S. 252 d.
Bd.)
J. Moeller, über afrikanische Oelsamen.
Von den am Gabon vorkommenden Bassia-Arten (Sapotaceae)
liefern besonders Bassia Djave und Bassia Nungu an Oel reiche Samen. Ihr Ertrag wird mit 56,12 Proc.
angegeben. Das Fett beider, bekannt unter dem Kamen Agali
Djave und Agali Nungu, dient frisch als
Nahrungsmittel und wird auch zu Einreibungen bei Rheumatismus angewendet. Eine
dritte Art unbekannter botanischer Abstammung heiſst Acolé
ongunu.
Aus der Sammlung des Allgemeinen österreichischen Apothekervereines erhielt ich Bassia Nungu. Die Samen haben im Allgemeinen die
Gestalt von Pflaumen, sind 5cm lang, 3cm breit und etwas über 2cm dick. Die derbe, glatte, glänzende, hellbraune
Samenschale ist längs des Nabels aufgesprungen und eine unregelmäſsig höckerige,
schmutzig rothbraune Narbe von breit elliptischem Umriſs nimmt die Bauchseite des
Samens ein. Im Umkreis der Narbe ist die Samenschale zu einer schwach gewölbten
Leiste erhoben (vgl. Fig. 1 in natürlicher Gröſse).
Ein Same wiegt 13g, die Cotyledonen allein 5g.
Fig. 1., Bd. 238, S. 333
Fig. 2., Bd. 238, S. 333
Die auſserordentlich harte, unter dem Messer knirschende
Sammenschale ist 2mm,5, an der Narbenseite bis
4mm dick. Sie besteht ausschlieſslich aus
Steinzellen, welche in der äuſsersten Lage ziemlich regelmäſsig quadratisch oder
rechteckig sind, nach innen zu aber unregelmäſsig polyedrisch und gröſser werden.
Sie sind vorwiegend in der auf die Längsachse des Samens senkrechten Richtung
gestreckt und erreichen die Länge von 0mm,07 bei
der Breite von 0mm,04. Sie sind beträchtlich
verdickt (0mm,009), deutlich geschichtet und von
zahlreichen unverzweigten Porenkanälen durchzogen (vgl. Fig. 2). Weiter nach innen wird das Sklerenchym dünnwandiger und geht
ohne scharfe Grenze in das lockere Parenchym der inneren Samenhaut über, dessen
Zellen stark geschrumpft und von einem rothbrauen Farbstoff erfüllt und durchtränkt
sind. Die innere Samenhaut, in der auch breite Bündel derbwandiger, englichtiger
Spiroiden verlaufen, haftet fest an der Steinschale. Die Kabelfläche ist mit einer
eigenen parenchymatösen Membran überzogen, deren zusammengefallene Zellen zum Theile
mit einem schön braunrothen Inhalt erfüllt sind.
Fig. 3., Bd. 238, S. 333
Der Samenkern sitzt lose in dem Samengehäuse. Er besteht, wie die
geschälte Mandel, aus zwei groſsen, planconvexen Keimlappen, die aus einem dicken,
conischen Würzelchen entspringen. Das Gewebe der Keimlappen (Fig. 3) ist äuſserst dünnwandig und von zahlreichen
kleinen Gefäſsbündelsträngen nach allen Richtungen durchzogen. Die gerundet
polyedrischen Zellen werden nach auſsen allmählich kleiner und gehen in ein zartes
Epithel über. Unter fettem Oel betrachtet, erscheinen die Zellen erfüllt von.
farblosen Krystallaggregaten neben blaſs gelblich gefärbten unregelmäſsigen Körnern
und zusammengeflossenen Massen. Die Zellenwände sind geschrumpft und umschlieſsen
enge den Inhalt. In Wasser quellen die Membranen, der homogene Zellinhalt zerfällt
in Tröpfchen, die strahligen Klumpen sind minder deutlich zu sehen. Beim Erwärmen schmilzt der
Zellinhalt zu groſsen Tropfen zusammen. Eiweiſssubstanzen sind durch Jod nur in sehr
geringer Menge als feinkörniger Detritus nachweisbar, durch Zusatz von Schwefelsäure
färben sie sich schön orangegelb. Glycerin verändert den Zellinhalt nicht,
Terpentinöl löst ihn nahezu vollständig. In absolutem Alkohol erfolgt die Lösung der
Fettsäurekrystalle erst nach dem Erwärmen, ein Theil des amorphen Fettes löst sich
schon in der Kälte. Die Zellwände des Samenkernes bestehen fast aus reiner
Cellulose, sie färben sich mit Chlorzinkjod nach längerer Einwirkung, an erwärmten
Präparaten sofort violett.
Ein dem eben beschriebenen völlig gleicher Samen befindet sich in der
pharmacognostischen Sammlung der Wiener Universität unter der Bezeichnung „Bassia oleifera DC., Djave, Westafrika“. Bassia oleifera ist zwar bisher nur von Ostindien und
den Philippinen, wo sie den Vulgärnamen Daracan führt,
bekannt; es ist aber nicht unwahrscheinlich, daſs sie auch im äquatorialen Afrika
wächst, welches pflanzengeographisch dem ostindischen Gebiete vielfach verwandt ist.
Die Namen Djave und Nungu
scheinen von verschiedenen Stämmen der Eingeborenen für dieselbe Art gebraucht zu
werden, wie aus der Identität der unter diesen Namen auf die Ausstellungen
gebrachten und in den Sammlungen befindlichen Samen wohl geschlossen werden
darf.
Bassia butyracea Rxb. Die Samen dieser in Ostindien
sowohl wie in Westafrika vorkommenden Art (mein Muster stammt vom Senegal) haben
groſse Aehnlichkeit mit den Samen der Roſskastanie. Der Durchmesser vom Grunde bis
zum Scheitel, welche beide abgerundet sind, erreicht 25
bis 30mm, der kürzere Querdurchmesser etwas über
20mm. Das Gewicht der Samen beträgt im
Durchschnitte 5g, der ölhaltige Kern allein wiegt
nahezu 4g. Von den Nungu-Samen unterscheiden sie sich demnach durch ihre geringere Gröſse,
durch die rundliche Form und durch den weniger vorspringenden, glatten,
graugelblichen Nabelfleck, der gut ⅓ der Samenoberfläche einnimmt, stimmen mit ihnen
aber in dem oberflächlichen Aussehen der Samenschale überein. Ein für die Praxis
sehr wesentlicher Unterschied liegt ferner in der Dicke der Sammenschale und dem
durch dieselbe bedingten Verhältniſs zwischen dem Totalgewicht der Samen und dem
auszunutzenden Theile desselben, dem Kerne. Die Samenschale von Bassia butyracea ist nämlich nur 0mm,6 dick (gegen 2mm,5 bei Nungu oder Djave) und das Gewicht der Samenschale zum ölhaltigen Kern verhält sich
annähernd wie 1 : 5, spricht daher sehr zu Gunsten dieser Art.
Die Samenschale besteht, wie bei anderen Bassia-Arten, aus
vorwaltend tangential gestreckten Steinzellen und dem rothbraunen, dünnwandigen
Parenchym der inneren Samenhaut, welche von breiten, verzweigten
Gefäſsbündelsträngen durchzogen ist. Die innere Samenhaut bleibt zum Theile als
zartes hellgelbliches Häutchen auf dem chocoladebraunen Samenkern erhalten, wodurch
dieser eine oberflächliche Aehnlichkeit mit einer Muskatnuſs erhält.
Das Gewebe der Keimlappen besteht aus dem bereits beschriebenen
dünnwandigen Parenchym. Die gröſsere Menge der Zellen enthält, unter Wasser gesehen,
gröſsere und kleinere, unregelmäſsig gestaltete, farblose oder schwach gelblich gefärbte Klumpen.
Dazwischen liegen ordnungslos in Gruppen oder vereinzelt Zellen mit braunrothem
Inhalt. Der Farbstoff ist in Wasser zum Theile löslich: beim Erwärmen wird er
schmutzig braun, matt und durchdringt die Haute und den Inhalt der Zellen, welcher
coagulirt. In fettem Oel erscheint der intensiv braunrothe Farbstoff an eine
unregelmäſsig klumpige Masse gebunden, welche den Zellenraum nicht vollständig
ausfüllt. In absolutem Alkohol wird sie verfärbt, schmutzigbraun und löst sich beim
Erwärmen vollständig. In Terpentin bleibt der Farbstoff unverändert, wie in fettem
Oel, durch Kalilauge wird er zerstört. Der übrige Zellinhalt erscheint unter zwei
Formen. Die im Wasser als groſse homogene Klumpen auftretende farblose Masse erweist
sich unter fettem Oel als Fettsäure in spieſsigen Krystallaggregaten und zugleich
mit amorphem Fett den ganzen Zellraum erfüllend. Sie gehen in Alkohol und Terpentin
in Lösung. In anderen Zellen, in denen kein Fett angetroffen wird, kommen kleine
unregelmäſsige, höckerige, mitunter deutlich aus Körnchen zusammengesetzte Klümpchen
vor, welche sich durch einen gelblichen Farbenton auszeichnen, die sowohl dem
Wasser, als den Lösungsmitteln der Fette widerstehen. Sie sättigen sich begierig mit
Farbstoffen, werden durch Jod citronengelb gefärbt und durch Kalilauge zerstört. Sie
gehören unzweifelhaft in die Gruppe der Eiweiſskörper. Wahrscheinlich finden sie
sich in allen Zellen vor, werden aber in den meisten von dem übrigen Zellinhalt
verdeckt. Wird dieser durch die Lösungsmittel entfernt, findet man die
Aleuronaggregate in der überwiegenden Mehrzahl der Zellen.
In Sammlungen habe ich bisweilen unter der Bezeichnung Bassia
butyracea die Samen von Bassia latifolia Rxb.
gefunden. Diese nur aus Ostindien (Bengalen) bekannte Art, von der schon De Candolle bemerkt, daſs dieselbe wenig ölreiche Samen
liefert, führt die Vulgärnamen Mahwa und Madhuca. Die Samen sind von den beiden beschriebenen
wesentlich verschieden. Sie sind bedeutend gestreckter, kielförmig; die Bauchseite,
an der sich fast der ganzen Lange nach und in der Breite von 4mm der mattbraune Nabel erstreckt, ist beinahe
geradlinig und über sie wölbt sich die convexe Rückenseite, beiderseits in eine
stumpfe Spitze sich verjüngend (vgl. Fig. 4 in
natürlicher Gröſse). Sie sind bedeutend kleiner (etwas über 30mm lang und 15mm
dick) und unverhältniſsmäſsig leichter (ein Same wiegt durchschnittlich 3g, der Samenkern 1g,5).
Fig. 4., Bd. 238, S. 335
Die Samenschale kann zwischen den Fingern leicht zerdrückt werden,
sie hat überall die Dicke von Kartenpapier, nur an dem Nabel ist sie ein wenig
dicker; sie ist glatt, glänzend, hellbraun wie die Samenschale von Nungu, der sie auch in ihrem typischen Baue gleicht.
Nur sind die Steinzellen weniger verdickt (0mm,004), gerundeter und schon die dritte oder vierte Lage geht in die
gestreckte Form über, welche den Uebergang zu dem braunrothen Parenchym der inneren
Samenhaut vermittelt.
Der Samenkern, einem Dattelkern nicht unähnlich, ist noch zum
Theile mit der Samenhaut umgeben, hat ein sehr kleines Würzelchen und zerfällt längs
einer Furche in zwei planconvexe Keimlappen, welche an ihrer Oberfläche sowohl, wie
in ihrer ganzen Masse chocoladebraun sind. An feinen Durchschnitten sieht man schon
mit unbewaffnetem Auge zahlreiche zerstreute braune Pünktchen in dem farblosen
Grundgewebe.
Das Parenchym der Keimlappen gleicht vollständig dem der Nungu-Samen, nur der Zelleninhalt ist verschieden. Die
farblosen Parenchymzellen enthalten krystallinische Schollen oder prismatische
Einzelkrystalle aus Fettsäure, daneben unregelmäſsig geformte Aleuronkörnchen und je ein
groſses Krystalloid von meist unregelmäſsiger, mitunter aber auch regelmäſsiger
Gestalt, z.B. sechsseitige Tafeln. Die Krystalloide zeigen zum Theil mikrochemische
Reactionen der Fette, zum Theil solche der Eiweiſskörper. Sie lösen sich in
absolutem Alkohol nicht, bekommen aber Arrosionen, ihr Rand erscheint zernagt; in
Terpentinöl umgeben sie sich mit einer blaſsgelben Hülle, sie nehmen Tropfenform an;
in Schwefelsäure verwandeln sie sich in einen grobkörnigen Tropfen; wässerige
Jodlösung färbt sie citronengelb. Dazwischen kommen regellos zerstreut, hier und da
besonders am Rande zu Gruppen gehäuft, Parenchymzellen mit braungelbem Inhalt vor.
Dieser erfüllt die Zellen als eine homogene Masse vollständig und die Aleuronkörner
sind durch ihn an die Wand gedrängt. Es sind dies offenbar dieselben Zellen, welche
WiesnerDie Rohstoffe des Pflanzenreiches, (Leipzig
1873) S. 211. in den Samen von Bassia longifolia gesehen hat. Sie enthalten aber hier niemals Fett, auch
fehlt in ihnen ohne Ausnahme das Krystalloid. Vielmehr wird der braune Inhalt durch
Eisenchlorid olivengrün, beinahe schwarz gefärbt, besteht also zum Theile aus
Gerbstoff, der Hauptsache nach wohl aus einem nicht näher bestimmbaren, gegen
Lösungsmittel sehr widerstandsfähigen Körper. In erwärmter Kalilauge löst sich
derselbe mit schmutzigvioletter Farbe.
Von Bassia latifolia Rxb. stammt die Mahwabutter, während das Illipeöl, welches mit dem ersteren verwechselt zu werden pflegt, von Bassia longifolia Lin. gewonnen wird. Das ölführende
Gewebe dieser Art wurde von Wiesner (a. a. O.)
beschrieben. Es enthält farblose Parenchymzellen, welche krystallisirte Fettsäure
enthalten, und Gruppen von bräunlich gefärbten Parenchymzellen, welche eine
gefärbte, wie es scheint, ölige Flüssigkeit enthalten, in der wohl Aleuronkörner,
aber keine krystallisirte Fettsäure auftreten. Beide Arten stimmen demnach nahe mit
einander überein und liefern ein nach Qualität und Quantität untergeordnetes
Product. Das Fett der Bassia butyracea Rxb., als Shea-Karity- oder Galambutter bekannt, gilt als das beste und soll namentlich sich lange
frisch erhalten. Doch scheinen mir die Nungu- und Djave-Samen sehr beachtenswerthe Vorzüge zu besitzen:
In erster Linie die Farblosigkeit des ölhaltigen Gewebes gegenüber den cacaofarbigen
Kernen aller anderen untersuchten Bassia-Arten, ferner die geringe Eiweiſsmenge in
den Zellen, durch welche von vorn herein (ohne Rücksicht auf die Art der
Fettgewinnung) eine gröſsere Haltbarkeit des Productes sehr wahrscheinlich
erscheint. Der Vortheil der absoluten Gröſse der Nungu-
und Djave-Samen dürfte durch die Dicke der Samenschale
aufgewogen werden und in dieser Beziehung übertreffen die Samen der Bassia butyracea alle anderen.
Aus Afrika ist auſser den angeführten nur noch Bassia
Parkii G. Don. bekannt. Auch sie liefert Sheabutter und ist vielleicht identisch mit Acolé
ongunu an der Küste von Guinea.
(Forts. folgt.)