Titel: | Ueber die Verwendung des Mais zur Herstellung von Stärke, Zucker, Spiritus und Bier. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, S. 488 |
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Ueber die Verwendung des Mais zur Herstellung von
Stärke, Zucker, Spiritus und Bier.
Verwendung des Mais zur Herstellung von Stärke, Zucker, Spiritus
und Bier.
Während die Vorschläge von Pallas
(1837 63 165. 1844 94 326), Pelouze (1842 M 215), Biot und Soubeiran (1842 86 213) aus der Maispflanze Zucker zu
gewinnen, ohne praktische Bedeutung geblieben sind, scheint die Verarbeitung des
Mais auf Stärke (vgl. Schwarz 1860 157 317) nach A. RicheJournal de Pharmacie et de Chimie, 1880 S.
137. geeignet, die Stärke aus Kartoffeln und Weizen zu
verdrängen. Die Maiskörner haben durchschnittlich folgende Zusammensetzung:
Wasser
17,10
Stärke
59,00
Albumin
12,80
Oel
7,00
Dextrin und Zucker
1,50
Holzfaser
1,50
Asche
1,10
–––––––
100,00.
Zur Gewinnung der Stärke bedient man sich des abgekürzten Gährverfahrens mit reinem
oder Natron haltigem Wasser (vgl. Leconte 1874 214
338). Zu diesem Zweck übergieſst man etwa 10t
Maiskörner mit Wasser und erwärmt dieses durch Einleiten von Dampf auf etwa 35°,
worauf bald die Gährung eintritt. Nach 24 Stunden läſst man das Wasser ablaufen und
ersetzt es durch frisches. Nachdem dies 4 bis 5 mal wiederholt ist, wäscht man die
Körner in Bottichen und läſst sie dann durch zwei Mühlen gehen; die erste zermalmt
die Körner, die zweite beendigt die Vermahlung, das Mehl fällt in eine Kufe mit
Flügelrührer, dann auf Seidengewebe, welches nur die grobe Kleie zurückhält. Die mit
der Stärke beladenen Wässer gelangen in Tröge, dann durch zwei innere feinere Gewebe
und endlich auf wenig geneigte, 80 bis 100m lange
Schiefertafeln. Das abflieſsende, nur noch Spuren von Stärke enthaltene Wasser
überläſst man der Ruhe und preſst den Absatz zu Kuchen, um ihn als Viehfutter zu
verwenden.
Die Behandlung mit verdünnter Natronlauge (2 bis 3° B.) ist im nördlichen Frankreich
und in England gebräuchlich. Stärkere Lauge würde einen Verlust an Eiweiſsstoffen
nach sich ziehen. Da zudem bei Anwendung von Natron sich ein übler Geruch bei der
Gährung entwickelt und dieses Verfahren auch sonst keine Vorzüge bietet, so ist die
Behandlung mit reinem Wasser vorzuziehen.
Um das rasche Verderben von Maismehl in Folge seines Gehaltes an leicht ranzig
werdendem Oel (vgl. Dumas 1842 86 320. Cavage 1877 226 * 538) zu verhüten, behandelt Chiozza zu Cervignano bei Triest den Mais mit wässeriger
Schwefligsäure. Für die Herstellung von Stärke ist diese Behandlung mit
Schwefligsäure überflüssig.
Zur Verzuckerung der Maisstärke ist der Apparat von Colani und Krüger (1877 224 * 302) wenig
empfehlenswert, weil das Gemenge von Stärke und saurem Wasser ein schlechter
Wärmeleiter ist, so daſs in gröſseren Apparaten der den Wänden zunächst befindliche
Theil des Gemenges verzuckert und selbst caramelisirt wird, bevor noch der mittlere
Theil gelöst ist. Bardy, Boulogne, Dusart und Gibou haben diesem Uebelstande dadurch abgeholfen, daſs
sie Gemenge in dünnen Lagen in den verschlossenen und gehörig erhitzten Apparat
einführen. Dies geschieht mittels eines Druckwerkes durch ein kupfernes
Schlangenrohr, in dessen obere Oeffnung das Gemenge eintritt, um unten als Syrup
auszuflieſsen. Die Dauer des Verweilens des Gemenges in dem Rohre bis zur
Verzuckerung beträgt 12 bis 15 Minuten, und der Dampfkessel, welchen das
Schlangenrohr durchläuft, hat eine Spannung von 5at. Unter diesen Umständen konnte der Säurezusatz, namentlich Oxalsäure,
zum Stärkemehl auf 2 bis 3 Tausendstel vermindert werden. Der so erhaltene Syrup ist
fast farblos und bedarf kaum einer Behandlung mit Thierkohle.
Zur besseren Ausnutzung der Nichtstärke bei der Verwendung von
Mais zur Herstellung von Spiritus schlug E. Theissen in
Leipzig (Erloschenes D. R. P. Kl. 53 Nr. 1425 vom 12. December 1877) vor, die
Maiskörner zunächst in Wasser einzuweichen, dann zwischen Walzen zu quetschen und
die so erhaltene Masse auf einem Siebe auszuwaschen. Die abflieſsende Stärke wird
zur Spiritusfabrikation, der auf dem Siebe zurückbleibende Rückstand in Kuchen
gepreſst und zu Viehfutter verwendet.
Nach F. G. Wolff in
Kulmbach (* D. R. P. Kl. 6 Nr. 3569
vom 24. April 1878) wird der zum Einquellen bestimmte Mais 12cm hoch auf einer Darrhorde ausgebreitet und unter
Umrühren 8 Stunden lang in einem Dampfbade von 36° erhalten. Nun führt man etwa 2
Stunden lang 36° warme atmosphärische Luft zu, kühlt auf 20° ab und quellt den so
behandelten Mais in Brunnenwasser von 10° ein. Nach 12 Stunden ersetzt man dieses
Weichwasser durch neues Brunnenwasser, nach weiteren 12 Stunden nochmals, worauf der
etwa 45 Proc. Wasser aufgenommen habende Mais 12 Stunden später quellreif ist. Er
wird nun in einen dunkeln Malzkeller gebracht, dort in Haufen von 25cm Höhe angelegt, mit Sacktuch leicht verdeckt
gehalten, von 12 zu 12 Stunden gewendet und wieder verdeckt; nach dem zweiten
Bearbeiten des Haufens wird derselbe trocken sein; hat sich nun der Schweiſs,
welcher den Beginn der Keimentwicklung anzeigt, noch nicht eingestellt, so wird der
Haufen beim Arbeiten Gang für Gang mittels Gieſskannen tüchtig angefeuchtet; im
Winter verwendet man dazu lauwarmes, im Sommer kaltes Wasser. Sobald sich der Schweiſs einstellt,
wird der Haufen schwächer geführt und ordnungsgemäſs nach dem Schweiſse und der
fortschreitenden Wärme-Entwicklung behandelt. Hat z.B. die Kellerluft eine
Temperatur von 10°, so wird der Schweiſs im Haufen sichtbar, wenn das Thermometer
darin 13° anzeigt. Nach diesem Verhältniſs verringert man mit jeder neuen
Bearbeitung des Haufens dessen Höhe und steigert die Temperatur je um 2°; doch soll
dieselbe 21° nicht übersteigen. Starke Keimentwicklung ist nicht erforderlich, da
sich der Blattkeim meist zeigt, wenn die Wurzelfasern 5mm lang sind, so daſs das Maismalz dann als fertig herangebildet angesehen
werden kann. Nach dem Darren und Schroten kann man es nun zum Zweck der Bierbrauerei
einmaischen; besser aber ist es, das Maismalz besonders in Wassers von 60°
einzumaischen und nach gehöriger Vorlösung zum Dickmaisch in den Maischkessel zu
bringen. Es liefert 80 bis 85 Proc. Extract und ein haltbares, vollmundiges Bier
(vgl. Hanamann 1875 218 345). Weil aber Mais arm an
Eiweiſsstoffen und Phosphaten ist, so darf höchstens nur die Hälfte Maismalz zum
Gebräu verwendet werden.
Für Brennereizwecke genügt es, den Mais in obiger Weise quellreif zu machen, dann bei
gewöhnlichem Dampfdruck zu dämpfen und nach dem Quetschen einzumaischen. Beim
Dämpfen des Rohmais unter Druck soll sich Fuselöl bilden.
Die Keimkraft des entschweiſsten Mais kann man dadurch erhöhen, daſs man dem ersten
Weichwasser auf je 1t Mais 500g Chlornatrium, 200g schwefelsaures und 100g phosphorsaures
Ammonium zumischt.
Um den Mais zu mälzen, soll man ihn nach J. Kohn (Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1880 S. 277) genügend quellen
lassen, was im Winter in 4 bis 5 Tagen, im Sommer in 26 bis 36 Stunden der Fall ist.
Dann läſst man ihn in Haufen liegen, bis er sich erwärmt und zu spitzen anfängt. Er
wird umgeschaufelt, wenn sich reichlicher Schweiſs zeigt und das Beet ziemlich warm
geworden ist; doch ist es rathsam, den Haufen einigermaſsen hoch zu führen. Wenn
sich das Mehl im Korn beim Zerdrücken leicht zerreibt und die Endspitze am
Wurzelkeime sich bräunlich färbt, so wird das Malz unter stetem Zulauf von kaltem
Wasser zu einem feinen Brei gemahlen und so der Maische beigemengt.
M. Delbrück macht in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1880 S. 237 auf den Werth einer
Untersuchung von Mais beim Einkauf aufmerksam; der Wassergehalt von rumänischem Mais
schwankte z.B. nach seinen Versuchen von 13,6 bis 23,8 Proc., der Stärkegehalt
zwischen 54,2 bis 58,7 Proc., guter amerikanischer Mais hat rund 58 Proc. Stärke.
Der Werth des Mais scheint von der Beschaffenheit der Hülsen abzuhängen;
dickschaliger Mais enthält weniger Stärke und hat auch geringeren Futterwerth als
dünnschaliger. Mexikanischer Mais enthielt 4,8 bis 5,8 Proc. Rohfett und nur 49 bis
49,5 Proc. Stärke.
Geschrotener, durch einfaches Kochen im Vormaischbottich aufgeschlossener Mais gibt
meist eine sehr geringe SpiritusausbeuteVgl. Meade (1846 100
410), Bergsträsser (1868 188 254), Schultze (1868 189 504. 1869 193
83)., etwa 30 Literprocent auf 1k Mais oder 51,7 Literproc. auf 1k
Stärke. Der unter Hochdruck gedämpfte und durch das Ausblasen zerkleinerte Mais gibt
etwa 34 Literproc., so daſs 100k Mais 34l Alkohol von 100 Proc. liefern. Höhere Angaben
kommen selten vor und sind zweifelhaft.
Die Ausbeuten von Maischraum sind gegen frühere Jahre gewachsen; denn während man
noch vor 2 bis 3 Jahren mit 8 Proc. zufrieden war, erreicht man jetzt im
Durchschnitt 9 Proc. Naturgemäſs hängt die Ausbeute vom Raum davon ab, ob die
Dämpfung und Maischung des Mais sich mit wenig Wasser bewirken läſst und ob die so
bereitete Maische bei der Gährung wenig Steigraum erfordert. Nach Angaben der Praxis
nimmt man 24 bis 25k Mais auf 100l Maischraum, von rumänischem Mais nur 21k,25. Unter der Annahme, daſs auf 100k Mais 15k
Gerste als Malz verwendet werden, stellt sich die Ausbeute von 1001 Maischraum, wenn 1k Gerste 28, 1k Mais 34 Literproc.
Alkohol geben, folgendermaſsen:
Gerste
Mais
Spiritus
k
k
Vol.-Proc.
Rumänischer Mais
3,2
21,25
8,1
Amerikanischer Mais
3,6
24,0
9,2
Desgleichen
3,75
25,0
9,6.
Während das alte Verfahren von 100k Mais 30* oder bei 60 M. für 10 000 Proc. für 18 M. Spiritus gibt, erhält
man beim Hochdruckverfahren 34l oder für 20,4 M.
Spiritus. Beim Hochdruckverfahren erzielt man demnach für 100k Mais eine Mehreinnahme von 2,40 M.
Nach den Erfahrungen Delbrück's kann der Mais
einschlieſslich des Einschüttens in 1¾ bis 2 Stunden völlig gar gedämpft werden.
Dabei ist es nicht einmal erforderlich, das Wasser vorher zum Kochen zu bringen; im
Gegentheil scheint ein allmähliches Ankochen des Mais vortheilhafter zu sein. Auf je
100k Mais bringt man 200l Wasser in den Henze-Dämpfer, läſst Dampf zu und
schüttet gleichzeitig den Mais ein. Sobald die Masse in vollem Wallen ist, wird das
Mannloch geschlossen und möglichst rasch ein Druck von 3,5at gegeben. Es ist dafür zu sorgen, daſs bei
diesem Druck das Sicherheitsventil bläst. Nach 1¾ bis höchstens 2 Stunden wird
ausgeblasen, wobei aber der Druck nicht sinken soll. Es ist wesentlich, daſs der
Dampf gut vertheilt wird und daſs im tiefsten Punkt des Conus ein mindestens 25mm weites Dampfrohr mündet, damit der Dampf
reichlich eintritt und die Flüssigkeit durchströmt. Je höher der Druck ist, um so
rascher vollzieht sich die Dämpfung; ein zu langes Dämpfen bei zu hohem Druck,
welches eine starke Färbung der Maische hervorbringt, ist aber stets mit Verlusten
an Spiritus verknüpft, sei es, daſs die Eiweiſsstoffe dadurch für die Ernährung der
Hefe unbrauchbar werden, oder daſs die Stärke in Folge theilweiser Caramelisirung
von der Diastase nur unvollständig in Zucker übergeführt werden kann.
Nach dem Vorschlage von Riebe teigt man den möglichst
fein geschrotenen Mais mit warmem Wasser unter Zusatz von 2 Proc. Grünmalz ein und
bringt durch eingelassenen Dampf auf 61°. Nach 15 bis 30 Minuten gibt man 3at Hochdruck, bläst noch ½ Stunde ab, kühlt mit
der Luftpumpe und gibt den Rest des Malzes in gewohnter Weise zu.
Die auf diese Weise erzeugte Maische ist auſserordentlich dünnflüssig, erscheint sehr
hülsenarm, obgleich mit Leichtigkeit eine Concentration von 20° Balling und darüber
erzielt werden kann. Die Maischen sind sehr vergährungsfähig, gebrauchen wenig
Steigraum und besitzen mit einem Wort alle Eigenschaften, um eine hohe Ausbeute an
Spiritus sowohl für 1k Mais, als für 1l Maischraum erwarten zu lassen. Das Verfahren
beseitigt die Uebelstände der Verarbeitung von geschrotenem Mais in
Hochdruckapparaten auf eine sehr einfache Weise. Durch das sehr feine Schroten wird
der gröſste Theil der Stärkekörner blosgelegt und von der Diastase der geringen
Menge Malz, wenn auch nicht verzuckert, so doch in Lösung gebracht. Wird nach
eingetretener Verflüssigung nun Hochdruck gegeben, so findet eine eigentliche
Verkleisterung gar nicht mehr statt; durch die Vorverzuckerung ist die Masse so
flüssig, daſs die nun durch Hochdruck aufzuschlieſsenden Theilchen rings von Wasser
umspült sind und daher leicht in Lösung gebracht werden. Eine schädliche Einwirkung
auf die Stärke kann hier weniger stattfinden als bei der längeren Behandlung unter
Hochdruck, welche ganze Körner erfordern.
Wollte man das feine Schrot direct in den nicht mit Rührer versehenen Henze-Dämpfer
einschütten, so würde es sich zu Boden setzen und nicht zu verzuckern sein. Man
teigt daher das Maisschrot mit dem Vorverzuckerungsmalz im Vormaischbottich ein,
überläſst es 15 Minuten der Verzuckerung bei 61° und pumpt es nun in den
Henze-Dämpfer. Gleichzeitig wird Dampf gegeben, nach völliger Ueberführung des
Gemisches das Mannloch geschlossen, rasch auf Hochdruck gebracht und nach ¾ bis 1
Stunde in gewohnter Weise ausgeblasen. Für Brennereien, welche selbst Schrotmühlen
haben, dürfte sich dieses Verfahren empfehlen.
M. Fischer (Zeitschrift für Spiritusindusirie, 1880 S.
275) verarbeitet täglich bei 4100l Maischraum in
zwei Maischungen 1100k amerikanischen Mais und
115k Malzgerste einschlieſslich der Hefe in
folgender Weise. Man läſst die Hälfte des zu jeder Maischung verwendeten
Maisschrotes mit dem ganzen Maischwasser bei etwa 88° im Vormaischbottiche
einteigen, dann auf 60° abkühlen, setzt auf je 100k Mais 2k Malz zu, gibt die andere
Hälfte Maisschrot hinzu, pumpt das Gemisch sofort in den Henze-Dämpfer und gibt 3at,5 Druck. Die erhaltene Maische ist so flüssig,
daſs man sie auf einmal ausblasen und bis zur Verzuckerungstemperatur abkühlen kann,
so daſs ein Verbrühen des nun zugesetzten Malzes völlig ausgeschlossen ist. Während
ungeschrotener Mais nur 33 bis 35 Proc. Alkohol gab, erhält man nach dieser
Behandlung aus dem geschrotenen Mais 37 Proc. Alkohol auf 1k Mais.