Titel: | Ueber die Gewinnung von Oel aus Olivenrückständen. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 295 |
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Ueber die Gewinnung von Oel aus
Olivenrückständen.
Mit Abbildungen auf Tafel 28.
Roth, über die Gewinnung von Oel aus Olivenrückständen.
Während früher die Preſsrückstände der Olivenölfabrikalion nahezu werthlos waren und
fast nur als schlechter Brennstoff verwendet wurden, errichtete man Ende der 60er
Jahre zuerst in der Gegend von Marseille die erste Fabrik, welche aus diesen
Rückständen, Sanza genannt, mittels Schwefelkohlenstoff
die noch darin vorhandenen 9 bis 12 Proc. Oel gewinnt (vgl. 1878 229 388). Jetzt befinden sich nach H. Roth (Praktischer
Maschinenconstructeur, 1880 S. 225) in den Provinzen Bari, Lecce und
Calabrien 19 Anlagen, wovon die gröſste täglich 750 Quintal oder 75t, fünf je 30t
und die übrigen je 15 bis 10t Rückstände
verarbeiten, ohne aber bei guter Ernte alle Rückstände entfetten zu können.
Die an der Luft, besser aber mit künstlicher Wärme getrockneten Rückstände werden in
Extractionsgefäſse gefüllt. Es sind dies cylindrische Blechgefäſse a (Fig. 10
Taf. 28), deren unterer Boden in der Mitte einen T-förmigen Stutzen aus Guſseisen
trägt mit dem Eintritt b und c für Schwefelkohlenstoff bezieh. Dampf, während der Bronzehahn d zur Ableitung des Condensationswassers bei der
Destillation dient und der Hahn e die Verbindung mit
dem zweiten Extractionsgefäſse vermittelt. Ein aus drei Theilen bestehender
gelochter Boden f ist mit Sackleinwand überzogen und
ruht auf Winkelstützen; 2m,25 von diesem entfernt
ist oben ein zweiter gelochter, ebenfalls mit Sackleinwand überzogener, auf Winkel
gestützter Boden i, während der Raum zwischen beiden
mit Sanza angefüllt wird. Hierauf leitet man den Schwefelkohlenstoff von dem
Vorrathsgefäſs, der Sulfurkufe, in den Extractor langsam von unten ein, so daſs er
nach 2 Stunden oben ankommt und dann als Mischung von Oel und Schwefelkohlenstoff
(Miscella) in den Destillationsapparat durch das mit Seiher und an der
Cylinderwandung mit einem Bajonnetverschluſs versehene gebogene Rohr l abläuft. Durch Zuführung von frischem
Schwefelkohlenstoff wird die Miscella in den Destillator gedrängt, bis bei 6 bis
7t,5 Rückständen etwa 4t übergegangen sind. Alsdann stellt man die
weitere Zuführung von Schwefelkohlenstoff ein und treibt den Schwefelkohlenstoff mit
Dampf aus dem öligen Gemische, während die Schwefelkohlenstoffdämpfe sich in groſsen
Röhrenkühlern verdichten. Ist nun eine entsprechende Menge Schwefelkohlenstoff
übergetrieben, so führt man von neuem in den Extractor frischen Schwefelkohlenstoff
ein, um die Miscella zu verdrängen, bis Proben oben am Extractor anzeigen, daſs der
reine Schwefelkohlenstoff angekommen ist. Dies ist gewöhnlich der Fall, wenn drei
dieser Waschungen von je 4t gemacht sind. Ist die
letzte Waschung in den Destillator gedrängt, so wird die Destillation verstärkt, bis
aller Schwefelkohlenstoff aus dem Oel verdrängt ist, worauf man das Oel in einen
kleinen Behälter abläſst. Die Dauer der Destillation währt 5 bis 7 Stunden.
Der nun im Extractor befindliche Schwefelkohlenstoff wird in den zweiten Extractor,
der unterdessen fertig gefüllt sein muſs, geleitet. Jedoch ist es nur möglich, die
Hälfte des Schwefelkohlenstoffes in den anderen der beiden mit einander verbundenen
Apparate einzuführen; die zweite Hälfte läſst man in die Sulfurkufe zurückgehen. Ist
der Schwefelkohlenstoff abgelaufen, so werden sämmtliche Verbindungen geschlossen,
das Ventil n wird zu einem zweiten Kühler geöffnet und
von unten Dampf
gegeben, die Sanzamasse erhitzt und auf diese Weise der derselben noch anhaftende
Schwefelkohlenstoff abdestillirt. Diese Operation dauert je nach Anlage der
Röhrenkühler 4 bis 8 Stunden.
Ist man durch Proben überzeugt, daſs die Sanza vollkommen frei von
Schwefelkohlenstoff ist, so wird der Deckel mit Hilfe eines Flaschenzuges
aufgehoben, der obere gelochte Boden i sowie das
gebogene Rohr l abgenommen und die ausgelaugte Sanza
von 2 Mann ausgeschaufelt; zwei andere stehen zur Ablösung bereit, so daſs etwa 5t in einer Stunde herausgeschafft werden können.
Hierauf wird der Apparat mit unterdeſs in Säcken bereit liegenden neuen Rückständen
gefüllt, verschlossen und wieder Schwefelkohlenstoff eingeführt.
Gewöhnlich wird ein Destillator für zwei Extractoren gebaut; einige Fabriken mit nur
drei Auslaugeapparaten haben auch nur einen, aber gröſseren Destillator. Die
Betriebsweise unterscheidet sich von der oben angegebenen dadurch, daſs der
Destillator die Miscella und die Waschungen von allen drei Extractoren innerhalb 24
Stunden aufnimmt, also längere Zeit langsam destillirt, und nur am Schluſs der
Waschungen einmal des Tages das Oel vollkommen ausdestillirt.
Der mehrfach erwähnte Destillationsapparat (Lambicco genannt) besteht aus einem
cylindrischen Gefäſs mit festgenietetem Boden und aufgeschraubtem, gut mit Schellack
und Pappe gedichtetem Deckel (vgl. Fig. 11
Taf. 28). Dieser besitzt ein verschlieſsbares Mannloch und in der Mitte einen 400mm weiten Schwanenhals, welcher die
Schwefelkohlenstoffgase zum Kühler leitet. Auſserdem befindet sich auf dem Deckel
ein Lufthahn zum Abblasen des Dampfes nach beendigter Destillation. Durch den Hahn
a wird die Miscella in den Destillator geführt und
steigt bis auf die halbe Höhe desselben, welchen Stand man durch die angebrachten
Standgläser b genau ersehen kann. Am Boden liegen zwei
spiralförmig gewundene Dampfschlangen, von welchen die obere c vollkommen dicht verschlossen sein muſs, während die untere e mit über 200 kleinen Löchern versehen ist. Die
Destillation wird durch die obere Dampfschlange begonnen, indem man in dieselbe
durch den Hahn d langsam Dampf einleitet und auf diese
Weise die Miscella erwärmt und die Destillation des Schwefelkohlenstoffes bewirkt.
Um mit einer solchen geschlossenen Schlange 3 bis 3t,5 stündlich destilliren zu können, muſs dieselbe eine Oberfläche von
5qm,64 besitzen, entsprechend einem
Röhrenstrange von 30m Länge und 60mm Durchmesser. Die unten liegende gelochte
Dampfschlange e wird dagegen nur gebraucht, um die
letzten Spuren von Schwefelkohlenstoff, welche noch im Oel enthalten sind, zu
vertreiben. Nach Beendigung dieser Operation läſst man das Oel nebst dem
angesammelten Condensationswasser, welches durch die offene Schlange eingeführt
wurde, durch den Hahn g in das Oelgefäſs ablaufen, von
wo es nach etwa 4 Stunden, getrennt von dem Wasser, in das Oelmagazin gepumpt wird. Das
Condensationswasser, welches sich in der geschlossenen Schlange bildet, wird durch
den Hahn h abgeleitet. Den Destillationsapparat nimmt
man doppelt so groſs, als die bestimmte Menge Miscella einnehmen würde, da es
häufig, besonders bei längere Zeit liegenden Rückständen, vorkommt, daſs das Oel
ungemein viel Schaumblasen entwickelt.
Der destillirte Schwefelkohlenstoff gelangt durch Röhren i (Fig. 12
Taf. 28) in einen Behälter k, welcher gleich der damit
verbundenen Sulfurkufe a in einer gemauerten, mit
Cement verputzten Grube liegt und vollständig unter Wasser gehalten wird, um jede
Gasentwicklung des Schwefelkohlenstoffes schon bei der gewöhnlichen Temperatur zu
vermeiden. Diese Sulfurkufe besteht aus einem cylindrischen gut vernieteten und
verstemmten Blechkessel, ist mit zwei Mannlöchern b
versehen, welche bei der alle 2 Jahre vorzunehmenden Reinigung den Eingang bieten
und dabei zugleich eine geringe Ventilation möglich machen. Der Hahn e verbindet die Sulfurkufe mit dem Wasserbehälter,
welcher gewöhnlich 6m über dem Boden aufgestellt
ist; die Wassersäule drückt den Schwefelkohlenstoff durch das Rohr h und den Hahn f in die
Extractoren. Der Hahn g dient zum Abblasen des Wassers,
welches vom Hochbehälter bei der Verdrängung des Schwefelkohlenstoffes in die
Sulfurkufe gekommen ist, da der vom Gefäſs k kommende
destillirte Schwefelkohlenstoff vermöge seiner gröſseren Schwere von selbst durch
den Hahn g treibt.
Um eine Messung des in der Sulfurkufe vorhandenen Schwefelkohlenstoffes vornehmen zu
können, bestreicht man eine kleine Eisenstange mit Schweinefett, taucht dieselbe
durch den Hahn g in die Kufe und läſst sie einige
Secunden ruhig stehen. Beim Herausnehmen zeigt der Schwefelkohlenstoff den Stand
seiner Oberfläche selbst an, da, so weit das gefettete Stängelchen in
Schwefelkohlenstoff tauchte, das Fett gelöst ist.
Zur Beleuchtung der Arbeitsräume bei Nacht sind sämmtliche Lampen mit guten
Reflectoren zu versehen, müssen dichten Verschluſs gegen die Arbeitsräume haben,
nehmen die frische Luft auſserhalb derselben und geben die erwärmte Luft ebenfalls
nach auſsen ab; die Bedienung der Lampen muſs von auſsen geschehen. Offene Lichter
sind deshalb in den Fabriken vollkommen unzulässig, weil durch kleine Verluste,
welche während des Betriebes leicht vorkommen, die gröſsten Explosionsgefahren
hervorgerufen werden können.