Titel: | Ueber die Unschädlichmachung des Hüttenrauches. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 216 |
Download: | XML |
Ueber die Unschädlichmachung des
Hüttenrauches.
Mit einer Abbildung auf Tafel 21.
Ueber die Unschädlichmachung des Hüttenrauches.
Um die in den Röstgasen aus Zink-, Blei- oder Kupferhütten
enthaltene Schwefelsäure zu absorbiren, will M. Freytag
in Bonn (D. R. P. Kl. 40 Nr. 9969 vom 26. November 1879) die Gase in Thürmen
aufsteigen lassen, in welchen Schwefelsäure herunterrieselt. – Der dadurch erzielte
Erfolg wird nicht bedeutend sein.
Cl. Winkler beschreibt im Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreich Sachsen, 1880
(Sonderabdruck) die Versuche zur Beseitides Hüttenrauches bei der Schneeberger
Ultramarinfabrik, deren stark Schwefligsäure haltigen Rauchgase (vgl. 1876 221 468)
den benachbarten Wald stark schädigten. Der Versuch, die Gase dadurch zu entsäuren,
daſs man sie durch einen Kokesthurm leitete, in welchem Wasser herunterrieselte, gab
ein durchaus ungenügendes Resultat.
Da im kleinen Maſsstabe ausgeführte Versuche gezeigt hatten, daſs beim Einleiten von
Schwefligsäure in einen Bleithurm, über dessen Kokesfüllung nitrose Schwefelsäure
herunterfloſs, unter Bildung von Schwefelsäure eine völlige Condensation erreicht
wurde, so versuchte man dieses Verfahren auf die fraglichen Gase anzuwenden, aber
wieder ohne praktischen
Erfolg, da die Schwefelsäure durch die in den Feuergasen enthaltene Feuchtigkeit zu
sehr verdünnt wurde.
Man versuchte nun, gleichzeitig das beim Auslaugen des Ultramarins erhaltene
schwefelsaure Natrium mit zu verwerthen. Zu diesem Zweck wurde das durch Eindampfen
erhaltene Glaubersalz mit 25 bis 30 Proc. Kohle gemischt und in einem kleinen
Flammofen stark geglüht, dessen aus Marmor hergestellter Herd der Einwirkung des
Schwefelnatriums gut widerstand. Das fertige Schwefelnatrium wurde noch warm zu
faustgroſsen Stücken zerschlagen und in Fässer verpackt, in denen es sich lange Zeit
unverändert aufbewahren lieſs. Mit Wasser gab es eine dunkelgelbe Lösung, die immer
nur nach Bedarf hergestellt wurde, da die atmosphärische Luft zersetzend auf
dieselbe einwirkte. Uebrigens hatte die Herstellung der Schwefelnatriumlösung
anfänglich ihre groſsen Schwierigkeiten, weil die nie fehlenden Verunreinigungen auf
der Oberfläche der Stücke zur Ausscheidung gelangten und eine zähe Schlammumhüllung
bildeten, welche den lösenden Angriff des Wassers behinderte. Vorherige
Zerkleinerung der Schwefelnatriumstücke im Pochwerk oder auf dem Kollergang war
unthunlich, weil dabei gar nicht zu hemmende Entzündung des Schwefelnatriumpulvers
erfolgte, die in einem Falle das Pochwerksgebäude bedrohte und nur dadurch noch
bewältigt werden konnte, daſs man das pyrophorisch glimmende Schwefelnatrium ohne
Verzug in dichte Fässer packte und diese zuschlug. Als man dieselben jedoch mehrere
Tage darauf zu öffnen versuchte, gerieth ihr Inhalt auch sofort wieder ins Glimmen.
Nicht weniger unglücklich verlief der Versuch, das Schwefelnatrium in noch
glühendem, halbweichem Zustande ins Wasser zu werfen, wobei von mächtigem Knalle
begleitete Explosionen eintraten. Zuletzt gelang es, die Auflösung des
Schwefelnatriums auf diese Weise mühelos zu bewerkstelligen, daſs man letzteres in
groſse Lattentrommeln brachte, welche, zur Hälfte in das Wasser eintauchend, in den
Lösebottichen hingen und mittels einer Kurbel zeitweilig gedreht werden konnten,
wobei die Schlammbedeckung der Stücke abgescheuert wurde.
Da bei unachtsamer Schmelzung erhebliche Verluste entstanden und der Löserückstand
ein sehr lästiges Nebenproduct bildete, so ging man später dazu über, das
Schwefelnatrium durch Wechselzersetzung von Schwefelbarium und Glaubersalz
herzustellen. Der erhaltene Niederschlag von schwefelsaurem Barium wurde, mit
Steinkohlenpulver gemischt, durch abgehende Wärme getrocknet, dann in Thontiegel
eingestampft, welche in einem Ofen geglüht wurden. Die geglühte Masse lieſs sich
leicht mit warmem Wasser ausziehen, der etwa 20 Procent betragende Rückstand aus
Schwerspath und Kohle wurde zur eigenen Arbeit zurückgegeben. Jeder Ofen fafste 495
Stück Tiegel mit 1375k Gemenge, das nach
24stündigem Brande 865k rohes Schwefelbarium gab.
Die Kosten eines Brandes ergeben sich aus folgender Zusammenstellung:
1057k,5 Schwerspath
17,23
M.
317k,5
Steinkohlenpulver
5,29
10hl
Steinkohlen
12,50
Tiegelaufwand, Ofenreparaturen, Löhne für das
Mengen, Beschicken, Schüren und Entleeren
4,50
–––––
39,52
M.
100k rohes Schwefelbarium
kosteten demnach 4,56 M.
Diese Schwefelnatriumlösung lieſs man nun in der Absicht, daraus unterschwefligsaures
Natrium oder Schwefel zu gewinnen, durch einen bleiernen Absorptionsthurm flieſsen,
in welchen die Gase der Ultramarinöfen von unten eintraten. Bei Vorversuchen floſs
die ursprünglich gelbe Schwefelnatriumlösung farblos und nur durch ausgeschiedenen
Schwefel getrübt ab. Dampfte man dieselbe ohne weiteres unter Zusatz von
Kohlenpulver zur Trockne und erhitzte hierauf den erhaltenen Rückstand zum Glühen,
so erhielt man ein höher geschwefeltes Natriumsulfid, welches, in Lösung übergeführt
und im Thurme wieder mit Schwefligsäure haltigen Gasen behandelt, eine entsprechend
reichliche Schwefelausscheidung lieferte. Bei Uebertragung dieses Verfahrens in den
groſsen Maſsstab erfolgte zwar eine vollkommene Absorption der Schwefligsäure, das
Schwefelnatrium war verschwunden, es trat aber keine Schwefelabscheidung ein.
Bezügliche Versuche ergaben nun, daſs Schwefligsäure mit Schwefelnatrium bei
mittlerer Temperatur unter Schwefelabscheidung unterschwefligsaures Natrium
(Thiosulfat) bildet, bei 40° aber ausschlieſslich tetrathionsaures Natrium: Na2S + 3SO2 = Na,S4O6.
Es wurde nun folgendes Verfahren eingeschlagen. Die aus den Absorptionskammern
abflieſsende zersetzte Lauge, welche schon in diesen durch die Wärme des Gasstromes
eine beträchtliche Abdampfung erfahren hatte, war farblos, zeigte mäſsigen Geruch
nach schwefliger Säure und führte nicht unbeträchtliche Ruſsmengen mit sich fort,
die man dadurch entfernte, daſs man die Flüssigkeit durch ein Kiesfilter laufen
lieſs. Hierauf sammelte man sie in groſsen Bottichen an und lieſs sie bis zum
nächsten Tage stehen, wobei sie ihren Geruch durch weitere Tetrathionsäurebildung
vollkommen verlor. Gleichzeitig begann sie sich gelb zu färben und bei längerer Ruhe
Schwefel abzuscheiden. Um diese Schwefelabscheidung rasch herbeizuführen, brachte
man die Lauge in einen eisernen Kessel und erhitzte sie zum wallenden Sieden. Bald
darauf begann sie sich nach der Zersetzungsgleichung: Na4S4O6 =
Na2SO4 + SO2 + S2 milchig zu
trüben, die Oberfläche bedeckte sich mit einer förmlichen Haube von schön gelbem,
voluminösem Schwefel, welcher in dem Maſse, als die Concentration der Flüssigkeit
wuchs, in ein dichtes sandiges Pulver überging und sich zu Boden senkte. Die sich
während des Kochens entwickelnde schweflige Säure machte sich wenig bemerkbar; doch
war durch einen über dem Kessel angebrachten und diesen völlig umschlieſsenden Hut
mit Klappe und Abzugslutte Vorsorge getroffen, sie in die Absorptionskammer abzuleiten. Sobald
aller Schwefel sich abgeschieden hatte und zu hinlänglicher Verdichtung gelangt war,
lieſs man den Kesselinhalt durch eine einfache Filtirvorrichtung abflieſsen.
Dieselbe wurde durch einen Bottich mit falschem Boden gebildet, in welchem man als
Filtrirschicht eine starke Lage grob geschrotenen Stangenschwefel gebracht hatte.
Die concentrirte heiſse Glaubersalzlösung floſs dabei rasch ab und wurde durch
Zusatz von Schwefelbarium wieder in eine Auflösung von Schwefelnatrium umgewandelt;
den erhaltenen Schwefel wusch man mit geringen Wassermengen aus und überlieſs ihn
dann auf hölzernen Horden der freiwilligen Abtrocknung, worauf er bei der
Ultramarinfabrikation verwendet wurde.
Durch dieses Verfahren wurden die Rauchgase 7 Jahre hindurch befriedigend entsäuert.
Der Werth des wiedergewonnenen Schwefels entsprach aber so wenig den Betriebskosten
und der unter den gegebenen Verhältnissen lästigen Beaufsichtigung des Processes,
daſs man statt dessen die Entsäuerung durch Kalkstein und Wasser einführte (vgl.
1880 235 * 220), somit auf die Verwerthung der Schwefligsäure verzichtete.
Rob. Hasenclever in Aachen (D. R. P. Kl. 40 Nr. 10710
vom 9. December 1879) läſst die sauren Feuerungs- und Röstgase zunächst zur
Abscheidung der Schwefelsäure durch einen Bleithurm gehen (vgl. 1878 227 73) und
dann durch kohlensauren Kalk oder Aetzkalk in der Weise absorbiren, daſs sich saurer
schwefligsaurer Kalk bildet, welcher mit Schwefelcalcium oder Sodarückständen zu
Schwefel und unterschwefligsauren Salzen weiter verarbeitet wird. Der Vorschlag ist
namentlich für Sodafabriken beachtenswerth.
Um aus Bleischmelzöfen den abziehenden Staub zu sammeln, wird
derselbe nach G. F. Lewis in Philadelphia (* D. R. P.
Kl. 40 Nr. 6837 vom 21. Februar 1879) zunächst durch Kühlröhren und dann in eine
Reihe von Beuteln geleitet. In Fig. 10
Taf. 21 ist der Apparat mit dem Schornstein eines gewöhnlichen Herdofens B zum Bleischmelzen verbunden gedacht, kann jedoch in
gleicher Weise auch mit einem Schachtofen oder Treibofen verbunden werden. Das
Gebläse H saugt den Rauch aus dem Schornstein S durch eine Reihe auf und ab gehender Röhren A von etwa 60cm Weite
und zusammen 100m Länge und treibt ihn durch das
Rohr K in das wagrechte Rohr L. An diesem sind Reihen von Beuteln aus Zeug aufgehängt, durch welches
die Gase entweichen, während die festen Bestandtheile des Rauches in den Beuteln
zurückbleiben, um später in entsprechender Weise verwerthet zu werden (vgl. 1822
10278. 1846 101 439. 1863 169 204).
A. French bespricht in der Chemical News, 1879 Bd. 40 S. 163 die Condensation des Bleirauches mittels
Wasser. Zwei Proben eines solchen Rauches bestanden aus:
Bleioxyd
44,80
bezieh.
68,35
Bleisulfat
–
2,25
Zinkoxyd
4,80
1,80
Wismuthoxyd und Kupferoxyd
1,52
–
Eisenoxyd
Spur
Aluminiumoxyd
10,00
5,40
Kalk
–
2,63
Arsen- und Antimonoxyd
3,03
Schwefelsäure (SO3)
28,81
16,84
Unlöslich
9,00
2,25
––––––––––––––––––––––––––––
101,96
99,52.