Titel: | Zur Kenntniss der Farbstoffe. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 480 |
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Zur Kenntniſs der Farbstoffe.
(Fortsetzung des Berichtes Seite 402 dieses
Bandes.)
Zur Kenntniſs der Farbstoffe.
Biebricher Scharlach (vgl. 1880 237 155). Nach R. Nietzky (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 1838) muſs als Typus der
vorliegenden Körperklasse das bereits von Caro und Schraube dargestellte Phenoltetrazobenzol, das
Einwirkungsproduct von Phenol auf Diazoazobenzol, betrachtet werden. Diesem Körper
analog stellte Nietzki aus β-Naphtol (Isonaphtol) und Diazoazobenzol ein β-Naphtotetrazobenzol dar, welches die Grundlage der betreffenden rothen
Farbstoffe bildet. Dieser Körper entsteht leicht, wenn man eine aus Amidoazobenzol,
Salzsäure und Natriumnitrit bereitete Lösung von Diazoazobenzol mit einer
alkalischen β-Naphtollösung zusammenbringt. Die
Substanz bildet so ein lebhaft ziegelrothes Pulver, ist unlöslich in Wasser und
Alkalilauge, wenig löslich in Alkohol, ziemlich leicht löslich in heiſsem Eisessig. Aus
letzterem Lösungsmittel krystallisirt sie in hübschen, braunen Blättchen, welche
immer grünen Metallschimmer zeigen. Der Schmelzpunkt liegt bei 195°. Concentrirte
Schwefelsäure löst den Körper mit dunkelgrüner Farbe, scheidet ihn jedoch auf
Wasserzusatz unverändert ab. Beim Erhitzen mit rauchender Schwefelsäure entsteht
eine Sulfosäure, welche sich durch concentrirte Schwefelsäure blau färbt. Energische
Reductionsmittel, wie Zinn und Salzsäure, spalten ihn in Amidonaphtol,
Paraphenylendiamin und Anilin. Die Analyse bestätigt die Formel C22H16N4O.
Wendet man statt des Amidoazobenzols in obiger Reaction die Sulfosäuren desselben an,
so entstehen die Sulfosäuren des β-Naphtoltetrabenzols.
Die Monosulfosäure, aus Amidoazobenzolmonosulfosäure dargestellt, bildet mit
Alkalien Salze, welche sich wenig in kaltem, ziemlich leicht in siedendem Wasser
lösen und sich daraus beim Erkalten als brauner, flockiger Niederschlag abscheiden.
Das Natronsalz lieſs sich aus verdünntem Alkohol in rothen Krystallen erhalten,
welche beim Trocknen Krystallwasser verlieren. Die Analyse des bei 130° getrockneten
Salzes entsprach der Formel NaSO3C22H15N4O.
Die Disulfosäure, aus der Amidoazobenzoldisulfosäure dargestellt, unterscheidet sich
von der vorstehenden durch viel gröſsere Wasserlöslichkeit. In wenig heiſsem Wasser
zerflieſst ihr Natriumsalz zu einem zähen Syrup, welcher erst nach langem Stehen
krystallinisch wird. Versetzt man eine verdünntere, heiſse Lösung vorsichtig mit
Kochsalz, so scheidet sich das Salz beim Erkalten in Gestalt einer aus langen,
verfilzten Nadeln bestehenden Gallerte aus. Das Natriumsalz wurde aus verdünntem
Alkohol umkrystallisirt und bildete so haarfeine hochrothe Nadeln, welche beim
Trocknen unter Wasserverlust braun werden. Bei 130° getrocknet, führt die Analyse
zur Formel C22H14N4O (N2CO3)2.
Beide Salze sind äuſserst beständig und werden durch verdünnte Salze nicht zerlegt.
Starke Salzsäure scheidet bei genügender Concentration der Lösungen daraus die
Säuren ab, welche in Löslichkeit und Ansehen den Alkalisalzen sehr ähnlich sind. Die
Kalk- und Bariumsalze sind fast völlig unlöslich. Starke Alkalilauge färbt die
rothen Salze schmutzig violett, concentrirte Schwefelsäure schön dunkelgrün.
Die Natriumsalze der Mono- und Disulfosäure bilden die Bestandtheile des Biebricher Scharlachs. Beide sind ausgezeichnete
Farbstoffe; sie färben Wolle und Seide in Gegenwart von sauren Beizen in schön
cochenillerother Nuance und übertreffen alle bisher bekannten rothen Azofarbstoffe
an Farbkraft. Höhere Sulfosäuren als die Disulfosäure sind in dem Handelsproduct
nicht enthalten. Die Trisulfosäure des Amidoazobenzols kann unter den bei der
Fabrikation eingehaltenen Bedingungen höchstens spurweise entstehen. Der daraus
entstehende rothe Farbstoff würde aber, da er durch Kochsalz nur sehr schwierig
abscheidbar ist, bei weiteren Reinigungsprocessen in der Mutterlauge bleiben. Man sucht schon aus
diesem Grunde die Bildung solcher höheren Sulfosäuren zu vermeiden.
Eine interessante Spaltung zeigen diese Körper unter dem Einflüsse gelinder
Oxydationsmittel. Behandelt man die alkalischen Lösungen obiger Sulfosäuren mit
Zinkstaub oder Natriumamalgam, so spaltet sich nur Amidonaphtol ab, während die
Amidoazobenzolsulfosäure zurückgebildet wird. Es liegt auf der Hand, daſs man durch
Einwirkung der Sulfosäuren des Naphtols auf Diazoazobenzol und dessen Sulfosäuren
noch eine erhebliche Anzahl von Farbstoffen combiniren kann. Dieselben lassen sich
durch eine bemerkenswerthe Farbenreaction ihrer Constitution nach leicht
unterscheiden. Farbstoffe, welche nur in den Benzolkernen sulfonirt sind, färben
sich ebenso wie der schwefelfreie Azokörper durch concentrirte Schwefelsäure schön
dunkelgrün. Solche, welche die Sulfogruppe nur im Naphtol enthalten, werden durch
dieses Reagens violett und solche, welche sie im Naphtol und gleichzeitig im
Benzolrest enthalten, rein blau gefärbt.
Behandelt man das Tetrazobenzol-β-Naphtol bei 60 bis
100° mit rauchender oder bei höherer Temperatur mit gewöhnlicher Schwefelsäure, so
scheinen die Sulfogruppen in beide Reste einzugreifen. Im ersteren Falle entsteht
direct eine blaue Lösung, bei Anwendung von englischer Schwefelsäure dagegen löst
sich der Azokörper unverändert mit grüner Farbe, welche erst bei längerem Erhitzen
auf 100 bis 120° unter Bildung der Sulfosäure in ein reines Blau umschlägt.
Ueber Resorcinfarbstoffe berichten
P. Weselsky und R.
Benedikt in den Monatsheften für Chemie, 1880
S. 886. Resorcin wurde in Aether gelöst, durch Eis gekühlt und mit Salpetrigsäure
haltiger Salpetersäure versetzt. Nach 48 Stunden wurden die ausgeschiedenen
Krystalle gesammelt und erst mit Aether, dann mit Wasser gewaschen. Die Ausbeute an
rohem Diazoresorcin betrug 40 bis 60 Procent des verarbeiteten Resorcins. Zur
Gewinnung der in den ätherischen Mutterlaugen enthaltenen Nebenproducte der Reaction
wurde in etwas abgeänderter Weise verfahren. Alle diese Nebenproducte können dem
Aether durch Schütteln mit Kalilauge entzogen werden. Sie nimmt dabei eine tief
purpurrothe Farbe an, welche von einem Farbstoffe herrührt, der durch Ansäuren mit
verdünnter Schwefelsäure als amorpher, flockiger Niederschlag gefällt wird. Das von
ihm abfiltrirte, saure, gelb gefärbte Filtrat wird neuerdings mit Aether
ausgeschüttelt und der durch Vertreiben des Aethers erhaltene Rückstand mit schwach
gespanntem Wasserdampf aus einer Retorte destillirt. Es geht dabei ein neues
Mononitroresorcin in die Vorlage; das bereits bekannte befindet sich in der Retorte
in Wasser gelöst und krystallisirt beim Erkalten zum gröſsten Theile aus. Der Rest
wird durch Ausschütteln der Mutterlauge gewonnen.
Nach den vorliegenden Analysen ist es möglich, daſs dem Diazoresorcin nicht die
Formel C18H12N2O6, sondern die an
Wasserstoff ärmere Formel C18H10N2O6 zukomme.
Zur Prüfung des Verhaltens von Resorcin gegen Untersalpetersäure wurde frisch
destillirtes, vollkommen trockenes Resorcin in Aether gelöst, welcher vorher mit
Natrium entwässert worden war, die Lösung in zwei gut verschlieſsbare Flaschen
vertheilt und in Eis gekühlt. Nun wurde aus salpetersaurem Blei ein Strom
Untersalpetersäure entwickelt und durch einige Minuten in die eine Hälfte der
ätherischen Resorcinlösung eingeleitet. Ferner wurde ganz concentrirte eiskalte
Salpetersäure mit demselben Gase gesättigt; mit einigen Tropfen der auf diese Weise
erhaltenen rothen rauchenden Salpetersäure wurde der zweite Theil der Resorcinlösung
versetzt. Dann wurden die Flaschen verschlossen und in Eis gekühlt. Nach einigen
Stunden hatten sich in beiden Flaschen Krystalle von Diazoresorcin abgesetzt.
Dasselbe könnte sich demnach nach der Gleichung bilden: 3C6H6O2 +
N2O4 = C18H10N2O6 + 4H2O. Die Reaction mit Untersalpetersäure ist
ebenfalls keine glatte, indem die Mutterlaugen wieder gröſsere Mengen Nitroresorcin
enthalten. Das Diazoresorcin verbindet sich mit Basen und mit Säuren, wenn auch mit
diesen nur zu sehr losen Verbindungen.
Zur Bereitung des Diazoresorcinäthyläthers wurden je
5g Diazoresorcin mit etwa 25cc absolutem Alkohol in ein Rohr gebracht und in
die Mischung Salzsäure bis zur Sättigung eingeleitet. Um die schädliche Wirkung der
überschüssigen Salzsäure abzuhalten, wurde dann noch etwas Alkohol zugesetzt. Die
zugeschmolzenen Röhren wurden 12 Stunden im Wasserbade erhitzt. Der tiefblau
gefärbte Inhalt wurde mit viel Aether verdünnt und mit schwacher Kalilauge
ausgeschüttelt. Dieselbe nimmt die Salzsäure, unverändertes Diazoresorcin und
harzige Zersetzungsproducte auf, während der Diazoresorcinäthyläther im Aether
gelöst bleibt. Man erhält ihn durch Abkochen des letzteren und Umkrystallisiren des
Rückstandes aus absolutem Alkohol. Wenn man dem Diazoresorcin die an Wasserstoff
ärmere Formel C18H10N2O6
beilegt, dann hat der Aether die Zusammensetzung C18H8(C2H5)2N2O6. Der Diazoresorcindiäthyläther besteht aus sehr feinen
verfilzten Nadeln von rothbrauner Farbe. Er ist unlöslich in Wasser, löslich in
Alkohol und Aether. Von concentrirter Schwefelsäure wird er mit rein blauer Farbe
aufgenommen. Dadurch kann er leicht von den aus Resorcinmonoäthyläther erhaltenen
Farbstoffen unterschieden werden, mit denen er sonst groſse Aehnlichkeit besitzt.
Verdünnt man seine Lösung in Schwefelsäure mit Wasser, so wird die Flüssigkeit gelb;
Kalilauge fällt daraus einen braunen flockigen Niederschlag. In Kalilauge ist der
Diazoresorcinäther unlöslich.
Zur Darstellung der Aethyläther des Resorcins wird ein
Kolben von etwa 3l Inhalt mit 200g Resorcin, 400g käuflichem Aetzkali und
800g äthylschwefelsaurem Kalium beschickt, so
viel Alkohol zugesetzt, daſs die Mischung eine dünnbreiige Beschaffenheit annimmt
und einige Tage am Rückflufskühler gekocht. Man gieſst den Kolbeninhalt in verdünnte
Schwefelsäure und schüttelt nach dem völligen Erkalten mit Aether aus. Derselbe
hinterläſst beim Abdestilliren ein Gemenge von Resorcin, Resorcinmono- und
Diäthyläther. Durch Destillation mit Wasserdampf bringt man den Diäthyläther mit
wenig Monoäthyläther in die Vorlage und trennt beide in bekannter Weise durch
Schütteln mit Aether und verdünnter Kalilauge. In der Retorte bleibt
Resorcinmonoäthyläther theils ölig ausgeschieden, theils neben Resorcin in Wasser
gelöst zurück. Man mischt den ganzen Retorteninhalt mit concentrirter
Kochsalzlösung. Der Aether scheidet sich fast vollständig als schweres Oel aus,
wogegen das Resorcin in Lösung bleibt, ausgeschüttelt und zu einer neuen Operation
verwendet wird. Der Resorcinmonoäthyläther muſs durch Destillation gereinigt werden.
In ganz gleicher Weise werden bei Anwendung von methylschwefelsaurem Kalium die
Methyläther des Resorcins gewonnen. Es wurden ferner je 8g des Resorcinäthers in 500g getrockneten Aethers
gelöst, in Eis gekühlt und 3cc einer mit
salpetriger Säure gesättigten Salpetersäure unter beständigem Schütteln zugetropft.
Nach 24 Stunden hatten sich die Wände der Glasflaschen mit einem dunkeln
krystallinischen Ueberzuge bedeckt, welcher mit einer Federfahne losgelöst und durch
Abfiltriren und Waschen mit Aether von den anderen Producten der Reaction getrennt
wurde. Durch Umkrystallisiren aus viel Alkohol gereinigt, bilden diese Krystalle den
weiter unten als „ätherunlöslichen Farbstoff“ bezeichneten Körper. Die ätherische
Flüssigkeit wurde mit verdünnter Kalilauge geschüttelt, sodann von der wässerigen
Schicht abgehoben und abdestillirt. Es hinterblieb ein brauner Rückstand, der
ebenfalls aus Alkohol umkrystallisirt wurde. Die so erhaltenen Derivate des
Resorcinmethyl- und Aethyläthers werden als „ätherlösliche Farbstoffe“ bezeichnet.
Die beim Ausschütteln erhaltene kalische Flüssigkeit wird mit verdünnter
Schwefelsäure übersättigt. Es scheidet sich dabei ein nicht weiter untersuchter
Farbstoff mit etwas Harz aus. Man filtrirt davon ab und schüttelt mit Aether aus.
Derselbe nimmt zwei Nitrokörper auf, welche durch Destillation mit Wasserdampf
leicht von einander getrennt werden können. Jedes derselben enthält nur eine
Nitrogruppe. Sie sind später als „flüchtiger“ und „nichtflüchtiger Mononitroresorcinmonoäthyl- und Monomethyläther“
beschrieben. Behandelt man den Resorcindiäthyläther in gleicher Weise wie den
Monoäthyläther, so erhält man ganz dieselben Producte mit Ausnahme des in Aether
unlöslichen Farbstoffes. Es bilden sich also auch hier der ätherlösliche Farbstoff
und die beiden isomeren Nitroresorcinäther.
Der ätherunlösliche Farbstoff aus Resorcinmonoäthyläther
besteht aus sehr feinen, mikroskopischen, bordeauxrothen Nadeln, die keinen
Flächenschimmer besitzen. Er ist unlöslich in Wasser, Aether und verdünnten Laugen,
löslich in sehr groſsen Mengen kochenden Alkohols, aus denen er beim Erkalten
auskrystallisirt. In Schwefelsäure löst er sich mit intensiver Purpurfarbe auf, beim
Verdünnen mit Wasser wird die Flüssigkeit orange. Er schmilzt näherungsweise bei
230°. Die Analyse macht für diesen Farbstoff die Formel C24H20N2O6 wahrscheinlich.
Der ätherlösliche Farbstoff aus Resorcinmono- oder
Diäthyläther besteht im reinen Zustande aus einem Haufwerk lebhaft
orangerother Krystallnadeln. Er wird von absolutem Alkohol weit leichter als der
ätherunlösliche aufgenommen. In concentrirter Schwefelsäure löst er sich mit einer
blauvioletten Farbe, welche die Mitte zwischen den Färbungen hält, welche die
Lösungen des Diazoresorcinäthers und des ätherunlöslichen Farbstoffes in
Schwefelsäure zeigen. Auch diese Lösung wird beim Verdünnen mit Wasser orange. In
Kalilauge ist der Farbstoff unlöslich. Er schmilzt bei 228° und ist vollkommen
unzersetzt sublimirbar. Die Analyse führt zur Formel C14H11NO3.
Der Resorcinmonomethyläther gibt zwei Farbstoffe, welche
in ihrem äuſseren Ansehen und ihren Reactionen den entsprechenden Aethylderivaten
fast vollständig gleichen. Ueber die Constitution der aus den Resorcinäthern
entstehenden Farbstoffe läſst sich bisher nichts Bestimmtes sagen; nur so viel ist
gewiſs, daſs sie verschieden von dem Diazoresorcinäther und somit keine directen
Derivate des Diazoresorcins sind.
Destillirt man die bei der Diazoresorcinbereitung als Nebenproducte auftretenden
Nitrokörper mit Wasserdampf, so geht, wie erwähnt, ein neues Nitroresorcin in die Vorlage über. Man schüttelt das wässerige Destillat
sammt dem bereits Ausgeschiedenen mit Aether aus, verdunstet denselben und
krystallisirt den Rückstand aus verdünntem Weingeist oder aus viel Wasser um. Das
flüchtige Mononitroresorcin bildet orangerothe Prismen, die sich schon bei
gewöhnlicher Temperatur langsam verflüchtigen und einen intensiven, an
Orthonitrophenol erinnernden Geruch besitzen. Es schmilzt bei 85° und ist
destillirbar; seine Zusammensetzung entsprichtentpricht der Formel C6H3(NO2)(OH)2. Bringt man es in Eisessig mit Brom zusammen, so krystallisirt ein
Dibrommonitroresorcin aus.
Bei der Einwirkung von Salpetrigsäuredämpfen auf Resorcinmono- und Diäthyläther
wurden zwei isomere Mononitroresorcinmonoäthyläther erhalten und durch Destillation
mit Wasserdampf getrennt. Der flüchtige wird durch Ausschütteln des Destillates mit
Aether und Umkrystallisiren des durch Abtreiben des letzteren erhaltenen Rückstandes
aus verdünntem Alkohol leicht rein erhalten. Zur Gewinnung des nicht flüchtigen Nitroäthers wird der
nach der Destillation mit Wasserdampf verbleibende Retorteninhalt filtrirt, mit
Aether ausgeschüttelt und das Extrahirte durch mehrmaliges Umkrystallisiren aus ganz
verdünntem Weingeist unter Zusatz von Thierkohle gereinigt. In ganz gleicher Weise
wurden die Nitroderivate des Resorcinmonomethyläthers getrennt und gereinigt.
Der nichtflüchtige Mononitroresorcinmonoäthyläther
krystallisirt aus Alkohol und Eisessig in Nadeln und Blättern; seine Lösung in
kochendem Wasser scheidet beim Erkalten lange, verfilzte, weiche Nadeln aus. Er
schmilzt bei 131° und löst sich mit dunkelgelber Farbe in Aetzkali; nach einiger
Zeit krystallisiren lange Nadeln des Kalisalzes aus. Die Analyse führt zur Formel
C6H3.NO2OC2H5.OH. Dieser Körper entsteht auch durch Oxydation
des von Aronheim aus dem Resorcindiäthyläther
erhaltenen Nitroresorcinmonoäthyläthers. Zur Darstellung des letzteren wurden 1 Th.
Resorcindiäthyläther mit 1 Th. Amylnitrit in 5 Th. Alkohol gelöst und mit 10 Th.
einer Mischung versetzt, welche aus gleichen Volumen Alkohol und rauchender
Salzsäure bereitet und in Eis gekühlt worden war. Nach kurzer Zeit begann die
Ausscheidung gelber Krystalle und war nach einigen Stunden beendet. Dieses Verfahren
hat den Vortheil gegenüber dem Aronheim'schen, daſs man das Nitrosoproduct frei von
allen öligen Beimengungen erhält. Man löst es zur vollständigen Reinigung in
verdünntem Alkali auf, filtrirt und fällt mit Salzsäure aus. Zur Ueberführung dieses
Körpers in die entsprechende Nitroverbindung kann concentrirte Salpetersäure nicht
verwendet werden, weil dieselbe einen Dinitroresorcinäther erzeugt. Versuche, die
mit rothem Blutlaugensalz und übermangansaurem Kali angestellt wurden, blieben ohne
Erfolg. Leitet man hingegen die Dämpfe der salpetrigen Säure in Aether, welcher sehr
fein vertheilten Nitrosoresorcinather suspendirt enthält, so erzielt man nach
einiger Zeit eine vollkommen klare Lösung. Zur Entfernung der Salpetersäure
schüttelt man die Flüssigkeit wiederholt mit Wasser aus. Der Aether enthält dann nur
mehr ein Nitroproduct, welches er nach dem Abkochen als langsam erstarrenden
Rückstand hinterläſst. Man krystallisirt diesen aus möglichst wenig kochendem Benzol
um und erhält beim Erkalten eine reichliche Ausscheidung compacter Krystalle, die
bei 131° schmelzen und alle Eigenschaften des nichtflüchtigen
Mononitroresorcinmonoäthyläthers zeigen.
Versetzt man die Lösung des nichtflüchtigen Mononitroresorcinäthers in Eisessig mit
überschüssigem Brom, so erstarrt die Flüssigkeit sehr bald zu einem Krystallbrei.
Der so erhaltene Dibrommononitroresorcinmonoäthyläther,
C6H.NO2.Br2.OC2H3.OH, bildet schwach gelbe Nadeln, die bei 60°
schmelzen.
Der flüchtige Mononitroresorcinmonoäthyläther, C6H3NO2.OC2H3.OH, bildet weiche, schwefelgelbe Nadeln von
intensivem Gerüche, welche bei 79° schmelzen, schwer löslich in Wasser, leicht in
Alkohol, Aether und Essigsäure sind. Dieser Körper kann auch aus dem nichtflüchtigen
Mononitroresorcin erhalten werden. Man erhitzt je 5g derselben mit 10g äthylschwefelsaurem
Kalium, 12g Aetzkali und einigen Tropfen Wasser im
zugeschmolzenen Rohre auf 140°, löst den Röhreninhalt in Wasser, säuert mit
Schwefelsäure an und schüttelt mit Aether aus. Der Auszug wird mit Wasserdampf
destillirt. Im Rückstande befindet sich nur unverändertes Nitroresorcin;
nichtflüchtiger Nitroresorcinäther hat sich nicht gebildet. Das wässerige Destillat
enthält den flüchtigen Aether, welcher durch Umkrystallisiren gereinigt, leicht mit
dem aus Resorcinmonoäthyläther erhaltenen erkannt werden konnte. Bei der Bromirung
in Eisessig gibt dieser Körper einen Monobrommononitroresorcinmonoäthyläther, C8H8BrNO4
schön gelbe Nadeln vom Schmelzpunkt 114°.
Die Mononitroresorcinmonomethyläther, C7H7NO4, sind in allen ihren Eigenschaften den
entsprechenden Aethylderivaten auſserordentlich ähnlich. Der nichtflüchtige Aether
schmilzt bei 144°, der flüchtige bei 95°.
Ueber die Condensation tertiärer Basen
mittels Stickoxyd berichten E. Lippmann und
R. Lange (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 2136). Die Einwirkung von
Stickoxyd auf organische Körper verläuft träge, wenn man mit gröſseren Mengen
Substanz arbeitet, da erst nach Tagen und Wochen ein Theil verändert wird. Bei der
Einwirkung auf Anilin, Toluidin u.s.w. scheint Stickoxyd ähnlich wie salpetrige
Säure zu wirken. Als Stickoxyd in die salzsaure Lösung des Anilins geleitet wurde,
schieden sich stahlblaue Nadeln ab, wahrscheinlich das Chlorhydrat des
Amidoazobenzols; bei geringerer Concentration hingegen entsteht die letztere Base,
gelbe Nadeln, die durch Salzsäure cochenilleroth gefärbt werden, welche den
Schmelzpunkt von 127° zeigen. Erwärmt man die Lösung, welche noch viel unverändertes
Chlorhydrat enthält, auf 100°, so entsteht ein blauer Farbstoff, vielleicht Azodiphenylblau.
Als in 500g Dimethylanilin, mit 510g Alkohol gelöst, 4 bis 5 Tage ohne Unterbrechung
Stickoxyd eingeleitet wurde, färbte sich die Flüssigkeit anfangs grün unter
reichlicher Entwicklung von Kohlensäure, nach 6 bis 10 Tagen roth, nach 12 Tagen
hatten sich ziegelrothe Nadeln von C9H12N2 ausgeschieden,
von welchen man 5 bis 10 Procent der angewendeten Menge der Base erhielt. Nach
fortgesetztem Einleiten während 3 bis 4 Wochen bilden sich weiſse, glänzende
Blättchen von Tetramethyldiphenyldiamin, C6H5(CH3)2N, und als
Hauptproduct der Reaction ein violetter Farbstoff. Man
destillirt den Alkohol sorgfältig ab, schüttelt den Rückstand, der theils
unverändertes, theils verdertes Dimethylanilin enthält, mit Benzol, bis dasselbe
nicht mehr braun gefärbt erscheint. Der nun als zähe Masse zurückbleibende Farbstoff
wird zur weiteren
Reinigung in Alkohol gelöst und hierzu so lange käufliches Benzol hinzugefügt, bis
die Lösung sich trübt. Nach 24 Stunden erhält man bereits grüne Nadeln von bekanntem
Aussehen der Anilinfarbstoffe. Der gröſsere Theil scheidet sich aus der Lösung, wenn
diese auf dem Wasserbade eingeengt wird; die Mutterlauge derselben ist gelb, von
Unreinlichkeiten gefärbt. Der so erhaltene Farbstoff schmilzt nicht mehr wie anfangs
unter Wasser, ist in demselben löslich und kann hieraus umkrystallisirt werden. Die
Analyse führte zu der Formel (C6H5[CH3]2NO)2NO2.