Titel: | Neue Schankgeräthschaften (Patentklasse 64). |
Autor: | F. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 202 |
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Neue Schankgeräthschaften (Patentklasse
64).
Mit Abbildungen auf Tafel 21.
Neue Schankgeräthschaften.
Ein Faſs mit beweglichem Boden
empfiehlt Zameit in Kämmersdorf bei Locken, Ostpreufsen (* D. R. P. Nr. 10398 vom 13. Februar 1880). Dasselbe ist innen cylindrisch und hat
einen beweglichen, mittels Gummiringes gut gedichteten, den Faſsinhalt bedeckenden
Boden, welcher die Flüssigkeit aus dem Fasse drückt, sobald er beschwert wird und
somit ein Eindringen der Luft ins Faſs verhütet.
Zameit hat auſserdem noch einen Faſsspund (* D. R. P. Nr. 10438 vom 1. Februar 1880) angegeben, welcher
die Berührung der Luft mit der abzuzapfenden Flüssigkeit verhüten soll. Zu dem Zweck
wird in das Faſs ein leerer Beutel aus Gummi oder anderem geeigneten Material
gebracht, welcher den inneren Raum des Fasses möglichst ausfüllen und sich möglichst
allseitig an die Faſswände anschlieſsen kann. Der Beutel wird entweder am Spundloche
befestigt, oder an einem mittels Gummiringes c (Fig.
3 Taf. 21) abgedichteten Spund b. Letzterer
ist mit einer Durchbohrung i versehen, durch welche
Luft u. dgl. in den Beutel eintreten kann, wenn die Flüssigkeit abgezapft wird. Die
Oeffnung i kann auch mit der Druckleitung eines
Bierdruckapparates in Verbindung gebracht werden. – Diese dauernde Berührung des
Bieres mit dem Gummibeutel dürfte nicht selten einen schädlichen Einfluſs auf den
Geschmack desselben ausüben.
Einen selbstthätigen Auffüllapparat für
lagernde Fässer gibt H. Weidenbusch in
Wiesbaden (* D. R. P. Nr. 8663 vom 8. Juli 1879). Der in Fig. 4 Taf.
21 skizzirte Apparat wird in den durchbohrten Spund des Lagerfasses gesteckt und das
Rohr b mit dem die nachzufüllende Flüssigkeit enthaltenden
Behälter verbunden. Sinkt nun die Flüssigkeit im Fasse m unter den Punkt c, so kann im Blechcylinder
a durch Baumwolle filtrirte Luft in der
Pfeilrichtung nach b hin eintreten, in Folge dessen
durch dieses Rohr c so lange Flüssigkeit zuflieſst, bis
dieselbe im Fasse wieder bis c steht und den fernem
Eintritt der Luft nach b hin verhindert.
Eine Vorrichtung, um ein
Luftzuführungsventil gleichzeitig mit dem Bierhahn zu öffnen oder zu
schlieſsen, hat F. Kruse in Berlin (* D. R. P.
Nr. 9387 vom 3. October 1879) angegeben. Auf dem in das Faſs einzuschlagenden Rohre
r (Fig. 5 Taf.
21) sitzt ein rechtwinklig durchbohrter Aufsatz l,
dessen obere Oeffnung mit einem Ventil m versehen ist,
welches sich gleichzeitig mit dem Hahn durch die schiefe Ebene n öffnet und durch die Feder o schlieſst. Das obere Ende des durchbohrten Aufsatzes wird durch einen
Gummischlauch mit dem durchbohrten Spund verbunden.
Der Faſshahn von Ch. Wörnle in Stuttgart (* D. R. P. Nr. 11100 vom 3.
April 1880) hat eine Luftzuführung bei A (Fig.
6 Taf. 21), indem der Hahnkörper sowohl, wie das Küken eine Bohrung
erhält. An der Seite des Hahnkörpers ist ein Ansatz angebracht zur Befestigung des
Gummischlauches C. In dem Conus des Hahnkörpers ist eine Metallhülse D befestigt, welche zur Führung des Luftröhrchens E dient. Es wird also, sobald das Küken in die zum
Abzapfen nöthige Stellung gebracht worden ist, in dem Maſse, als Flüssigkeit
abflieſst, Luft nachtreten, folglich das Spundloch des Fasses während des Verzapfens
verschlossen bleiben können.
Da beide Hähne die ungereinigte Luft des Zapfraumes in das Faſs treten lassen, so ist
ihr Nutzen nicht besonders groſs.
Der Apparat von E. Hofmann in Mannheim (* D. R. P. Nr.
11327 vom 1. April 1880) besteht aus einem Glasgefäſs a
(Fig. 7 Taf. 21), in dessen unterer Oeffnung ein Gummistöpsel mit
eingesetzten Rohrstückchen c und flachem Gummischlauch
n steckt. Dieser Schlauch, welcher unterhalb des
Wasserspiegels endigt und als Ventil dient, läſst, weil er flach zusammengelegt ist,
zwar kein Wasser ausströmen, aber die Luft von auſsen, bei eintretender
Druckverminderung im Faſs, in letzteres eintreten. Ein Gummischlauch d ist über den kugelförmigen hohlen Knopf des
Glasgefäſses gestreift, während das andere Ende desselben mit einem in das Spundloch
des abzuzapfenden Fasses eingetriebenen Spundaufsatz verbunden ist.
Auf die Vorrichtung zur Verhinderung des
Ueberlaufens beim Abziehen von Flüssigkeiten, welche M. Salomon in Weiſsensee (* D. R. P. Nr. 8946 vom 3.
September 1879) angegeben hat, sei hier nur verwiesen, da sie für den beabsichtigten
Zweck zu wenig einfach erscheint.
A. J. Spencer in San José in Californien (* D. R. P.
Nr. 11166 vom 14. April 1880) verbindet das Bierfaſs mit dem seitlich in den Hahn
B (Fig. 8 Taf.
21) mündenden Rohr A, welches das Bier durch das Rohr
c in das Gefäſs D
führt. Wird nun der Hahn B so gedreht, daſs die zum
Ausschankhahn h führende Röhre mit der im Gefäſse D befindlichen Röhre in Verbindung steht, und dann der
Hahn h geöffnet, so wird das klare Bier in Folge des im
oberen Räume von D herrschenden Gasdruckes in das unter
den Hahn h gehaltene Glas getrieben. Will man dem Biere
einen gröſseren Gasgehalt geben, so bedarf es nur einer Viertel Umdrehung des Hahnes
h, um das Gas durch das feine Rohr n in das Bierglas strömen zu lassen. – Diese
Vorrichtung, welche wohl das Vorhandensein eines Bierdruckapparates voraussetzt, hat
wenigstens den Vortheil, daſs das widerliche Einspritzen der Luft aus dem
Schanklocale fortfällt (vgl. Falkenberg 1880 235 *
258).
R. Gscheidlen bespricht in der Breslauer ärztlichen Zeitschrift, 1880 (Sonderabdruck) die Zulässigkeit
der Bierdruckapparate. Nach Aussage der Wirthe haben diese Apparate folgende
Vortheile: 1) Das Bierfaſs liegt abgesondert von dem Restaurationslocale an einem
kühlen Orte im Keller. Es bleibt dadurch von selbst kühl; nebenbei wird Platz im
Restaurationslocale gewonnen. – 2) Das Bier kann beinahe vollständig aus dem Fasse
klar abgezogen werden, während bei der früheren Methode des Ausschankes das Faſs,
sobald das Bier auf die Neige geht, gekippt werden muſs, in Folge dessen Hefe und
Pechtheilchen aufgeschwemmt werden, die das Bier trüben. – 3) Das Entweichen der
Kohlensäure wird gehindert, da das Bier in geschlossenem Räume unter hohem Drucke
steht. Wegen dieser Eigenschaft, die indeſs von einigen Sachverständigen bestritten
wird, werden die Bierdruckapparate auch „Conservatoren“ genannt, da sie das
Bier conserviren und es vor dem Abstehen und Schalwerden schützen sollen. – 4) Das
Anstecken der Fässer ist weniger zeitraubend, und dann können, sobald der Luftkessel
mit mehreren Fässern in Verbindung gesetzt wird und von diesem besondere Bierheber
zu der Ausschankstelle gehen, in einfachster Weise zu gleicher Zeit verschiedene
Biere verschenkt werden. – 5) Ist die Möglichkeit gegeben, gröſsere Bierfässer mit
starkem Holze zu benutzen, die einen geringeren Pechüberzug im Innern besitzen als
die kleineren Fässer mit dünnem Holze und starkem Pechüberzuge, welcher sich unter
Umständen ablöst und dann dem Biere einen fremden Beigeschmack ertheilt.
Die Frage über die Zulässigkeit der Bierdruckapparate wurde zuerst i. J. 1877 von dem
Magistrate in Würzburg in Erwägung gezogen und auf Grund eines Gutachtens von Geigel, Wislicenus und Hofmann ihre Anwendung verboten (vgl. Correspondenzblatt des niederrheinischen Vereines für öffentliche Gesundheitspflege, 1879
S. 59 und 116), die von 22 Würzburger Wirthen dagegen erhobene Beschwerde vom
unterfränkischen Kreis-Medicinalcomité zurückgewiesen, weil 1) nach den eigenen
Erfahrungen der Mitglieder des genannten Comité das Bier in den Pressionen zur
heiſsen Jahreszeit nach den Pressionsröhren rieche und schmecke und der Genuſs des
Bieres aus den Pressionen mitunter Eckelempfindung errege; 2) bei der Art und Weise
des Bierausschankes bei der allgemeinen Verschlechterung des Bieres verdoppelte
sanitäre Aufmerksamkeit zuzuwenden sei; 3) die behauptete längere Zurückhaltung der
Kohlensäure im Biere durch die einfachen Pressionen nicht stattfinde, vielmehr
bewirkt werde, daſs ein Dritttheil des Faſsinhaltes als schales abgestandenes Bier
zu Tage trete; 4) bei Anwendung von Kohlensäure als Druck aber statt der
atmosphärischen Luft zur Erzeugung der ersteren völlig reine Salzsäure erforderlich
sei, welche wegen des höheren Preises von den Pressionsbesitzern nicht benutzt
werden würde; endlich 5) weil die Controle über die nothwendige Reinhaltung der
Schläuche oder Röhren bei der einen wie bei der anderen Pressionsmethode bezieh. die
Beschaffung eines brauchbaren Leitungsmaterials überhaupt
nicht möglich sei, da Röhren von englischem Zinn, welche als die möglichst
unschädlichen bezeichnet und deshalb meistens zu den Pressionen verwendet würden,
dem Biere Geruch und Geschmack mittheilen, Kautschukrohre aber absolut unzulässig
seien. – Aehnlich sprechen sich ReichardtCorrespondenzblätter des ärztlichen Vereines von
Thüringen, 1880 S. 145. und WeigeltAllgemeine Hopfenzeitung, 1880 S. 38.
aus,
Daſs Bleiröhren an das Bier Blei abgeben, zeigte MorelRapport sur les inconvients que présentent les tuyaux
en plomb pour l'aspiration de la bière im Bulletin de la Société de médecin de Gand, 1877 S. 9.,
daſs dieses auch von Zinnbleilegirungen geschieht, wiesen Hofmeister und PopperPrager medizinische Wochenschrift, 1880 S.
176. nach. Ebenso wenig darf Kupfer oder Zink gewählt werden
(vgl. Vohl 1873 207 511). Kautschukschläuche geben dem
Biere leicht einen unangenehmen Geruch und Geschmack. Es sollten daher nur Röhren
von reinem Zinn oder von Glas verwendet werden. Die Angabe, daſs reine Zinnröhren
dem Biere einen Geruch und Geschmack mittheilen, ist nicht richtig.
Werden die Bierleitungsröhren nicht häufig gereinigt, so überzieht sich deren Inneres
rasch mit einem schmierigen Ueberzuge, welcher, im gewöhnlichen Leben Bierschleim genannt, so mächtig werden kann, daſs er
die ganze Röhre verstopft. Derselbe hat überaus widrigen Geruch und haftet den
Wandungen des Rohres ungemein zähe an, so daſs er weder durch heiſses Wasser, noch
durch Sodalösung herauszubringen ist. Der Absatz reagirt sauer, gibt beim Erhitzen
im Röhrchen starke Ammoniakreaction. Die mikroskopische Untersuchung von Gscheidlen ergab Bacterien, Micrococcen und Bacillusstäbchen in
reichlichster Menge (Saccharomyces cerevisae, Saccharomyces
Mycoderma, Oidium lactis), groſse Krystalle
von Calciumoxalat, Fettkügelchen, Detritusmassen. Ein Theil der Organismen war
bereits abgestorben, ein anderer Theil aber war noch lebensfähig, wie
Grährungsversuche zeigten. Es bilden sich somit an der inneren Wandung der
Bierleitungen unter Umständen Gemenge, welche theilweise selbst in Zersetzung
begriffen sind und die in Berührung mit anderen Stoffen Zersetzungen einleiten. Vom
hygienischen Standpunkte aus ist es daher durchaus nicht gleichgültig, daſs eine so
leicht zersetzbare Flüssigkeit wie das Bier vor dem Genüsse mit solchen Körpern in
Berührung kommt. Hat man einmal ein derartig beschmutztes Rohr gesehen und sich von
dem ekelhaften Geruch eines solchen selbst überzeugt, so möchte man geneigt sein,
damit so etwas überhaupt nicht mehr vorkommt, die Bierdruckapparate einfach zu
verbieten, um so mehr auch die übrigen Theile der Druckapparate in der bisher
gebräuchlichen Form nicht unbeträchtliche und nicht unbedenkliche Verunreinigungen
zeigen. Es kommt nämlich beim Anstecken des Bieres vor, daſs bei geringer Spannung
der Luft in dem Luftkessel ein Theil des Bieres in die Leitung und den Kessel tritt,
um hier eine reichliche Pilz- und Bacterienvegetation zu entwickeln.
Den Vorwurf des Würzburger Medicinalcollegiums, daſs durch die Bierpressionen ein
Drittel des Faſsinhaltes als schales, abgestandenes Bier zu Tage trete, hat Gscheidlen dadurch geprüft, daſs er den
Kohlensäuregehalt eines Bieres, welches mittels Bierdruckapparat verzapft wurde,
unmittelbar nach dem Anstechen des Fasses bei vollem Druck, dann bei halb und fast
ganz entleertem Fasse bestimmte. Er fand so:
Zeit
Temperaturdes Bieres
Kohlensäure-gehalt
Inhlat des Fasses
Versuch 1
4 Uhr
30 Min.
7°
0,220 Proc.
Voll.
7
20
6,5
0,218
Halb entleert.
8
10
6,5
0,208
Fast ganz entleeert.
Versuch 2
7
–
7
0,240
Voll.
9
30
6,5
0,235
Halb entleert.
10
30
6,5
0,230
Fast ganz entleert.
Der Kohlensäureverlust des Bieres durch Bierdruckapparate ist
demnach keineswegs bedeutender, als wenn das Bier direct aus dem Fasse verschenkt
wird, und jedenfalls verschwindend gegen die Wirkung der Bierspritze. So fand Gscheidlen, daſs 200g
Bier durch eine Bierspritze 45mg Kohlensäure
verloren.
Man hat nun mehrfach versucht, die Bierdruckapparate von diesen Mängeln zu befreien.
Um zunächst dem Biere gute Luft zuzuführen, hat man vorgeschlagen, die Luft von
auſsen zu fassen und zu diesem Zweck von den im Keller befindlichen Apparaten aus ein Rohr
an der Auſsenseite des Hauses oder auf dem Dache frei enden zu lassen, welches
passend etwas nach unten umgebogen ist, um das Hineinfallen von Unreinigkeiten zu
verhindern. Um aber Staubtheilchen, mikroskopische Organismen u. dgl.
zurückzuhalten, schaltet Alisch (1880 237 * 372)
zwischen Luftpumpe und Windkessel einen Behälter mit Watte ein. A. Rohde (1879 231 53) führt die Luft durch eine Lösung
von übermangansaurem Kalium. Die Luftreinigungsvorrichtung von E. Schulz in Berlin (* D. R. P. Nr. 8949 vom 10. September
1879) besteht aus einem am Deckel des Luftkessels befestigten zweitheiligen
Behälter. In dem unteren Theil desselben befindet sich plastische Kohle, in dem
oberen eine Lösung von übermangansaurem Kalium oder Natrium und schwefelsaurem
Eisenoxyd in Wasser. Die in dem Luftkessel befindliche Luft geht nun, bevor sie
austritt, durch jene Vorrichtung und wird dadurch gereinigt den Fässern zugeführt.
Gscheidlen empfiehlt den Apparat von Rohde, weil durch denselben die Luft völlig gereinigt
werde. Bei richtiger Behandlung desselben ist dies zweifellos richtig, ob aber auch
in der Hand eines Bierkellners darf wohl bezweifelt werden.
Um Luftpumpe und Windkessel entbehrlich zu machen, verwendet O. Eisele in Cannstatt (* D. R. P. Nr. 5597 vom 26.
September 1878) einen mit Luft gefüllten, unten offenen Cylinder, welcher in Folge
einer entsprechenden Beschwerung in das Absperrwasser einsinkt und dadurch die Luft
in das Faſs preſst. Aehnlich ist der Apparat von A.
Storck in Kassel (* D. R. P. Nr. 1334 vom 15. November 1877).
S. Eidams in Essen a. d. Ruhr (* D. R. P. Nr. 2473 vom
12. December 1877) verbindet das obere Ende eines groſsen Cylinders mit der
Bierleitung und den unteren Theil mit der Wasserleitung, während in Ermangelung
einer Wasserleitung Mahr und Eisele in Eſslingen (* D.
R. P. Nr. 8163 vom 19. Februar 1879) das Druckwasser aus einem höher liegenden
Gefäſse zutreten lassen. Aehnlich ist der Apparat von C.
Witz in Mannheim (* D. R. P. Nr. 9789 vom 19. November 1879), nur noch mit
Flüssigkeitsmesser verbunden. Auch Hutzler (1880 231
53) verwendet einen Wasserdruckkessel. Bei dem Bierdruckapparat von C. Weissenborn in Sonderburg (* D. R. P. Nr. 10 829 vom
10. März 1880) wird der in einem Cylinder bewegliche Kolben durch einen mit
Gewichten belasteten Hebel direct auf das Bier gedrückt. Ist der Cylinder leer, so
wird der Kolben mittels einer Kurbel wieder gehoben, damit sich der Cylinder von
neuem mit Bier füllt.
Um ferner den Rücktritt von Bier beim Anstechen des Fasses zu verhindern, hat man
mehrfach Rückschlagventile angewendet, neuerdings wieder J.
Nehl in Barmen (* D. R. P. Nr. 11104 vom 13. April 1880). Völlige
Sicherheit gewähren derartige Ventile aber bis jetzt nicht und sollten daher die
Luftkessel mit einem Mannloch versehen werden, um öfteres Nachsehen zu
erleichtern.
Die Reinigung der Leitungsröhren bewirkt Theodor Lange in Breslau (* D. R. P. Nr. 8976 vom 4. September 1879)
mittels der Wasserleitung, welche auch die gepreſste Luft liefert. Diese
Wasserspülung muſs aber nach dem Verschenken eines jeden Fasses geschehen, um
wirksam zu sein. Geschieht dies nicht, so ist zum Ansetzen von Bierschleim
Veranlassung gegeben, und hat sich solcher einmal an der Röhrenwandung angesetzt, so
hilft kein Ausspülen mit Soda, welches neuerdings wieder von E. Erune in Brügge (* D. R. P. Nr. 10823 vom 16. Januar 1880) empfohlen
ist, und noch so reichliches Wasserspülen. Es hat dies Weigelt gezeigt, welcher in der Bierleitung, die Tags vorher mit Soda und
Wasser ausgespült war, groſse Mengen organischer Stoffe fand. Es steht diese
Beobachtung in vollkommenem Einklang mit den Erfahrungen der Praktiker und den
Wahrnehmungen, welche Gscheidlen in den letzten Monaten
in Breslau gemacht hat.
Das einzige sichere Mittel, die Röhren völlig blank zu erhalten, ist die Durchleitung
von Wasserdampf, wie es Derendinger (1879 231 52) mit
Erfolg ausführt. Gscheidlen empfiehlt den Apparat von
Kallensee in Gotha. Derselbe besteht aus einem etwa
5l fassenden kupfernen Kessel, der auf einem
Dreifuſs ruht. An dem Kessel ist ein Sicherheitsventil angebracht, das bei einem
Atmosphärendruck sich öffnet, sowie zwei Röhren, von denen die eine mit dem
Luftkessel, die andere mit dem Bierleitungsrohre in Verbindung gesetzt wird. Das
Erhitzen des Wassers geschieht durch eine Spirituslampe von besonderer Construction.
Nach 10 Minuten schon ist reiche Dampfentwicklung vorhanden. Den Dampf läſst man nun
entweder in den Luftkessel, oder in die Bierleitungsröhre einströmen. Ist der erste
Schmutz durch die Ausschankhähne zum Ausfluſs gebracht, so schlieſst man dieselben,
damit der neiſse Dampf die Röhren erhitzt und den Schmutz vollständig ablöst.
Hierauf läſst man die Unreinigkeiten abflieſsen, setzt den Kessel mit der
Wasserleitung in Verbindung und spült die Röhren aus.
J. Mittelstenscheid in Düsseldorf (* D. R. P. Nr. 11002
vom 16. September 1879) schaltet zwischen Dampfkessel und Bierleitungen einen
Behälter für Sodalösung ein, bestehend aus den beiden Kammern c und d mit
Sicherheitsventil e (Fig. 9 Taf.
21). Die in beiden Räumen enthaltene Sodalösung wird zunächst durch den bei g eintretenden Dampf erhitzt, dann der Hahn f geschlossen und h
geöffnet, so daſs der Dampf die in dem unteren Räume enthaltenen 21 Sodalösung in die Bierleitung preſst. – Diese
gleichzeitige Anwendung von Soda und Wasserdampf dürfte nur in wenig Fällen
erforderlich sein.
Die wissenschaftliche Deputation für das Medicinalwesen in
Preufsen fordert in einem GutachtenDeutsche Medicinalzeitung, 1880 S.
98. vom 14. Januar 1880: 1) die Entnahme der Luft aus dem Freien, 2)
die Filtration der Luft mittels Baumwolle, 3) die Aufstellung eines Oelsammlers
zwischen Luftpumpe und Windkessel, 4) eine Rohrleitung vom reinsten Zinn für das
Bier nebst Einschaltung einer GlasröhreDieses Einschalten einer Glasröhre erscheint nicht empfehlenswerth, da sie
beim Durchleiten gespannter Wasserdämpfe leicht zerspringt., 5)
eine hinreichende Weite der zinnernen Röhren, 6) die Anlegung eines Ventiles im
Spundaufsatze, um den Rückfluſs des Bieres in den Windkessel zu verhüten, 7) die
Aufstellung eines Indicators behufs Luftregulirung in der Nähe der Bierkrahnen, um
den Luftdruck nach Bedürfniſs herzustellen und denselben auf höchstens 1at Druck zu beschränken, da ein stärkerer Druck zu
viel Schaum in Bier erzeugt und dadurch letzteres minder werthvoll macht.
Ein Rundschreiben des k. preuſs. Ministeriums des Innern vom 26.
Februar 1880 an sämmtliche preuſsische Regierungen stellt dieselben Forderungen und
fährt dann fort:
Das Verbot der Bierpressionen würde das Abzapfen vom Fasse zur
Folge haben. Es bleibt aber höchst zweifelhaft, ob auf diesem Wege die Uebelstände,
die sich an die Bierpressionen knüpfen können, von vorn herein vermieden werden. Wir
möchten diese Frage verneinen und namentlich mit Rücksicht auf die städtischen
Verhältnisse hervorheben, daſs bei der groſsen Beschränktheit der Räumlichkeiten für
das Bierfaſs jeder zulässige Winkel würde aufgesucht werden, unbekümmert darum,
welche Luft dort herrscht. Meist würde das Bierfaſs in der Schenkstube selbst einen
Platz finden und bei jedem abzuzapfenden Glase auch einen Theil der unappetitlichen
Luft aufsaugen. Das Abzapfen vom Fasse kann somit unter Umständen eben so groſse
Nachtheile als die Bierpression haben. Aus demselben Grunde sollte die sogen.
Bierspritze gänzlich in Wegfall kommen, da sie, in das Bierglas gesetzt, nur dazu
dient, die Luft des Schanklocales durch das Bier zu treiben und Schaum damit zu
erzeugen.
Diese widerlichen Einwirkungen auf das Bier können durch eine
sachverständige Handhabung der Bierpressionen ganz vermieden werden. Trotzdem zieht
die Regierung zu Wiesbaden das Verbot derselben vor, weil auſser der schwierigen
Durchführung der Controle auch die Reinigung der Apparate technische Vorkenntnisse
erfordere. Wir können dieselbe nur als eine höchst einfache, rein mechanische
Procedur bezeichnen, wozu nicht einmal eine besondere Geschicklichkeit erforderlich
ist, da es sich hierbei nur um das Durchtreiben von Wasserdampf oder das
Durchlaufenlassen von Sodalauge und reinem Wasser handelt. Die zeitweilige Controle
seitens der Polizeibehörde wird ausreichen, um sanitäre Uebelstände sicher zu
verhüten, sobald nur die oben gedachten Bedingungen bei der ursprünglichen
Einrichtung der Anlage erfüllt und alle Apparate, welche diesen Bedingungen nicht
entsprechen, in zweckentsprechender Weise verbessert werden. Eine nach den in Rede
stehenden Grundsätzen eingerichtete Anlage befindet sich in stetiger Wirksamkeit und
es bedarf nur eines Blickes auf den Indicator, um über den stand des Luftdruckes
unterrichtet zu bleiben, während der controlirende Polizeibeamte nur die in der
Bierleitung eingeschaltete Glasröhre zu betrachten braucht, um sich von der
stattgefundenen Reinigung des Apparates zu überzeugen.
Aus den erörterten Gründen können wir dem auf ein allgemeines
Verbot der Bierpressionen gestellten Antrag nicht das Wort reden, müssen uns
vielmehr für die Beibehaltung der Bierpressionen mit der Maſsgabe aussprechen, daſs
in geeigneter Weise auf die oben angedeuteten Controlmaſsregeln und Einrichtungen
der Bierdruckapparate hingewirkt werde.
Ohne Frage eignet sich Kohlensäure zum Heben von Bier weit
besser noch als Luft. Die von Jicinsky (1869 193 175),
Zwietusch (1880 235 * 286) u.a. dafür angegebenen
Apparate haben aber bisher verhältniſsmäſsig wenig Verbreitung gefunden, weil die
Behandlung der Apparate einige Aufmerksamkeit erfordert. W.
Raydt in Hannover empfiehlt nun hierzu flüssige Kohlensäure, welche den
Wirthen in kleinen, festen, schmiedeisernen Flaschen geliefert wird. Der zwischen
Faſs und Kohlensäureapparat liegende Druckkessel ist mit Manometer und
Sicherheitsventil versehen und läſst man von Zeit zu Zeit etwas Kohlensäure
nachströmen, um einen hinreichenden Druck zu erhalten. Die Apparate werden von Dreyer, Rosenkranz und Droop in Hannover geliefert.
Kürzlich mit einem solchen Apparate im Hannoverschen Bezirksvereine deutscher
Ingenieure ausgeführte Versuche fielen recht befriedigend aus.
F.