Titel: | Zur Kenntniss der Farbstoffe. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 402 |
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Zur Kenntniſs der Farbstoffe.
Zur Kenntniſs der Farbstoffe.
Künstlicher Indigo (vgl. 1879 231 367. 232 288. 233
350). A. Baeyer in München (D. R. P. Kl. 22 Nr. 11857
und Zusatz Nr. 11858 vom 19. und 21. März 1880) will in folgender Weise die dem
Indigblau eigenthümliche
Atomgruppirung erzeugen, welche darin besteht, daſs eine C2-Gruppe und eine N haltige Gruppe im Benzolkern in dem Ortho-Verhältniſs
zu einander stehen. Dies findet statt in gewissen Abkömmlingen der
Orthonitrozimmtsäure, vornehmlich der Orthonitrophenylpropiolsäure und der
Orthonitrophenyloxacrylsäure. Diese liefert schon beim einfachen Erhitzen, jene
unter dem Einfluſs alkalischer Reductionsmittel Indigblau. Die in Betracht zu
ziehenden Derivate der Orthonitrozimmtsäure sind die folgenden:
1) Orthonitrozimmtsäuredibromid C6H4(NO2)C2H2Br2.CO2H.
2) Orthonitromonobromzimmtsäure C6H4(NO2)C2HBr.CO2H.
3) Orthonitrophenylpropiolsäure C6H4(NO2)C2.CO2H.
4) Orthonitrophenylbrommilchsäure C6H4(NO2)(C2H3OBr).CO2H.
5) Orthonitrophenyloxacrylsäure C6H4(NO2)(C2H2O).CO2H und die Salze dieser Säuren.
Wenn statt reinen Toluols das im Handel vorkommende zur Synthese der
Orthonitrozimmtsäure benutzt wird, so erhält man die Homologen dieser Säuren, welche
ebenso wie auch Substitutionsproducte Anwendung finden können. Bei letzteren kann
zumal Chlor und Brom oder die Nitrogruppe in den Benzolrest eintreten.
Zur Darstellung von Orthonitrozimmtsäuredibromid wird
Orthonitrozimmtsäure mit gasförmigem Brom behandelt:
C6H4(NO2)(C2H2)CO2H +
2Br = C6H4(NO2) (C2H2Br2)CO2H.
Durch Umkrystallisiren aus Benzol wird das Dibromid gereinigt.
Um Orthonitromonobromzimmtsäure herzustellen, wird das
obige Dibromid in alkoholischer Lösung mit 2 Molecülen alkoholischem Kali behandelt,
bis keine Bromkaliumausscheidung mehr erfolgt. Aus der mit Wasser verdünnten Lösung
wird dann die Säure ausgefällt:
C6H4(NO2)(C2H2Br2)CO2H + 2KHO =
= C6H4CNO2)(C2HBr)CO2K + KBr + H2O.
Zur Darstellung der Orthonitrophenylpropiolsäure wird
das Orthonitrozimmtsäuredibromid mit 3 Mol. alkoholischem Kali behandelt:
C6H4(NO2)(C2H2Br2)CO2H + 3KHO =
= C6H4(NO2)C2.CO2K + 2 KBr + H2O.
Um Orthonitrophenylchlormilchsäure zu gewinnen, sättigt
man eine Lösung von orthonitrozimmtsaurem Natrium mit Chlorgas. Es lagert sich
unterchlorige Säure an. Die Orthonitrophenylchlormilchsäure wird nach dem Ansäuern
der Lösung mittels Aethers extrahirt:
C6H4(NO2)(C2H2).CO2H
+ ClOH =C6H4(NO2)(C2H3ClO).CO2H.
Zur Darstellung der Orthonitrophenyloxacrylsäure wird
die alkoholische Lösung der Orthonitrophenylchlormilchsäure mit alkoholischem Kali
behandelt:
C6H4(NO2)(C2H3OCl).CO2H + 2KHO =C6H4(NO2)(C2H2O).CO2K + KCl + H2O.
Aus diesen und analogen Stoffen ist Indigblau nun nach folgenden Verfahren zu
erhalten:
1) Orthonitrophenyloxacrylsäure wird trocken oder bei Gegenwart eines Lösungsmittels
(wie Eisessig, Phenol) langsam auf 110° erhitzt. Unter Gasentwickelung scheidet sich
Indigblau in krystallinischer Form ab.
2) Orthonitrozimmtsäuredibromid wird in wässeriger Lösung mit Natriumcarbonat
gekocht. Die Lösung färbt sich gelb und scheidet nach längerem Kochen Indigblau ab.
Zusatz eines Reductionsmittels, wie Trauben- oder Milchzucker, beschleunigt die
Farbstoffbildung.
3) Orthonitrophenylpropiolsäure wird in wässeriger Lösung bei Gegenwart von ätzenden
oder kohlensauren Alkalien mit schwachen Reductionsmitteln, wie Trauben- oder
Milchzucker, erwärmt. Die Lösung scheidet alsbald Indigblau in Krystallen ab. An
Stelle der reinen Säure kann man Mischungen benutzen, in welchen dieselbe sich
bilden kann. So wird Indigblau direct und ohne Trennung der Zwischenproducte
gebildet, indem man Orthonitrozimmtsäure zuerst mit Brom, dann mit alkoholischem
Kali und schlieſslich mit Traubenzucker oder einer ähnlich wirkenden Substanz
behandelt.
Die Orthonitrozimmtsäure läſst sich ferner in derselben Weise, wie aus Bittermandelöl
Zimmtsäure hergestellt werden kann, aus Orthonitrobittermandelöl herstellen.
Dieselben Bedingungen ferner, welche gestatten, künstlichen Indigo aus
Orthonitrophenylpropiolsäure zu erzeugen, gestatten auch, diesen Farbstoff aus der
genannten Säure oder einem Gemisch oder einer Verbindung, weiche diese Säure enthält
oder entstehen läſst, direct auf der Faser zu entwickeln. Man nehme z.B.
Orthonitrophenylpropiolsäure, ferner Trauben – oder Milchzucker oder ähnlich
wirkende Substanzen, mische dieselben mit Soda oder andern geeigneten Alkalien, mit
oder ohne Zusatz von Verdickungsmitteln, tränke die Faser damit und erhitze oder
dämpfe. In derselben Weise wie sich das künstliche Indigblau beim Erhitzen der
Orthonitrophenyloxacrylsäure für sich allein bildet, so entsteht es auch beim
Erhitzen dieser Säure auf der Faser.
Baeyer bespricht in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 2254 die
Eigenschaften dieser Stoffe.
Die Actiengesellschaft Farbwerke, vormals
Meister, Lucius und Brüning in Höchst (D. R. P. Kl. 22 Nr. 11412 vom 11.
November 1879) will Leukobasen und deren Sulfosäuren mit
gechlorten Chinonen oxydiren. Als Leukobasen werden dabei nicht nur die um
zwei Wasserstoffatome reicheren, ungefärbten Basen der Rosanilinreihe, z.B. das dem
Rosanilin C19H17N3, entsprechende Leukanilin C19H19N3, sondern auch die durch Vereinigung von Aldehyden
oder Säurechloriden mit primären, secundären und tertiären aromatischen Monaminen
entstehenden Basen angesehen, die sich sämmtlich mit gechlorten Chinonen, z.B.
Chloranil, in Farbstoffe verwandeln.
Die Darstellung grüner Farbstoffe geschieht vorwiegend
durch Oxydation der methylirten, äthylirten, phenylirten und benzylirten Abkömmlinge
des Diamidotriphenylmethans und seiner Homologen. Das Diamidotriphenylmethan, C6H5.CH.(C6H5.NH2)2, gibt bei der
Oxydation mit gechlorten Chinonen, z.B. mit Chloranil, einen rothblauen, nicht
sonderlich schönen Farbstoff. Dagegen geben die methylirten, äthylirten, phenylirten
und benzylirten Abkömmlinge dieser Base sehr schöne, zum Theil direct wasserlösliche
Farbstoffe. Dieselben werden erhalten durch Oxydation des Diamidotriphenylmethans
und seiner Homologen; durch Oxydation der aus dem Diamidotriphenylmethan und seinen
Homologen durch Methyliren, Aethyliren, Phenyliren oder Benzyliren entstehenden
Basen; ferner durch Oxydation der aus den secundären und tertiären aromatischen
Monaminen durch Vereinigung mit Benzaldehyd, Tolylaldehyd, Salicylaldehyd u.s.w.
direct erhaltenen methylirten, äthylirten, phenylirten und benzylirten Abkömmlinge
des Diamidotriphenylmethans und seiner Homologen. Man erwärmt z.B. 2 Th.
Dimethylanilin, 1 Th. Benzaldehyd und 1 Th. festes Chlorzink so lange, bis die Masse
nicht mehr nach Benzaldehyd riecht (an Stelle von Benzaldehyd läſst sich auch
Benzalchlorid oder Benzoylchlorid anwenden). Das Chlorzink wird der Masse mit
kochendem Wasser entzogen und die so erhaltene Base auf geeignete Weise mit dem
halben bis gleichen Gewicht Chloranil innigst gemischt und längere Zeit auf 50 bis
60° erwärmt. Die ursprünglich farblose Base erhält einen tief bronzeartigen
Metallglanz und löst sich jetzt mit blaugrüner Farbe in Spiritus auf. Aus dem
Farbstoff wird nun mit starker Natronlauge die Base frei gemacht, in verdünnter
Salzsäure gelöst, mit Kochsalz und Chlorzink gereinigt und als Chlorzinkdoppelsalz
in den Handel gebracht; er färbt genau wie Malachitgrün
und ist wahrscheinlich identisch mit demselben. Ersetzt man in dieser Vorschrift das
Dimethylanilin durch Monomethylanilin, so erhält man ein bedeutend blaueres
Grün.
In gleicher Weise läſst sich Diäthylanilin, Dimethyltoluidin und höhere Homologe
verwenden. Ferner erhält man nach obiger Vorschrift durch Anwendung von
Toluylaldehyd oder Salicylaldehyd an Stelle von Benzaldehyd eine Reihe bedeutend
gelberer Farbstoffe. Die phenylirten und benzylirten Abkömmlinge des
Diamidotriphenylmethans geben nur spritlösliche Farbstoffe, die sich nach bekannten
Methoden in wasserlösliche Sulfosäuren überführen lassen. Es können jedoch auch die
Leukobasen zuerst in Sulfosäuren übergeführt und diese alsdann auf geeignete Weise
mit Chloranil oxydirt werden.
In gleicher Weise wie die Leukobasen des Triphenylmethans lassen sich alle Leukobasen
der Rosanilinschmelze mittels Chloranil in rothe Farbstoffe verwandeln. Man kann
dadurch die bei dem Rosanilinproceſs in nicht geringer Menge entstehenden
Leukaniline in Rosaniline oder deren Sulfosäuren überführen. Ein Theil Leukanilin wird z.B. in
geeigneter Weise mit dem halben bis gleichen Gewichte Chloranil innigst gemischt und
die Mischung nach längerem, schwachem Erwärmen mit Natron ausgekocht. Diese
erhaltene Rosanilinbase wird in Salzsäure gelöst, mit Kochsalz gefällt,
umkrystallisirt und in den bekannten Krystallen in den Handel gebracht. In gleicher
Weise wie das Leukanilin oxydirt sich die Sulfosäure desselben mit groſser
Leichtigkeit zu Rosanilinsulfosäure. Man kann somit die Sulfosäuren der
Rosanilinschmelze auf eine neue Weise darstellen, indem man die in der
Fuchsinschmelze vorkommenden Leukokörper auf bekannte Weise in Sulfosäuren überführt
und diese dann mit gechlorten Chinonen, z.B. Chloranil, oxydirt.
Nach dem Zusatzpatent derselben Gesellschaft (Nr. 11811 vom 12. November 1879) wird
die durch Einwirkung von Chloranil auf Dimethyl erhaltene Masse (1880 235 316) mit
Natronlauge gekocht, die gut gewaschene Base wird in Salzsäure gelöst und der
Farbstoff mit Kochsalz gefällt. Durch Anwendung der verschiedenen mono- und
dimethylirten, mono- und diäthylirten Basen erhält man rothviolette bis blau
violette Farbstoffe, welche sämmtlich in angegebener Weise in Wasser löslich
werden.
Die Verbindungen des Benzotrichlorids mit
Phenolen und tertiären aromatischen Basen bespricht eingehend O. Döbner in den Berichten der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 2222. Zur Darstellung des Malachitgrüns (vgl. 1880 235 151. 237 155) läſst man
nach den gewonnenen Erfahrungen am besten 1 Mol. Benzotrichlorid auf 2 Mol. des mit
der Hälfte seines Gewichtes Chlorzink vermischten Dimethylanilins einwirken. Behufs
Mäſsigung der Reaction ist es zweckmäſsig, das Dimethylanilin mit einem
indifferenten Verdünnungsmittel wie Sand zu vermischen. Unter allen Umständen aber
ist es rathsam, das Benzotrichlorid allmählich in das Gemisch von Dimethylanilin und
Chlorzink einzutragen. Unter Entwicklung von Salzsäure geht die Bildung des grünen
Farbstoffes vor sich und ist nach Verlauf einiger Stunden vollendet. Die an der
Reaction nicht betheiligten Substanzen werden sodann mittels Wasserdampf
abgetrieben, der Farbstoff wird aus seiner wässerigen Lösung durch Kochsalz
ausgefällt. Der auf diese Weise erhaltene Farbstoff' ist das Zinkdoppelsalz der
Farbbase. Im kleinen Maſsstab läſst sich die Krystallisation dieses Salzes schwer
ausführen; es empfiehlt sich daher, die Base behufs weiterer Reinigung sofort
mittels Alkali oder Ammoniak abzuscheiden. Die Base C23H24N2.H2O oder C6H5COH [C6H4N (CH3)2]2 wird
durch Alkalien aus der Lösung des Zinkdoppelsalzes in Gestalt eines schwach
röthlichen Niederschlages abgeschieden, der sich zusammenballt. Aether nimmt die
frisch gefällte Base leicht auf und hinterläſst sie beim Verdunsten in Form eines rothbraunen,
allmählich eintrocknenden Oeles, welches, wenn es noch unrein ist, keine Neigung zum
Krystallisiren zeigt. Die Reinigung der Rohbase erfolgt zweckmäſsig durch
Ueberführung in ihr oxalsaures Salz, welches sich leicht aus Wasser krystallisiren
läſst. Die aus dem krystallisirten Oxalat durch Ammoniak abgeschiedene Base wird
zwischen Flieſspapier abgepreſst und getrocknet. Sie krystallisirt am besten aus
Benzol beim langsamen Verdunsten in farblosen würfelähnlichen Krystallen, die eine
beträchtliche Gröſse erreichen. Die reine Base schmilzt bei 132°, erstarrt wenige
Grade unterhalb des Schmelzpunktes wieder. Sie verliert bei dieser Temperatur kein
Wasser; höher erhitzt, erleidet sie tiefergehende Zersetzung. Wasser löst die Base
kaum und in siedendem Wasser schmilzt sie, ohne sich merklich zu lösen. In Alkohol
löst sie sich schon in der Kälte leicht mit grüner Farbe; frisch gefällt, löst sie
sich leicht in Aether, in krystallisirter Form dagegen wird sie vom Aether nur
schwer aufgenommen. In Schwefelkohlenstoff und Aceton ist sie ziemlich, in Benzol
und Petroleumäther in der Hitze leicht, in der Kälte weniger löslich.
Die Base vereinigt sich mit Säuren in mehreren Verhältnissen zu Salzen. Die Salze,
welche sie mit organischen Säuren eingeht, sowie ihre neutralen, mit Mineralsäuren
gebildeten Salze besitzen sämmtlich eine prachtvoll grüne Farbe; ihre Lösungen
färben die thierische und die gebeizte pflanzliche Faser intensiv smaragdgrün. Die
meisten – wie das Chlorhydrat, Nitrat, Sulfat, Acetat – sind in Wasser
auſserordentlich leicht löslich; etwas schwerer löslich ist das Oxalat und am
schwierigsten löslich das Pikrat. Neben diesen grünen Salzen bildet die Base indeſs
mit concentrirten Mineralsäuren noch rothgelbe saure Salze, die jedoch schon durch
Wasserzusatz wieder in die normalen Salze unter Rückbildung der grünen Farbe
übergeführt werden. In der Kälte löst sich die Base in den Säuren fast farblos auf,
erst beim Erwärmen tritt die intensiv grüne Färbung ein.
Das pikrinsaure Salz, C23H24N2 +
C6H3N3O7, ist abweichend
von den übrigen Salzen in Wasser fast unlöslich, krystallisirt aus Benzol in
goldglänzenden Nadeln. – Das oxalsaure Salz, 2C23H24N2 + 3C2H2O4, bildet
glänzende grüne Prismen, in kaltem, leichter in heiſsem Wasser, leicht auch in
Alkohol löslich. In der Färberei findet es vielfach Verwendung. Bei 100° erleidet
das Salz theilweise Zersetzung.
Das Zinkdoppelsalz bildet dunkelgrüne glänzende
Krystalle, die sich in Wasser und Alkohol leicht lösen. Das gewöhnliche
Handelsproduct ist nicht krystallisirt, sondern besteht aus kupferglänzenden Stücken
von muschligem Bruch. Die Analysen des krystallisirten Salzes haben zur
Zusammensetzung 3 (C23H24N2,HCl) + 2Cl2Zn + 2H2O geführt. Wie mit Chlorzink
bildet die Base auch mit Platinchlorid ein Doppelsalz, welches als dunkelgrüner
Niederschlag aus den Lösungen der Salze durch Platinchlorid gefällt wird. Die Analysen
derselben lieferten keine constanten Werthe.
Jodmethylat, C23H24N2.H2O + 2CH3J. Es
vereinigt sich die Base des Grüns mit den Jodiden der Alkoholradicale schon bei
gewöhnlicher Temperatur zu additionellen Verbindungen. So verbindet sie sich mit 2
Mol. Jodmethyl zu einem krystallinischen Jodid. Man erhält diese Verbindung durch
mehrstündiges Digeriren der methylalkoholischen Lösung der Farbbase mit der
genügenden Menge Jodmethyl im geschlossenen Rohr bei 100°. Das Jodmethylat scheidet
sich in rosettenartig gruppirten hellgrünen Blättchen ab, die durch Krystallisiren
aus Wasser gereinigt werden, in welchem die Verbindung in der Kälte schwer, in der
Hitze leicht löslich ist. Die Lösung hat nur eine schwach grüne Farbe, die indeſs
von der Faser nicht fixirt wird. In Alkohol ist der Körper sehr schwer löslich,
ebenso in Aether, Benzol, Schwefelkohlenstoff. Die im Vacuum getrocknete Substanz
erleidet bei 100° keine Gewichtsabnahme; gegen 171 bis 172° schmilzt sie unter
Grünfärbung und Zersetzung.
Die Base des Malachitgrüns ist ausgezeichnet durch groſse Beständigkeit. Es liegt in
diesem Verhalten einer der Hauptvorzüge des Malachitgrüns gegenüber dem Methylgrün
begründet, welches bekanntlich bereits beim Erhitzen auf 100° unter Abspaltung von
Chlormethyl in Violett übergeht. Mit Wasser auf 200° erhitzt, erleidet die Base
sowohl, wie ihre Salze keine Veränderung. Mit concentrirter Salzsäure bei 250°
einige Stunden digerirt, zersetzt sie sich. Aether entzieht dem mit Wasser
verdünnten Producte in erheblicher Menge einen aus Alkohol in groſsen farblosen
Blättern krystallisirenden Körper vom Schmelzpunkt 90°, welchen die Analyse als Benzoyldimethylanilin C6H5CO.C6H4N(CH3)2 erkennen lieſs. Die Substanz hat keine
basischen Eigenschaften. Aus der salzsauren Lösung scheiden Alkalien ein Gemenge
flüssiger Basen aus, in denen Umwandlungsproducte des Dimethylanilins vorzuliegen
scheinen.
Behufs Darstellung der Sulfosäure wird die Farbbase in
einen Ueberschuſs concentrirter oder rauchender Schwefelsäure eingetragen und
gelinde erwärmt. Die gelbbraune dickflüssige Masse wird sodann in einen Ueberschuſs
von Wasser eingetragen, mit Natriumcarbonat neutralisirt und etwas eingedampft.
Das Natriumsalz der Monosulfosäure scheidet sich beim Erkalten aus und wird aus
Wasser mehrfach umkrystallisirt. Die Natriumsalze der anderen Sulfosäuren bleiben in
der Mutterlauge, da sie in Wasser leichter löslich sind. Das Natriumsalz der
Monosulfosäure bildet silberglänzende, fast farblose Blättchen, ist leicht löslich
in heiſsem, schwieriger in kaltem Wasser. An der Luft färbt sich das Salz bald grün.
Die blaugrüne Lösung des Salzes wird durch Zusatz einer verdünnten Mineralsäure rein
grün und färbt dann die Faser intensiv grün. Die freie Sulfosäure krystallisirt
in grünen Nadeln von rothbraunem Reflex und ist in heiſsem Wasser sehr leicht mit
grüner Farbe, in kaltem weniger löslich.
Das Magnesiumsalz, (C23H23N2.SO3)2 Mg
+ 4H2O, bildet concentrisch gruppirte farblose
Nadeln, in kaltem Wasser schwer, in siedendem leicht löslich. Der Luft dargeboten,
färbt es sich bald grün; bei 100° getrocknet, nimmt es eine dunkelgrüne Farbe mit
Kupferglanz an. – Das Calciumsalz, (C23H23N2.SO3)2Ca + 3H2O, scheidet
sich beim Vermischen der heiſsen Lösung des Natriumsalzes mit einer
Chlorcalciumlösung in nahezu farblosen Nadeln aus. Das vacuumtrockene Salz verliert
bei 100° kein Wasser, nimmt dabei indeſs wie das Magnesiumsalz dunkelgrüne Farbe an.
Die übrigen Salze der Monosulfosäure sind meist schwer löslich. In der Lösung des
Natriumsalzes erzeugt Chlorbarium einen schwer löslichen, krystallinischen
Niederschlag, Kupfersulfat eine dunkelgrüne Fällung.
Wie durch Schwefelsäure wird die Grünbase auch durch concentrirte Salpetersäure
energisch angegriffen. Trägt man in die Lösung der Base im Eisessig allmählich
rauchende Salpetersäure ein, so erwärmt sich die Flüssigkeit, die grüne Färbung
verschwindet. Beim nachherigen Zusatz einer reichlichen Menge Wasser scheidet sich
ein schwach gelb gefärbter amorpher Körper ab, welcher den Charakter einer
Nitroverbindung besitzt. In ihm sind die wesentlichsten Eigenschaften der
ursprünglichen Base nicht mehr zu erkennen. Der Farbstoffcharakter der Base ist
verschwunden; auch besitzt der Körper nicht mehr basische Natur, sondern ist
indifferent gegen Säuren und Basen. Er ist sehr schwer löslich in allen
Lösungsmitteln und konnte nicht in krystallinischer Form erhalten werden. Chlor und
Brom greifen die Base ebenfalls energisch an, wirken indeſs tiefer zersetzend und
scheinen keine definirbaren Substitutionsproducte zu liefern.
Die bei der Behandlung der Farbbase mit Reductionsmitteln entstehende farblose Base
C6H5CH[C6H4N(CH3)2]2, deren Schmelzpunkt im reinen Zustand bei 101°
liegt, erwies sich als identisch mit der von O. Fischer
durch Einwirkung von Bittermandelöl einerseits, Benzalchlorid andererseits auf
Dimethylanilin und Chlorzink erhaltenen Base C23H26N2. Es ist demnach
unter dem Einfluſs der Reductionsmittel ein Uebergang der Base C23H26N2O in die Base C23H26N2
unter Ausscheidung eines Sauerstoffatoms bewirkt worden; es hat sich die analoge
Umwandlung wie beim Uebergang des Rosanilins C20H21N3O in Leukanilin
C20H21N3 vollzogen. Durch Oxydation erfolgt umgekehrt
wieder der Uebergang der Hydrobase in die Farbbase.
Von Wichtigkeit für die Erkenntniſs des Wesens der Grünbildung erschien die Prüfung
des Verhaltens anderer tertiärer Basen gegenüber Benzotrichlorid. Es ergab sich,
daſs letzteres ebenfalls die Bildung grüner Farbstoffe bewirkt bei
Methyldiphenylamin CH3N(C6H5)2, Diäthylanilin (C2H5)2NC6H5, Diamylanilin (C5H11)2NC6H5.
Daraus ergibt sich die Schluſsfolgerung, daſs die chemische Natur der mit dem
Stickstoff des Anilins noch verbundenen Radicale für die Entstehung des grünen
Farbstoffes ohne principielle Bedeutung ist, daſs nur die Nuance des Farbstoffes
durch sie bedingt wird. Von tief greifendem Einfluſs auf das Verhalten der tertiären
Basen gegenüber Benzotrichlorid ist dagegen der Eintritt von Alkoholradicalen in den
Kern des Anilins. So verhalten sich die drei Dimethyltoluidine wesentlich
verschieden vom Dimethylanilin. Weder Dimethylparatoluidin, noch
Dimethylorthotoluidin, noch Dimethylmetatoluidin liefern beim Behandeln mit
Benzotrichlorid und Chlorzink einen grünen Farbstoff. Es wird demnach die
Farbstoffbildung verhindert, wenn die Wasserstoffatome des Dimethylanilins
theilweise bereits substituirt, also dem Eingriff des Benzochlorids entzogen sind.
Andere nicht zur Benzolreihe gehörige tertiäre Basen scheinen sich gegenüber
Benzotrichlorid ebenfalls wesentlich verschieden vom Dimethylanilin zu verhalten. So
geben weder α-noch β-Dimethylnaphtylamin einen grünen Farbstoff.