Titel: | Träger-Probirmaschine von der Actien-Gesellschaft für Eisenindustrie und Brückenbau, vormals J. C. Harkort in Duisburg. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 443 |
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Träger-Probirmaschine von der Actien-Gesellschaft
für Eisenindustrie und Brückenbau, vormals J. C. Harkort in Duisburg.
Mit Abbildungen auf Tafel 36.
Träger-Probirmaschine
Diese in Fig. 7 bis
11 Taf. 36 dargestellte Maschine (* D. R. P. Kl. 42 Nr. 10466 vom 28.
December 1879) dient zur Prüfung genieteter oder gewalzter Träger in Bezug auf ihre
Biegungs- und Bruchfestigkeit und auf ihr elastisches Verhalten unter dem Einflüsse
einer concentrirten Last.
Die Hauptanforderungen, die zur Erreichung möglichst zuverlässiger Resultate an eine
solche Maschine zu stellen sind, sind folgende: 1) Die Auflagerung des zu prüfenden
Trägers muſs derart sein, daſs er sich bei eintretender Durchbiegung in der
Durchbiegungsebene (Trägerebene) ungehindert bewegen kann, ohne daſs dadurch
Richtung und Gröſse der äuſseren Kräfte geändert werden, oder gar unberechenbare
Kräfte (z.B. Reibungswiderstände bei Rollenauflagerung) auftreten können. 2) Die
neutrale Faser des Versuchträgers, sowie die Mittellinien der äuſseren Kräfte müssen
stets in einer Ebene liegen. 3) Die Probelast muſs bequem und rasch und ohne Stöſse
aufgebracht, gemessen und entfernt werden können. 4) Die Durchbiegung des
Versuchsträgers muſs in jedem Stadium des Versuches, auch nachdem bereits
Deformationen eingetreten sind, sicher und schnell abgelesen werden können.
Die vorliegende Maschine sucht diesen Anforderungen in folgender Weise gerecht zu
werden.
1) Auflagerung des Versuchsträgers. Die in gemauertem
Fundament ruhenden zwei gekuppelten Hilfsträger T
tragen in der Mitte eine hydraulische Presse P, welche
derart in doppelten rechtwinklig zu einander stehenden Pendellagern L1 und L2 ruht, daſs sie den
auftretenden kleinen Bewegungen des Trägers folgen kann. Das obere Pendellager L2 überträgt den Druck der Presse auf den Probeträger V mittels besonderer Armaturstücke A, welche dazu dienen, die Probelast möglichst
gleichmäſsig zu beiden Seiten der neutralen Faser in den Träger einzuführen.
Bei Trägern gröſster Sorte werden zwei Armaturstücke nöthig, um die erforderliche
Zahl der Anschluſsschrauben unterzubringen, während bei Trägern von geringerer
Tragfähigkeit ein Armaturstück genügt. Auf der Zeichnung ist die erstere Anordnung
mit vollen Linien A, die zweite mit punktirten Linien
a dargestellt.
Die Reactionsdrücke an den Enden des Probeträgers werden durch Stahlschneiden S1, und S2 in zwei
Systeme von Zugbändern Z1 und Z2 übertragen, die sich ihrerseits
wieder mittels der Stahlschneiden S3 und S4 gegen die Hilfs- (Fundament-) Träger T stützen. Das eine System der Zugbänder Z1 verbindet den
Probeträger direct mit den Fundamentträgern, während die anderen Zugbänder Z1, behufs Messung der
Spannung in demselben, diese Verbindung indirect mit Zuhilfenahme des Wagebalkens
W bewerkstelligen. Die verhältniſsmäſsig groſse
Länge dieser Zugbänder und ihre leicht bewegliche Lagerung in Stahlschneiden
beseitigt die Reibung bis auf ein denkbar geringes Maſs und unterstützt den
Versuchsträger bei allen Durchbiegungen unverändert in den ursprünglichen
Stützpunkten.
2) Die seitlichen Führungen bestehen aus mehreren zu
beiden Seiten des Versuchsträgers V angebrachten,
stehenden Tragsäulen F, welche fest auf einem
besonderen Rahmenwerk ruhen; dieselben sind mit gehobelten verticalen Gleitschienen
versehen, die ihrerseits besonderen an den Gurtungen des Versuchsträgers
angeschraubten Gleitbacken entsprechen.
3) Aufbringen und Messen der Probelast. Der Wagebalken
W, welcher sich, wie Fig. 7
ergibt, mittels der Stahlschneide S1 gegen die
Zugbänder Z1 und mittels der Stahlschneide S5 gegen den Versuchsträger stützt, trägt an seinem
anderen Ende, ebenfalls auf Schneiden, die Wagschale; letztere besteht aus einem mit
Wasserstandglas w versehenen Wasserkasten G von genau 1qm
Querschnitt, so daſs 1mm Wasserhöhe 1k Gewicht entspricht. Ist nach voller Füllung des
2m hohen Kastens der Versuch nicht beendet, so
wird das dieser Wassermenge entsprechende Gewicht von 2000k durch seitlich aufgestapelte Gewichtstücke g ersetzt und alsdann, nach Entleerung des Kastens nach
dem Abfluſs k, die weitere Belastung aufs neue durch
Wasser aufgebracht. Diese Art der Belastung durch Wasser hat den groſsen Vortheil
einer ganz allmählichen Belastungszunahme und der Vermeidung jedes schädlichen
Stoſses, welcher multiplicirt auf den Versuchsträger übertragen werden würde. Mit
denselben Vortheilen läſst sich mittels eines am Boden des Wasserkastens
angebrachten Ablaſshahnes jede gewünschte Entlastung bewirken.
Der Wagebalken W nebst Wasserkasten und die Zugbänder
Z1 sind durch ein Gegengewicht C1 in ihrem gemeinsamen
Schwerpunkte genau ausgeglichen, so daſs dadurch ihre Gewichte auf den
Versuchsträger ohne Einfluſs sind. Ebenso sind die Wirkungen der Zugbänder Z2 auf den Versuchsträger durch das Gegengewicht C2 beseitigt. Es ist dies namentlich deshalb nöthig,
um mit den kleinsten Inanspruchnahmen des Versuchsträgers beginnen zu können. Wie
leicht ersichtlich, bringt jedes auf die Wagschale aufgebrachte Wassergewicht Q in S5 einen
Reactionsdruck =Q\,\frac{a+b}{a} hervor, entsprechend den
Hebelverhältnissen des Wagebalkens. Zudem braucht bei dieser Anordnung nur die
Hälfte desjenigen Gewichtes aufgebracht zu werden, welches dem Pressendruck P und somit der Belastung des Versuchsträgers
entspricht.
Behufs Erzielung zuverlässiger Resultate ist während des ganzen Versuches die genaue
horizontale Lage des Wagebalkens erforderlich. Die Art, wie diese stets gewahrt und
durch ein elektrisches Läutewerk controlirt wird, geht aus der weiter unten
folgenden Beschreibung der Handhabung der Maschine hervor.
Behufs Erhaltung in der Belastungsebene ist der Wagebalken analog dem Versuchsträger,
gegen seitliches Ausweichen geschützt.
4) Der Durchbiegungsmesser M ist so eingerichtet, daſs
er unausgesetzt richtig arbeitet, weil er unabhängig ist von der Durchbiegung der
Fundamentträger, der Deformation des Versuchsträgers und der Dehnung in den
Zugbändern. Der ganze Meſsapparat ruht nämlich frei auf dem Versuchsträger auf und
macht dessen Bewegungen mit. Er besteht aus einem Doppelbalken F1 von der Länge des
Versuchsträgers, welcher an den Enden mit schneidenartig geformten Füſsen versehen
ist und in der Mitte, zwischen den Balkenhälften, den eigentlichen Zeigerapparat
trägt. Der letztere besteht aus einem vierkantigen, zwischen Führungen vertical
beweglichen Stifte, der unten mit einer Stellschraube zum Einstellen des Nullpunktes
versehen ist und durch ein am oberen Ende angebrachtes Gewicht beständig auf den
Versuchsträger gedrückt wird. Die Bewegungen dieses Stiftes werden durch zwei von
diesem ausgehende und in entgegengesetzten Richtungen um ein Segment geschlungene
Stahlbänder (Uhrfedern) s auf das Segment und auf den
mit diesem auf gleicher Achse sitzenden Zeiger übertragen, der die Durchbiegung in
vergröſsertem Maſe auf einer Kreisscale anzeigt. Diese Einrichtung der
Bewegungsübertragung durch Stahlbänder, statt durch Zahnstange und Zahnsegment,
vermeidet jedweden todten Gang.
Vor Beginn eines Versuches wird theoretisch ermittelt, welche Durchbiegung der
Probeträger infolge seines Eigengewichtes und des Gewichtes des Durchbiegungsmessers
erleidet. Auch ist es zweckmäſsig für sämmtliche Inanspruchnahmen des
Versuchsträgers, für welche man die Durchbiegung und das sonstige Verhalten
desselben beobachten will, die entsprechenden auf die Wagschale aufzubringenden
Gewichte im Voraus zu berechnen.
Das Einbauen des Versuchsträgers muſs so geschehen, daſs, nachdem die Schneiden durch
leichtes Anpumpen in Eingriff gebracht sind, Versuchsträger und Wagebalken genau
horizontal liegen. Bei dieser Lage muſs das zum Abfangen des Wasserkastens beim
Bruch des Versuchsträgers angebrachte Klotzlager K so
gestellt sein, daſs der Zwischenraum zwischen ihm und dem Boden des Wasserkastens
G nur etwa 10mm
beträgt. Ein mit dem Wasserkasten in Verbindung stehendes elektrisches Läutewerk
wird so eingestellt, daſs bei der geringsten Senkung des Wagebalkens unter die
horizontale Lage die Leitung geschlossen wird und die Glocke ertönt.
Der Zeigerapparat wird auf die berechnete theoretische Durchbiegung durch
Eigengewicht u.s.w. eingestellt. Nunmehr kann die Belastung des Trägers beginnen. Es
wird Wasser in den Wasserkasten eingelassen und, sobald alsdann infolge der
Durchbiegung des Versuchsträgers der Wagebalken sich senkt und somit das Läutewerk
in Thätigkeit tritt, wird an der Presse so lange gepumpt, bis das Läuten eben
aufhört. Indem das Wasser unausgesetzt weiter in den Wasserkasten flieſst, beginnt alsbald neues
Läuten, welches der Arbeiter an der Pumpe immer wieder durch Nachpumpen zum
Schweigen zu bringen hat. Bei den einzelnen zu beobachtenden Belastungsfällen wird
Halt gemacht, die Durchbiegung angemerkt und sonstige Beobachtungen angestellt. In
dieser Weise kann die Belastung des Trägers bis zum Bruch fortgesetzt werden.
Die Wirkungsweise der Maschine kann also in folgenden Worten zusammengefaſst werden.
Durch Aufbringen von Gewichten auf die Wagschale wird an dem einen Auflagerpunkte
des Versuchsträgers der einer bestimmten Inanspruchnahme desselben entsprechende
Reactionsdruck hervorgebracht. Dadurch entsteht naturgemäſs an dem anderen
Auflagerpunkte ein gleich groſser Reactionsdruck, während in der Mitte des
Versuchsträgers dieser einen doppelt so groſsen Druck auf den Preſskolben überträgt.
Die Gegenwirkung des Preſskolbens stellt die beabsichtigte concentrirte Belastung in
der Mitte des Versuchsträgers dar. Auſser dieser passiven Wirkung der Presse dient
dieselbe gleichzeitig noch dazu, durch Nachdrücken des Preſskolbens den vom
Wagebalken niedergedrückten Auflagerpunkt des Versuchsträgers wiederum in seine
ursprüngliche Höhenlage und auch den Wagebalken selbst in seine ursprüngliche
horizontale Lage zurückzuführen.
Schlieſslich sei erwähnt, daſs die Einrichtungen so getroffen sind, daſs die Träger
von den verschiedensten Stützweiten, Stärken und Höhen probirt werden können.