Titel: | Neue Schiffscontrolsteuerapparate. |
Autor: | O. H., Mg. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 101 |
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Neue Schiffscontrolsteuerapparate.
Mit Abbildungen auf Tafel 9.
Neue Schiffscontrolsteuerapparate.
Die vielfachen durch Miſsverständniſs des Rudercommando entstandenen Unglücksfälle
haben zur Construction der folgenden beiden im Princip gleichen Apparate geführt;
beide wollen dem befehlenden Officier auf der Commandobrücke eine absolute Controle
über die Bewegung des Steuerruders geben und erzielen, daſs dieses nur seinem Willen
entsprechend bewegt werden kann und Miſsverständnisse, Miſsgriffe und Zweifel über
die Bedeutung des Commando für die Rudergänger ausgeschlossen bleiben.
Der Apparat zur Wiedergabe und Controlirung gegebener Rudercommandos von L.
Küchen, R. Küchen und A.
Küchen in Bielefeld (* D. R. P. Kl.
65 Nr. 9589 vom 14. October 1879) besteht aus einem Apparat auf der Commandobrücke
(Fig. 9 und 10 Taf. 9)
für den wachthabenden Officier und einem solchen im Steuerhause (Fig. 11 und
12). Dreht der Officier den Zeiger seines Apparates auf ein bestimmtes
Commando, so wird vom
Zeigerhebel g (Fig. 10)
durch zwei dünne Drahtseile der Hebel m im Apparat des
Steuermannes bewegt und durch mit diesem verbundene Segmente r und r1 der
Zeiger c1 auf dasselbe
Commando wie im Aufgebeapparat gestellt, gleichzeitig auch eine Signalglocke h angeschlagen. Mit dem Hebel m bewegt sich der Klinkenführer q und drückt
die Sperrklinke k mittels der Feder l in den Zahnkranz des auf der Ruderwelle befestigten
Zahnrades i, so daſs dem Steuermann nur die dem
Commando entsprechende Drehrichtung frei bleibt. Jetzt dreht der Steuermann sein Rad
H und setzt dadurch das Zahnrad r2, welches mit r3 und r4 und dem Segment r5, das mittels der
Büchse p den Zeiger c
bewegt, verbunden ist, so lange, bis die Zeiger c und
c1 sich decken. Das
Commando ist dann richtig ausgeführt und wird der Officier hiervon dadurch
benachrichtigt, daſs der Zeigerhebel m1 den entsprechenden Hebel g1 dreht und in Folge dessen den Zeiger
c2 zur Deckung mit
c im Commandoapparate bringt. Um beim Umsteuern die
Klinken leicht auslösen zu können, sind zu beiden Seiten derselben Auslöseriegel t, t1, angebracht,
welche je in ein am Hebel m befestigtes Sperrrad v, v1 (Fig. 12)
greifen; ein keilförmiger Ansatz an diesen Riegeln faſst im entsprechenden Moment
unten einen an der Klinke sitzenden Stift und zieht diese aus dem Zahnkranze.
Der Apparat registrirt gleichzeitig die Art des betreffenden Commando und die Zeit,
zu welcher dasselbe gegeben wurde, auf folgende Weise. Durch die Unruhuhr e wird über die Trommeln e4, e3 und e2 von e1 ein mit Zeiteintheilung versehener Papierstreifen
gleichmäſsig abgewickelt, auf welchen der Zeichenstift des Hebels f in Folge der aus Fig. 10 und
11 ersichtlichen Anordnung jede Bewegung des Zeigers c markirt.
Der andere Apparat von Ad. Petersen in
Hamburg (* D. R. P. Kl. 65 Nr. 10706 vom 28. Januar 1880)
zeigt eine dem vorigen analoge Anordnung (vgl. Fig. 13 bis
16 Taf. 9). Auf der Welle a des
Steuerapparates befinden sich zwei Sperrräder b und b1 und über jedem
derselben ist eine Sperrklinke C bezieh. C1 in einer starken
Führung beweglich. Zwei Curvenscheiben d und d1 sind gegen einander
der Eintheilung der Signalscheibe entsprechend versetzt und durch Gestänge und Räder
x, x1 von der
Commandobrücke aus drehbar; sie drücken hierbei gegen die Nasen c bezieh. c1 der Sperrklinken und heben oder senken diese
Klinken, welche von der Feder f stetig nach unten
gedrückt werden. Die Verdrehung dieser excentrischen Scheiben erzielt durch das
Kegelrad y eine Verschiebung des Zeigers z auf dem Steuerapparate und weiter durch Hebel w und Federn v ein
Anschlagen der Signalglocke s.
Eine Wirkung des Apparates tritt nicht – wie bei dem Küchen'schen – auch bei der geringsten Zeigerbewegung ein, sondern erst
dann, wenn der Zeiger
z.B. von „Steady“ auf „Steuerbord“ gedreht wird \ in diesem Falle löst die mit „Backbord“
bezeichnete Scheibe ihre Sperrklinke aus, dieselbe fällt in das zugehörige Sperrrad
und verhindert jede Drehung nach „Backbord“.
Als Vortheil, aber auch gleichzeitig als Nachtheil dieses Apparates gegenüber dem Küchen'schen könnte der Umstand gelten, daſs eine
Wirkung nur bei Ueberschreitung der Grenzen von „Steady“ nach
„Backbord“ bezieh. „Steuerbord“ und umgekehrt eintritt, in diesen
Grenzen dem Steuermann jedoch freier Spielraum gelassen ist, – als Vortheil in so
fern, als der Steuermann sich nicht gänzlich auf den Capitän verlassen darf, da er
in den ihm gesteckten Grenzen nach eigenem Ermessen frei operiren und, wenn auch
keine scharfen, kurzen Wendungen auszuführen vermag, so doch auf den Kurs des
Schiffes einen immerhin bedeutenden persönlichen Einfluſs ausüben kann. Derselbe
Umstand ist aber auch sein Nachtheil; denn werden einmal derartige Apparate
eingeführt, so müssen dieselben die Rudergänger vollständig vom Capitän abhängig
machen, nicht aber bald Capitän, bald Steuermann zum Handeln zwingen. In solchen
Fällen entsteht zu leicht Unklarheit. Jedenfalls dürften sich beide Apparate so
lange wenigstens für unsere Marine empfehlen, bis sich das neue Rudercommando besser
eingelebt hat, als bis jetzt geschehen.Der Küchen'sche Apparat scheint jene Bedingungen
zu erfüllen, welche verlangt werden müssen, um mit einem groſsen Schiff
sicher manovriren zu können. Sein Hauptvorzug besteht entschieden darin,
daſs derselbe die ausgeführte Ruderbewegung selbstthätig nach der
Commandobrücke signalisirt, so daſs der Commandirende keinen Augenblick in
Zweifel sein kann, ob sein Befehl richtig ausgeführt wurde. Daher darf der
Schluſs gezogen werden, daſs dieser Apparat für die Kriegsmarine und
gröſsere Handelsschiffe von praktischem Werth ist. So viel bekannt, sind
bereits in Wilhelmshaven auf Anordnung des Marineministers Versuche mit
demselben angestellt worden und sollen dieselben durchaus zufriedenstellende
Resultate gegeben haben.Der Petersen'sche Apparat dagegen dürfte nur für
kleinere Schiffe passen, auf denen unter gewöhnlichen Verhältnissen die
Führung des Schiffes dem Steuermann obliegt. Vielleicht empfiehlt sich eine
solche Combination beider Apparate, welche dem Commandirenden gestattet, je
nach Bedarf dem Steuermann Freiheit in der Ruderbewegung zu lassen oder
nicht. – Ob der Apparat in seiner jetzigen Form allen Ansprüchen genügt,
darüber wagt Referent ein Urtheil nicht zu fällen: jedenfalls ist mit
demselben ein bedeutender Schritt vorwärts gethan.O. H.
Mg.